Neue Serie zum Cannabisgesetz – Teil 1: Welche Gesetze werden geändert

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 09.03.2024

Das Cannabisgesetz (CanG) soll nach Plänen des Bundestages am 1.4.2024 in Kraft treten. Ich will dies zum Anlass nehmen, die Pläne in einer kleinen Serie vorzustellen. In Folge 1 möchte ich zunächst erläutern, welche Gesetze mit Einführung des CanG neu geschaffen oder geändert werden.

Zunächst einmal soll mit dem CanG die erste Säule eines 2-Säulen-Modells „Club Anbau & Regional-Modell“ (CARe-Modell) umgesetzt werden. Mit Einführung eines Konsumcannabisgesetzes (KCanG) sollen der straffreie Besitz zum Eigenkonsum von bis zu 50 Gramm und der straffreie private Eigenanbau von bis zu drei weiblichen Pflanzen sowie die Erlaubnis eines privaten gemeinschaftlichen Eigenanbaus in nicht-gewinnorientierten Anbauvereinigungen ermöglicht werden (die Regelungen zum Eigenanbau in Anbauvereinigungen sollen erst zum 1.7.2024 in Kraft treten). Zudem soll die Verschreibung von Medizinalcannabis in einem Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) geregelt werden. KCanG und MedCanG werde ich im Detail in den nächsten Folgen vorstellen.

In einem weiteren Schritt soll die zweite Säule folgen, durch welche die Erprobung einer Abgabe von Cannabis über kommerzielle Lieferketten an erwachsene Einwohner bestimmter Kreise oder Städte in regional und zeitlich begrenzten Modellvorhaben ermöglicht werden soll.

Mit Einführung des KCanG und des MedCanG ist die Änderung einer Vielzahl von Gesetzen geplant. Das sind: BtMG, BtMVV, BtMAHV, Besondere Gebührenordnung BMG, AMG, BNichtrSchG, JArbSchG, ArbStättV, BZRG, StGB, EGStGB, StPO, FeV und GVG. Aus strafrechtlicher Sicht sind folgende Änderungen von besonderem Interesse:

1. Änderung des BtMG und der BtMVV:

Dazu in der nächsten Folge mehr…

2. Änderung des StGB:

KCanG und MedCanG sehen in § 37 KCanG-E und § 27 MedCanG-E neue Kronzeugenregelungen nach dem Vorbild von § 31a BtMG und § 4a AntiDopG vor. Diese beiden neuen Vorschriften werden in die erhöhten Strafandrohungen nach § 145d Abs. 3 StGB und § 164 Abs. 3 StGB aufgenommen. Zudem werden Straftaten nach dem KCanG und MedCanG in den Katalog des § 76a Abs. 4 StGB aufgenommen, damit Gegenstände, die in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts dieser Straftaten sichergestellt wurden, auch dann eingezogen werden können, wenn das Gericht von ihrer Herkunft aus irgendeiner rechtwidrigen Tat überzeugt ist, ohne dass es zu einer Verurteilung wegen der zugrundeliegenden Straftat kommen muss.

3. Änderung des EGStGB:

Besonders umstritten ist die Einführung eines Art. 316p EGStGB-E, der regelt, dass Art. 313 EGStGB entsprechend Anwendung findet. Die Amnestieregelung hat zur Folge, dass rechtskräftig verhängte Strafen nach dem BtMG wegen solcher Taten, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind, mit Inkrafttreten des neuen Rechts erlassen werden, soweit sie noch nicht vollstreckt sind. Aus Art. 313 Abs. 1 S. 2 EGStGB ergibt sich, dass sich der Straferlass auf Nebenstrafen und Nebenfolgen sowie auf rückständige Bußen und Kosten erstreckt. Ausgenommen hiervon sind folgende Rechtsfolgenentscheidungen: Einziehung, Unbrauchbarmachung, Maßregeln der Besserung und Sicherung, Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nach dem JGG. Damit unterfällt eine Jugendstrafe der Amnestieregelung, der Jugendarrest als Zuchtmittel dagegen nicht (vgl. § 13 Abs. 3 JGG).

Im Fall einer Verurteilung wegen einer Handlung, die eine nach neuem Recht nicht mehr anwendbare Strafvorschrift und zugleich eine andere Strafvorschrift verletzt hat (§ 52 StGB), ist die Strafe neu festzusetzen beziehungsweise zu ermäßigen (Art. 313 Abs. 3 EGStGB). Entsprechendes gilt gem. Art. 313 Abs. 4 EGStGB für Gesamtstrafen und Einheitsstrafen nach dem JGG.

Zur geplanten Amnestieregelung siehe auch den lesenswerten Beitrag von Engel in ZRP 2024, 50.

4. Änderung der StPO:

Schwerwiegende Verstöße gegen das KCanG und das MedCanG werden als Katalogtaten in §§ 100a Abs. 2, 100b Abs. 2 StPO aufgenommen, zudem wird der Katalog des § 112a StPO mit den Haftgründen der Wiederholungsgefahr um besonders schwere Fälle und Qualifikationstatbestände aus dem KCanG und dem MedCanG ergänzt. Außerdem werden Änderungen in § 100j Abs. 1 S. 3, § 104 Abs. 2 und § 443 Abs. 1 S. 1 StPO vorgenommen.

5. Änderung des GVG:

In § 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG wird der Verweis auf Straftaten nach dem BtMG um solche nach dem KCanG und solche nach dem MedCanG erweitert, damit bei tateinheitlicher Begehung von Straftaten nach dem KCanG oder MedCanG neben Organisationsdelikten weiterhin die allgemeine Strafkammer und nicht die Staatsschutzkammer zuständig bleibt.

In den weiteren Folgen zum neuen CanG werde ich auf Folgendes eingehen:

  • Änderungen von BtMG und BtMVV
  • geplante Änderungen im Straßenverkehr
  • Aufbau und Systematik des KCanG
  • die neuen Strafvorschriften des KCanG
  • die nicht geringe Menge von Cannabis
  • Absehen von Strafverfolgung beim Umgang mit geringen Menge zum Eigenkonsum
  • die wichtigsten Bußgeldvorschriften des KCanG
  • Aufbau und Systematik des MedCanG
  • die wichtigsten Straf- und Bußgeldvorschriften MedCanG
  • Regelungen zu Therapie statt Strafe in KCanG und MedCanG
  • Tilgung von Eintragungen im Bundeszentralregister
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1 Kommentar

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Sehr geehrter Herr Dr. Patzak,

m.E. ist Art. 313 Abs. 1 Satz EGStGB so verstehen, dass von den Nebenstrafen und Nebenfolgen lediglich die Einziehung und die Unbrauchbarmachung ausgenommen sind; d.h. Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie insbesondere die jugendrichterlichen Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel fallen ebenso unter die Amnestieregel. Hier hilft ein Blick in die BT-Drs. VI/3521, S. 90/91.

MfG

F. Bollacher

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