ArbG Berlin: YouTube-Video „Wie entsteht eine Lüge“ – Kündigung eines Auszubildenden wirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 24.05.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1797 Aufrufe

Die Ereignisse in Israel, beginnend mit dem Angriff der Hamas, sorgen auch bei den Belegschaften für Unruhe. Nicht wenige Arbeitnehmer fühlen sich schon kraft ihrer Herkunft den Anliegen der palästinensischen Bevölkerung verbunden. Allerdings gibt es Grenzen der Meinungsäußerung, vor allem wenn ein Bezug zum Arbeitgeber besteht. Dies zeigt ein gerade vom ArbG Berlin (Urteil vom 22.05.2024, 37 Ca 12701/23, PM 05/24) entschiedener Fall:

Dabei ging es um einen Auszubildenden, der im September 2023 eine Ausbildung zum Mediengestalter im Springer-Konzern begonnen hatte. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 bekannte sich der Springer-Konzern eindeutig dazu, zu Israel zu stehen. Der Auszubildende stellte auf der Plattform „Teams“ als Profilbild den Text „I don’t stand with Israel“ ein. Auf YouTube veröffentlichte er unter Verwendung von Bildmaterial seiner Arbeitgeberin ein Video mit dem Titel „Wie entsteht eine Lüge“ zur Berichterstattung der Arbeitgeberin über den Angriff der Hamas auf Israel.

Springer bewertete dies als Angriff auf seine Unternehmenswerte und sprach innerhalb der vereinbarten Probezeit zwei fristlose Kündigungen des Ausbildungsverhältnisses gegenüber dem Auszubildenden aus. Der Auszubildende beruft sich auf seine Meinungsfreiheit und ist der Auffassung, dass die Kündigungen gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen.

Das ArbG Berlin hat die erste Kündigung aufgrund einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung für unwirksam erachtet, die zweite Kündigung jedoch für wirksam. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Ausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit und ohne Verpflichtung zur Angabe eines Grundes gekündigt werden könne. Die Kündigung stelle auch keine Maßregelung dar, sondern eine berechtigte Wahrnehmung der unternehmerischen Interessen. Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit rechtfertige das bei YouTube eingestellte Video nicht.

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