Bedauerliches Vertrauen: Techdirt & der Esel in der Einhornhaut

von Peter Winslow, veröffentlicht am 01.09.2024

DeepL ist keine Übersetzungssoftware. DeepL tauscht lediglich Satzteile gegen Satzteile aus, ordnet den Satzbau etwas neu um und spuckt irgendeinen Unsinn aus, der nicht einmal der Sprache entspricht, die DeepL verspricht. Mit tiefem Bedauern musste ich feststellen, dass Techdirt.com, eine Blogging-Website mit Sitz in Redwood City, Kalifornien, den jüngsten Beweis dafür liefert. Bei einem am 29. August 2024 veröffentlichten Beitrag setzte Techdirt DeepL ein, um seiner Leserschaft englische »Übersetzungen« deutscher Textstellen aus einem Artikel von auto motor und sport bereitzustellen – »all translations by DeepL«, heißt es im Beitrag von Techdirt. Was kann man da sagen?

Seit mehr als fünfzehn Jahren ist mir Techdirt eine Art Pflichtlektüre. Techdirt ist zwar meinungsstark, hat aber dafür grundsätzlich hohe fachliche und redaktionelle Standards. (Fun fact: Der Gründer von Techdirt, Herr Michael Masnick, ist der Namensgeber des »Streisand-Effekts«.) In aller Regel sind Techdirt-Beiträge gut geschrieben, zugleich plakativ und informativ. In aller Regel üben die Techdirt writers eine fachgerechte Sorgfalt aus und bemühen sich, andere richtig und fair zu zitieren.

Umso enttäuschender ist dieser Beitrag. Bei diesem Beitrag verlässt sich Techdirt auf »Übersetzungen« von DeepL, die paradox und irreführend wirken. Nehmen wir etwa diesen Text von auto motor und sport, der am Anfang des Techdirt-Beitrags in DeepL-»Übersetzung« wiedergegeben wird:

Volkswagen Financial Services (VWFS) plant für 2025 die Einführung einer neuen Mobilitätsplattform, die den traditionellen Fahrzeugverkauf in den Hintergrund rücken wird.

Laut Techdirt lautet die DeepL-»Übersetzung« wie folgt:

Volkswagen Financial Services (VWFS) is planning to introduce a new mobility platform in 2025 that will push traditional vehicle sales into the background.

Die DeepL-»Übersetzung« ist paradox; sie ist richtig, aber unvollständig und falsch. Die DeepL-»Übersetzung« verkörpert den Glauben, dass Texte Lager, Übersetzungen Wortbestände sind. DeepL tauscht einfach die Satzteile gegen englische »Entsprechungen« aus und setzt das present continuous ein. Das war’s. Das Ergebnis ist ein englischer Satz, den niemand lesen will, den niemand wirklich versteht. Das Ergebnis ist die Einsicht, dass DeepL es nicht weiter als das Jahr 1530 gebracht hat.

Im Jahr 1530 missbilligte Martin Luther genau diese Art der wörtlichen Übersetzung, den Austausch von Satzteilen gegen andere Satzteile, in seinem »Sendbrief vom Dolmetschen«. Eine solche Übersetzung bringe nur ein Esel zu Papier, sei unverständlich und schlecht. Wörtlich schreibt er:

Als wenn Christus spricht: "Ex abundantia cordis os loquitur". Wenn ich den Eseln soll folgen, die werden mir die Buchstaben fürlegen und also dolmetschen: "Aus dem Überfluss des Herzen redet der Mund". Sage mir, ist das Deutsch geredt? Welcher Deutscher versteht solchs? Was ist "Überfluss des Herzen" für ein Ding? Das kann kein Deutscher sagen, er wollt denn sagen, es sei, dass einer allzu ein gross Herz habe oder zu viel Herzes habe, wiewohl das auch noch nicht recht ist; denn "Überfluss des Herzen" ist kein Deutsch, so wenig als das Deutsch ist: Überfluss des Hauses, Überfluss des Kachelofens, Überfluss der Bank", sondern also redet die Mutter im Haus und der gemeine Mann: "Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über". Das heisst gut Deutsch geredt. [Dieser Text wurde von hier übernommen, das Original kann man hier lesen.]

Nun geht es beim Einsatz von DeepL nicht um Menschenseelen, nicht um Erlösung etc. Das sehe ich ein. Aber wenn es beim Einsatz von DeepL überhaupt um etwas geht, dann um die Verständlichkeit. Genau damit wirbt DeepL. DeepL wirbt etwa mit Testimonials von Unbekannt (»Jon D.«, das ist leider kein Witz), der »die Qualität der Übersetzungen« zum Himmel lobt.

In Wahrheit liefert DeepL kaum verständliche »Übersetzungen«. Die paradoxe DeepL-»Übersetzung« ist ein gutes Beispiel, da sie in dreierlei Hinsicht nicht verständlich ist. Erstens: Sie liest sich wie MÜ/KI; sie ist so eselhaft wörtlich und holprig und hölzern, dass man sich aus Angst vor einer Gehirnerschütterung oder sonstiger Verletzung an den Kopf greifen muss. Hier heißt das hesiodische Motto: Vor das Verstehen hat DeepL Leid und Gewalt gesetzt. Zweitens: Grammatikalische Klarheit im Deutschen wird zur grammatikalischen Unklarheit im Englischen. Da sich die DeepL-»Übersetzung« wie MÜ/KI liest, stellen sich eine Reihe von Fragen, die die Leserschaft stören und ablenken. Push traditional vehicle sales into the background of what? Its sales strategy? And what would that even mean? Nicht selten scheitern räumliche Metaphern bei nicht räumlichen Gedankengängen.[1] Drittens: In unverständlicher Weise verkennt sie den Sinn und Zweck des deutschen Satzes – in stilistischer und in rhetorischer Hinsicht.

Stilistisch steht der deutsche Satz direkt unter der Überschrift und dient offenbar zwei Zwecken. Zum einen dient er als Unterüberschrift (er ist Fett gesetzt), zum zweiten als erster Satz des Beitrags (er ist grammatikalisch vollständig und steht in Wechselwirkung mit dem zweiten Satz). Er ist auch ein guter deutscher Satz. Er beschreibt kurz und knapp, worum es im Text geht. Anders die DeepL-»Übersetzung«. Diese beschreibt auch, worum es im Text geht. Aber sie beschreibt dies nicht kurz und nicht knapp. Sie beschreibt dies in der denkbar umständlichsten Art und Weise – in wörtlicher Übersetzung. Und in wörtlicher Übersetzung ist der gute deutsche Satz kein guter Satz mehr. Ich will sagen: Wie bei fast allen Sätzen verlangt der deutsche Satz eine nicht wörtliche Übersetzung. Aber dies gilt auch rhetorisch. Rhetorisch enthält er das erste Glied einer Antithese, einer Stilfigur, nämlich: die Wendung »in den Hintergrund rücken«. Das zweite Glied dieser Antithese findet sich im nächsten Satz des Artikels von auto motor und sport – nämlich: die Wendung »in den Vordergrund treten« – und wird auch von Techdirt in DeepL-»Übersetzung« wiedergegeben. Der deutsche Satz lautet:

Stattdessen wird die Nutzung von Fahrzeugen, die unter dem Begriff "Vehicle on Demand" zusammengefasst wird, in den Vordergrund treten, so ein Bericht der "Automobilwoche".

Laut Techdirt lautet die DeepL-»Übersetzung« wie folgt:

Instead, the use of vehicles, summarised under the term ‘Vehicle on Demand’, will come to the fore, according to a report in ‘Automobilwoche’.

Da DeepL nichts versteht, hat DeepL auch die rhetorische Antithese nicht verstanden. Sicher: Im Allgemeinen ist die Wendung »come to the fore« eine einfache und gute Wendung im Englischen. In diesem Fall ist sie als Übersetzung der Wendung »in den Vordergrund treten« fehl am Platze. Grammatikalisch leidet sie auch an derselben Unklarheit wie »to push to the background«. Besser wäre »to bring to/to place in the foreground«, da diese die Antithese der Wendung »to push into the background« bildete oder bilden könnte. Aber dies wäre auch fehl am Platz, weil sie in diesem Zusammenhang umständlich wirkte und an derselben Unklarheit im Englischen litte wie »to push to the background«. ——Aufmerksame Leserinnen und Leser glauben wohl, dass ich mich in diesem Punkt widerspreche – dass ich einerseits DeepL vorwerfe, schlecht zu übersetzen, weil es wörtlich übersetzt, und dass ich andererseits eine wörtliche Übersetzung für die bessere halte. Das stimmt. Ich werfe DeepL genau das vor und ich halte eine wörtliche Übersetzung für die bessere. Aber da ist kein Widerspruch. Im Gegenteil. Meine Ausführungen laufen nur auf eine einfache Wahrheit hinaus: Von allen Möglichkeiten der wörtlichen Übersetzung lieferte DeepL die unpassendste – egal wie allgemein und unbestimmt man diese Möglichkeiten betrachten möchte.

Besonders und bestimmt betrachtet ist eine bessere – aber nicht die einzig mögliche – Übersetzung der deutschen Antithese »to shift from«/»to shift to«. In diesem Sinne wäre eine bessere – aber nicht die einzig mögliche – Übersetzung dieser zwei Sätze etwa:

Volkswagen Financial Services (VWFS) is set to introduce a new mobility platform in 2025 and to shift its focus from traditional vehicle sales.

Rather, VWFS will shift its focus to […]

Antithese berücksichtigt, Unklarheiten vermieden.

Nun stellen wir die Probleme dieser paradoxen DeepL-»Übersetzung« beiseite und richten unser Augenmerk auf einen weiteren Umstand der DeepL-»Übersetzungen« im Techdirt-Beitrag, nämlich: auf den Umstand, dass das Englische der DeepL-»Übersetzungen« nicht amerikanisches Englisch, sondern britisches Englisch ist. In den USA heißt es zum Beispiel nicht »summarised«, sondern »summarized«; nicht »optimised«, sondern »optimized«. In den USA verwendet man auch nicht diese ‘An- und Abführungszeichen’ als Haupt An- und Abführungszeichen; man verwendet diese “An- und Abführungszeichen” als Haupt An- und Abführungszeichen. Und in den USA gehören Punkt und Komma innerhalb der An- und Abführungszeichen, nicht außerhalb wie in Großbritannien – also: “So wird’s in den USA gehandhabt.”

Dieser Umstand wäre nicht aufgefallen, wenn Techdirt keine amerikanische Blogging-Website wäre und wenn Techdirt selbst nicht diese “An- und Abführungszeichen” als standardmäßig benutzte und regelmäßig – aber zugegebener Weise nicht immer – Punkt und Komma innerhalb der An- und Abführungszeichen setzte. Nun könnte dieser Umstand des britischen Englisches einem Versehen geschuldet sein. Es ist möglich, dass Techdirt den Text aus dem Deutschen ins »Englisch (britisch)« durch DeepL »übersetzen« ließ oder dass Techdirt nicht weiß, dass DeepL »Übersetzungen« auch ins »Englisch (amerikanisch)« anbietet. Ich weiß es nicht. Aber dies erklärte die britische Orthographie und die An- und Abführungszeichen bei den DeepL-»Übersetzungen«.

Ich bin allerdings kein Pessimist; es ist auch möglich, dass DeepL die Unterschiede zwischen amerikanischem und britischem Englisch nicht wirklich kennt. Wenn man dieselben Textstellen durch DeepL jagt, die Techdirt durch DeepL jagte, so erhält man als Ergebnis Texte, die zwar die amerikanische Orthographie aufweisen (etwa »summarized« anstatt »summarised«), aber auch die britische Gewohnheit, Punkt und Komma außerhalb der An- und Abführungszeichen zu setzen:

Instead, the use of vehicles, which is summarized under the term “vehicle on demand”, will come to the fore, according to a report in “Automobilwoche”. [»Übersetzung« erstellt mit DeepL am 30. August 2024]

Auch wenn diese »Übersetzung« nicht einmal Englisch ist – niemand schreibt oder spricht so – verleiht sie einer Wahrscheinlichkeit Gewicht: Mit großer Wahrscheinlichkeit ließ Techdirt DeepL ins »Englisch (britisch)« »übersetzen« und DeepL kennt die Unterschiede zwischen amerikanischem und britischem Englisch nicht wirklich. Die »Übersetzung« ins »Englisch (amerikanisch)«, die DeepL hier rausspuckt, ist bis auf die Orthographie, zwei Wörter (»which is«) und die An- und Abführungszeichen identisch mit der »Übersetzung« ins »Englisch (britisch)«, die DeepL für Techdirt rausspuckte. Allem Anschein nach glaubt DeepL, dass die Unterschiede zwischen amerikanischem und britischem Englisch in der Orthographie und der Nutzung unterschiedlicher An- und Abführungszeichen besteht. Als gäbe es nur eine englische Sprache, als würde britische Übersetzerinnen und Übersetzer diesen Satz genauso übersetzen wie amerikanische Übersetzerinnen und Übersetzer. Das wäre unglaublich. Nein. Das ist unglaublich.

Dass eine Software fehlerhafte Übersetzungen liefert, ist eine Sache; dass ein Softwareanbieter eine fehlerhafte Auffassung der Sprache gegen Geld anbietet, eine andere. Aber was erwartet man von einem Esel – ich meine von einem Einhorn. Menschliche Maßstäbe? Ich für meinen Teil hege keine derartigen Erwartungen von Tieren, nicht von mythischen, nicht von sonstigen nicht menschlichen.

Die paradoxe »Übersetzung« wäre schlimm genug. Die Verkennung der Unterschiede zwischen amerikanischem und britischem Englisch wäre schlimm genug. Aber DeepL enttäuscht nicht. Es wird nur schlimmer. Die DeepL-»Übersetzungen« sind auch irreführend, und zwar in einer Art und Weise, die bei einer menschlichen Übersetzung kaum denkbar wäre.

DeepL »übersetzt« nur, als bestünde das Übersetzen nur in dem Austausch von Satzteilen gegen andere Satzteile. Im Techdirt-Beitrag werden Worte in DeepL-»Übersetzung« wiedergegeben, die Techdirt dem VWFS-Chef Herrn Christian Dahlheim zuschreiben. Es heißt wörtlich, »The CEO of VWFS, Christian Dahlheim, explained«:

In future, customers will be able to use the [new] app to take advantage of various mobility offers such as leasing, rental, subscriptions or car sharing. Volkswagen will not provide all offers itself, but will work together with strategic partners, particularly in the area of car sharing.

»The CEO of VWFS, Christian Dahlheim, explained« … Did he, though? Das geht nicht so eindeutig aus dem Artikel von auto motor und sport hervor. Ich kenne die redaktionellen Standards von auto motor und sport nicht. Zum Beispiel weiß ich nicht, ob auto motor und sport regelmäßig den Konjunktiv I verwendet oder sich bemüht, die eigene Meinung von Meinungen anderer auseinanderzuhalten. Das bilde ich mir gerne ein; man hat kein Grund zu der Annahme, dass ein Interesse an Autos und ein Interesse an vernünftigem Deutsch sich gegenseitig ausschließen. Das ist auch nebensächlich. Techdirt kennt wohl auch nicht die deutschen redaktionellen Standards von auto motor und sport. Fakt ist, der Text des Artikels von auto motor und sport, den Techdirt durch DeepL jagte, wurde nicht im Konjunktiv I verfasst.

Aus dem deutschen Text geht klar hervor, dass der erste Satz die indirekte Rede darstellt. »Wie VWFS-Chef Christian Dahlheim in einem Pressetermin ankündigte« steht wörtlich. Grammatikalisch müssten die weiteren Sätze des Absatzes, einschließlich der Herrn Dahlheim von Techdirt zugeschriebenen Sätze, keine Fortsetzung dieser Ankündigung darstellen. Sie könnten bspw. eine fachliche Ergänzung durch den Verfasser des Artikels darstellen, die etwa aufgrund bestimmten Fachwissens des Verfassers oder aufgrund weiterer Informationen eines anderen Menschen erfolgt. Diese Sätze wurden nicht im Konjunktiv I verfasst, sondern im einfachen Präsens. Noch stellt dieser ein direktes Zitat von Herrn Dahlheim dar. Alles Fakten, die, glaube ich, Techdirt interessiert hätten:

Wie VWFS-Chef Christian Dahlheim in einem Pressetermin ankündigte, ist diese Veränderung weit mehr als nur die Einführung einer neuen Software. Sie symbolisiert den Übergang von einem Geschäftsmodell, das hauptsächlich auf den Verkauf von Fahrzeugen basiert, zu einem Modell, bei dem die Nutzung der Fahrzeuge im Vordergrund steht. Kunden können künftig über die App verschiedene Mobilitätsangebote wie Leasing, Miete, Abonnements oder Carsharing in Anspruch nehmen. Dabei wird Volkswagen nicht alle Angebote selbst bereitstellen, sondern insbesondere im Bereich Carsharing mit strategischen Partnern zusammenarbeiten.

Wenn man diesen Absatz durch DeepL jagt (»English (amerikanisch)«), bekommt man diese wörtliche »Übersetzung«:

As VWFS CEO Christian Dahlheim announced in a press conference, this change is far more than just the introduction of new software. It symbolizes the transition from a business model based primarily on the sale of vehicles to a model that focuses on the use of vehicles. In future[2], customers will be able to use the app to take advantage of various mobility offers such as leasing, rental, subscriptions or car sharing. Volkswagen will not provide all offers itself, but will work together with strategic partners, particularly in the area of car sharing. [»Übersetzung« erstellt mit DeepL am 31. August 2024]

Was man nicht bekommt, ist ein Hinweis, dass der deutsche Text eine mögliche Zweideutigkeit enthält, dass mindestens zwei Möglichkeiten der Rede besteht, der direkten und der indirekten Rede, dass diese zwei Möglichkeiten auf die Auslegung der Sätze wirken. Wer hat was gesagt? Diesen Hinweis hätte, möchte ich glauben, Techdirt von einem Menschen spätestens bei Lieferung seiner Übersetzung erhalten. Der Mensch hätte gewusst, wie hoch die redaktionellen Standards von Techdirt sind, und hätte Techdirt dabei geholfen, diesen (für Techdirt) fremdsprachlichen Text zu verstehen, den Abgrund der möglich falschen Zuschreibung zu vermeiden.

Nun könnten Sie meinen, Techdirt hätte vorsichtiger sein müssen. Denn die Zweideutigkeit gehe auch aus der DeepL-»Übersetzung« hervor. Und ich würde Ihnen zustimmen. Trotzdem möchte ich glauben, dass gute Übersetzerinnen und Übersetzer ihren Kunden helfen, wann und wo sie können. Ja, ich möchte glauben, dass eine Übersetzerin oder ein Übersetzer – dass ein Mensch – Techdirt auf das allgegenwärtige Präsens und den konsequenten Verzicht auf die indirekte Rede im Artikel von auto motor und sport hingewiesen hätte. Dieser Mensch hätte darauf hingewiesen, glaube ich, weil er Techdirt als Blogging-Website und als Kunden gekannt und somit gewusst hätte, was Techdirt grundsätzlich wichtig ist. —Leider ist es nicht so ausgefallen.

Und vielleicht meinen Sie, dass DeepL wohl den Konjunktiv I in englischer Sprache wiedergegeben hätte, wenn dieser deutsche Text von auto motor und sport im Konjunktiv I verfasst worden wäre. Denn: Der oben geführten Widerlegung (DeepL erkannt die rhetorische Antithese nicht) zum Trotz glauben Sie: »Die neuronalen Netze von DeepL können im Gegensatz zu anderen Diensten«, wie DeepL auf seine Website wirbt, »selbst die feinsten sprachlichen Nuancen erfassen und in der Übersetzung wiedergeben«. … Yea, nope. Da wäre Techdirt auch nicht geholfen.

Zwecks Prüfung habe ich den Text von auto motor und sport leicht umgeschrieben – im Konjunktiv I und etwas vereinfacht:

Wie VWFS-Chef Christian Dahlheim in einem Pressetermin ankündigte, ist diese Veränderung weit mehr als nur die Einführung einer neuen Software. Sie symbolisiere einen Übergang. Dabei werde Volkswagen nicht alle Angebote selbst bereitstellen, sondern insbesondere im Bereich Carsharing mit strategischen Partnern zusammenarbeiten.

DeepL »übersetzte« diesen Text wie folgt:

As VWFS boss Christian Dahlheim announced in a press conference, this change is far more than just the introduction of new software. It symbolizes a transition. Volkswagen will not provide all services itself, but will work together with strategic partners, particularly in the area of car sharing.[»Übersetzung« erstellt mit DeepL am 31. August 2024]

Wo ist die indirekte Rede? DeepL erfasste die feinsten sprachlichen Nuancen so gut, dass DeepL diese nicht in der Übersetzung wiedergab. Oder anders ausgedrückt: DeepL verkennt die feinsten sprachlichen Nuancen und gibt die dümmste Wörtlichkeit in der »Übersetzung« wieder. DeepL ist ein Esel in der Einhornhaut.

 

[1] Man könnte meinen, dass die deutsche Wendung »in den Hintergrund rücken« an derselben Unklarheit leidet wie die Wendung »push into the background«. Da bin ich mir aber nicht so sicher. Deutsch funktioniert anders als Englisch. Noch möchte ich an der Entscheidung der Redaktion von auto motor und sport zweifeln. Sie ist offensichtlich der Ansicht, dass diese Wendung im Deutschen ohne Weiteres klar ist.

[2] Die Wendung »in future« ist zweifelsohne britisches Englisch – bei einer »amerikanischen Übersetzung« von DeepL. In den USA heißt es »in the future«. In den USA hört sich »in future« unvollständig an, da fehlt der bestimmte Artikel. Der Verfasser dieses Beitrags kennt keine Amerikaner:innen, die die Wendung »in future« sagen oder schreiben. Nein, das stimmt nicht ganz. Er kennt einen Amerikaner, der »in future« sagt und schreibt. Und der Amerikaner ist in England aufgewachsen und zur Schule gegangen.

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