Ist die Vorsatzverurteilung nach Trunkenheitsfahrt unmöglich?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 23.06.2008

Schon seit vielen Jahren kreist die Diskussion um den Vorsatz im Rahmen einer Trunkenheitsfahrt - § 316 StGB -  um die Frage, welcher tatrichterlicher Feststellungen es bedarf, um rechtsfehlerfrei zu einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Trunkenheitsfahrten kommen zu können. Ein gewichtiger Faktor ist dabei die Höhe der Blutalkoholkonzentration (BAK). Als Tatrichter hat man dabei zuweilen das Gefühl, dass sich die Oberlandesgerichte mit der Vorsatzannahme sehr schwer tun. So hat gerade etwa das OLG Koblenz mit Beschluss v. 27.2.2008 (=NZV 2008, 304) festgestellt, dass das "Sich-Betrinken" bis zur absoluten Fahruntüchtigkeit (diese wird bekanntlich ab 1,1 Promille angenommen)  grundsätzlich den Schluss auf bedingten Vorsatz zulässt, dass aber eine erhebliche Zeit zwischen Trinkende und Fahrtantritt und fehlende festgestellte Ausfallerscheinungen eine Vorsatzannahme rechtsfehlerhaft erscheinen lassen. Selbst einschlägige Vorstrafen reichen dann nicht aus, wenn das Gericht nicht ausdrücklich eine Vergleichbarkeit beider Tatsachverhalte feststellt. Hinweis: Weiterführende Aufsätze zu diesem Thema: Burhoff VA 2001, 34; Krumm SVR 2006, 292

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3 Kommentare

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Ein weiteres erschreckendes Beispiel für die Praxisferne vieler OLG Strafsenate, deren Mitglieder sich häufig aus "verdienten Mitarbeitern der Justizverwaltung" rekrutieren, welche von der strafrechtlichen Praxis keine Ahnung haben, weil sie sich ihre Beförderung durch langjährige Tätigkeit im Ministerium oder als Präsidialrichter "verdient" haben.

Letztendlich lassen sich auch über § 316 Abs. 2 StGB durchaus "vertretbare" Ergebnisse erzielen, so dass sich der "Kampf" um den Vorsatz kaum lohnt. Ärgerlich ist nur, dass die Versichertengemeinschaft der Rechtsschutzversicherten am Ende die Kosten solcher lebensfremder Rechtsprechung trägt.

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...so weit würde ich aber nicht gehen. Ich denke nicht, dass die Vorwürfe zur Besetzung der Strafsenate stimmen. Die OLG-Richter, die ich bislang kennengelernt habe, sind alles andere als praxisferne Kollegen. Vielleicht ist es aber auch umgekehrt: Die Tatrichter sind vielleicht "zu hemdsärmelig"?! :-)))

Spaß beiseite: Manches, was die Vorsatzrechtsprechung angeht, ist aus Tatrichtersicht natürlich schwer nachzuvollziehen. Und natürlich stimmt es, wenn Sie sagen, dass durchaus vertretbare Ergebnisse auch über § 316 Abs. 2 StGB erzielbar sind.

Kennen Sie eigentlich die humorvolle Entscheidung des AG Rheine NJW 1995, 894 zu diesem Thema?

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Ich hoffe, dass die Tatrichter sich trotz mancher obergerichtlicher Entscheidungen nicht davon abbringen lassen, unverdrossen den "Kampf um den Vorsatz" zu führen!

Zwar differenziert § 316 StGB im Strafrahmen nicht zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Gleichwohl ist die im Urteil angenommene Schuldform trotz identischer Strafdrohung nicht ohne Bedeutung (Strafmaß, Teilnahme, Dauer und Abkürzung der Sperrfrist, Gnadenverfahren, versicherungsrechtliche Folgen). Schwierigkeiten in der Beweisführung dürfen nicht dazu führen, zu Unrecht nur wegen fahrlässiger Tat zu verurteilen! Ganz abgesehen davon, dass ein "Vorbeijudizieren" an der Wirklichkeit dem Ansehen der Strafjustiz schadet.

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