Loveparade 2010 - zehn Monate danach: Neue Erkenntnisse?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 16.05.2011

In der  heute erschienenen Ausgabe des "Spiegel", die sogar mit dem Titelbild zur Loveparade 2010 aufmacht, wird insbesondere die Veranwortung der Polizei für die Katastrophe untersucht, aber auch Verantwortlichkeiten der Stadt Duisburg  - im geringeren Maße auch solche des Veranstalters - werden benannt . Offenbar liegen dem Spiegel "vertrauliche" Informationen aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren vor. Das dürfte in der Öffentlichkeit Anlass dazu sein, einige der schon bekannten Umstände noch einmal zu betrachten, andere, bisher noch nicht näher betrachtete, erstmals zu analysieren. Ein erster lesenwerter Kommentar von Lothar Evers liegt bereits vor (hier) . Vielleicht gelingt es auch wieder, hier im Beck-Blog in sachlicher Weise die rechtlichen Implikationen zu diskutieren. Nach wie vor maße ich mir nicht an, allgemein taktische polizeiliche Fehler als solche zu bewerten, sondern werde hier weiter den Fokus auf die strafrechtliche Verwertbarkeit legen. Das schließt aber nicht aus, dass in den Kommentaren auch das polizeiliche Einsatzverhalten näher diskutiert werden darf - so wie es den früheren Diskussionen ja auch schon geschehen ist.

Von den Spiegel-Autoren werden folgende "Fehler" der Polizei genannt:

1. Das Einvernehmen
Die Polizei "hat es laufen lassen in der Zeit der Planung". Auch wenn sie, was näher ausgeführt wird, von vielen Absprachen zwischen Stadt und Lopavent nichts mitbekommen habe, so sei sie doch rechtzeitig vor dem Termin in der Arbeitsgruppe 4 über die Sicherheitsvorbereitungen und evtl. -mängel informiert gewesen. Der Tunneleingang sei auch Gegenstand polizeilicher Inspektionen und Diskussionen gewesen. Die Polizei sei aber trotz Bedenken "nicht hart und entschieden genug [gewesen], um einzugreifen, durchzugreifen, notfalls die Parade abzusagen". Der Düsseldorfer Polizeidirektor Schalk habe sogar im Juni noch die später entscheidenden Fragen gestellt - zum Stau im Eingangsbereich bei gegenläufigen Menschenströmen. Die Polizei habe sich dann aber mit ein paar kleinen Änderungen zufrieden gegeben und danach auch keine Kritik mehr angebracht.
Nach Wiedergabe des Spiegel hält aber selbst die StA dieses Verhalten der Polizei im Vorfeld für strafrechtlich irrelevant, da ein ausdrückliches "Einvernehmen" der Polizei nicht gegeben sei. Die Staatsanwaltschafft habe also geprüft, ob es ein "Einvernehmen" der Polizei gegeben habe, konnte dies aber nicht finden. Und daraus werde gefolgert, dass sich die Stadt Duisburg über das Erfordernis eines Einvernehmens hinweggesetzt oder die bloße Mitwirkung der Polizei als schon ausreichendes Einvernehmen verstanden hat.

Trifft diese rechtliche Bewertung zu? Strafrechtlich wäre der Polizei (wenn man einmal unterstellt, dass ein ausdrückliches  Einvernehmen fehlt) in der Planungsphase demnach nur ein Unterlassen vorzuwerfen, es nämlich unterlassen zu haben, die Veranstaltung mit dieser als gefährlich erkannten Ein-/Ausgangskonzeption zu verhindern. Eine Verhinderung der Veranstaltung durch die Polizei wäre möglich gewesen durch ein ausdrückliches Verweigern ihres für die Genehmigung erforderlichen Einvernehmens - das Beispiel Bochum, wo die LoPa 2009 nach polizeilicher Intervention abgesagt wurde, belegt dies hinreichend. Aber war die Polizei auch zur Intervention verpflichtet? Oder durfte sie es "einfach laufen lassen"? Jedenfalls nach dem Spiegel-Bericht will sich die StA nicht auf dieses unsichere Gelände bewegen, sondern meint, die Verantwortlichkeit läge bei den Mitarbeitern der Stadt, die ohne ausdrücliches Einvernehmen der Polizei eine rechtswidrige Genehmigung erteilt hätten.
Tatsächlich bewegt man sich an diesem Punkt auf unsicherem Gelände: Wenn ein Einvernehmen der Sicherheitsbehörden Vorausetzung für eine solche Veranstaltung ist, unter welchen Voraussetzungen sind dann diese Behörden verpflichtet, ihr Einvernehmen ausdrücklich zu versagen und damit die Veranstaltung zu verhindern? Und lagen diese Voraussetzungen hier vor? Ich denke, dass die Polizei an den Planungen so nah dran war, dass ihre Verantwortlichen erkennen mussten und auch erkannt haben, dass ihr "Schweigen" seitens der Stadt als Zustimmung/Einvernehmen aufgefasst wurde. Ich will nicht behaupten, es handele sich um eine bewusste Taktik, aber wenn es so ist, wie im Spiegel dargestellt, hat sich die Polizei im Vorfeld erfolgreich aus der Verantwortung "geschlichen": Sie hat Kritik angebracht, dann aber die Veranstaltung so wie geplant stattfinden lassen.

2. Der Schichtwechsel
Dass  in der kritischen Phase der LoPa - wenn auch noch weit vor den tödlichen Ereignissen - ein Schichtwechsel der Polizei stattfand, ist lange bekannt (hier nochmal das Foto von 15.30 Uhr). Nicht bekannt war bisher, das man den Schichtwechsel erst auf Intervention des Personalrats und Ministeriums vorsah und dass es zuvor Kritik am Zeitpunkt desselben gab.
Laut Spiegel hat der Schichtwechsel zur Unzeit bewirkt, dass dort neue Kräfte ohne  Vorbereitung in eine schon bedrohliche Lage quasi "hineingeworfen" wurden. Dies hätte beigetragen zur Gefährdung, möglicherweise auch zu Fehlentscheidungen.
Strafrechtlich wird es aber schwer fallen, den Schichtwechsel selbst mit den Todesfällen unmittelbar in einen Kausalzusammenhang zu bringen. Solche möglichen Kausalzusammenhänge lassen sich nicht ausschließen, aber auch nicht hinreichend als "Ursache" beweisen. Wäre etwa ohne Schichtwechsel dasselbe passiert, hätte man möglicherweise die Müdigkeit/Überforderung der Beamten als Negativfaktor angesehen. Einen wichtigen Hinweis gibt allerdings Lothar Evers: Möglicherweise sind infolge des Schichtwechsels einfach nicht genügend Kräfte gleichzeitig dort gewesen, weil man dieselbe Anzahl von Hundertschaften  dann eben nicht gleichzeitig sondern nacheinander eingesetzt hat. Die entscheidende Frage also: Waren genug Kräfte da? Oder wurde die zuvor für nötig befundende Anzahl der Beamten aufgrund des nötigen Schichtwechsels halbiert? Dies ist deshalb so wichtig, weil das Entstehen des Gedränges auf der Rampe damit zusammenhängt, dass das Sperrkonzept der Polizei nicht funktionierte. Mit mehr Kräften an den richtigen Stellen hätten die Sperren aber funktionieren können.

3.  Die fehlende Lautsprecheranlage
Hier im beck-Blog aber auch an anderer Stelle wird als ein ganz wesentlicher Umstand, der die Katatstrophe mitverursachte, angesehen, dass es auf der Rampe praktisch keine Kommunikation zwischen Polizei/Sicherheitspersonal und Besuchern gab. Die Besucher kamen aus den Tunnels und wussten nicht, wo und wie es weitergehen sollte. Auch als sie sich schon drängelten, bemerkten sie nicht, dass in ihrem Rücken nicht weit entfernt genug Platz war. Sie wurden einfach nicht von den Kräften, die Überblick hatten, informiert. Die z.T. vorhandenen Megaphone waren viel zu schwach. Und die in der Genehmigung verlangte ELA fehlte (siehe hier). Dies - so der Spiegel - war der Polizei ab 14 Uhr bekannt. Man hat also 2,5 Stunden vor dem Unglück gewusst, dass ein wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts fehlte. Durfte die Polizei dann einfach weitermachen ohne sich um Ersatz zu bemühen (Lautsprecherwagen oder mobile Anlagen müssten doch herbeizuschaffen sein...) Oder hätte sie die LoPa abbrechen oder auf einen Abbruch durch die zuständigen Behörden hinwirken müssen? Das letzte ist eine schwierige Frage, denn die Risiken eines Abbruchs zu einem Zeitpunkt, zu dem schon Hunderttausende in der Stadt waren, mussten ja mit abgewogen werden. In diese Richtung wird sicherlich weiter ermittelt. Aber nicht zu vergessen: Dass die ELA nicht vorhanden war, ist primär ein Versäumnis von Lopavent, dass dies nicht kontrolliert wurde, ein Versäumnis der Stadt Duisburg.

4. Die mangelnde Kommunikation (Funkgeräte/Mobiltelefone)
Eine ähnliche Frage - meines Erachtens aber etwas weniger unmittelbar mit der Katastrophe zusammenhängend -  wirft die mangelhafte Kommunikation der Sicherheitskräfte/Polizei untereinander auf. Die Funkgeräte funktionierten offenbar nicht richtig, das Handynetz war überlastet, weil man es möglicherweise versäumt hatte, sich entsprechenden Vorrang im Netz zu reservieren. Es wird auch hier schwer fallen, eine unmittelbare Ursache für die Katastrophe festzustellen, die strafrechtlich relevant wäre.

5. Die Sperren
Schon seit den ersten Kommentaren zur LoPa 2010 werden die polizeilichen Sperren als  unmittelbare Mitursachen der Katastrophe bewertet. Die Polizei hat sie wohl eingerichtet, um den "Pfropf" am Rampenkopf zu entlasten/aufzulösen. Aber dazu, so jedenfalls meine Auffassung, waren die Sperren, die dann eingerichtet wurden, erkennbar ungeeignet bzw. sie versagten ihre Funktion. Schließlich hat die Sperre auf der Rampe das Gedränge an einer wesentlich problematischeren Stelle (am unteren Ende der Rampe, eingekesselt zwischen den Tunnelausgängen und Betonwänden) erst verursacht. Das ist keine neue Erkenntnis. Aber ein Zusammenhang zwischen Schichtwechsel und unzureichenden Sperren könnte möglich sein, s.o.

Dem Spiegel ist zu danken, dass er das Thema Loveparade 2010, um das es etwas still geworden war in den letzten Wochen, noch einmal aktualisiert hat, wenn sich auch der Anteil wirklich neuer (strafrechtlich relevanter) Fakten in Grenzen hält.  Auch scheinen nach meinem Eindruck die Veranstalter im Spiegel-Artikel relativ gut weg zu kommen.

Die hiesige Diskussion (über 1000 Kommentare) ist geschlossen.

Zur aktuellen Diskussion hier im Blog (Juli 2011)

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade 2010 Doku

Link zur Seite von Lothar Evers:

DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Links zu den früheren Diskussionen hier im Beck-Blog:

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 23000 Abrufe)

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1097 Kommentare

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Henning Ernst Müller schrieb:
Zuständigkeitsregel existieren. Eine solche Zuständigkeitsregel gibt es aber nicht - ich denke, das meinte Dr. Eikmeier in seinen Antworten.

 

Genau das meinte ich. Es macht für die strafrechtliche Beurteilung keinen Sinn, der Polizei - zumal diese eine Organisation und keine Individualperson ist - Unterlassungen vorzuwerfen, die man letztlich jedem vorwerfen kann. Mit gleicher Berechtigung könnte man auch den zuvor vorbeiziehenden Ravern eben diesen Vorwurf machen.

Und dann ist da auch noch der Ton, der die Musik macht.

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Henning Ernst Müller schrieb:

Zu den  Fragen der möglichen Tätigkeiten der Polizei im Vorfeld der LoPa (von Traumatherapie...., Antworten von Klaus M, Dr. Eikmeier):

    1) Betreten des Grundstücks durch die Polizei vor der Veranstaltung OHNE Ermächtigungsgrundlage (Rechtswidrigkeit ja/nein)

    2) Inaugenscheinnahme des Tunnel/Rampenbereich durch die Polizei OHNE Ermächtigungsgrundlage (Rechtswidrigkeit ja/nein)

    3) Weitergabe von Informationen über Baustellengitter an andere Behörden OHNE Ermächtigungsgrundlage (Rechtswidrigkeit ja/nein)

    4) dringliche Bitte um Abhilfe durch Polizei OHNE Ermächtigungsgrundlage (Rechtswidrigkeit ja/nein)

Selbstverständlich kann die Polizei all dies tun und wird damit nicht rechtswidrig handeln, denn für die Erhöhung der Sicherheit durch Gefahrenhinweise bedarf es keiner Rechtsgrundlage.

Ich weiß das doch alles.

Leider konnte der Blogger "Dr. Eikmeier" diese selbstverständlichen Zusammenhänge offenbar nicht nachvollziehen. Das ist bedauerlich, denn es handelt sich um die sehr wichtige Frage, ob die Polizei im Vorfeld hätte weitere Sicherungsmaßnahmen treffen können und dies unterlassen hat.

Ich verweise auf den bisherigen Blog:

Meine Frage #117

Quote:

Ich bitte ich Sie mir für folgende Rechtsverstöße die entsprechenden Paragraphen zu nennen:

1) Welches Gesetz verbietet es der Polizei dieses wahnsinnige Bauwerk in Eigenregie vor Veranstaltungsbeginn zu kontrollieren?

Antwort #121 vom Blogger

Quote:

Sie verstehen die Funktion der Polizei und deren Eingriffsbefugnis nicht. Es sind keine Rechtsverstöße, die verboten sein müssen. Ein Eingreifen der Polizei bedarf einer Ermächtigungsgrundlage. Der Fragenkatalog müsste also umgestellt werden und nach derjenigen Norm fragen, welche den entsprechenden polizeilichen Eingriff erlaubt.

Mal zwei Beispiele:
Zitat:
1) Welches Gesetz verbietet es der Polizei dieses wahnsinnige Bauwerk in Eigenregie vor Veranstaltungsbeginn zu kontrollieren?

§ 1 PolG/NW Eine solche Kontrolle gehört nicht zum Aufgabenbereich der Polizei.

Ich frage also in #117 den Blogger danach, warum es der Polizei verboten ist.

Die Antwort des Bloggers ist, weil alles verboten ist, was nicht per Ermächtigungsgrundlage erlaubt ist. Insoweit ist das vollkommen richtig, denn eine Gefahrenabwehrmaßnahme setzt zwingend eine Rechtsgrundlage voraus, alles andere wäre tatsächlich verboten.

Leider ist der Blogger aber nicht in der Lage zwischen einer Gefahrenabwehrmaßnahme im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts und einem polizeilichem Handeln zur Gefahrenabwehr zu unterscheiden. Aufgrund dieses gedanklichen Fehlers schafft es der Blogger nun tatsächlich, mir auch noch einen Paragraphen zu nennen, warum es der Polizei seiner Meinung nach angeblich verboten wäre. Damit begründet der Blogger, dass die Polizei gesetzlich gar keine Möglichkeit gehabt hätte.

Im Gegensatz zu Ihrer Darstellung, Herr Prof. Dr. Henning Ernst Müller, ist die Blog-Diskussion leider kein Mißverständnis. Es handelt sich um eine falsche Rechtsauffassung von Seiten des Bloggers.

Ich kann deswegen Ihre Hoffnung nicht nachvollziehen, warum Sie meinen, dass der Blogger dies nunmehr eingesehen hätte. Vielleicht könnte sich der Blogger "Dr. Eikmeier" melden und klarstellen, ob er nun meiner Rechtsauffassung folgen kann, oder immer noch Populismus vermutet, wie er es mir vorgeworfen hatte.

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Sehr geehrte Traumatherapie....,

Sie schreiben:

Immer wenn man eine strafrechtliche Beurteilung vornehmen möchte, muß man erst einmal die Täter haben.

Diese Vorstellung von einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist grundfalsch. Das sehen Sie schon in jedem Tatort: der "Täter" kommt zum Schluss, nicht zu  Beginn der Ermittlungen.

Um sich auf Verdächtigensuche zu machen entwickelt man nun verschiedene Ereignisversionen zum Unfallhergang. Die bisherige Version ist, dass man ein Kartell gegründet hätte, dieses hätte Sicherheitsvorschriften außer Acht gelassen und dies hat dann letztendlich zum Unfall geführt. Leider kann die Version aber nicht alle Details zufriedenstellend erklären, da nun einmal viele Unternehmer mit der Stadt ein solches Kartell gründen. Und es ist geübte Praxis, die Sicherheitsvorschriften kreativ zu umgehen. Trotzdem kommt es nicht ständig zu Unfällen - weil eben doch noch jeder aufpaßt.

Auch diese Vorstellung ist falsch. Zum Verständnis: Im Straßenverkehr werden täglich jede Menge Fehler gemacht, nur die wenigsten davon haben einen Unfall zur Folge. In den meisten Fällen ist ein Zufallsmoment dafür verantwortlich, das "doch noch mal alles glimpflich abgelaufen ist". Speziell zur LoPa gibt es Hinweise dafür, dass auch schon bei früheren Ruhrpott-LoPa "beinahe" etwas passiert ist. Da es gut ausgegangen ist, wurde hinterher nach möglichen Fehlleistungen nicht gesucht. Das ist aber umgekehrt nicht notwendig ein Anlass dazu, bei Eintritt eines Schadens nach weiteren Verantwortlichen zu suchen, sofern sich der Schaden hinreichend mit den ermittelten Fehlleistungen erklären lässt und keine weiteren Verantwortlichkeiten erkennbar sind. Auch dass man "verschiedene Ereignisversionen entwickelt" ist schief: Selbstverständlich darf man nur die EINE tatsächliche Version ermitteln.

Deswegen ist nun nach weiteren Auffälligkeiten Ausschau zu halten und es sind parallele Unfallversionen zu entwickeln, damit kein Täter übersehen wird. Eine Auffälligkeit ist, dass selbst die Polizei nicht besonders nervös schien. Sie hätte es aber schon aus Eigeninteresse sein müssen. Die Nervosität hätte sich in zusätzlichen Einsatzkräfte und genaueste Inaugenscheinnahme der Gefahrenzone ausdrücken müssen.

Diese Argumentationskette beruht auf falschen Prämissen und kommt deshalb zu falschen Schlüssen. Was in einer "parallelen Unfallversion" passiert, ist unerheblich - es kommt nur auf die Tatsachen an. Dass jemand "nervös hätte sein müssen", Sie meinen wahrscheinlich, besonders aufmerksam hätte sein müssen, ist - sofern es keine ausdrückliche Verpflichtung dazu gibt -  strafrechtlich irrelevant; deshalb braucht man in dieser Richtung auch nicht nach Verdächtigen zu suchen. Wenn Sie darauf abstellen, dann könnten sie auch einzelnen Besuchern die Schuld in die Schuhe schieben, schließlich gab es da sicherlich auch welche, die Gefahren erkannt haben und sie nicht gemeldet haben. Die hätten auch "nervös" sein müssen - ich jedenfalls wäre es gewesen und hätte aus Eigeninteresse keinen Schritt in diese Tunnel gemacht. Aber dennoch wäre es abwegig, jemanden, der "nicht nervös genug" war, einen Vorwurf zu machen.

Wenn man Unfälle vernünftig aufklären will, kann man nicht immer zufällige Fahrlässigkeit als Grund angeben, sonst würde man Täter übersehen.

So etwas wie eine "zufällige Fahrlässigkeit" gibt es nicht. Aber ja, sicherlich sollte man die Augen aufhalten, wer noch ggf. mitverantwortlich ist - das tun wir doch gerade hier: Seit Wochen diskutieren wir hauptsächlich über die mögliche Verantwortlichkeit der Polizei. Bei jemanden, der aktiv tätig war und einen Schaden möglicherweise mitverursacht hat, ist dies selbstverständlich (ich habe mehrfach betont: Die Verantwortung für aktives Handeln bedarf keiner Zuständigkeit - was v.a. von der Polizei lange bestritten wurde). Aber was Sie anführen, sind keine aktiven Handlungen, sondern Unterlassungen. Sie wollen belegen, dass die Polizei vorab hätte das Gelände prüfen müssen und auf Mängel hinweisen müssen etc. Dass sie es gedurft hätte, haben wir geklärt. Aber darauf kommt es eben nicht an (bitte glauben Sie es mir trotz Dr.-Titel und vermeintlicher Volltrottelei). Es hat auch wirklich wenig Zweck, wenn Sie innerhalb einer strafrechtlichen Diskussion auf moralischen oder ungeschriebenen Pflichten beharren (die "Polizei hätte doch nervös sein müssen..., sie hätte im Vorfeld mehr tun können..."), denn dies ist einfach strafrechtlich unerheblich. Und dies ist auch richtig so: Wenn ein Nichthandeln außerhalb der Zuständigkeit zur Bestrafung führen könnte, dann könnten wir alle nicht mehr sicher vor Strafe sein. Also: Sie können gern einen Beamten, der den gefährlichen Bauzaun übersehen oder nicht gemeldet hat, auf moralischer Ebene verdammen, z.B. in einem anderen Blog zur LoPa. Mit dem Strafrecht hat das nichts zu tun, solange Sie keine Norm nennen können, mit der gerade dieser Beamte zum Kontrollieren und Eingreifen verpflichtet war. Ich weiß, das klingt für Sie möglicherweise wie juristische Korinthenkackerei. Aber dies hier ist eben "zufällig" ein juristischer Fachblog.

Ein Vorschlag zur Weiterführung der Diskussion in Richtung eines möglichen Unterlassens der Polizei:

Ein Eingriffspflicht hat für die Polizei bestanden, als sich eine konkrete Gefahrenlage abzeichnete und Veranstalter/  Ordnungsbehörde nicht mehr zur Gefahrenabwehr in der Lage waren. Ob dies erst kurz vor der Katastrophe, also nach 16.30 Uhr der Fall war oder - wie einige annehmen - schon weit früher, DAS ist eine strafrechtlich erhebliche Frage. Wenn man zu dem Ergebnis kommt, die Polizei hätte etwa schon um 15.30 Uhr erkennen können und müssen, dass die Veranstaltung "schief läuft" und es gefährlich wird, dann hätte sie schon in diesem Zeitpunkt die Maßnahmen durchführen müssen, die zu einer völligen Schließung des Geländes dann erst nach 16.50 Uhr getroffen wurden.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

 

 

Henning Ernst Mueller schrieb:
...... Zum Verständnis: Im Straßenverkehr werden täglich jede Menge Fehler gemacht, nur die wenigsten davon haben einen Unfall zur Folge.(...).
Ich muss gestehen, dass mir Ihre wiederkehrenden Vergleiche mit dem Straßenverkehr ziemlich aufstoßen.

Im Straßenverkehr ist in der Regel ein Individuum der fahrende 'Täter' Und die Staßenverkehrsregeln sind für reibungslosen Verkehr zwischen diesen indiviuellen Fahrern konzipiert. 

Menschen in einer Massenturbulenz werden dagegen zu einem passiven Individuum. Sie können nur äußerst bedingt zu einem Täter werden. Das Individuum in einer solchen Masse hat rein äußerlich körperlich keine Möglichkeit irgendwelche 'Massenverkehrsregeln' zu befolgen, außer sich zwecks Überleben möglichst oben zu halten  etc.

Bei einer Masssenveranstaltung haben wir es mit Menschengruppen zu tun und zwar mit zwei sehr verschiedenen Menschengruppe. Das ist ja nun wirklich ganz was anderes, als im Straßenverkehr, wo Individuum gegen Individuum steht.

Bei Masssenveranstaltungen haben wir auf der einen Seite die besuchende Masse und auf der anderen, die in der Regel recht große Gruppe der Veranstaltenden  zu tun. Das ist doch eine völlig andere Ausgangslage. Auch einen Autostau mit je einem fahrenden Individuum im Auto kann man nicht mit einer sich zu Fuß bewegenden Masse vergleichen.  

 

Quote:
(...)Die Verantwortung für aktives Handeln bedarf keiner Zuständigkeit - was v.a. von der Polizei lange bestritten wurde. Aber was Sie anführen, sind keine aktiven Handlungen, sondern Unterlassungen. (...) dies ist einfach strafrechtlich unerheblich. Und dies ist auch richtig so: Wenn ein Nichthandeln außerhalb der Zuständigkeit zur Bestrafung führen könnte, dann könnten wir alle nicht mehr sicher vor Strafe sein.
Hier setzen Sie auch wieder das aktive innerdienstliche Handeln der Polizei mit dem Alltagshandeln des Bürgers  gleich. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

Quote:
Ein Vorschlag zur Weiterführung der Diskussion in Richtung eines möglichen Unterlassens der Polizei: Ein Eingriffspflicht hat für die Polizei bestanden, als sich eine konkrete Gefahrenlage abzeichnete und Veranstalter/  Ordnungsbehörde nicht mehr zur Gefahrenabwehr in der Lage waren.

Das ist hier der springende Punkt:

Was ist im Falle einer Massenveranstaltung "konkrete Gefahr"?

Wenn ich sehe wie ein Kind in Richtung eines Abgrunds läuft, ist die konkrete Gefahr offenkundig. Wann ist sie das bei einer Massenveranstaltung? Da lässt sich das ja eben nicht mehr an den sich bewegenden Menschen erkennen. Hier ist doch vor allem der Ort, an dem sich die Menschen in der Masse werden bewegen müssen ausschlaggebend. Ort weit gefasst, also eben auch zugehörige Sicherheitsvorkehrungen etc.  Die konkrete Gefahr in der Masse kann ja, wie wir schon gesehen haben, nicht erst dann beginnen, wenn jemand in der Masse umfällt, zumal man das ja eben nicht sofort sehen kann.

Quote:
Ob dies erst kurz vor der Katastrophe, also nach 16.30 Uhr der Fall war oder - wie einige annehmen - schon weit früher, DAS ist eine strafrechtlich erhebliche Frage. 

Dem zuvor Beschriebenen zufolge war dieser Moment spätestens mit der Anfrage des Crowdmanagers gegeben. Wie gesagt, spätestens. Ich meine, im Kontext dieser schlechten Gesamtplanung und Sicherung war im Bereich Tunnel-Rampe zu jedem Zeitpunkt seit der Eröffnung und bei jedwedem  Erkennen eines massengefährdenden Planungsfehlers für die Polizei Grund einzugreifen, d.h. eben nicht zwingend schließen, sondern nach Möglichkeit die erkannten Mängel zu beheben. Also ab 14.00 Uhr.

 

 

 

0

Henning Ernst Müller schrieb:

Ein Vorschlag zur Weiterführung der Diskussion in Richtung eines möglichen Unterlassens der Polizei:

Ich verstehe das so, dass Sie damit Ihren Vorschlag zur Diskussion stellen wollen.

Mit Ihrem einseitigen Vorschlag bin ich natürlich nicht einverstanden.

Sie sagen letztendlich, dass Sie keine Ahnung von den tatsächlichen Abläufen haben, nur eines ist für Sie jetzt schon klar, nämlich, dass die Wissenschaftler keine Rolle gespielt haben können. Diese Argumentation kann natürlich nicht überzeugen.

Allerdings bin ich davon überzeugt, dass Sie eine Diskussion darüber zum jetzigen Zeitpunkt nicht zulassen werden. Insofern macht es keinen Sinn, weitere Versuche in diese Richtung zu unternehmen. 

Das muss aber nicht schaden, denn jetzt sind Sie dafür nachweispflichtig, dass Sie bereits alle wichtigen Details aufklären konnten und müssen diese Behauptung verteidigen. Dadurch gewinnt die Diskussion an Prägnanz.

0

Felix Licht schrieb:

#86 julius

"welche selbsternannten Götter haben bei der Loveparade 2010 von "akzeptalem Risiko" gesprochen."

Wer tat das und was genau meinte man damit?

#89 julius

"im Norden "Notausgang""

Meinst Du damit die Ostrampe?

#113 julius

"deswegen habe ich auch einen ständig anwesenden Sanka wagen auf der Rampe vermißt."

Was schließt Du daraus?

akzeptales Risiko
Gedränge in dem das Atmen behindert wird.
Deformierung der Körper hüllen
Beeinträchtigung des Vorankommens
länger anhaltende NoGo Situationen vor Engstellen.
Stichwort 20 Kinder pro Qadratmeter.
mit solchen Zahlen rechnen Enfluchtungs"Analysten".

im Norden "Notausgang

richtiger Nord -Ost
in Richtung zu den Bahngleisen

http://www.humphrey-blogart.de/?p=134

Dort angekommen erkundigte ich mich bei einem Polizisten, ob die Ausgänge bald geöffnet werden. Er sagte mir, dass diese nicht geöffnet werden können weil ja Bahnbetrieb direkt dahinter verlief. Dieser müsse erst gestoppt werden um die Leute hier heraus zu lassen. Ein wirklich toller Notausgang war das!

der später geöffnet wurde.?
http://www.youtube.com/watch?v=RiMWEk80SzE
http://loveparade2010doku.wordpress.com/2010/08/04/fullung-und-leerung-d...

"ein-kein" ständig anwesender Sanka wagen auf der Rampe.

ich denke

dass "einige" wie die Katze um den heißßßen Brei schleichen. --- geschlichen sind.
möglichst weit weg von Kamera 13

oder im TOTEN WINKEL von Kamera Dreizehn.
besonders die Leute mit den Bügelfalten in frischgewaschenen Privat-Dienstgewändern.
die nichts unterschrieben haben,
die Verantwortung ablehnen, --auch (mit kaum leserlichem Gekrizzele.)
oder keinen Auftrag hatten.---da kein Geld.

 

und alles war seehr seeehr heikel.

mffffgggg

0

#147 Traumatherapie-LoPa

"Die Polizei hätte tatsächlich im Vorfeld mehr tun können und hat dies trotzdem nicht getan.

Das ist für mich eine ganz neue Erkenntnis und ich glaube für viele andere auch, da dies wiederholt bestritten wurde. "

 

Mir erscheint hierfür nur eine einzige Erklärung logisch: Es muss ein höheres, übergeordnetes Ziel gegeben haben, das es zu erreichen galt und das alles Illegale legitimierte.

 

#148 Prof. Müller

"Das sehen Sie schon in jedem Tatort: der "Täter" kommt zum Schluss, nicht zu  Beginn der Ermittlungen."

 

Den Vergleich mit dieser realitätsfernen Krimiserie finde ich absurd. Jedes Kind weiß, dass es so in echt nicht abläuft. Außerdem kommen im Tatort die Täter auch oft am Anfang und sind bekannt! Gemeint war, dass man von Anfang an gegen die Richtigen ermittelt und niemanden übersieht und genau der Überzeugung bin ich auch!

 

"Die hätten auch "nervös" sein müssen - ich jedenfalls wäre es gewesen und hätte aus Eigeninteresse keinen Schritt in diese Tunnel gemacht. Aber dennoch wäre es abwegig, jemanden, der "nicht nervös genug" war, einen Vorwurf zu machen."

 

Richtig, denn Sie sind bestimmt doppelt oder dreifach so alt wie die mehrheit der Besucher!

 

"So etwas wie eine "zufällige Fahrlässigkeit" gibt es nicht. Aber ja, sicherlich sollte man die Augen aufhalten, wer noch ggf. mitverantwortlich ist - das tun wir doch gerade hier: Seit Wochen diskutieren wir hauptsächlich über die mögliche Verantwortlichkeit der Polizei. Bei jemanden, der aktiv tätig war und einen Schaden möglicherweise mitverursacht hat, ist dies selbstverständlich (ich habe mehrfach betont: Die Verantwortung für aktives Handeln bedarf keiner Zuständigkeit - was v.a. von der Polizei lange bestritten wurde)."

 

Okay, bestreiten aber vehement eine etwaige Mitverantwortlichkeit seitens etwaiger Forschender. Was zudem andere als "Verschörungen" abtun!

 

"Wenn ein Nichthandeln außerhalb der Zuständigkeit zur Bestrafung führen könnte, dann könnten wir alle nicht mehr sicher vor Strafe sein. Also: Sie können gern einen Beamten, der den gefährlichen Bauzaun übersehen oder nicht gemeldet hat, auf moralischer Ebene verdammen, z.B. in einem anderen Blog zur LoPa. Mit dem Strafrecht hat das nichts zu tun, solange Sie keine Norm nennen können, mit der gerade dieser Beamte zum Kontrollieren und Eingreifen verpflichtet war."

 

Wie will man da die Grenze zur Fahrlässigkeit überhaupt ziehen können?

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Felix Licht schrieb:
Gemeint war, dass man von Anfang an gegen die Richtigen ermittelt und niemanden übersieht und genau der Überzeugung bin ich auch!

Wenn man vernünftig ermittelt, dann steht die Sachverhaltsaufklärung im Vordergrund. Wie bitte sollen denn nach Ihrer Ansicht "die Richtigen" bestimmt werden, die am Anfang der Ermitllung stehen müssen?

 

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#141 Dr. Frank eikmeier

vielen dank! Wäre das passende Ministerium dann das Innenministerium als oberste Aufsichtsbehörde?

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@Felix Licht:

Mir erscheint hierfür nur eine einzige Erklärung logisch: Es muss ein höheres, übergeordnetes Ziel gegeben haben, das es zu erreichen galt und das alles Illegale legitimierte.

(...) Okay, bestreiten aber vehement eine etwaige Mitverantwortlichkeit seitens etwaiger Forschender. Was zudem andere als "Verschörungen" abtun!

Das höhere übergeordnete Ziel ist doch ganz deutlich: Die LoPa sollte in Duisburg stattfinden, dann wäre Lopavent und die Stadt Duisburg mit ihrem OB gut dagestanden, es wäre ein toller Werbeeffekt für Duisburg und McFit gewesen ("Millionen feiern friedlich in Duisburg") und die Raver hätten sich auch amüsiert. Das war das "höhere Ziel", dem - leider - die Sicherheit untergeordnet wurde, indem man ein Gelände wählte mit ungeeigneter und unterdimensionierter Eingangs/Ausgangssituation, dort fehlenden Rettungswegen, dort vorhandenen Barrikaden, fehlender ELA (Lautsprecheranlage) und diesem Ziel wurde auch die Kontrolle  der Einhaltung der Genehmigungsauflagen untergeordnet. Möglicherweise haben dann am Veranstaltungstag auch noch weitere Personen konkret "versagt" - der CM, vielleicht auch die Polizeileitung (falsch bzw. zu spät reagiert).

Es gibt - außer einigen unsubstantiierten Behauptungen  (wo sind die Belege?) - nichts, was dafür spricht, dass irgendein Forscher darauf beharrt hat, Sicherheitsbestimmunegn zu ignorieren, damit er ein experimentelles Umfeld vorfindet, in dem er Daten sammeln kann. Natürlich gab es Wissenschaftler, die die Personenströme zuvor prognostiziert haben (und wir haben ausführlich diskutiert, ob dabei Fahrlässigkeiten begangen wurden) und es gab welche, die am Veranstaltungstag Personenströme beobachtet haben (die Beobachtung ist aber sicher keine Ursache, jedenfalls nicht nach den Denkgesetzen). Für eine Einflussnahme auf die Wahl des Veranstaltungsgeländes oder auf die Bereitung von Hindernissen gibt es überhaupt kein Indiz.  Da haben auch Sie, Herr Licht, bisher nichts Relevantes beigesteuert zur Diskussion, die unter solchen Unterstellungen und mysteriösen "Andeutungen" ohne jeden Beleg durchaus leidet. Deshalb auch meine Vehemenz in diesem Punkt, da solche Andeutungen die hiesige Diskussion vernebeln und ins Lächerliche ziehen.

Wie will man da die Grenze zur Fahrlässigkeit überhaupt ziehen können?

Eine juristisch wichtige Grenze ist die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen. Für sein aktives Tun kann jeder verantwortlich gemacht werden, für ein Nichtstun/Unterlassen nur derjenige, der verpflichtet ist zu handeln. Diese Grenze ist zunächst einmal klar und in diesem Rahmen hat die "Zuständigkeit" durchaus ihre Bedeutung.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

Henning Ernst Mueller schrieb:
Das höhere übergeordnete Ziel ist doch ganz deutlich:

Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst Herr Dr. Müller, oder? Woher nehmen sie die Gewissheit, dass das von Ihnen Genannte das "höhere übergeordnete Ziel" war?

Es war das für alle nach außen hin erkennbare Ziel, das ja. Aber die Kriminalgeschichte kennt nun wahrlich genug Fälle, vermutlich sind es die meisten, bei denen das vordergründig Offenkundige nicht das war, was am Ende der Ermittlungen als  "höheres übergeordnetes Ziel"  heraus kam.

Quote:
Für eine Einflussnahme auf die Wahl des Veranstaltungsgeländes oder auf die Bereitung von Hindernissen gibt es überhaupt kein Indiz.

Liegen Ihnen sämtliche vorhandene Indizien im Falle Lopa vor, auf dass Sie das sagen können?

 

Quote:
Eine juristisch wichtige Grenze ist die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen. Für sein aktives Tun kann jeder verantwortlich gemacht werden, für ein Nichtstun/Unterlassen nur derjenige, der verpflichtet ist zu handeln. Diese Grenze ist zunächst einmal klar und in diesem Rahmen hat die "Zuständigkeit" durchaus ihre Bedeutung.

In welchem Verhältnis steht dazu die sogenannte unterlassene Hilfeleistung?

Eine Unterlassung kann sehr wohl auch aktives Tun sein.

Und was, wenn das aktive Tun verdeckt ist? Schließlich wird illegales Handeln z.B. immer versteckt.

Quote:
# 148 Wenn ein Nichthandeln außerhalb der Zuständigkeit zur Bestrafung führen könnte, dann könnten wir alle nicht mehr sicher vor Strafe sein. Also: Sie können gern einen Beamten, der den gefährlichen Bauzaun übersehen oder nicht gemeldet hat, auf moralischer Ebene verdammen, (...). Mit dem Strafrecht hat das nichts zu tun, solange Sie keine Norm nennen können, mit der gerade dieser Beamte zum Kontrollieren und Eingreifen verpflichtet war.

Wollen Sie im Ernst sagen, dass der Beamte nicht zum Kontrollieren und Eingreifen verpflichtet war? Sie vergleichen ihn ja quasi mit den Besuchern, wenn Sie schreiben:

Quote:
noch # 148... Dass jemand "nervös hätte sein müssen", Sie meinen wahrscheinlich, besonders aufmerksam hätte sein müssen, ist - sofern es keine ausdrückliche Verpflichtung dazu gibt -  strafrechtlich irrelevant; deshalb braucht man in dieser Richtung auch nicht nach Verdächtigen zu suchen. Wenn Sie darauf abstellen, dann könnten sie auch einzelnen Besuchern die Schuld in die Schuhe schieben, schließlich gab es da sicherlich auch welche, die Gefahren erkannt haben und sie nicht gemeldet haben.

Zwischen Polizeibeamten und Besuchern soll es im Verhältnis zu einem geforderten Handeln gegenüber einer fahrlässig handelnden Ordnungsbehörde keinen Unterschied geben? Wie heißt es doch so schön: "die Polizei dein Freund und Helfer...."

 

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Blue schrieb:

Henning Ernst Mueller schrieb:
Das höhere übergeordnete Ziel ist doch ganz deutlich:

Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst Herr Dr. Müller, oder? Woher nehmen sie die Gewissheit, dass das von Ihnen Genannte das "höhere übergeordnete Ziel" war?

Wenn man den Sachverhalt nüchtern und ohne die Vermutung dahinter stehender Verschwörungstheorien betrachtet, dann drängt sich die Betrachtungsweise unseres Gastgebers quasi auf.

Blue schrieb:
Es war das für alle nach außen hin erkennbare Ziel, das ja. Aber die Kriminalgeschichte kennt nun wahrlich genug Fälle, vermutlich sind es die meisten, bei denen das vordergründig Offenkundige nicht das war, was am Ende der Ermittlungen als  "höheres übergeordnetes Ziel"  heraus kam.

Welche Schlussfolgerungen sind denn aus den Fällen der Kriminalgeschichte für diesen Sachverhalt zu ziehen? Handelt es sich etwa um eine Kombination von Capar Hauser, Jack the Ripper und Michael Kohlhaas? Verzeihung, aber da kommen Ihre Ausführungen über Phrasendrescherei nicht hinaus.

Henning Ernst Mueller schrieb:
Für eine Einflussnahme auf die Wahl des Veranstaltungsgeländes oder auf die Bereitung von Hindernissen gibt es überhaupt kein Indiz.

Blue schrieb:
Liegen Ihnen sämtliche vorhandene Indizien im Falle Lopa vor, auf dass Sie das sagen können?

Wenn man schon derart abwegige Verschwörungstheorien vertritt, dann ist es Sache dieser Vertreter, Indizien für eben diese Theorien zu benennen. Die gibt es aber nicht. Solange es keine solchen Indizien gibt, wird man das mit Recht auch feststellen dürfen.

Henning Ernst Mueller schrieb:
Eine juristisch wichtige Grenze ist die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen. Für sein aktives Tun kann jeder verantwortlich gemacht werden, für ein Nichtstun/Unterlassen nur derjenige, der verpflichtet ist zu handeln. Diese Grenze ist zunächst einmal klar und in diesem Rahmen hat die "Zuständigkeit" durchaus ihre Bedeutung.

Diese Feststellung bringt es auf den Punkt. Selbstverständlich ist es einem Polizisten - wie jedem anderen Veranstaltungsteilnehmer auch - nicht verboten, eine Baumwurzel zur Seite zu legen. Genau dies habe ich oben bereits erwähnt. Es besteht aber keine Verpflichtung dazu.

Blue schrieb:
In welchem Verhältnis steht dazu die sogenannte unterlassene Hilfeleistung?

Die unterlassene Hilfeleistung ist ein echtes Unterlassungsdelikt, also ein Delikt, bei dem es für die Strafbarkeit einer Unterlassung keiner Garantenstellung bedarf. Sie setzt tatbestandlich einen Unglücksfall, gemeine Gefahr oder Not voraus.

http://www.strafrecht-online.org/index.php?dl_init=1&id=3072

Eine Baumwurzel begründet keines dieser objektiven Tatbestandsmerkmale. Es verbleibt also bei den sog. unechten Unterlassungsdelikten, die eine Garantenstellung gem. § 13 StGB erfordern.

Blue schrieb:
Eine Unterlassung kann sehr wohl auch aktives Tun sein.

Das hat schon Radbruch 1903 widerlegt. (Radbruch, Der Handlungsbegriff, 1903, S. 141 ff.)

Blue schrieb:
Und was, wenn das aktive Tun verdeckt ist? Schließlich wird illegales Handeln z.B. immer versteckt.

Illegales Handeln wird keineswegs immer versteckt. Stellen Sie sich einen Banküberfall vor. Dieser wäre zum Schetern verurteilt, wenn der Täter sich so geschickt verstecken würde, dass ihn und sein Ansinnen niemand wahrnimmt.

Henning ernst Mueller schrieb:
# 148 Wenn ein Nichthandeln außerhalb der Zuständigkeit zur Bestrafung führen könnte, dann könnten wir alle nicht mehr sicher vor Strafe sein. Also: Sie können gern einen Beamten, der den gefährlichen Bauzaun übersehen oder nicht gemeldet hat, auf moralischer Ebene verdammen, (...). Mit dem Strafrecht hat das nichts zu tun, solange Sie keine Norm nennen können, mit der gerade dieser Beamte zum Kontrollieren und Eingreifen verpflichtet war.

Blue schrieb:
Wollen Sie im Ernst sagen, dass der Beamte nicht zum Kontrollieren und Eingreifen verpflichtet war? Sie vergleichen ihn ja quasi mit den Besuchern, wenn Sie schreiben:

Quote:
noch # 148... Dass jemand "nervös hätte sein müssen", Sie meinen wahrscheinlich, besonders aufmerksam hätte sein müssen, ist - sofern es keine ausdrückliche Verpflichtung dazu gibt -  strafrechtlich irrelevant; deshalb braucht man in dieser Richtung auch nicht nach Verdächtigen zu suchen. Wenn Sie darauf abstellen, dann könnten sie auch einzelnen Besuchern die Schuld in die Schuhe schieben, schließlich gab es da sicherlich auch welche, die Gefahren erkannt haben und sie nicht gemeldet haben.

Genau so ist es. Solange eine Person keine Handlungspflicht trifft, solange ist eine Untätigkeit straflos. Hier schliesst sich der Kreis hinsichtlich der Zuständigkeitsproblematik. Diese Zuständigkeiten begründen nämlich nicht nur ein Eingriffsrecht der zuständigen Personen, sondern auch eine Handlungspflicht und mit ihr die für eine Strafbarkeit erforderliche Garantenstellung.

Das ist gut so, auch wenn es hier einigen nicht passt.

Blue schrieb:
Zwischen Polizeibeamten und Besuchern soll es im Verhältnis zu einem geforderten Handeln gegenüber einer fahrlässig handelnden Ordnungsbehörde keinen Unterschied geben?

Zunächst einmal handelt eine Ordnungsbehörde nicht, sondern immer nur eine konkrete Person.

Gefordert ist das Handeln strafrechtlich nur dann, wenn es eine gesetzliche Verpflichtung zu einer Handlung gibt. Diese Verpflichtung begründet dann ggf. eine Garantenstellung.

Da gibt es keine Unterschiede zwischen Besuchern und Polizeibeamten. Beide wären im Hinblick auf eine Unterlassung nur dann strafbar, wenn ihnen eine Garantenstellung zukäme.

Unterschiede gibt es bei der Begründung der Garantenstellung. Einen Polizeibeanten kann eine Garantenstellung treffen, wenn er im Rahmen seiner Zuständigkeit handeln müsste, dies jedoch unterläßt.

Einen Besucher könnte eine Garantenstellung beispielsweise treffen, wenn ein Vater mit seiner Tochter eine Veranstaltung wie die Loveparade besucht und dieser Vater die Tochter nicht rettet, obwohl er dies könnte.

Eine Verpflichtung, eine Baumwurzel ohne konkreten Anlaß zu beseitigen, läßt sich aber weder für einen Polizeibeamten noch für einen Besucher begründen.

 

0

Blue schrieb:
Der Begriff Verschwörungstheorie.ist eine 'geniale' Erfindung mit erfolgreicher deutschlandweiter Implantation durch elitäre Leute, die verhindern wollen dass ihre illegalen Spezialitäten moderner Forschungsergebnisse öffentliches Gesprächsthema werden. Anstatt vernünftig zu informieren, werden dadurch erst recht wilde Spekulationen gezüchtet und Ängste geschürt.

 

@ Dr. Frank Eikmeier

in Erinnerung an meinen obigen Text in # 74 legen Ihre folgenden unsachlichen Reaktionen aus dem letzten Post # 158  und frühere den Verdacht nahe, sind ein Symptom dafür, dass Sie genau das oben Erwähnte tun.

"Wenn man den Sachverhalt nüchtern und ohne die Vermutung dahinter stehender Verschwörungstheorien betrachtet, dann drängt sich die Betrachtungsweise unseres Gastgebers quasi auf. (...)

Welche Schlussfolgerungen sind denn aus den Fällen der Kriminalgeschichte für diesen Sachverhalt zu ziehen? Handelt es sich etwa um eine Kombination von Capar Hauser, Jack the Ripper und Michael Kohlhaas? Verzeihung, aber da kommen Ihre Ausführungen über Phrasendrescherei nicht hinaus.(..)

Wenn man schon derart abwegige Verschwörungstheorien vertritt, dann ist es Sache dieser Vertreter, Indizien für eben diese Theorien zu benennen. Die gibt es aber nicht. Solange es keine solchen Indizien gibt, wird man das mit Recht auch feststellen dürfen.(....)

"Illegales Handeln wird keineswegs immer versteckt. Stellen Sie sich einen Banküberfall vor. Dieser wäre zum Schetern verurteilt, wenn der Täter sich so geschickt verstecken würde, dass ihn und sein Ansinnen niemand wahrnimmt."

Quote:
Diese Feststellung bringt es auf den Punkt. Selbstverständlich ist es einem Polizisten - wie jedem anderen Veranstaltungsteilnehmer auch - nicht verboten, eine Baumwurzel zur Seite zu legen. Genau dies habe ich oben bereits erwähnt. Es besteht aber keine Verpflichtung dazu.

Eine Baumwurzel begründet keines dieser objektiven Tatbestandsmerkmale. Es verbleibt also bei den sog. unechten Unterlassungsdelikten, die eine Garantenstellung gem. § 13 StGB erfordern.

Eine Verpflichtung, eine Baumwurzel ohne konkreten Anlaß zu beseitigen, läßt sich aber weder für einen Polizeibeamten noch für einen Besucher begründen.

in # 156 habe ich meine Sicht der Begründung einer Zuständfigkeit angedeutet. Der ganze Komplex bezüglich Massenveranstaltungen müsste noch genauer dargelegt werden. Aber die Richtung dürfte zutreffen. Auf jeden Fall müssen die Inhalte der Begriffe, auf die die strafrechtlichen Grundlagen bei einer Massenveranstaltung bezogen werden, kohärent zu deren Realität betrachtet werden  Die Details überlasse ich gerne den Juristen. Eine Massenturbulenz mit Todesfolge ist kein Autounfall.

So sachlich und angeblich fachlich richtig, wie Sie vorgeben, argumentieren Sie oft wahrlich nicht. Das kann man auch als Jura Laie registrieren. Ich habe im Moment nicht die Zeit, Ihnen diese Punkte aufzudröseln. Aber das wäre wohl auch müßig, wenn Sie mit Ihrer Teilnahme an der Diskussion vermutlich ein anderes Ziel verfolgen. Dann werden sich solche Stellen zwischen den sachlichen Infos voraussichtlich endlos wiederholen.

 

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@ Dr. Frank Eikmeier

BTW: nachdem ich soweit war, als Laie den schwierigen Sachverhalt einer neuen(?), unüblichen Begründung der polizeilichen Zuständigkeit auf einer Massenveranstaltung in einen einigermaßen knappen verständlichen Satz gepackt zu haben, war ich mit dem Ergebnis meiner "Phrasendrescherei" erstaunt zufrieden. Ich wiederhole etwas geändert:

Ich schrieb:
...dass ich in # 156  meine Sicht der Begründung einer polizeilichen Zuständfigkeit angedeutet habe. Der ganze Komplex bezüglich Massenveranstaltungen müsste jedoch noch genauer dargelegt werden. Aber die Richtung dürfte zutreffen. Auf jeden Fall müssen die Inhalte der Begriffe, "konkrete Gefahr" etc. auf die die strafrechtlichen Grundlagen bei einer Massenveranstaltung bezogen werden, kohärent zu deren Realität betrachtet werden. Denn eine Massenturbulenz mit Todesfolge ist kein Autounfall. Die Ursachen liegen anders.

Unter normalen Umständen würden Sie das wahrscheinlich auch zugeben. Aber was ist bei der Lopaaufklärung schon normal, auch wenn Sie Unnormalität ostentativ ablehnen, weil alles ach so normal aussieht.

Wer mit Verbrechen auffallen will oder wem es gar nur um' s Auffallen oder um Machtdemonstration geht, der wird sich natürlich nicht verstecken. Wer aber mit Verbrechen gesichert gesellschaftliche Umwälzungen erreichen will, der trachtet vor allem danach, dass alles fürchterlich normal aussieht..... bis das Ziel erreicht ist. Erst dann kommt die Katze aus dem Sack. Aber dann ist es zu spät.

Entweder Sie beachten diesen Zusammenhang bislang recht gutgläubig einfach nicht oder Sie dienen ihm, ahnungslos manipuliert oder eben ganz bewusst. Ich nehme erst mal nur, was ich hier lese.

Im Falle einer ahnungslosen Manipulation wäre wichtig, dass man die Ähnlichkeit des eigenen normalen Verhaltens zu dem der so bewusst Agierenden erkennt, um sich davon absetzen zu können und nicht unter Vedacht zu geraten.

So gesehen kann es immer noch sein, dass ich Ihnen Unrecht tue. Sie nehmen mir hoffentlich ab, dass ich das nicht will.

 

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PS: nein schon ab 12.00 Uhr, mit der Öffnung des Geländes für die Besucher.

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#153 Dr. Eikmeier

z.B. so:

Klüpfel: Falschberechnungen "Gutachten"

Schreckenberg: Mitglied des Krisenstabes

Janssen: Leiter des Krisenstabes

Rübel: Ministerialrat

Büssow: Regierungspräsident

Pleitgen: Hauptamtlicher GF Essen für das Ruhrgebiet

Sauerland: Verwaltungschef

Schaller: GF Lopavent

Zimmermann: Ltd. Branddirektor Feuerwehr- und Zivilschutzamt Duisburg

 

#154 Prof Müller

Es muss kein Beharren gegeben haben, Sicherheitsbestimmungen zu ignorieren, im Falle der Rampenverengung verhält es sich streng genommen ja auch nicht so. Den Bauzaun also mal ganz außer acht gelassen.

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Sehr geehrte Kommentatoren,

ich bitte sie, zur sachlichen Diskussion zurückzukehren. Eine thematisch nicht mehr angebrachte Nebendiskussion über die Argumentationsweise anderer Kommentatoren unter persönlichen Angriffen bitte ich auf anderen Plattformen zu führen.

Danke für Ihr Verständnis

 

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

@Blue, Sie schreiben:

Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst Herr Dr. Müller, oder? Woher nehmen sie die Gewissheit, dass das von Ihnen Genannte das "höhere übergeordnete Ziel" war?

Meine Gewissheit, die natürlich vor Abschluss des Verfahrens immer nur eine vorläufige sein kann, entnehme ich einer fast einjährigen Befassung mit diesem Thema. Vorbehaltlos: Ich habe keinerlei Verbindung zu einer der beschuldigten Personen oder zu einer der Institutionen , die hier im Fokus der Aufmerksamkeit stehen (und auch keinerlei Abneigung). In diesem Jahr habe ich hier und auch außerhalb des Blogs vielfältige Fakten wahrgenommen und konnte sie bisher alle dem genannten Motiv zuordnen. Das betrifft alle mir bekannten Unterlagen, die vor, während und nach der Veranstaltung entstanden sind und bekannt geworden sind. Bisher habe ich von den hiesigen Diskussionsteilnehmern keinerlei Fakten genannt bekommen, die auf einen anderen Hintergrund hindeuten: Natürlich gibt es Forscher, die sich mit Gedränge und Massenturbulenzen befassen, natürlich gibt es auch Organisationen, die auf der Welt teilweise missbräuchlich agieren, es gibt Geheimdienste, es gibt auch die Mafia, irgendwelche Logen, illegale Wirtschaftskartelle  etc. pp. Aber zur Loveparade 2010 in Duisburg kann ich solche Zusammenhänge nicht ansatzweise erkennen bzw. hinsichtlich der Gutachter eben nur in dem Umfang, wie wir ihn hier schon ausführlich diskutiert haben. Auch dass es Kriminalfälle gibt, in denen andere als die aufgeklärten Motive/Hintergründe bestanden haben mögen (es sind von den tausenden von alltäglichen Fällen sicher nur eine kleine Minderheit, keineswegs die Mehrheit der Fälle!) belegt für den hiesigen Fall nichts.

Ich möchte daher die unfruchtbare Diskussion über solche unbelegten "Hintergründe" hier im Beck-Blog gern beenden

und stattdessen dazu auffordern, wieder mehr sachlich belegte oder zumindest belegbare Argumente in die Diskussion einzubringen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

#154
Prof. Dr. Henning Ernst Müller
Eine juristisch wichtige Grenze ist die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen. Für sein aktives Tun kann jeder verantwortlich gemacht werden, für ein Nichtstun/Unterlassen nur derjenige, der verpflichtet ist zu handeln. Diese Grenze ist zunächst einmal klar und in diesem Rahmen hat die "Zuständigkeit" durchaus ihre Bedeutung.

Verkehrssicherheit.
Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs auf dem Fahrradweg Glasscherben sehe
vorzugsweise sehr dekorativ zertrümmerte Bierflaschen
die ein "böswilliger" Mensch in seinem Frust an dieser Gesellschaft dort plaziert hat.
bin ich juristisch nicht verpflichtet etwas zu tun..
aber spätestens wenn ich zum 3ten mal mit Glück dieses Hindernis umkurvt habe steige ich von meinem hohen Ro´ß der Nichtzuständigkeit.
und mache mich ein bischen klein im Sinne des "Gemeinwohles".
dabei muß ich bei meinem aktiven Handeln darauf achten dass ich wärenddessen nicht Anlass für einen Zusammenstoß mit "nichtsahnenden" Fahrradfahrer werde.
da diese nicht mit "spielenden Kindern" auf dem Fahrradweg rechnen.
denn dann bin ich der "Täter" einer Verkehrsgefährdung.

vielleicht sollte ich mir für solche Einsätze eine "Wahrnweste" zulegen.
oder reicht ein grünes Plastik-armbändchen und ein Sekuritiy T-Shirt.
oder eine Poperhose im Knudelllock mit vollen Taschen um die Kniekehlen.
optimal für das "Herumstehen im Gelände".

so langsam fallen auch mir meine sarkastischen Bemerkungen auf die Nerven.

#158
Dr. Frank Eikmeier
Selbstverständlich ist es einem Polizisten - wie jedem anderen Veranstaltungsteilnehmer auch - nicht verboten, eine Baumwurzel zur Seite zu legen. Genau dies habe ich oben bereits erwähnt. Es besteht aber keine Verpflichtung dazu.

das war nicht "so einfach" mit dem zur Seite legen..

die Wurzel bzw Baumstrunk war noch sehr tief verwurzelt
auserdem war da noch die defekte Gullyabdeckung.
und diese "geniale" Sicherheitsabdeckung dieser beiden Übeltäter.
und damit waren es schon deren 3 die man nicht so einfach zur Seite legen konnte.
zusammen mit allen anderen Schikanen in diesem Bereich
z.B. Verkehrszeichen (an denen wahrscheinlich einige Rippen gebrochen sind)
keine Beschilderung
illegale "nicht genehmigte Einbauten"
da in keinem genehmigtem Plan eingezeichnet.?
da währe "ein bischen mehr Aufwand" nötig gewesen.

aber wie am Tage der Veranstalltung agiert wurde
läßt sich exemplarisch an der Mittelleitplanke Autobahn nachvollziehen.

mffffggg

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@ Ein Polizist

In Ihrem Post #70 fragen Sie, was eigentlich einen Meister für Veranstaltungstechnik befähigt, über die Steuerung von Menschenmengen eine qualifizierte Äußerung abzugeben. Der von Ihnen selbst eingestellte Link

http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/veransttechmeistprv/gesamt.pdf

führt alle diese Punkte auf:

Seite 6/9: einschlägige Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften und Sicherheitsregeln - also genau das passende Thema

Seite 6/9: Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Schadensereignissen - Brandschutz und Verhalten bei Bränden - das fachgerechte Evakuieren von Zuschauern wird umfangreich besprochen

Seite 6/10: Bauordnungsrecht ist ein eigenes und umfangreiches Prüfungsfach - die Regelungen der VStättVO´s und SBauVO´s werden sehr umfangreich schriftlich und mündlich geprüft

Die Ausbildung und Weiterbildung im Bereich Veranstaltungstechnik gehen über die rein technischen Qualifikationen weit hinaus. Ein sicheres, koordiniertes und planvolles Arbeiten ist nur dann möglich, wenn die Gesamtveranstaltung und die Koordination mit allen Beteiligten, also auch Ordnungsbehörden, Ordnungsdienst, Feuerwehr und Polizei gründlich gelernt ist.

In den mir persönlich bekannten Ausbildungsgängen (dies sind einige) wird dies so gehandhabt und geprüft. Ein Veranstaltungstechniker, der die Verantwortung für die Besucher so ablehnt wie Sie dies für die Polizei ablehnen, würde in Prüfungen durchfallen.

Als Meister für Veranstaltungstechnik habe ich eine Ausbildungsbefugnis. Als Dozent habe ich angehende Meister für Veranstaltungstechnik in eben diesen Fächern unterrichtet.

Die Polizei hat in Versammlungsstätten regelmäßig zu tun - Sportstadien z.B. sind Versammlungsstätten. In der MVStättVO wurden erstmals die fest installierten Kommunikationseinrichtungen und fest installierten Räume für die Polizei gesetzlich festgeschrieben. In der aktuellen SBauVO NRW regelt § 26 z.B. ausdrücklich den Raum für die Einsatzleitung der Polizei. Und dieser Raum befindet sich in der Versammlungsstätte und gesetzlich vorgeschrieben ist eine Vorrangschaltung der Polizei auf die Lautsprecheranlage. Das sind erhebliche und weitreichende Befugnisse der Polizei in einer Veresammlungsstätte.

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meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

Die Polizei hat in Versammlungsstätten regelmäßig zu tun - Sportstadien z.B. sind Versammlungsstätten. In der MVStättVO wurden erstmals die fest installierten Kommunikationseinrichtungen und fest installierten Räume für die Polizei gesetzlich festgeschrieben. In der aktuellen SBauVO NRW regelt § 26 z.B. ausdrücklich den Raum für die Einsatzleitung der Polizei. Und dieser Raum befindet sich in der Versammlungsstätte und gesetzlich vorgeschrieben ist eine Vorrangschaltung der Polizei auf die Lautsprecheranlage. Das sind erhebliche und weitreichende Befugnisse der Polizei in einer Veresammlungsstätte.

Was bedeuten würde:
als die für die besetzung der ELA zustäänndigen Beamten, gegen 14:00 Uhr feststellten es gab keine hätte der Polizeiführer dieses Feature nicht einfach für verzichtbar halten und weitermachen dürfen. Sondern hätte zumindestens eine meldung an die Ordnungsbehörde senden, eventuell auch auf eine Telfonkonferenz bestehen sollen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies in einem Bundesligastadion geschehen würde, wenn z.B: Kabeldiebe in der Vornacht des Spiels die ELA ausgebaut hätten.

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Lothar Evers schrieb:
Was bedeuten würde:
als die für die besetzung der ELA zustäänndigen Beamten, gegen 14:00 Uhr feststellten es gab keine hätte der Polizeiführer dieses Feature nicht einfach für verzichtbar halten und weitermachen dürfen. Sondern hätte zumindestens eine meldung an die Ordnungsbehörde senden, eventuell auch auf eine Telfonkonferenz bestehen sollen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies in einem Bundesligastadion geschehen würde, wenn z.B: Kabeldiebe in der Vornacht des Spiels die ELA ausgebaut hätten.

Ich bin mir da nicht so sicher, ob das Fehlen der ELA eine Zuständigkeit für einen polizeilichen Eingriff begründet. Ich sehe da weiterhin die Ordnungsbehörde am Zug.

Rein faktisch stimme ich da allerdings mit Ihnen überein, dass zumindest ein Kontakt zwischen Polizei und Ordnungsbehörde stattgefunden haben müsste. Um da weiter zu kommen, wären Informationen interessant, ob es einen derartigen Kontakt gegeben hat und mit welchem Ergebnis dieser ausgegangen ist.

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Ich bin mir da nicht so sicher, ob das Fehlen der ELA eine Zuständigkeit für einen polizeilichen Eingriff begründet. Ich sehe da weiterhin die Ordnungsbehörde am Zug.

Rein faktisch stimme ich da allerdings mit Ihnen überein, dass zumindest ein Kontakt zwischen Polizei und Ordnungsbehörde stattgefunden haben müsste. Um da weiter zu kommen, wären Informationen interessant, ob es einen derartigen Kontakt gegeben hat und mit welchem Ergebnis dieser ausgegangen ist.


Irgendeine Zuständigkeit muss es ja geben, wenn zwei Polizeibeamte abgeordnet werden, um diese ELA zu bedienen. Die endet ja nicht damit, dass man sie nicht vorfindet? Klar hätte Bauaufsicht und Ordnungsbehörde, und, und, und...
Aber wenn ich als Institution und Individuum ausgekuckt wurde den Hebel umzulegen und meine sonore Stimme erklingen zu lassen, dann kann ich doch nicht nach dem Motto:
"Keine ELA da?
Dann ist die Sache für mich erledigt!"
einfach wordlos abdrehen und mich anderen Aufgaben zuwenden....

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Natürlich nicht.

Die Sonderbauverordnung schreibt zwingend eine ELA vor. Wenn diese fehlt, ist die Veranstaltung aus meiner Sicht nicht genehmigungsfähig. In der Genehmigung ist die ELA offenbar enthalten. Wird sie dennoch nicht aufgebaut, so verbleibt es bei den behördlichen Zuständigkeiten. Die Veranstaltung hätte also von der Ordnungsbehörde abgesagt bzw. beendet werden können und meiner Meinung nach auch müssen. (Dagegen kann man vielleicht noch mit der Problematik der angereisten Menschenmassen argumentieren.)

Wenn nun die Polizei feststellt, dass es keine ELA gibt, so wird sie sicherlich mit der Ordnungsbehörde ein Gespräch geführt haben. Ob es ein solches gegeben hat und mit welchem Ergebnis es geführt worden ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Die verbleibende Frage ist, ob nun die Polizei wegen der fehlenden ELA die Veranstaltung aus eigener Komepetenz hätte absagen können. Das hätte sie meines Erachtens nach nicht, weil die Ordnungsbehörde ja vor Ort war und Entscheidungen treffen konnte und zum Zeitpunkt der Feststellung eine Gefahr, die ein Einschreiten der Polizei über die Köpfe der Ordnungsbehörde hinweg zugelassen hätte, offenbar noch nicht vorgelegen hat. Insoweit bin ich allerdings nicht sicher. An dieser Stelle könnte man wohl auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Hier wäre es von Interesse, einmal die einschlägige Rechtsprechung zu dem Problemkreis zu sichten.

Strafrechtliche Relevanz hätte die Problematik nur dann, wenn das Fehlen der ELA zumindest mitursächlich für die Katastrophe geworden ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Durchsage über die ELA den Pfropf unten an der Rampe hätte gefahrlos auflösen können.

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meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

Die Polizei hat in Versammlungsstätten regelmäßig zu tun - Sportstadien z.B. sind Versammlungsstätten. In der MVStättVO wurden erstmals die fest installierten Kommunikationseinrichtungen und fest installierten Räume für die Polizei gesetzlich festgeschrieben. In der aktuellen SBauVO NRW regelt § 26 z.B. ausdrücklich den Raum für die Einsatzleitung der Polizei. Und dieser Raum befindet sich in der Versammlungsstätte und gesetzlich vorgeschrieben ist eine Vorrangschaltung der Polizei auf die Lautsprecheranlage. Das sind erhebliche und weitreichende Befugnisse der Polizei in einer Veresammlungsstätte.

Die Vorgabe aus der SBauVO, Räume für die Polizei zu schaffen und eine Vorrangschaltung einzubauen, ist eine baurechtliche Bestimmung - mehr doch nicht.  Daraus können sie doch keine polizeilichen Befugnisse ableiten; das ist keine Befugnisklausel.

 

Gruß

Klaus M.

 

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Sehr geehrte Kommentatoren und Leser,

ich hatte darum gebeten, bestimmte Vermutungen über "Hintergründe" der Loveparade-Katastrophe, die einige Kommentierende hier zur Diskussion gestellt haben, nicht mehr im Beck-Blog zu verbreiten, weil sie in einem juristischen Blog nach meiner Überzeugung nicht angebracht sind und in den bisher bekannten Fakten auch keine Grundlage finden. Es besteht nun ein Ort im Internet (Seite von Studio 2010 Loveparade), wo diese Diskussion außerhalb der Beck-Community weitergeführt werden kann.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Prof. Dr. Henning Ernst Müller schrieb:

Traumatherapie-Lopa, Sie schreiben:

Immer wenn man eine strafrechtliche Beurteilung vornehmen möchte, muss man erst einmal die Täter haben.

Diese Vorstellung von einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist grundfalsch. Das sehen Sie schon in jedem Tatort: der "Täter" kommt zum Schluss, nicht zu Beginn der Ermittlungen.

Nein, Ihre Vorstellung bezüglich des Ermittlungsansatzes ist grundfalsch.

Da Sie wiederholt meine korrekten Aussagen in Zweifel ziehen, zitiere ich aus der Publikation von Prof. Dr. Ackermann et al (Kriminalistik):

Die Versionsbildung verlangt schöpferische Fantasie und Vorstellungskraft. [...] Anzustreben ist stets, mehrere Versionen nebeneinander zu prüfen [...] Alternative und praktikable Versionsbildung schützt vor Einseitigkeit und verhindert vorzeitiges Festlegen auf eine einzige Untersuchungsrichtung oder einen bestimmten Täter. [...] Falsch wäre es, zunächst alle Kräfte und Mittel ausschließlich auf eine Version zu konzentrieren und die Prüfung anderer wahrscheinlicher Versionen erst dann in Angriff zu nehmen, wenn die erste Version abgeklärt ist [...]

Prof. Dr. Henning Ernst Müller schrieb:

So etwas wie eine "zufällige Fahrlässigkeit" gibt es nicht.

Der Ausdruck ist sprachlich korrekt gewählt. Sie dürfen nicht Unfallverursachung mit Kausalität verwechseln. Ein Schaden kann durch kumulativ zusammenwirkende Ereignisse oder/und durch  parallele Vorgänge verursacht worden sein. Als Unfallursache kann also sowohl die Fahrlässigkeit als auch der Zufall eine Rolle gespielt haben. Im deutschen Sprachgebrauch darf ein Substantiv erweitert werden, um weitere Kontexte anklingen zu lassen. Der von mir gewählte Ausdruck war in dem von mir gewählten Zusammenhang korrekt und eigentlich auch nicht misszuverstehen.

Sehr geehrter Herr Professor Dr. Henning Ernst Müller,
ich weiß nicht, ob Sie sich selber und diesem Blog einen Gefallen tun, wenn Sie meine vollkommen korrekten Aussagen bestreiten.
Außerdem führen Sie gleich mehrfach Zitate von mir an, um deren Sinn zu verdrehen. Ich will nicht weiter ins Detail gehen und das jetzt auf sich beruhen lassen, aber das fand ich nicht ganz gelungen.

Grüße, Traumatherapie-LoPa

 

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@Herr Eikmeier, Herr Evers,

in der Tat haben wir hier eine Gemengelage von Zuständigkeiten, die (für die Zukunft) ernsthafte Überlegungen des Gesetzgebers auslösen sollte, Änderungen zu veranlassen: Für Veranstaltungen solchen Typs darf es keine solchen Zuständigkeitsverschränkungen mehr geben. Aber das hilft leider bei der Bewertung der vergangenen Katastrophe kaum weiter.

Nach meiner derzeitigen Bewertung sollte man den Krisenstab der Stadt als die zentrale "zuständige" Stelle ansehen, die über einen Abbruch der Veranstaltung aus Sicherheitsgründen entscheiden musste.

Die Polizei hat zwar bis zur Feststellung einer konkreten Gefahr keine Zuständigkeit für Eingriffe, andererseits hat sie  aber schon im Vorfeld der Gefahren ja durchaus auch auf dem Gelände (!) Vorbereitungen getroffen, z.B. ihre Fahrzeuge bereitgestellt. Wenn die Polizei für die Sicherheit der Veranstaltung in der Vorbereitung mitverantwortlich war, muss sie auch verpflichtet sein, den Krisenstab zu informieren, wenn wesentliche Sicherheitseinrichtungen fehlen, die gerade die Polizei im Fall des Gefahreneintritts einsetzen soll. Es kann bei einer so wichtigen Sache nicht einfach der Lust und Laune der Verantwortlichen überlassen bleiben, ob sie den Krisenstab in Kenntnis setzen. Hat sie aber den Krisenstab in Kenntnis gesetzt, dann sehe ich es ähnlich wie Sie, Herr Eikmeier, dass dann die anwesende Ordnungsbehörde hätte reagieren müssen: Ein eklatanter sicherheitsrelevanter Verstoß gegen die Genehmigungsauflagen lag dann offenkundig vor, andererseits waren ja schon Hundertausende unterwegs, die irgendwie gesteuert werden mussten. Das ist keine einfache Entscheidung (allerdings ist die Stadt Duisburg für diese missliche Situation wegen der bewusst fahrlässigen Planung/Genehmigung ja selbst verantwortlich, weshalb sich mein Mitleid in Grenzen hält). Bisher wissen wir allerdings nicht, ob die Ordnungsbehörde/Krisenstab 1. überhaupt über die fehlende ELA  informiert war bzw.informiert wurde und 2. ob sie sich ggf. nach Kenntnis über diesen Mangel die weitreichenden Gedanken (Abbruch?) überhaupt gemacht hat.

Eikmeier: Strafrechtliche Relevanz hätte die Problematik nur dann, wenn das Fehlen der ELA zumindest mitursächlich für die Katastrophe geworden ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Durchsage über die ELA den Pfropf unten an der Rampe hätte gefahrlos auflösen können.

Ich denke, dafür gibt es deutliche Hinweise: Schon früher hätten ELA-Ansagen die Situation auf der Rampe entschärfen können, spätestens während des beginnenden Gedränges gab es ab 16.25 Uhr (Aufhebung der Polizeisperre) weiter oben auf der Rampe und auch am Rampenkopf keine Enge mehr. Eine deutliche Ansprache der Besucher hätte hier m.E. einiges bewerkstelligen können. Sie hätten sich von der Fokussierung auf die Teppe abwenden und nach oben orientieren können.

Ich halte die fehlende ELA (und fehlende Hinweisschilder) für einen Ursachenfaktor, zweifle hingegen z.B. am Faktor "fehlende Pusher", den viele andere für so wesentlich erachten.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:
Bisher wissen wir allerdings nicht, ob die Ordnungsbehörde/Krisenstab 1. überhaupt über die fehlende ELA  informiert war bzw.informiert wurde und 2. ob sie sich ggf. nach Kenntnis über diesen Mangel die weitreichenden Gedanken (Abbruch?) überhaupt gemacht hat.

Ich frage mich in diesem Zusammenhang aber auch nach der Verantwortlichkeit des Betreibers. Die gesetzliche Regelung scheint mir da recht eindeutig zu sein:

§ 38 Abs. 4 SBauVO: "Der Betreiber ist zur Einstellung des Betriebes verpflichtet, wenn für die Sicherheit der Versammlungsstätte notwendige Anlagen, Einrichtungen oder Vorrichtungen nicht betriebsfähig sind oder wenn Betriebsvorschriften nicht eingehalten werden können."

Die ELA halte ich für eine solche Anlage. Nun differenziert das Gesetz zwischen Betreiber und Veranstalter. Nach meiner Auffassung ist Lopavent Veranstalter, nicht Betreiber.  Allerdings dürfte der Betreiber die Pflichten auf Lopavent gem. Abs. 5 delegiert haben. Die Terminologie wäre noch zu überprüfen einschließlich der jeweiligen Zuordnungen.

Jedenfalls wäre eine Verpflichtung zur Einstellung des Betriebes gegeben und damit einhergehend auch eine solche auf Unterlassung der Eröffnung der Veranstaltung, wenn relevante Einrichtungen nicht vorhanden sind. Lopavent jedenfalls dürfte das Fehlen der ELA bekannt gewesen sein.

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Dr. Frank Eikmeier schrieb:

Nun differenziert das Gesetz zwischen Betreiber und Veranstalter. Nach meiner Auffassung ist Lopavent Veranstalter, nicht Betreiber.  Allerdings dürfte der Betreiber die Pflichten auf Lopavent gem. Abs. 5 delegiert haben. Die Terminologie wäre noch zu überprüfen einschließlich der jeweiligen Zuordnungen.

Jedenfalls wäre eine Verpflichtung zur Einstellung des Betriebes gegeben und damit einhergehend auch eine solche auf Unterlassung der Eröffnung der Veranstaltung, wenn relevante Einrichtungen nicht vorhanden sind. Lopavent jedenfalls dürfte das Fehlen der ELA bekannt gewesen sein.


Die Durchführungsvereinbarung zwischen aurelis und lopavent liegt mir in Auszügen vor. Darin scheint sich die Aurelis gegen jede Verpflichtung und Haftung als Betreiber gesperrt und abgesichert zu haben:

".,V.

Haftung 1. Das Veranstaltungsgelände wird der Veranstalterin -abgesehen von den Herrichtungs- maßnahmen gemäß Ziffer 1.3 -übergeben wie es steht und liegt. Die Eigentümerin haftet insoweit weder für eine bestimmte Beschaffenheit des Veranstaltungsgeländes noch für seine Eignung zu dem von der Veranstalterin verfolgten Nubungszweck. Insbesondere die auf dem Veranstaltungsgelände befindlichen baulichen Anlagen (einschließlich der großen Güterhalle) sind ggf. baufällig und für eine Nutzung nicht oder nur in Teilberei- chen geeignet. Dies gilt auch für die ggf. mangelnde Statik vorhandener Brücken sowie das Vorhandensein von Kabelkanälen und sonstigen Hindernissen, die im Falle des Be- tretens des Geländes zu einer Verletzungsgefahr führen können. Der Veranstalterin ist die Beschaffenheit des Veranstaltungsgeländes aufgrund mehrerer Ortsbegehungen und aufgrund der Einsicht in die von den anderen Parteien zur Verfügung gestellten Doku- menten umfassend bekannt. Die Eigentümerin hat die Veranstalterin im Ubrigen auf et- waige geländespezifische Gefahren hingewiesen. Der vorstehende Haftungsausschluss gilt nicht, wenn und soweit ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten der Eigentümerin oder ihrer Mitarbeiter an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat 2. Die Veranstalterin ist veranhvortlich für alle veranstaltungsspezifischen Gefahren auf dem Veranstaltungsgelände.   3. Für alle Schäden, die während der Nutzungszeit im Zusammenhang mit der Nutzung des Veranstaltungsgeländes oder einer etwaigen Inanspruchnahme der weiteren in Anlage 2 rot umrandeten ausgewiesenen Flächen der Eigentümerin im Bereich des Duisburger Hauptbahnhofs durch die Veranstalterin oder Dritte entstehen, hat im Verhältnis zwischen Veranstalterin und Eigentümerin die Veranstalterin aufzukommen, es sei denn, das Schadensereignis steht nicht in adäquat kausalem Zusammenhang mit der Veranstaltung oder das Schadensereignis ereignet sich außerhalb der in Anlage 2 rot umrandeten Ge- samtfläche der Eigentümerin einschließlich des Veranstaltungsgeländes. Die Veranstalterin stellt die Eigentümerin frei, wenn die Eigentümerin wegen eines solchen
Schadens unmittelbar oder mittelbar in Anspruch genommen wird.
  Zu den Schäden im vorstehenden Sinn zählen insbesondere auch
(...)
d) Forderungen, welche Dritte, insbesondere die Besucher der Veranstaltung aufgrund von Schäden erheben, die auf der Beschaffenheit des Veranstaltungsgeländes einschließlich   der baulichen Anlagen (vgl. hierzu Ziffer V 1) beruhen.
0

Noch einmal ELA:
Die fehlende ELA spielt nicht nur praktisch ein grosse Rolle: mit Ihr hätte man Besuchersteuerung wenigstens versuchen können. 

Sie ist eben auch zwingend vorgeschrieben:

in der Sonderbauverordnung 

im Brandschutzkonzept.

Ersteres ist Grundlage der Genehmigung. Letzteres ist eine der Auflagen des Bescheides.
Gleichzeitiig wurde die ELA Anlage im Sicherheitskonzept nicht erwähnt. Und nicht eingebaut.

Damit ist sie relevant für alle Beschuldigten im Bauamt und bei Lopavent. Und zwar sowohl für Planung und Abnahme als auch den Veranstaltungstag.

Bisher wird uns nichts über die Reaktionen oder Kommunikationen der Polizei bekannt, nachdem sie um 14:00 entdeckt, dass keine ELA da ist.

0

@Lothar Evers:

Solche Vereinbarungen wie die zwischen aurelis und lopavent beziehen sich nur auf zivilrechtliche Haftung (Schadenersatz), nicht aber auf strafrechtliche Konsequenzen. Aurelis bzw. Mitarbeiter der Aurelis als "Betreiber" der Veramnstaltungsstätte wären strafrechtlich allerdings auch nur verantwortlich, wenn sie selbst fahrlässig gehandelt hätten. Danach sieht es aber im Moment nicht aus. Jedenfalls sehe ich keine Anhaltspunkte dafür und habe auch noch nichts von solchen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gehört.

Ansonsten völlig richtig.

@Eikmeier

Natürlich liegt die Primärverantwortung für die Nichteinhaltung der Genehmigungsauflagen (hier: ELA) bei Lopavent. Die Veranstaltung hätte so nicht durchgeführt werden dürfen - neben allen anderen unsäglichen Schlampereien dieser Leute auf Kosten ihrer Gäste.

Die sekundäre Verantwortung liegt bei der Ordnungsbehörde, die die Einhaltung der Auflage nicht geprüft hat bzw. bei dessen Bekanntwerden nichts unternommen hat. Auch hier liegt eine Fahrlässigkeit, die bei entspr. Ursachenzusammenhang mit der Katastrophe zur Verurteilung führen kann.   Auch hier habe ich kein Mitleid mit schlaflosen Nächten der Verantwortlichen.

Die  Verantwortung der Polizei, deren Beamte das Fehlen der ELA möglicherweise  nicht gemeldet haben (oder vielleicht doch?), wäre also diesbezüglich  in dritter Linie anzuschauen. Und auch nur dann, wenn der Krisenstab es nicht bereits wusste (sonst keine Kausalität der Nichtmeldung).

Steht auch alles so in etwa schon  in meinem Ausgangsbeitrag (siehe oben) unter Punkt 3. ;-)

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Die  Verantwortung der Polizei, deren Beamte das Fehlen der ELA möglicherweise  nicht gemeldet haben (oder vielleicht doch?), wäre also diesbezüglich  in dritter Linie anzuschauen. Und auch nur dann, wenn der Krisenstab es nicht bereits wusste (sonst keine Kausalität der Nichtmeldung).

Steht auch alles so in etwa schon  in meinem Ausgangsbeitrag (siehe oben) unter Punkt 3. ;-)

Es spricht einiges dafür, dass der Krisenstab es (jedenfalls offiziell) nicht wusste. Immerhin hatte das Bauamt sich wirklich angestrengt mit keinem Mitarbeiter am Veranstaltungstag in Position zu sein. Das war nämlich eigentlich vorgesehen. Schliesslich war es nicht die erste Veranstaltung nach Sonderbauverordnung und da bietet sich die Teilnahme der Genehmigungsbehörde eigentlich an.

Diese Nichtteilnahme hatte nicht etwa den Sinn sich vor Genehmigungen und Abnahmen zu drücken. Das hatte man ja bis zum Vorabend abgearbeitet und den Rst and Ordnungsamt delegiert.

Man wollte im Gegenteil nicht fütr den Widerruf dieser Genehmigungen verantwortlich sein. Das ist dieses schwarze Peter Spiel, was für mich einer der Schlüssel zur Erklärung des Handelsns der Individuen und Organisationen: die "Arschkarte" für die Absage der Veranstaltung Verantwortung zu übernehmen wollte keiner haben. Das ist der grosse Unterschied zu Bochum. Dort handeln einige Personen aus ihrer professionellen verantwortung und nehmen eine Verschlechterung ihres Ansehens in Kauf. Die Sorge für nichts verantwortlich zu sein hingegen strukturiert in Duisburg fast alles...

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Henning Ernst Müller schrieb:

@Lothar Evers:

Solche Vereinbarungen wie die zwischen aurelis und lopavent beziehen sich nur auf zivilrechtliche Haftung (Schadenersatz), nicht aber auf strafrechtliche Konsequenzen. Aurelis bzw. Mitarbeiter der Aurelis als "Betreiber" der Veramnstaltungsstätte wären strafrechtlich allerdings auch nur verantwortlich, wenn sie selbst fahrlässig gehandelt hätten. Danach sieht es aber im Moment nicht aus. Jedenfalls sehe ich keine Anhaltspunkte dafür und habe auch noch nichts von solchen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gehört.

Für die Staatsanwaltschaft gilt das auf jeden Fall. 
Aber inhaltlich ist ja gerade keine Garantie angetreten, dass man auf diesem Gelände Veranstaltungen machen kann.
Aurelis selbst ist ja auch nie zur Genehmigung eines Veranstaltungsgeländes in irgendeinen Behördenkontakt getreten.

Wenn es da keine Freistellung gibt, wird es keine veranstaltungen auf wiesen, in Parks und auf plätzen mehr geben, weil das Risiko für den Besitzer viel zu gross wird.

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Henning Ernst Müller schrieb:

Die  Verantwortung der Polizei, deren Beamte das Fehlen der ELA möglicherweise  nicht gemeldet haben (oder vielleicht doch?), wäre also diesbezüglich  in dritter Linie anzuschauen. Und auch nur dann, wenn der Krisenstab es nicht bereits wusste (sonst keine Kausalität der Nichtmeldung).

Mal ganz konkret:

1. Welche Verpflichtung hatte die Polizei in diesem Moment?

Ich nehme an die Meldung an die Ordnungsbehoerde?

 

2. Welche (straf-)rechtlichen Folgen kann es haben, wenn diese Meldung nicht erfolgt ist?

 

 

 

Und noch was anderes aus der Rheinischen Post von heute, die offenbar den Zwischenbericht der StA in die Finger bekommen haben:

http://www.rp-online.de/niederrhein-nord/duisburg/nachrichten/loveparade...

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Eine ELA ist eindeutig eine sicherheitsrelevante Einrichtung. Sobald diese nicht funktionsfähig ist, muss der Betrieb der Versammlungsstätte unverzüglich eingestellt werden. Wenn dies nicht geschieht, ist dies sofort eine Ordnungswidrigkeit nach SBauVO NRW § 46.

Sicherlich ist für Ordnungswidrigkeiten eine Ordnungsbehörde zuständig; d.h. aber nicht, dass die Polizei hierfür nicht zuständig ist. Andere Ordnungswidrigkeiten verfolgt die Polizei ja auch...

In dem Moment, als die Einsatzleitung der Polizei hilfsweise die Funktion des Ordnungsdienstleiters übernimmt, begeht dieser eine Ordnungswidrigkeit nach SBauVO NRW §43 Abs.4 und §46 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 13 und Abs. 19, wenn er nicht sofort und unverzüglich den Betrieb der Versammlungsstätte einstellt und die überfüllten Bereiche evakuiert.

Die Vorrangschaltung der Polizei auf die ELA hat einen Grund. Die Sicherheit der Besucher hat Vorrang vor kommerziellen Interessen jedes Veranstalters. Eine Vorrangschaltung mit der technisch eingebauten Befugnis, über alle Durchsagen des Veranstalters hinweg zu entscheiden, wie man die Besucher steuert, ist eine Befugnis. Wenn es darauf ankommt, hat die Polizei das letzte Wort und kann es durch Knopfdruck durchsetzen. Deutlicher geht es nicht.

 

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

Eine ELA ist eindeutig eine sicherheitsrelevante Einrichtung. Sobald diese nicht funktionsfähig ist, muss der Betrieb der Versammlungsstätte unverzüglich eingestellt werden. Wenn dies nicht geschieht, ist dies sofort eine Ordnungswidrigkeit nach SBauVO NRW § 46.

Das ist soweit richtig.

 

Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

Sicherlich ist für Ordnungswidrigkeiten eine Ordnungsbehörde zuständig; d.h. aber nicht, dass die Polizei hierfür nicht zuständig ist. Andere Ordnungswidrigkeiten verfolgt die Polizei ja auch...

Nein, Owis werden von der Verwaltungsbehörde verfolgt ... § 35 OwiG. Das kann nach § 36 OwiG sogar die Polizei sein - ich habe vor etlichen Jahren mal ein Knöllchen des PP Dortmund bekommen - wahrscheinlciher ist aber, dass die Stadt die Verfolgungsbehörde ist.

 

Die Polizei zeigt die Ordnungswidrigkeit ggf. an. D.h. sie teilt ihre Feststellungen der zuständigen Verwaltungsbehörde mit. Die ist dann für die weitere Bearbeitung zuständig, d.h. Anhörung der Betroffenen usw. bis zur Feststetzung des Bußgeldes.

Bis hierhin befinden wir uns im repressiven Bereich, der sich nach den Vorschriften des OwiG (ggf. i.V.m. mit den Vorschriften aus der StPO) richtet. Das betrifft aber alles Vergangenes. Die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit kann Tage oder Wochen später erfolgen.

Will man wegen der fehlenden ELA den Betrieb für die Zukunft (ab sofort) untersagen, braucht man ein anderes gesetzliches Instrumentarium - hier das OBG und/oder das PolG NRW.

Eine Anordnung an Lopavent wie z.B. "Beenden Sie die Veranstaltung"  kann man dann nur aufgrund der Befugnisgeneralklausel aussprechen. Welche Generalklausel, die aus § 14 (1) OBG NRW oder aus § 8 (1) PolG NRW - das ist Gegenstand der hier seit fast einem Jahr geführten Diskussion um die Zuständigkeit - Ordnungsbehörde/Stadt oder Polizei und wer hat wen wann benachrichtigt.

 

Gruß

Klaus M.

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

Die Vorrangschaltung der Polizei auf die ELA hat einen Grund. Die Sicherheit der Besucher hat Vorrang vor kommerziellen Interessen jedes Veranstalters. Eine Vorrangschaltung mit der technisch eingebauten Befugnis, über alle Durchsagen des Veranstalters hinweg zu entscheiden, wie man die Besucher steuert, ist eine Befugnis. Wenn es darauf ankommt, hat die Polizei das letzte Wort und kann es durch Knopfdruck durchsetzen. Deutlicher geht es nicht.

Damit wir nicht alle lange suchen müssen, hier noch mal der § 24 SBauVo NRW:

Quote:
§ 26 Räume für Lautsprecherzentrale, Polizei, Feuerwehr, Sanitäts- und Rettungsdienst (1) 1Mehrzweckhallen und Sportstadien müssen einen Raum für eine Lautsprecherzentrale haben, von dem aus die Besucherbereiche und der Innenbereich überblickt und Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste benachrichtigt werden können. 2Die Lautsprecheranlage muss eine Vorrangschaltung für die Einsatzleitung der Polizei haben. (2) 1In Mehrzweckhallen und Sportstadien sind ausreichend große Räume für die Polizei und die Feuerwehr anzuordnen. 2Der Raum für die Einsatzleitung der Polizei muss eine räumliche Verbindung mit der Lautsprecherzentrale haben und mit Anschlüssen für eine Videoanlage zur Überwachung der Besucherbereiche ausgestattet sein. (3) Wird die Funkkommunikation der Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr innerhalb der Versammlungsstätte durch die bauliche Anlage gestört, ist die Versammlungsstätte mit technischen Anlagen zur Unterstützung des Funkverkehrs auszustatten. (4) In Mehrzweckhallen und Sportstadien muss mindestens ein ausreichend großer Raum für den Sanitäts- und Rettungsdienst vorhanden sein.

Ich meine auch:
so klar wie hier der Polizei (und niemand sonst) eine Vorrangschaltung eingeräumt wird, kann sie auf diese vorrangschaltung nicht eigenmächtig verzichten.
Ohne Anlage und vorrangschaltung soll es keine Veranstaltung geben, und spätestens wenn die Polizei feststellt:
beides ist nicht vorhanden,
sollte die Veranstaltung Geschichte sein.
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Lothar Evers schrieb:
Ohne Anlage und vorrangschaltung soll es keine Veranstaltung geben, und spätestens wenn die Polizei feststellt:

beides ist nicht vorhanden, sollte die Veranstaltung Geschichte sein.
  Das ist im Prinzip richtig. Allerdings haben wir es mit einer Vielfalt von Rechtsgebieten und Zuständigkeiten zu tun, die man kleinlich auseinanderhalten muss.   Wir haben hier zunächst einmal öffentlich - rechtliche Vorschriften wie die SBauVO. Danach ist grundsätzlich der Betreiber für die Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich, § 38 Abs. 1 SBauVO. Nach dessen Abs. 5 kann der Betreiber diese Verpflichtungen auf den Veranstalter übertragen. Das ist offensichtlich passiert. Allerdings ordnet § 38 Abs. 5 S. 2 SBauVO auch an, dass die Verantwortung des Betreibers unberührt bleibt. Das hat zunächst einmal öffentlich - rechtliche Konsequenzen. Der Betreiber bleibt also - neben dem veranstalter - Adressat für ordnungsbehördliche Verfügungen, gleichviel ob er die Verpflichtungen auf den Veranstalter übertragen hat.   Dann haben wir die zivilrechtliche Problematik. Dabei geht es vornehmlich darum, von wem die Betroffenen Schadensersatz erlangen können. Erster Adressat ist natürlich der Veranstalter, weil dieser gegenüber den Besuchern aus Vertrag haftet. Eine vertragliche Haftung ist gegenüber der gesetzlichen aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) grundsätzlich vorteilhafter, weil die vertragliche Haftung - anders als die gesetzliche - keine Exculpationsmöglichkeit kennt.   Schließlich stellt sich das Problem der Strafbarkeit. Hier spielen die Zuständigkeiten insbesondere hinsichtlich der Handlungspflichten eine Rolle, die im Falle ihrer Unterlassung erst eine Strafbarkeit begründen.   All diese rechtlichen Fragestellungen sind getrennt voneinander zu sehen und zu überprüfen. Natürlich spielen die Erwägungen aus dem einen Gebiet in das andere hinein. Es ist aber durchaus denkbar und nicht unwahrscheinlich, dass eine öffentlich - rechtliche Verfehlung nicht unbedingt zu einer Strafbarkeit führen muss. Ebenso kann eine zivilrechtliche Haftung bestehen, ohne dass diese Haftung sich auf die Strafbarkeit auswirkt.    
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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:
Eine ELA ist eindeutig eine sicherheitsrelevante Einrichtung. Sobald diese nicht funktionsfähig ist, muss der Betrieb der Versammlungsstätte unverzüglich eingestellt werden. Wenn dies nicht geschieht, ist dies sofort eine Ordnungswidrigkeit nach SBauVO NRW § 46.

 

Das ist gewiß richtig. Allerdings trifft diese Verpflichtung den Betreiber bzw. den Veranstalter. Unterläßt dieser die Beendigung der Veranstaltung, ist es Sache der Ordnungsbehörde, dies durchzusetzen.

 

Nun kann man im vorliegenden Fall allerdings - wie hier bereits geschehen - gegen einen Abbruch der Veranstaltung wegen der anreisenden und bereits angereisten Menschenmassen möglicher Weise gewichtige Argumente ins Feld führen. Die Ordnungsbehörde ist ja nicht verpflichtet, eine Veranstaltung abzubrechen, sie darf es nur. Dabei sind natürlich die Risiken eines Abbruchs zu berücksichtigen.

 

Aus dem Vorliegen einer Ordnungswidirgkeit läßt sich also eine Pflicht zum Abbruch der Veranstaltung nicht unter allen Umständen herleiten.

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@Lothar Evers, Sie schreiben:

Wenn es da keine Freistellung gibt, wird es keine veranstaltungen auf wiesen, in Parks und auf plätzen mehr geben, weil das Risiko für den Besitzer viel zu gross wird.

Das ist nicht ganz richtig. Wenn die Wiese, der Park oder Platz nicht vollständig umzäunt ist, ist es keine Versammlungsstätte nach diesen Normen.

Henning Ernst Müller schrieb:

@Lothar Evers, Sie schreiben:

Wenn es da keine Freistellung gibt, wird es keine veranstaltungen auf wiesen, in Parks und auf plätzen mehr geben, weil das Risiko für den Besitzer viel zu gross wird.

Das ist nicht ganz richtig. Wenn die Wiese, der Park oder Platz nicht vollständig umzäunt ist, ist es keine Versammlungsstätte nach diesen Normen.

Aber dann gelten möglicherweise Ordnungsrechtliche Verfügungen analog der SBauVo. Oder kommt man so an einen potentiellen Betreiber nie heran?
Und sonst: ok, dann eben keine bezahlten Konzerte mehr (mit Einlasskontrollen).

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nochmal zu "künstliche" Engstellen.

 

auch an der Einlassstelle West war der Zugang zu den Vereinzelungsanlagen

ziemlich genau 10m breit.....

wenn der Plan stimmt, der im Krisenstab aufgehängt war.

den Zugang Ost schaue ich mir auf ähnliche Auffalligkeiten  später mal an.

 

mffffgggg 

 

 

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@I.S.,

1. Welche Verpflichtung hatte die Polizei in diesem Moment?

Die beiden Beamten, die die  ELA bedienen sollten, also über das Lautsprechersystem mit Besuchern kommunizieren sollten, stellten wohl gegen 14.00 fest, dass ein solches System gar nicht existierte. Sie hätten dann ihre Vorgesetzten bzw. unmittelbar die Ordnungsbehörde (am Veranstaltungstag den Krisenstab der Stadt Duisburg) informieren müssen.

2. Welche (straf-)rechtlichen Folgen kann es haben, wenn diese Meldung nicht erfolgt ist?

Vor einer strafrechtlichen Verantwortung wären hier relativ hohe Hürden aufgebaut:

Es müsste erst einmal festgestellt werden, ob die Information der Vorgesetzten bzw. der Ordnungsbehörde um 14.00 Uhr überhaupt kausal gewesen wäre für einen Kenntnis. Möglicherweise wussten die Behördenverterter im Krisenstab draüber ja schon Bescheid. Dann muss man feststellen, ob die Information noch etwas hätte bewirken können, nämlich den - gefahrloseren(?) - Abbruch der Veranstaltung bzw. andere Maßnahmen (z.B. Bereitstellung eines Floats  zur Lautsprecherinformation der Besucher  im Tunnel/Rampe).

Rechtlich ist aber eine wichtige Frage, ob diese Informationspflicht überhaupt  im Schutzbereich einer Garantenpflicht zum Schutz der Besucher anzusiedeln ist. Soweit ich weiß, argumentiert die Staatsanwaltschaft grundsätzlcih gegen einen solchen Zusammenhang: Die Pflicht der Polizei, die Entscheidungsträger über Mängel zu informiern, sei keine Garantenpflicht zum Schutz der Besucher.  Das ist eine juristisch vertretbare, aber m.E. keine zwingende Argumentation.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

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