Unfall durch Glätte? Keine Streupflicht außerorts zur Nachtzeit

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.09.2012
Rechtsgebiete: StreupflichtVerkehrsrecht|5373 Aufrufe

Diese Entscheidung des OLG Frankfurt könnte eher im Januar im Blog laufen. Der Kläger verunfallte am 10. 2.2004 gegen 3.55 h mit seinem PKW auf der Fahrt von seiner Arbeitsstätte nach Hause zwischen zwei Städten. Die Straße war glatt. Er geriet in einem Abschnitt mit Gefälle auf die Gegenfahrbahn, wo er mit einem anderen PKW kollidierte und schwer verletzt wurde. In einem ersten Rechtsstreit, in dessen Rahmen er dem beklagten Land (nachfolgend als „Beklagter“ bezeichnet) den Streit verkündete, nahm er den Unfallgegner auf Schadensersatz in Anspruch; dieser Rechtsstreit wurde vergleichsweise beendet. Mit der vorliegenden Klage, die ihn letztlich nach erfolgloser Klage beim LG zum OLG führte  beanspruchte er weiteren Schadensersatz von dem Beklagten, dem er im Kern eine Verletzung seiner Streupflicht für die Straße vorwirft. Das OLG hierzu:

 

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das landgerichtliche Urteil wird jedenfalls durch seine Ausführungen zur fehlenden Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht (nachfolgend I) und zur Verjährung (nachfolgend II) getragen.

I. Der außerordentlich bedauerliche Unfall des Klägers beruht nicht auf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten, insbesondere nicht auf einer Verletzung der Streupflicht.

1. Nach der ständigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist außerorts nur an besonders gefährlichen Straßenstellen zu streuen, dies grundsätzlich nicht zur Nachtzeit, sondern so, dass der Hauptverkehr einschließlich des morgendlichen Hauptberufsverkehrs gesichert wird; eine ausnahmsweise Streupflicht zur Nachtzeit ist allenfalls in Extremfällen denkbar, etwa beim nächtlichen Ende einer Großveranstaltung mit einem absehbaren völligen Zusammenbruch des Kraftfahrzeugverkehrs (vgl. BGHZ 40, 379, 382 ff.; BGH VersR 1985, 271; 1972, 563; BeckRS 1964, 31189565 [unter II 2 der Entscheidungsgründe]; OLG München BeckRS 2010, 20743 [unter I 1, 3 der Entscheidungsgründe]; 2008, 6256; OLG Hamm NVwZ-RR 2001, 798; OLG Celle OLGR 1998, 191).

2. Nach diesen gesicherten Grundsätzen bestand zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls keine Streupflicht des Beklagten.

a) Eine besondere Gefährlichkeit der Unfallstelle lässt sich nicht allein daraus herleiten, dass diese in einer Gefällestrecke liegt, denn dies ist für jeden Verkehrsteilnehmer erkennbar und durch eine Ermäßigung der Geschwindigkeit grundsätzlich beherrschbar. Dem Klagevortrag ist zudem nicht zu entnehmen, wie steil es dort ist.

b) Jedenfalls ereignete sich der Unfall mit 3.55 h zu einer Zeit, als an der außerorts gelegenen Unfallstelle nicht gestreut sein musste. Ganz besondere Umstände im o. a. Sinne fehlen. Die Absehbarkeit einer Glättebildung reicht hierfür nicht aus, handelt es sich hierbei im Winter doch eher um einen gewöhnlichen denn um einen besonderen Umstand. Abgesehen davon ist der Kläger für die konkrete Vorhersehbarkeit einer Glätte beweisfällig. Einen diese ankündigenden Wetterbericht hat er entgegen seiner Ankündigung weder in erster noch in zweiter Instanz vorgelegt. Das – zudem nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigende – rund 2 ½ Jahre später erstattete Gutachten des Deutschen Wetterdienstes (Bl. 180 ff. d. A.) besagt zur Vorhersehbarkeit nichts.

 

 

 

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