OLG Naumburg: Netzangriff der Hackerpiraten - wer zahlt die TK Gebühren?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 19.03.2015

Das OLG Naumburg hat sich in einem Berufungsurteil (Az. 5 U 205/14 (Hs) vom 21.1.2015) zur Risiko- und Beweislastverteilung des § 45i TKG und zur Frage der Hinweispflicht des Netzanbieters bei Hackerangriffen geäußert. Es ging es um einen Zahlungsantrag für unter Missbrauch der TK-Anlage aufgebaute Verbindungen nach Somalia. Nach den § § 45 i Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 TKG bleibt der Anschlussinhaber auch dann vergütungspflichtig, wenn Verbindungen ohne seine Billigung hergestellt werden, soweit die Ursachen hierfür in seiner technischen Sphäre liegen.  Nach § 45 i Abs. 4 Satz 2 TKG entfällt der Zahlungsanspruch des Anbieters, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Dritte durch unbefugte Veränderungen an öffentlichen TK-Netzen das in Rechnung gestellte Verbindungsentgelt beeinflusst haben.

Auf den Punkt gebracht:  Die Tatsachen, die eine Manipulationsannahme rechtfertigen, muss der Endnutzer beweisen, die Manipulation selbst nicht - so das Gericht.

Das OLG bejaht zwar grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast des Anbieters von TK-Leistungen hinsichtlich des in Rechnung gestellten Verbindungsaufkommens. Allerdings sei prima facie davon auszugehen, dass die Rechnung zutreffend sei, wenn der Anbieter ein zertifiziertes Abrechnungssystem nutze und eine technische Vollprüfung durchgeführt habe. Gleiches müsse mit Blick auf § 45 i Abs. 1 letzter Halbsatz TKG gelten, wonach eine erneute Prüfung nach Beanstandung entbehrlich sei, wenn die Beanstandung nachweislich nicht auf einen technischen Mangel zurückzuführen sei.

Weiter hießt es im Urteil: die Zahlungspflicht nach § 45 i Abs. 4 Satz 2 TKG entfalle, wenn der Kunde Tatsachen darlege, welche die Annahme einer unbefugten Veränderung rechtfertigen. Pauschale Manipulationsvermutungen reichten allerdings nicht aus, es müssten vielmehr mit Tatsachen belegte Verdachtsmomente vorgebracht werden, aus denen sich die Möglichkeit einer Manipulation ergebe.

Zur Hinweispflicht des Netzanbieters heißt es, dass der TK-Anbieter zur Schadensbegrenzung durch einen Hinweis an den Kunden verpflichtet sei, wenn die notwendigen technischen Mittel zur Verfügung standen, das ungewöhnliche Nutzungsverhalten festzustellen. Dies schließe die Nutzung entsprechender Computerprogramme ein, die ein solch abweichendes Verhalten erkennen ließen.

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1 Kommentar

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Fehlerhafte Abrechnungen habe ich schon sehr oft erlebt, aber die Beträge, um die es ging, waren stets gering - Beschwerden bei der Telefonhotline sind wegen der langen Wartezeit letztendlich teurer, und auf Beschwerdebriefe erhielt ich entweder gar keine oder bloß eine standartisierte (nicht auch die Eonzelheiten der jeweiligen Fälle eingehende) Antworten.

Einfach die Lastschrift zurückbuchen zu lassen, führt trotz vorherigen Protestes zu Schufa-Einträgen. Außerdem verlangen die Gesellschaften dann  Rücklastschriftgebühren, und drohen mit einer Anschlussperrung, wenn man die nicht zahlt (eine Anschlusssperrung kommt einem Unternehmer / Selbständigen natürlich sehr teuer). 

Zu einer anderen Telefongesellschaft zu wechseln lohnt sich nicht, da es bei denen nicht viel anders läuft.

Also nehme ich die fehlerhaften Rechnungen jetzt hin, solange es nicht um erhebliche Beträge geht.

Würde man mir aber zu Unrecht wirklich erhebliche Mehrbeträge abknöpfen wollen (und mir teure Dauertelefonate nach Somalia vorwerfen), dann würde ich die Sache ganz sicherlich nicht hinnehmen, sondern gerichtlich klären lassen, vielleicht sogar durch alle Instanzen (und evt. auch noch plus BVerfG).

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