Das neue Cannabisgesetz – Teil 3: Änderungen im Straßenverkehr

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 24.03.2024

Das Cannabisgesetz (CanG) hat am Freitag den Bundesrat passiert. Es wird am 1.4.2024 in Kraft treten. In der heutigen Folge meiner Serie zur Vorstellung der neuen Regelungen geht es um den Straßenverkehr.

1. Cannabis und die Fahruntüchtigkeit:

Keine Änderungen wird es geben, wenn ein Verkehrsteilnehmer im Zustand der Fahruntüchtigkeit im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, d.h. wenn seine Gesamtleistungsfähigkeit infolge des Cannabiskonsums so weit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, und zwar auch bei plötzlichem Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern. In diesem Fall macht sich der Fahrzeugführer nach wie vor nach § 316 StGB strafbar. Anders als bei Alkoholfahrten ergibt sich der Nachweis der Fahruntüchtigkeit nicht allein schon aus einem positiven Blutwirkstoffbefund hinsichtlich des Cannabiskonsums, vielmehr bedarf es regelmäßig weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, sog. Ausfallerscheinungen, z.B. durch den Cannabiseinfluss bedingte Fahrfehler.

2. § 24a Abs. 2 StVG:

Mit Inkrafttreten des CanG zum 1.4.2024 wird es auch (noch) keine Änderung des Grenzwertes der Ordnungswidrigkeit des § 24a Abs. 2 StVG geben. Anders als bei § 316 StGB reicht hier aus, wenn ein Fahrzeugführer mit einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml ein Fahrzeug im Straßenverkehr führt, Ausfallerscheinungen sind nicht notwendig.

In § 44 des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) ist dazu folgende Regelung enthalten:

Eine vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr eingesetzte Arbeitsgruppe schlägt bis zum 31. März 2024 den Wert einer Konzentration von Tetrahydrocannabinol im Blut vor, bei dessen Erreichen nach dem Stand der Wissenschaft das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet ist.

Verkehrsminister Volker Wissing hat nach Medienberichten bereits angekündigt, dass die Expertenkommission in Kürze einen THC-Grenzwert festlegen werde, der wahrscheinlich nicht "bei 0,0 liegen werde" (siehe dazu hier). Ich rechne mit einer Anhebung des Grenzwertes auf mindestens 3,0 ng/ml THC.

3. Verwaltungsrecht:

Zum 1.4.2024 wird es in Bezug auf den verwaltungsrechtlichen Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr Änderungen in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) geben. So soll ein neuer § 13a FeV zur Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabisproblematik vorsehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde

  • ein ärztliches Gutachten einzuholen hat, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen, oder
  • ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn

a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Cannabisabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Cannabismissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen,

b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden,

c) die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a und b genannten Gründen entzogen war oder

d) sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.

Zudem wird die Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV mit einem Katalog von Eignungsmängeln geändert. Bislang wurde dort in Nr. 9.2 bei Cannabis nach regelmäßiger (=keine Fahreignung) und gelegentlicher Einnahme (=Fahreignung grundsätzlich gegeben, wenn eine Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet) unterschieden. Dort wird nun neu unterschieden nach Missbrauch (Nr. 9.2.1) und Beendigung des Missbrauchs (Nr. 9.2.2). Ein die Fahreignung ausschließender Missbrauch ist gegeben, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Nach Beendigung des Missbrauchs ist die Fahreignung wieder gegeben, wenn die Änderung des Cannabiskonsumverhaltens gefestigt ist. Bei einer Abhängigkeit von Cannabis ist die Fahreignung ebenfalls nicht gegeben (Nr. 9.2.3), sondern erst wieder, wenn die Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist (9.2.4).

Die bisherigen Folgen meiner Serie:

Neue Serie zum Cannabisgesetz – Teil 1: Welche Gesetze werden geändert

Das neue Cannabisgesetz – Teil 2: Änderungen von BtMG und BtMVV

Weitere Folgen:

  • Aufbau und Systematik des KCanG
  • die neuen Strafvorschriften des KCanG
  • die nicht geringe Menge von Cannabis
  • Absehen von Strafverfolgung beim Umgang mit geringen Mengen zum Eigenkonsum
  • die wichtigsten Bußgeldvorschriften des KCanG
  • Aufbau und Systematik des MedCanG
  • die wichtigsten Straf- und Bußgeldvorschriften MedCanG
  • Regelungen zu Therapie statt Strafe in KCanG und MedCanG
  • Tilgung von Eintragungen im Bundeszentralregister
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2 Kommentare

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Ein die Fahreignung ausschließender Missbrauch ist gegeben, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können.

Gibt es dazu eine Erklärung, ab wann die Fahrsicherheit als beeinträchtigt angesehen wird? Könnte es sich da an den Tatbestandsvoraussetzungen eines 316 StGB orientieren? Kann das bereits nach dem ersten Verstoß gem. 24a StVG mit  THC vorliegen? 

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"2. § 24a Abs. 2 StVG:

Mit Inkrafttreten des CanG zum 1.4.2024 wird es auch (noch) keine Änderung des Grenzwertes der Ordnungswidrigkeit des § 24a Abs. 2 StVG geben. Anders als bei § 316 StGB reicht hier aus, wenn ein Fahrzeugführer mit einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml ein Fahrzeug im Straßenverkehr führt, Ausfallerscheinungen sind nicht notwendig."

Bislang reichte jedoch der Nachweis des Abbauproduktes, also THC-COOH aus. Dies sollte nach meinem Verständnis ab sofort nicht mehr hinreichend sein, da die Abbauprodukte auch bei einem mehrwöchigen bis mehrmonatigen Zurückliegen des Konsums über dem Grenzwert nachweisbar wären. Es muss nun auf aktives THC getestet werden, um tatsächlich feststellen zu können, ob eine potenzielle Rauschfahrt vorliegt.

Der Test auf Abbauprodukte müsste sogar rechtlich bedenklich sein, da es für das Testen hierauf keine rechtliche Begründung mehr gibt.

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