Abzug Neu für Alt beim Schadensersatz für die Beschädigung eines Anpralldämpfers an einer Bundesautobahn?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.09.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht3|776 Aufrufe

Heute einmal wieder etwas Verkehrszivilrecht: Es geht um Schadensersatz nach Unfall und den Abzug "Neu für Alt". Gilt das auch bei so etwas wie einem "Anpralldämpfer"? Leitsatz: Es findet kein Abzug Neu für Alt beim Schadensersatz für die Beschädigung eines Anpralldämpfers an einer Bundesautobahn statt, wenn es sich bei dem Anpralldämpfer nicht um ein eigenständiges Bauwerk handelt, sondern er regelmäßig mit einer Erneuerung der Gesamtanlage ausgetauscht wird.

Für mich macht das Sinn.

 

Hier dann noch der Vollständigkeit halber ein Auszug aus den Gründen:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden; in der Sache hat sie aber keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Neuherrichtung des beschädigten Anpralldämpfers kein Abzug Neu für Alt vorzunehmen ist. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Berufungsvorbringen ohne Aussicht auf Erfolg.

131. Nach dem Grundsatz des Abzugs Neu für Alt im Rahmen der Schadensbemessung nach § 249 BGB stellt beim Ersatz einer gebrauchten durch eine neue Sache deren Wertdifferenz einen grundsätzlich auszugleichenden Vorteil des Geschädigten dar, es sei denn, die Anrechnung des Vorteils ist für den Geschädigten unzumutbar (siehe BGH, Urteil vom 24.03.1959 – VI ZR 90/58, juris Rn. 7 ff., NJW 1959, 1078; BGH, Urteil vom 06.12.1995 – VIII ZR 270/94, juris Rn. 26, NJW 1996, 584).

14In der bisherigen Rechtsprechung ist es ganz überwiegend abgelehnt worden, dass bei der unfallbedingten Beschädigung von Leitplanken und Anpralldämpfern ein Abzug Neu für Alt vorzunehmen wäre (siehe OLG Hamm, Urteil vom 10.11.2008 – I-13 U 5/08, BeckRS 2015, 18816; OLG Naumburg, Urteil vom 25.11.2015 – 12 U 85/15, juris Rn. 30, VerkMitt 2016, Nr 23; OLG Zweibrücken, Urteil vom 13.08.2014 – 1 U 71/12, juris Rn. 37, VersR 2015, 723; LG Arnsberg, Urteil vom 30.11.2022 – I-3 S 6/22, n.v.; LG Dortmund, Urteil vom 31.10.2007 – 21 O 336/05, juris Rn. 31; LG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2022 – 1 O 302/21, n.v.; AG Langen, Urteil vom 23.08.2004 – 2 C 280/04, juris Ls.; AG Leverkusen, Urteil vom 27.12.2019 – 27 C 184/18, juris Rn. 19 ff.; AG Pirmasens, Urteil vom 05.10.2023 – 5 C 78/23, BeckRS 2023, 29258 Rz. 5; AG Neuruppin, Urteil vom 19.05.2022 – 45 C 80/21, n.v.; AG Westerstede, Urteil vom 09.08.2004 – 21 C 282/04, juris Ls., NJW-RR 2004, 1681; AG Winsen, Urteil vom 06.07.2004 – 20 C 379/04, juris Rn. 9; ähnlich zu Schallschutzelementen OLG Hamm, Urteil vom 19.06.2015 – I-11 U 168/14, juris Rn. 17 ff.; zu einer Verkehrsschilderanlage OLG Koblenz, Beschluss vom 25.08.2020 – 12 U 663/20, juris Rn. 11 ff.).

15Auch im vorliegenden Fall ist eine relevante Wertdifferenz als auszugleichender Vorteil der Geschädigten zu verneinen, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ohne dass es hierzu der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte. Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin nicht erheblich entgegengetreten, dass kein turnusmäßiger Austausch einzelner Anpralldämpfer stattfindet, da es hier sich nicht um ein eigenständiges Bauwerk handelt, sondern der Anpralldämpfer regelmäßig das Schicksal der gesamten Anlage teilt, so dass ein Anpralldämpfer mit einer Erneuerung der Gesamtanlage ausgetauscht werden wird, unabhängig davon, ob oder wann er zuvor erneuert wurde. Daher kommt es nicht darauf an, dass – wie die Beklagte behauptet – bei einem Anpralldämpfer als solchem von einer bemessbaren Lebensdauer von 40 Jahren auszugehen sei und dass Schutzplanken durch nicht erfasste und nicht reparierte Beschädigungen sowie dem Einwirken von weiteren Umwelteinflüssen einem Alterungsprozess unterliegen würden. Auch wenn der konkret betroffene Anpralldämpfer für sich genommen durch die Reparatur bzw. den Austausch nunmehr eine längere zu erwartende Lebensdauer haben sollte als das bisherige Teil, so wirkt sich dies im Ergebnis vermögensmehrend für die Klägerin bereits deswegen nicht aus, weil bei einer anstehenden Erneuerung der Gesamtanlage – ob aufgrund weiterer Unfälle oder aufgrund des behaupteten regelmäßigen Alterungsprozesses der Anlage im Übrigen – auch der betroffene Anpralldämpfer ungeachtet seiner vorherigen Erneuerung mit ausgetauscht werden würde. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von solchen Konstellationen, in denen das beschädigte Straßenbauwerk einer separaten Erneuerung unterliegt (zu einer Verkehrszeichenbrücke siehe OLG Naumburg, Urteil vom 30.04.2020 – 4 U 115/19, BeckRS 2020, 42328 Rz. 25; zu Lichtzeichenanlagen siehe OLG Celle, Urteil vom 05.12.2002 – 14 U 93/02, juris Rn. 3, OLGR Celle 2003, 60; LG Potsdam, Urteil vom 16.01.2019 – 6 S 32/18, juris Rn. 14; AG Eisenach, Urteil vom 26.10.2021 – 57 C 412/17, BeckRS 2021, 54069 Rz. 13; zu Verkehrsschildern AG Bonn, Urteil vom 10.05.2024 – 113 C 239/23, BeckRS 2024, 13269 Rz. 5; AG Burg, Urteil vom 20.07.2023 – 3 C 136/22, BeckRS 2023, 21699 Rz. 9; AG Duisburg-Ruhrort, Urteil vom 24.06.2009 – 10 C 331/08, juris Rn. 23 ff., SVR 2011, 69; AG Rheinbach, Urteil vom 13.04.2016 – 26 C 24/15, juris Rn. 20).

16Soweit die Beklagte weiter behauptet, dass die Klägerin aufgrund der Neuherrichtung des Anpralldämpfers zukünftig Unterhaltungsmittel einsparen werde, fehlt es an jeglichem substantiierten Vorbringen der Beklagten hierzu – ohne konkreten Vortrag hierzu muss auch bei Annahme einer Beweislast des Geschädigten für die Frage des Abzugs Neu für Alt (so vertreten von OLG Celle, Urteil vom 08.06.2022 – 16 U 171/21, juris Rn. 102, DAR 2023, 33; OLG Koblenz, Urteil vom 25.11.1993 – 5 U 1281/92, juris Rn. 17, NJW-RR 1995, 90; Urteil vom 26.06.2003 – 5 U 192/03, juris Rn. 12, WuM 2003, 445; Urteil vom 08.01.2009 – 5 U 1597/07, juris Rn. 41, NJW-RR 2009, 1318; AG Hamburg, Urteil vom 26.10.2022 – 49 C 150/22, juris Rn. 33; ablehnend dagegen OLG Köln, Beschluss vom 01.08.2014 – 11 U 23/14, juris Rn. 5; LG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2022 – 1 O 302/21, n.v.) verneint werden, dass hier ein Abzug von den angefallenen Reparaturkosten im Hinblick auf einen lediglich pauschal behaupteten Vermögensvorteil des Geschädigten zu machen wäre.

 

OLG Bremen Hinweisbeschluss v. 15.8.2024 – 1 U 14/24, BeckRS 2024, 21911

 

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Ich weise hin auf die Entscheidung des BVerfG, 21.12.2022 - 2 BvR 378/20 – dejure.org Bekanntlich hat das BverfG mit dieser Entscheidung einen ganzen Stall voll Straftatbestände erfüllt, u.a. sukzessive Beihilfe zum Mord. Die Mörder hatten von Anfang an darauf spekuliert, dass der Rechtsstaat auch in ihrem Fall nicht funktionieren würde und sie für ihren Mord nie zur Rechenschaft gezogen werden würden. Indem das BverfG durch das Zunichtemachen aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Mordes diese Spekulation wahr werden lässt, begeht das BverfG Sukzessive Beihilfe zum Mord.

Der Mord an Ouri Jallow hätte aufgeklärt werden können, wenn das Verfahren der Klageerzwingung nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung geführt worden wäre: BGH kippt Freispruch im Fall C in Dessau nach dessen Tod im Polizeigewahrsam | Page 8 | beck-community

An dem aktuellen Beispiel dieses Justizskandals kann man sehen, wie wichtig ein funktionierendes Verfahren der Klageerzwingung nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung wäre:

Beschwerden verworfen: Keine Ermittlungen nach Antisemitismus-Eklat bei documenta (msn.com)

Gericht bestätigt: Keine Antisemitismus-Ermittlungen gegen Documenta-15-Künstler (msn.com)

KURZMELDUNGEN - Kultur: Keine Ermittlungen nach Antisemitismus-Eklat bei documenta (msn.com)

Documenta: Kunst, Justiz und Judenhass | Jüdische Allgemeine (juedische-allgemeine.de)

Jerzy Montag [ˈjεʒɨ] (* 13. Februar 1947 in KatowicePolen) ist ein deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen).

Sonderermittler

Montag war neben Manfred Nötzel einer der beiden Sonderberater des Landtags von Sachsen-Anhalt zum Fall Ouri Jallow. Bei der Vorstellung des Abschlussberichts am 28. August 2020 warf er der Polizei fehlerhafte bzw. rechtswidrige polizeiliche Maßnahmen vor, sah allerdings keine Ansätze für neue Ermittlungen.[7] Obwohl zum Zeitpunkt der Erstellung des Sonderberichts bereits durch mehrere wissenschaftliche Gutachten nachgewiesen worden war, dass Ouri Jallow sich in seinem gefesselten Zustand gar nicht selbst angezündet haben konnte und damit das staatliche Narrativ von einer Selbstentzündung nach Art eines sommerlichen Heuballens widerlegt worden war, stellte Jerzy Montag aus politischem Kalkül alle Mordvorwürfe gegen die diensthabenden Polizeibeamten wider jedes bessere Wissen in Abrede.[8]

Einzelnachweise

  1.  Christian Jakob: Jerzy Montag über Fall Ouri Jallow: „Keine zweite Anklage“. In: Die Tageszeitung: taz. 29. Oktober 2019, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 28. August 2020]).

  2.  Juristische Ausführungen zum Fall Ouri Jallow, abgerufen am 14. August 2024

In meinem Verteiler befindet sich seit letzten Herbst u.a. auch Katharina Schulze. Das Problem, dass das eMail-Postfach des Adressaten überläuft und deswegen Mails an mich zurückkommen, kenne ich gut von besagter Katharina Schulze. Das war im Fall von Katharina Schulze bisher zwei Mal der Fall, um Neujahr herum und zuletzt Ende Juni. Das einzige, was ich von Katharina Schulze höre, sind von Zeit zu Zeit automatisierte Abwesenheitsagenten ihrer Mitarbeiter, wenn sich der betreffende Mitarbeiter allgemein, offenbar an alle in seinem elektronischen Adressbuch, in den Urlaub oder sonstwohin verabschiedet. Sonst höre ich von Katharina Schulze nichts, gar nichts, und ich wüsste auch nicht, warum sich das in Zukunft nochmal ändern sollte.

Ist hier gerade die Rede von der Zeitenwende?

Der Aufsatz HRRS 2016, 29 stellt die Verfahren nach den §§ 172 ff StPO auf eine gesetzliche Grundlage.

So allmählich sieht ja auch die Justiz ein, dass die Klageerzwingung einer gesetzlichen Grundlage bedarf: VIS Berlin - 80/22 | Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin | Beschluss | Verfassungswidrige Zurückweisung eines Klageerzwingungsantrags aufgrund überspannter ...

Ist hier gerade die Rede von der Zeitenwende?

Der Aufsatz HRRS 2016, 29 stellt die Verfahren nach den §§ 172 ff StPO auf eine gesetzliche Grundlage.

So allmählich sieht ja auch die Justiz ein, dass die Klageerzwingung einer gesetzlichen Grundlage bedarf: VIS Berlin - 80/22 | Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin | Beschluss | Verfassungswidrige Zurückweisung eines Klageerzwingungsantrags aufgrund überspannter ...

Der Mord an Ouri Jallow hätte aufgeklärt werden können, wenn das Verfahren der Klageerzwingung nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung geführt worden wäre: BGH kippt Freispruch im Fall C in Dessau nach dessen Tod im Polizeigewahrsam | Page 8 | beck-community

Ich weise hin auf die Entscheidung des BVerfG, 21.12.2022 - 2 BvR 378/20 – dejure.org Bekanntlich hat das BverfG mit dieser Entscheidung einen ganzen Stall voll Straftatbestände erfüllt, u.a. sukzessive Beihilfe zum Mord. Die Mörder hatten von Anfang an darauf spekuliert, dass der Rechtsstaat auch in ihrem Fall nicht funktionieren würde und sie für ihren Mord nie zur Rechenschaft gezogen werden würden. Indem das BverfG durch das Zunichtemachen aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Mordes diese Spekulation wahr werden lässt, begeht das BverfG Sukzessive Beihilfe zum Mord.

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