Ärgerliche Fahrverbotsvollstreckung - Wer hilft mir das Gesetz zu verstehen?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 17.06.2008

Von der juristischen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt existiert in dem wichtigen Bereich der Fahrverbotsvollstreckung ein heftiger Meinungsstreit: Es geht um die Frage der Vollstreckung von Fahrverboten, genauer gesagt um die Frage, ob mehrere Fahrverbote in unterschiedlichen Verfahren gleichzeitig ("parallel") laufen können oder nacheinander. Einziger gesetzlich geregelter Fall ist hier § 25 Abs. 2a StVG, der für mehrere Fahrverbote mit der 4-Monatsschonfrist eine Nacheinandervollstreckung in der Rechtskraftreihenfolge anordnet. Über den "Anwaltstrick", gleichzeitige Rechtskraft herbeizuführen kommen dabei manche Gerichte hinweg, indem sie einfach behaupten, "die Reihenfolge der Rechtskraft sei nicht Voraussetzung der Norm, sondern lediglich Rechtsfolge" (so z.B. das AG Viechtach DAR 2008, 276). Es wird dann auch gleich noch angenommen, die Vorschrift gelte auch für Mischfälle (also dann, wenn ein Fahrverbot nach § 25 Abs. 2a StVG mit einem Fahrverbot ohne diese Vergünstigung zusammentrifft), so etwa in einer Bekanntmachung des Direktors des AG Viechtach v. 22.8.2007. Offen gesagt: Ich verstehe das nicht - lese (und verstehe) ich § 25 Abs. 2a StVG immer falsch?     

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8 Kommentare

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Es ist halt so in viechtach, interessieren würde mich jedoch die Frage, ob bei einer Nacheinandervollstreckung die Gesamtzeit nicht mehr als 3 Monate betragen darf. Hier schiebt ja letztendlich § 44 StGB eigentlich einen Riegel vor.

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Das ist eine gute Frage. Rechtsprechungsnachweise finden sich hierzu meines Wissens nach nicht. Aber in der Literatur wird eine Gesamtvollstreckungsdauer von mehr als 3 Monaten am Stück abgelehnt, vgl. z.B. Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 20 Rn. 6 m.w.N.). Man kann das Problem natürlich auch in meinem Buch "Das Fahrverbot in Bußgeldsachen" (mit Schriftsatzmuster)nachlesen.

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Da sage ich doch mal danke und wünsche dem Blog. Gutes gelingen. Ein Buch welches derartige Randfragen behandelt, werde ich wohl kaufen müssen, denn letztendlich sind es solche Fragen, die das OWi-Recht doch interessant machen und nicht die ausgereizte Frage, daß der Mandant nicht auf dem Foto zu erkennen sei.

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Hallo Herr Krumm,

ist denn Ihre Frage jetzt beantwortet?

Ich lese das so, dass eben nur für den Fall des Zusammentreffens von Fahrverboten mit Karenzfrist (4 Monate) eine Vollstreckungsregelung in § 25 Abs. 2a StVG dahingehend existiert, dass die Fahrverbote sozusagen addiert werden und nacheinander anzutreten sind. Zu allen anderen Fällen enthält das Gesetz keine Aussage, sodass mehrere Fahrverbote dann auch gleichzeitig (und eben nicht nacheinander) vollstreckt werden dürfen.

Meine praktische Frage allerdings ist, wo geb ich den Führerschein ab, wenn die beiden "zuständigen Stellen" (Amtsgerichte) diese Frage nicht einheitlich beantworten? Kann ich dann auch am Wohnort "hinterlegen"?

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Na ja, eine wirkliche Frage war das ja nicht :-) Irgendwie muss man den Leser ja "kriegen".

Ich sehe das natürlich genauso wie Sie es beschrieben haben. Eine andere Lesart scheint mir nicht möglich, wird aber z.B. für Bayern vom AG Viechtach vertreten, s.o. Der AG Direktor schreibt hierzu in dem eingangs verlinkten Aufsatz, meine Position (die Ihrer entspricht) sei eine "teleologische Reduktion". Ich vermag eine solche Reduktion nirgends zu erkennen und bin mir auch gar nicht sicher, was damit in dem Zusammenhang eigentlich gesagt werden soll.

M.E. muss nur eine Vollstreckungsbehörde (bzw. ein AG) die Parallelvollstreckung bewilligen, dann kann man den Führerschein ohne zusätzliche Entscheidung der anderen Stelle dort abgeben. Das AG ist natürlich eigentlich nicht die Vollstreckungsbehörde (anders aber in Jugendsachen).

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Nachtrag: König/Seitz (Autoren in Hentschel, Straßenerkehrsrecht und Göhler, OWiG) vertreten in einem aktuellen Aufsatz im DAR 2008, 361, 371 uneingeschränkt die Auffassung des AG Viechtach.

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