Zustellungstrick für Verteidiger in OWi-Verfahren?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.08.2008

Das OLG Düsseldorf hat in einer bislang nicht weiter veröffentlichten Entscheidung vom 17.04.2008 - 2 Ss (OWi) 191, 101/07 zu dem in OWi-Verfahren gerne genutzten Anwaltstrick einer beschränkten Vollmacht Stellung genommen:

Einem Rechtsanwalt, der in dem behördlichen Bußgeldverfahren tatsächlich als Verteidiger beauftragt und tätig ist, jedoch aus taktischen Erwägungen ("Verjährungsfalle") lediglich eine "außergerichtliche Vollmacht" zu den Akten gereicht hat, kann der Bußgeldbescheid nach § 51 III 1 OWiG wirksam zugestellt werden.

Also: Es nutzt aus Verjährungsgesichtspunkten nichts, sich eine nur außergerichtliche Vollmacht erteilen zu lassen, sich aber gleichzeitig als Verteidiger zu melden!

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10 Kommentare

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.... die Frage ist natürlich, warum man überhaupt eine Vollmacht zur Akte reicht!?

Mein Standardtext auf eine entsprechende Anforderung lautet wie folgt:

Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert. Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass die Vorlage einer schriftlichen Verteidigervollmacht im Regelfall weder gesetzlich vorgesehen noch ansonsten erforderlich, s. z.B. KK-StPO-Laufhütte § 138 Rn. 15; Meyer-Goßner, StPO Rn. 9 vor § 137 m.w.N.; KK-OwiG-Lampe § 51 Rn. 85 m.w.N.; KK-OwiG-Kurz § 60 Rn. 5 m.w.N. sowie BGHSt 36, 259, 260.

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Dieser Text hilft aber auch nicht weiter. Zumindest das OLG Bamberg geht davon aus, daß das fiktive bestehen einer Zustellvollmacht genügt. Der Wortlaut des § 51 wird so ausgelegt, daß es sich nur um die Fiktion einer Zustellvollmacht handeln soll. Bei späterer Vorlage einer Vollmacht, wird dann die Fiktion bestätigt. U.E. trennt hierbei das OLG unsauber zwischen Beauftragung und Bevollmächtigung. Gegenwärtig lösen wir deshalb das Problem so, daß die Mandanten erst nach Zustellung des Bußgeldbescheides eine Vollmacht unterschreiben. Der vorherige schriftliche Zweizeiler, uns um die Sache so und so zu kümmern kann deshalb wohl kaum eine Zustellvollmacht aus. Die VB schicken jedoch auch ohne Vollmacht die Akten.

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@ schaffi

Göhler (Rn 44a m.w.N.) sagt, dass eine nachträglich zu den Akten gegebene Vollmacht den Mangel NICHT heilt. Wenn die VB, Gericht, etc. das aber weiter so macht, müsste man den Mdt'en dann wohl verteidigungslos stellen und das entspr. anzeigen. Dann dürfte die Fiktion eine bleiben....

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meine Frage zu den Beiträgen von Schaffi und Rathilfe:

Gibt es denn noch Behörden, StAen oder Gerichte, die Akteneinsicht ohne Vollmachtsvorlage verweigern?

zur Vollmachtsunterzeichnung nach Zustellung des BG-Bescheids:
M.E. kann es doch auch nicht darauf ankommen, ob die Vollmacht unterschrieben ist oder nicht - wichtig ist doch wohl nur, ob sie sich bei der Akte befindet, wenn zugestellt wird.

Im Übrigen wüßte ich ja einmal gerne, ob es in der Anwaltschaft nicht auch als Risiko angesehen wird, die förmliche Zustellung an den Betroffenen bewirken zu lassen - kann das nicht auch einmal schiefgehen, wenn die Kommunikation zwischen Mandanten und Verteidiger "hakt"?

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Sehr geehrter Herr Krumm,

AE wurde mir bei einer Zusicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung noch nicht verweigert.

Ich teile Ihre Einschätzung bzgl. dem Zeitpunkt der Unterzeichnung eines Vollmachtsformulares, schließlich kann nur der ordnungsgemäß bevollmächtigter Verteidiger AE erhalten, was er entsprechend zusichert. Auf den Zeitpunkt der schriftlichen Fixierung kann es dann m.E. nicht mehr ankommen.

Ein von Ihnen erwähntes Risiko betreffend würde mich interessieren, was für eine Konstellation im OWi-Recht Sie da im Auge haben (schließlich dürfte doch kein Bürger ein Interesse an einem Bußgeldbescheid haben)?

Ich finde in diesem Zusammenhang auch die Bezeichnung als "Trick" irreführend. Schließlich ist der Anwalt allein dem Mandanten verpflichtet und nicht ein Erfüllungsgehilfe der VB.

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vorab: Der "Anwaltstrick" ist natürlich nur ein Köder :-))) Irgendwie muss man es ja schaffen mit provozierenden Überschriften oder interessanten Tags den Leser "zu bekommen". Hier bitte ich natürlich um Verständnis.

Zur "Risikofrage":
Wenn keine Vollmacht vorliegt, wird ja immer der Bußgeldbescheid dem Betroffenen förmlich zugestellt. Was ist aber, wenn es zu Problemen bei der nichtförmlichen Übersendung an den Anwalt kommt und der Betroffene nichts tut, weil er meint, sein ANwalt werde sich sicher kümmern? Ggf. wird da eine Wiedereinsetzung konstruiert werden können, aber sicher nicht immer, oder?

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@ Carsten Krumm (RiAG)

Ja, gibt es, nicht nur wenn man den immer wiederkehrenden Aussagen von Kollegen in diversen Blogs Glauben schenken darf, sondern auch aus persönlicher Erfahrung.

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Sehr geehrter Herr Krumm,

soweit es um die Übersendung nicht unterzeichneter Vollmachten geht, halte ich dies tatsächlich auf für einen Trick der keines besseren Namens verdient. Es gibt genug Möglichkeiten im Rahmen des OWiG die ein Verteidiger ausnutzen kann und sollte die auch deutlich besser zeigen, daß man sein Handwerk versteht. Wir übersenden keine Vollmacht und versichern auch keine Bevollmächtigung. Die Akten gibt es zu 98 % immer, versehen mit dem Zusatz bitte doch eine Vollmacht nachzureichen. Tatsächlich benötigt man jedoch auch keine Akte vor Erlaß des Bußgeldbescheides, schon im Interesse des Mandanten nicht. Erst nach Erlaß des Bußgeldbescheides gibt es einen Kostenerstattungsanspruch, der im Zweifel dem Mandanten nicht noch auf den Kosten einer unsinnigen Rechtsverfolgung durch die VB sitzen lassen kann. Nach Erlaß des Bußgeldbescheides kann dann die Vollmacht auf jeden Fall rüber, denn letztendlich sollte die VB vor Erlaß des Bußgeldbescheides den Sachverhalt zumindest im groben geklärt haben.

Selbst den faulsten Mandanten ist es bisher immer gelungen den erhaltenen Bußgeldbescheid zu faxen, mailen oder die Daten durchzugeben.

Zur Frage der Wiedereinsetzung: Wenn wir vergessen dem Mandanten mitzuteilen, daß er im Falle einer Zustellung sich bei uns melden muß und er jedoch davon ausgeht, daß sich der zur Akte gemeldete Verteidiger um alles kümmern wird liegt ein Anwaltsverschulden vor und die Wiedereinsetzung wird bewilligt. Den Rettungsanker mußten wir jedoch nicht nutzen.

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Insgesamt gibt es übrigens zum Thema Vollmacht und Bußgeldverfahren einen hervorragenden Aufsatz in VRR 2008, 208 (= Heft 6) von Goldbach/Friedrich.

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