OLG Düsseldorf: § 179a AktG analog und Zustimmungspflicht kraft Treuepflicht in der Personengesellschaft

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 19.01.2018

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 23. November 2017 (I-6 U 225/16) zu den Beschlussvoraussetzungen in der Personengesellschaft bei Veräußerung des (nahezu) gesamten Gesellschaftsvermögens Stellung genommen. Zu entscheiden hatte das Gericht über die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses einer Publikums-KG über die Veräußerung der einzigen von der Gesellschaft gehaltenen Immobilie.

Anlass des Beschlusses waren erhebliche finanzielle Probleme der Gesellschaft. Das anfangs aufgenommene Darlehen war nicht prolongiert worden, Umfinanzierungsversuche waren gescheitert, und die Immobilie war auf Antrag der finanzierenden Bank unter Zwangsverwaltung gestellt worden. Gleichzeitig lag der Gesellschaft ein befristetes, zur Entschuldung knapp ausreichendes Kaufangebot vor. Weitere Kaufangebote lagen nicht vor.

In der Gesellschafterversammlung fand der Beschluss eine knappe einfache Stimmenmehrheit. Diese war nach dem Gesellschaftsvertrag allgemein für Gesellschafterbeschlüsse ausreichend, während bestimmte Beschlussgegenstände (darunter Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die „Übertragung des Unternehmens im Ganzen“ sowie die Auflösung des Unternehmens) eine Dreiviertelmehrheit erforderten.

In seiner Entscheidung bejaht der Senat (anders als die Vorinstanz) ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis für den Beschluss. Dieses folge sowohl aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags als auch aus § 179a AktG analog. Letzterer schreibt für einen Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung ihres gesamten Gesellschaftsvermögens verpflichtet, einen mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Hauptversammlungsbeschluss vor. In Bezug auf Personengesellschaften, so der Senat, beinhalte die Vorschrift nicht nur einen Kompetenztitel zugunsten der Gesellschafterversammlung (wie bereits höchstrichterlich geklärt). Vielmehr sei nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch das qualifizierte Mehrheitserfordernis zu übertragen.

Auf die verfehlte qualifizierte Mehrheit kam es nach Ansicht des Senats im vorliegenden Fall jedoch nicht an. Denn der klagende überstimmte Gesellschafter sei aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet gewesen, der Veräußerung zuzustimmen. Eine solche Pflicht könne auch in einer Publikumspersonengesellschaft dadurch entstehen, dass die Gesellschaft in eine unhaltbare wirtschaftliche Schieflage gerate, welche dringende Maßnahmen zur Abwendung einer Insolvenz nötig mache.

Anders als ein Hauptversammlungsbeschluss nach § 179a AktG habe der vorliegende Gesellschafterbeschluss schließlich ohne Beachtung der notariellen Form gefasst werden können. § 130 AktG, § 53 Abs. 2 GmbHG seien insofern nicht analog anwendbar.

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