Loveparade 2010 - zehn Monate danach: Neue Erkenntnisse?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 16.05.2011

In der  heute erschienenen Ausgabe des "Spiegel", die sogar mit dem Titelbild zur Loveparade 2010 aufmacht, wird insbesondere die Veranwortung der Polizei für die Katastrophe untersucht, aber auch Verantwortlichkeiten der Stadt Duisburg  - im geringeren Maße auch solche des Veranstalters - werden benannt . Offenbar liegen dem Spiegel "vertrauliche" Informationen aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren vor. Das dürfte in der Öffentlichkeit Anlass dazu sein, einige der schon bekannten Umstände noch einmal zu betrachten, andere, bisher noch nicht näher betrachtete, erstmals zu analysieren. Ein erster lesenwerter Kommentar von Lothar Evers liegt bereits vor (hier) . Vielleicht gelingt es auch wieder, hier im Beck-Blog in sachlicher Weise die rechtlichen Implikationen zu diskutieren. Nach wie vor maße ich mir nicht an, allgemein taktische polizeiliche Fehler als solche zu bewerten, sondern werde hier weiter den Fokus auf die strafrechtliche Verwertbarkeit legen. Das schließt aber nicht aus, dass in den Kommentaren auch das polizeiliche Einsatzverhalten näher diskutiert werden darf - so wie es den früheren Diskussionen ja auch schon geschehen ist.

Von den Spiegel-Autoren werden folgende "Fehler" der Polizei genannt:

1. Das Einvernehmen
Die Polizei "hat es laufen lassen in der Zeit der Planung". Auch wenn sie, was näher ausgeführt wird, von vielen Absprachen zwischen Stadt und Lopavent nichts mitbekommen habe, so sei sie doch rechtzeitig vor dem Termin in der Arbeitsgruppe 4 über die Sicherheitsvorbereitungen und evtl. -mängel informiert gewesen. Der Tunneleingang sei auch Gegenstand polizeilicher Inspektionen und Diskussionen gewesen. Die Polizei sei aber trotz Bedenken "nicht hart und entschieden genug [gewesen], um einzugreifen, durchzugreifen, notfalls die Parade abzusagen". Der Düsseldorfer Polizeidirektor Schalk habe sogar im Juni noch die später entscheidenden Fragen gestellt - zum Stau im Eingangsbereich bei gegenläufigen Menschenströmen. Die Polizei habe sich dann aber mit ein paar kleinen Änderungen zufrieden gegeben und danach auch keine Kritik mehr angebracht.
Nach Wiedergabe des Spiegel hält aber selbst die StA dieses Verhalten der Polizei im Vorfeld für strafrechtlich irrelevant, da ein ausdrückliches "Einvernehmen" der Polizei nicht gegeben sei. Die Staatsanwaltschafft habe also geprüft, ob es ein "Einvernehmen" der Polizei gegeben habe, konnte dies aber nicht finden. Und daraus werde gefolgert, dass sich die Stadt Duisburg über das Erfordernis eines Einvernehmens hinweggesetzt oder die bloße Mitwirkung der Polizei als schon ausreichendes Einvernehmen verstanden hat.

Trifft diese rechtliche Bewertung zu? Strafrechtlich wäre der Polizei (wenn man einmal unterstellt, dass ein ausdrückliches  Einvernehmen fehlt) in der Planungsphase demnach nur ein Unterlassen vorzuwerfen, es nämlich unterlassen zu haben, die Veranstaltung mit dieser als gefährlich erkannten Ein-/Ausgangskonzeption zu verhindern. Eine Verhinderung der Veranstaltung durch die Polizei wäre möglich gewesen durch ein ausdrückliches Verweigern ihres für die Genehmigung erforderlichen Einvernehmens - das Beispiel Bochum, wo die LoPa 2009 nach polizeilicher Intervention abgesagt wurde, belegt dies hinreichend. Aber war die Polizei auch zur Intervention verpflichtet? Oder durfte sie es "einfach laufen lassen"? Jedenfalls nach dem Spiegel-Bericht will sich die StA nicht auf dieses unsichere Gelände bewegen, sondern meint, die Verantwortlichkeit läge bei den Mitarbeitern der Stadt, die ohne ausdrücliches Einvernehmen der Polizei eine rechtswidrige Genehmigung erteilt hätten.
Tatsächlich bewegt man sich an diesem Punkt auf unsicherem Gelände: Wenn ein Einvernehmen der Sicherheitsbehörden Vorausetzung für eine solche Veranstaltung ist, unter welchen Voraussetzungen sind dann diese Behörden verpflichtet, ihr Einvernehmen ausdrücklich zu versagen und damit die Veranstaltung zu verhindern? Und lagen diese Voraussetzungen hier vor? Ich denke, dass die Polizei an den Planungen so nah dran war, dass ihre Verantwortlichen erkennen mussten und auch erkannt haben, dass ihr "Schweigen" seitens der Stadt als Zustimmung/Einvernehmen aufgefasst wurde. Ich will nicht behaupten, es handele sich um eine bewusste Taktik, aber wenn es so ist, wie im Spiegel dargestellt, hat sich die Polizei im Vorfeld erfolgreich aus der Verantwortung "geschlichen": Sie hat Kritik angebracht, dann aber die Veranstaltung so wie geplant stattfinden lassen.

2. Der Schichtwechsel
Dass  in der kritischen Phase der LoPa - wenn auch noch weit vor den tödlichen Ereignissen - ein Schichtwechsel der Polizei stattfand, ist lange bekannt (hier nochmal das Foto von 15.30 Uhr). Nicht bekannt war bisher, das man den Schichtwechsel erst auf Intervention des Personalrats und Ministeriums vorsah und dass es zuvor Kritik am Zeitpunkt desselben gab.
Laut Spiegel hat der Schichtwechsel zur Unzeit bewirkt, dass dort neue Kräfte ohne  Vorbereitung in eine schon bedrohliche Lage quasi "hineingeworfen" wurden. Dies hätte beigetragen zur Gefährdung, möglicherweise auch zu Fehlentscheidungen.
Strafrechtlich wird es aber schwer fallen, den Schichtwechsel selbst mit den Todesfällen unmittelbar in einen Kausalzusammenhang zu bringen. Solche möglichen Kausalzusammenhänge lassen sich nicht ausschließen, aber auch nicht hinreichend als "Ursache" beweisen. Wäre etwa ohne Schichtwechsel dasselbe passiert, hätte man möglicherweise die Müdigkeit/Überforderung der Beamten als Negativfaktor angesehen. Einen wichtigen Hinweis gibt allerdings Lothar Evers: Möglicherweise sind infolge des Schichtwechsels einfach nicht genügend Kräfte gleichzeitig dort gewesen, weil man dieselbe Anzahl von Hundertschaften  dann eben nicht gleichzeitig sondern nacheinander eingesetzt hat. Die entscheidende Frage also: Waren genug Kräfte da? Oder wurde die zuvor für nötig befundende Anzahl der Beamten aufgrund des nötigen Schichtwechsels halbiert? Dies ist deshalb so wichtig, weil das Entstehen des Gedränges auf der Rampe damit zusammenhängt, dass das Sperrkonzept der Polizei nicht funktionierte. Mit mehr Kräften an den richtigen Stellen hätten die Sperren aber funktionieren können.

3.  Die fehlende Lautsprecheranlage
Hier im beck-Blog aber auch an anderer Stelle wird als ein ganz wesentlicher Umstand, der die Katatstrophe mitverursachte, angesehen, dass es auf der Rampe praktisch keine Kommunikation zwischen Polizei/Sicherheitspersonal und Besuchern gab. Die Besucher kamen aus den Tunnels und wussten nicht, wo und wie es weitergehen sollte. Auch als sie sich schon drängelten, bemerkten sie nicht, dass in ihrem Rücken nicht weit entfernt genug Platz war. Sie wurden einfach nicht von den Kräften, die Überblick hatten, informiert. Die z.T. vorhandenen Megaphone waren viel zu schwach. Und die in der Genehmigung verlangte ELA fehlte (siehe hier). Dies - so der Spiegel - war der Polizei ab 14 Uhr bekannt. Man hat also 2,5 Stunden vor dem Unglück gewusst, dass ein wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts fehlte. Durfte die Polizei dann einfach weitermachen ohne sich um Ersatz zu bemühen (Lautsprecherwagen oder mobile Anlagen müssten doch herbeizuschaffen sein...) Oder hätte sie die LoPa abbrechen oder auf einen Abbruch durch die zuständigen Behörden hinwirken müssen? Das letzte ist eine schwierige Frage, denn die Risiken eines Abbruchs zu einem Zeitpunkt, zu dem schon Hunderttausende in der Stadt waren, mussten ja mit abgewogen werden. In diese Richtung wird sicherlich weiter ermittelt. Aber nicht zu vergessen: Dass die ELA nicht vorhanden war, ist primär ein Versäumnis von Lopavent, dass dies nicht kontrolliert wurde, ein Versäumnis der Stadt Duisburg.

4. Die mangelnde Kommunikation (Funkgeräte/Mobiltelefone)
Eine ähnliche Frage - meines Erachtens aber etwas weniger unmittelbar mit der Katastrophe zusammenhängend -  wirft die mangelhafte Kommunikation der Sicherheitskräfte/Polizei untereinander auf. Die Funkgeräte funktionierten offenbar nicht richtig, das Handynetz war überlastet, weil man es möglicherweise versäumt hatte, sich entsprechenden Vorrang im Netz zu reservieren. Es wird auch hier schwer fallen, eine unmittelbare Ursache für die Katastrophe festzustellen, die strafrechtlich relevant wäre.

5. Die Sperren
Schon seit den ersten Kommentaren zur LoPa 2010 werden die polizeilichen Sperren als  unmittelbare Mitursachen der Katastrophe bewertet. Die Polizei hat sie wohl eingerichtet, um den "Pfropf" am Rampenkopf zu entlasten/aufzulösen. Aber dazu, so jedenfalls meine Auffassung, waren die Sperren, die dann eingerichtet wurden, erkennbar ungeeignet bzw. sie versagten ihre Funktion. Schließlich hat die Sperre auf der Rampe das Gedränge an einer wesentlich problematischeren Stelle (am unteren Ende der Rampe, eingekesselt zwischen den Tunnelausgängen und Betonwänden) erst verursacht. Das ist keine neue Erkenntnis. Aber ein Zusammenhang zwischen Schichtwechsel und unzureichenden Sperren könnte möglich sein, s.o.

Dem Spiegel ist zu danken, dass er das Thema Loveparade 2010, um das es etwas still geworden war in den letzten Wochen, noch einmal aktualisiert hat, wenn sich auch der Anteil wirklich neuer (strafrechtlich relevanter) Fakten in Grenzen hält.  Auch scheinen nach meinem Eindruck die Veranstalter im Spiegel-Artikel relativ gut weg zu kommen.

Die hiesige Diskussion (über 1000 Kommentare) ist geschlossen.

Zur aktuellen Diskussion hier im Blog (Juli 2011)

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade 2010 Doku

Link zur Seite von Lothar Evers:

DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Links zu den früheren Diskussionen hier im Beck-Blog:

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 23000 Abrufe)

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1097 Kommentare

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Frage an "ein Polizist"

Könnten Sie mir einen Hinweis geben, ob derartige Überlegungen von Seiten der Staatsanwaltschaft geplant sind? Ist es die bessere Möglichkeit, die Teilnehmer komplett aus allen Schuldvorwürfen herauszuhalten und die Schuldfrage der Opfer alleine in der Therapie abzuklären? Kann das gelingen, wenn das Geschehene nicht greifbar ist?

 

 

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

Frage an "ein Polizist"

Könnten Sie mir einen Hinweis geben, ob derartige Überlegungen von Seiten der Staatsanwaltschaft geplant sind? Ist es die bessere Möglichkeit, die Teilnehmer komplett aus allen Schuldvorwürfen herauszuhalten und die Schuldfrage der Opfer alleine in der Therapie abzuklären? Kann das gelingen, wenn das Geschehene nicht greifbar ist?

Ich weiss es nicht, aber ich gehe davon aus, dass solche Übelegungen gewiss nicht bei der Staatsanwaltschaft angestellt werden.

Ich nehme aber auch an, dass das Verhalten einiger, auf Videos erkennbar oder durch Zeugenaussagen beschrieben, auf eine strafrechtliche Relevanz übeprüft und im zutreffenden Fall auch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren (zunächst gegen unbekannt) eingeleitet worden ist.

Sollte in einem solchen Fall der 'Tatverdächtigte' nicht ermittelt werden können, wird das Verfahren eingestellt; das dürfte wohl bei den meisten Kletterern der Fall sein.

Ich bin kein Therapeut und schon gar kein Trauma-Therapeut, denke aber, dass die zugewiesene oder auch persönlich empfundene Schuld eine dermaßen individuelle Angelegenheit ist, dass ihre Idee dem Einzelnen vermtl. auch nicht helfen wird - es bleibt ja letztlich eine Global-Exculpierung ohne auf das individuelle Verhalten des Einzelnen tatsächlich einzugehen.

Ich denke, da wird dem Betroffenten nur die Hilfe eines guten Trauma-Therapeuten helfen, der mit dem Betroffenen ein individuelles, geeignetes Ritual finden muss. Darüber hinaus gibt es ja verschiedene, sehr erfolgreiche Verfahren, solche Traumata aufzulösen und therapeutisch zu 'heilen' (z.B. EMDR).

Es könnte durchaus sein, das dem einen oder anderen Betroffenen eine Selbstanzeige bei der StA helfen könnte, die dann entweder zu einer Einstellung des Verfahrens wegen mangelnder oder geringer Schuld führt, oder aber auch zu einer Hauptverhandlung vor dem Richter. Aber der Betroffene muss mit seinem Therapeuten erarbeiten, ob das ein geeigneter Weg ist, die seelische Not zu lindern.

 

 

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Quote:

[...] solche Traumata aufzulösen und therapeutisch zu 'heilen' (z.B. EMDR)

Ja, EMDR kann einen Verarbeitungsprozess in Gang bringen und dabei den emotionalen Druck verringern. Aber bei der Loveparade haben Sie die Einmaligkeit, dass alleine eine mögliche (wenngleich unwahrscheinliche) Schuld an so einer Katastrophe so schwer auf ihrer Seele lastet, dass alleine dieser Umstand meiner Meinung nach in die Depression führen kann. Das Traumata habe ich dabei gar nicht berücksichtigt.

Wenn Sie ein Kletterer wären, dann wäre es schon gut zu wissen, ob sie das nun endgültig (mit)ausgelöst haben, oder nicht. Ich sage es ungern, aber die Juristerei ist halt manchmal durch nichts zu ersetzen.

 

Quote:

Es könnte durchaus sein, das dem einen oder anderen Betroffenen eine Selbstanzeige bei der StA helfen könnte, die dann entweder zu einer Einstellung des Verfahrens wegen mangelnder oder geringer Schuld führt

Sie haben bei der Loveparade die einmalige Situation, dass sie dem Opfer NICHT zu einer Selbstanzeige raten können, denn die Polizisten würden mit den Achseln zucken und sagen: "Kommen Sie in zwei Jahren wieder, vielleicht wissen wir dann, wie es passiert ist". Absolute Einmaligkeit!!!

Deswegen denke ich, man muss sich dem anders nähern:

Ich bin als junger Mann einmal auf einen Baum geklettert - aus lauter Blödsinn. Angenommen ich wäre dabei abgestürzt und hätte die unter mir stehenden Personen schwer verletzt. Dann bekomme ich doch als Ersttäter maximal 2 Jahre auf Bewährung. Wenn ich sehr unter meiner "Tat" leide, dann gibt es keine Wiederholungsgefahr und die seelische Qual vermindert das doch auf eine Geldstrafe, zumal ich mich dabei selber verletzt habe, oder?

Selbst wenn ich also das Dümmste mache, was ich machen kann und den schlimmsten Schaden anrichte, dann kommen da meiner Meinung nach bei gröbster Fahrlässigkeit bestenfalls bei einem Studenteneinkommen eine Strafe von 1000 Euro. Sollte es zu einer Massenkarambolage auf der Autobahn kommen, weil die sowieso viel zu dicht gefahren sind, so bin ich dafür nicht verantwortlich zu machen. Und damit sind das 1000 Euro - mehr nicht. Das ist doch so richtig, oder?

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

Wenn Sie ein Kletterer wären, dann wäre es schon gut zu wissen, ob sie das nun endgültig (mit)ausgelöst haben, oder nicht. Ich sage es ungern, aber die Juristerei ist halt manchmal durch nichts zu ersetzen.

Ich verstehe einfach nicht, was da das strafrecht so unverzichtbar macht. Es ist nur eine Methode. Es gibt andere individuellere.

Nehmen Sie Sonderkommandos in den KZs. Für deren Kampf mit dem Überlebendensyndrom ist es doch völlig irrelevant, ob man deren handeln (müssen) diurch einen Strafprozeß aufarbeitet oder nicht.

Die Erfahrung begleitet und quält. JUra hin oder her...

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Lothar Evers schrieb:

Traumatherapie-LoPa schrieb:

Wenn Sie ein Kletterer wären, dann wäre es schon gut zu wissen, ob sie das nun endgültig (mit)ausgelöst haben, oder nicht. Ich sage es ungern, aber die Juristerei ist halt manchmal durch nichts zu ersetzen.

Ich verstehe einfach nicht, was da das strafrecht so unverzichtbar macht. Es ist nur eine Methode. Es gibt andere individuellere.

Nehmen Sie Sonderkommandos in den KZs. Für deren Kampf mit dem Überlebendensyndrom ist es doch völlig irrelevant, ob man deren handeln (müssen) diurch einen Strafprozeß aufarbeitet oder nicht.

Die Erfahrung begleitet und quält. JUra hin oder her...

Das kann ich ihnen gerne erklären, aber könnten wir einstweilen so verbleiben, dass ich selber ein Überlebender bin, selber eine erfolgreiche Traumatherapie absolviert habe und deswegen aus höchstpersönlicher und eigener Erfahrung spreche - wobei es richtig ist, dass die Schuldfrage sich so nicht bei jedem Stellen wird - bei einigen aber eben schon.

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

Das kann ich ihnen gerne erklären, aber könnten wir einstweilen so verbleiben, dass ich selber ein Überlebender bin, selber eine erfolgreiche Traumatherapie absolviert habe und deswegen aus höchstpersönlicher und eigener Erfahrung spreche - wobei es richtig ist, dass die Schuldfrage sich so nicht bei jedem Stellen wird - bei einigen aber eben schon.


So können weir verbleiben...

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Lothar Evers schrieb:

So können wir verbleiben...

Erst einmal vorweg:

Schuld-frage und Trauma sind nicht das gleiche. Ein Mensch kann ja an Darmkrebs erkranken und hierdurch kann ein Trauma entstehen. Die Schuldfrage stellt sich dabei beispielsweise gar nicht, denn den Krebs hat niemand verursacht. Der Krebs ist einfach eine schicksalhafte Gemeinheit. Das wäre dann ein Trauma, wo sich niemals eine Schuldfrage stellen wird. Man ist versucht ein Trauma immer auch mit Unfall und somit auch immer mit Unfallursache und Schuld in Verbindung zu bringen obwohl das NICHT zusammengehört.

Wohl aber kommt es aufgrund des Traumas typischer Weise zu Schuld-gefühlen.  Es gibt Momente, da ist es für einen Menschen erträglicher, Schuldgefühle zu bekommen, als das Wissen ertragen zu müssen, vollkommen ohnmächtig und wirkungslos gewesen zu sein. Das kann man sich schwer vorstellen - ist aber so! Man bekommt dann Schuldgefühle - fühlt sich so, als hätte man versagt, sein Leid irgendwie selber verursacht, fühlt sich einfach schuldig, nur weil man so ist, wie man ist. Hier hilft z.B. die EMDR-Therapie.

Vollkommen unabhängig davon stellt sich die Frage nach der Schuld am eigenen Leiden. Bei der Krebserkrankung stellt sich diese Frage zwar nicht, aber wenn sie mit ihrem Auto unachtsam gegen den Baum fahren, dann haben sie nun einmal ihr Leiden selber verursacht und sind selber dran schuld. Die Traumatherapie wird dann schwieriger, weil sich tatsächliche eigene Schuld mit Schuldgefühl mischt.

Weiterhin stellt sich die Frage nach der Schuld am Leiden anderer. Wenn sie mit ihrem Auto gegen den Baum fahren natürlich nicht, aber wenn dort statt dem Baum eine Kindergruppe steht, dann schon. Es würden sich in diesem Fall traumatisch bedingte Schuldgefühle mit der Schuld am eigenen Leiden und mit der Schuld am Leiden anderer mischen und die Therapie wird noch schwieriger.

Schuld am eigenen Leid und Schuld am Leid anderer können sie nicht wegtherapieren. Sie können den Umgang damit verbessern. Eine Schuld ist nun mal vorhanden, oder nicht. Schuld-gefühle können sie allerdings schon mit einer Traumatherapie behandeln. Das nur mal zum Verständnis. Eine Schuldfrage stellt sich jenseits der EMDR oder anderer traumatherapeutischer Methoden.

Sie haben natürlich vollkommen Recht, dass Schuld doch eigentlich individuell in der Therapie geklärt wird und dies jenseits aller formaljuristischen Fragen - es sei denn, das Opfer ist auf youtube mehrfach zum Tode verurteilt worden. Dieses Opfer erschrickt und erstarrt nun. Das Opfer will sich seine Schuld nun verständlicher Weise nicht mehr ansehen. Das ist fatal, denn so kann man die Schuldgefühle auch nicht bearbeiten. Damit das Opfer sich wieder traut, die Schuldfrage für sich abzuklären, muss das Opfer nun bereits VORHER wissen, dass die Schuld im Falle eines Schuldspruchs, denkbar gering ist. Dann erst kann es sich dieser Situation wieder stellen und überhaupt erst in Therapie gehen, um das dort abzuklären. Sie müssen also diesem Opfer VORHER begreiflich machen, dass seine Schuld sehr gering ist. Doch wie quantifizieren sie das, welche Maßstäbe legen sie dabei zugrunde und wie kommunizieren sie das zum Opfer. Das Opfer schaut weiterhin weg - weg von seiner Schuld. Sie können in dem Opfer noch nicht einmal die Idee bahnen, dass die Schuld doch wirklich gering sein KÖNNTE, weil es jedesmal in Panik verfällt, wenn sie das Thema auch nur ansprechen. Aber wenn das Opfer dort nicht hinsieht, dann muss es immer vor dieser vermeintlichen Schuld weglaufen - ein grausames Schicksal. Also es geht um das Hinsehen. Doch die Öffentlichkeit hat ein Tabu errichtet nach dem Motto: Eines ist doch klar, keiner darf die Schuldfrage der Besucher der LoPa klären. Den Luxus dieses Tabus können sich die Opfer aber leider nicht leisten. Sie haben also ein Henne-Ei-Problem.

Eine Idee wäre:     Geben sie das einem Juristen und lassen sie diesen die Schuldfrage im Namen des gesamten deuschen Volkes beurteilen. Wenn der Jurist herausbekommt, dass die zu erwartende Schuld auch im schlimmsten Fall sehr gering ist, kommunzieren sie das quantifizierte Ergebnis und jetzt traut sich das Opfer seine Schuld anzusehen. Jetzt verfällt es nicht mehr in Panik und kann diese Frage für sich klären und sich damit befreien.

Vermutlich sind sie ein psychisch gesunder Mensch und können nicht nachvollziehen, dass eine Erinnerung so von Schuldgefühlen überlastet ist, dass sie tatsächlich noch nicht einmal mehr hinsehen können. Das ist gut so und ich hoffe für sie, dass das so bleibt. Die Opfer aber sind krank, können nicht mehr normal denken.

Der Jurist hat einen Vorteil, er ist sachlich, während ein Opfer überhaupt keine Chance hat. Wenn diese Erinnerungsbilder in ihnen wieder aufsteigen, dann fangen sie das Zittern an und fangen an zu hyperventilieren. Wollen sie so eine Schuldfrage klären?

Natürlich zieht irgendwann die EMDR. Das könnte z.B. bereits dieses Jahr sein, oder nächstes Jahr, oder auch gar nicht sein. Und bis dahin?

Die Juristen sollen einfach zwischenzeitlich die Schuldfrage klären, das Opfer bekommt sein persönliches Schuldergebnis, dann begleicht es seine Schuld und alles ist gesühnt. (Übrigens: Typischer Weise ist die Schuld der Traumaopfer nicht so wirklich hoch). Sollten sie dann noch Schuldgefühle haben, dann greift irgendwann die EMDR. Das wäre dann schon mal eine gute Möglichkeit, um aus dem Schlamassel herauszukommen (Ich hab das jetzt mal etwas vereinfacht dargestellt).

Man kann Juristen an drei Stellen sehr gut gebrauchen:

Einmal um überhaupt das Opfer zum Hinsehen zu bewegen und das andere Mal, um auch die (sehr geringe) Schuld zu tilgen, damit nichts übrig bleibt, aus dem die Schuldgefühle Nahrung finden könnten. Und um dem Opfer zu erklären, wie es zu dem Unfall kommen konnte, damit das Opfer begreifen kann, was Geschehen ist.

Juristen sind hier in der Traumatherapie ungemein wirkungsvoll - natürlich nur, wenn das nicht als Bestrafung, sondern als Schuldtilgung erlebt wird. Leider ist es nun einmal so, dass Traumaopfer oft diejenigen sind, die am wenigsten Schuld tragen und doch am meisten ihre Schuld tilgen wollen. Und man muss ihnen das ermöglichen - auch wenn das ein gesunder Mensch nicht verstehen mag. Würde das Opfer seine vermeintliche Schuld selber beziffern, so würde es vermutlich den zehnfachen Betrag als Strafe wählen - das sind eben krankheitsbedingte Schuldgefühle. Gut, dass sich ein Traumaopfer nicht selber anklagen darf. An dieser Stelle der Therapie kommen übrigens auch Geistliche ins Spiel, je nach Wunsch.

Wenn sie wüßten, wie unglaublich streng und hart die Opfer mit sich sind. Sie können da keine Schuld mehr suchen, die sich die Opfer nicht sowieso schon längst zugewiesen haben. Nach sehr schrecklichen Erlebnissen läuft das "Schuld-System" Amok und das Individuum beschuldigt sich ständig selber. Jede strafrechtliche Klärung kann den Opfern nur noch helfen - immer unter der Voraussetzung - Schuldtilgung.

Ich finde es logisch, dass die Klärung der Schuldfrage der Opfer zur Klärung der Juristen beiträgt und umgekehrt, wobei die Juristen meiner Meinung nach eine Bringschuld haben, weil die Klärung der persönlichen Schuld bei Traumaopfern nun einmal komplizierter ist. Und deswegen erst juristische und dann persönliche Aufarbeitung der Schuldfrage.

Vermutlich hatten sie den Eindruck, dass ich die Klärung der individuellen Schuldfrage durch einen Juristen ersetzen will. Das war aber nicht die Absicht. Der Jurist soll der Eisbrecher oder durch Strafzuteilung der Beichtvater sein, jedoch nichts ersetzen.

Zusammenfassend gibt es also ein ganz prinzipielles Problem, nämlich dass kranke Gehirne anders denken, als gesunde Gehirne. Die Missverständnisse resultieren oft daraus. Und deswegen erkennen die Juristen übrigens auch nicht, wie nötig sie hier gebraucht werden. Das Opfer klagt sich stärker an, als der Täter und das Opfer braucht den Juristen, damit ihm der Jurist sagt, dass diese Schuld nie bestand oder nur ein zehntel beträgt. Ich will damit nicht sagen, dass der Therapeut derweil Däumchen drehen soll - natürlich kann man die Schuldgefühle verringern. Aber für die Frage der Beurteilung der Schuld benötigen die Loveparade-Opfer die Hilfe der Juristen. So pervers das auch klingen mag.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

Zusammenfassend gibt es also ein ganz prinzipielles Problem, nämlich dass kranke Gehirne anders denken, als gesunde Gehirne. Die Missverständnisse resultieren oft daraus. Und deswegen erkennen die Juristen übrigens auch nicht, wie nötig sie hier gebraucht werden. Das Opfer klagt sich stärker an, als der Täter und das Opfer braucht den Juristen, damit ihm der Jurist sagt, dass diese Schuld nie bestand oder nur ein zehntel beträgt. Ich will damit nicht sagen, dass der Therapeut derweil Däumchen drehen soll - natürlich kann man die Schuldgefühle verringern. Aber für die Frage der Beurteilung der Schuld benötigen die Loveparade-Opfer die Hilfe der Juristen. So pervers das auch klingen mag.


Merci, verstanden!
Meine Skepsis in bezug auf die juristischen Institutionen bleibt. Aber vielleicht leisse sich dies in ritualisierter Form in dei Selbsthilfe der Verletzten und Traumatisierten integrieren und Juristen könnten mitwirken. Vielleicht in ähnlicher Form wie seinerzeit die Russel Tribunale oder die Wahrheits und Versöhnungskommissionen in Südafrika.

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Lothar Evers schrieb:

Merci, verstanden!
Meine Skepsis in bezug auf die juristischen Institutionen bleibt.

Die Skepsis ist meiner Meinung nach mehr als berechtigt - vielleicht sage ich es einfach mal so:

Der Einfluss des Vernehmungsbeamten und des Opferrechtsanwaltes ist meist ein negativer, könnte  jedoch ein positiver sein und beträgt in der betreffenden Zeit ungefähr ein Drittel des Einfluss des Therapeuten. Immer jedoch ist der Einfluss sehr viel größer, wie die Juristen meinen.

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@Ein Polizist (#34)

Natürlich ist dieses Ereignis nicht monokausal und es kommt auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Seiten einzelner Besucher in Betracht. Aber wenn Sie meinen, auf den Videos sei erkennbar, dass Wellenbewegungen von herabstürzenden/kletternden Personen ausgelöst wurden, so dass sie im unmittelbaren Ursachenzusammenhang mit den Todesfällen zu sehen seien, dann müssten Sie fairerweise auch berücksichtigen, dass - tatsächlich auch mitten im größten Gedränge ca. 16:50 Uhr und kurz vor den tödlichen Ereignissen - ein Polizeitransporter auf die Rampe fuhr und dort als festes Hindernis  - jedenfalls nach Meinung vieler Beobacher - ebenfalls erhebliche Wellenbewegungen auslöste. Was die Polizei dort vorhatte, ist bislang unbekannt - wissen Sie mehr?

Ich halte dies bislang  für relativ spekulativ und halte mich an die primäre Verantwortung derjenigen, die dieses Chaos geplant haben und nicht die zugesagte Vorsorge getroffen haben. Die Wellenbewegungen sind im Übrigen nach meinen Recherchen ganz typisch in solchen Massenturbuilenzen und waren bislang bei fast jedem solcher Ereignisse kurz vor den tödlichen Quetschungen beobachtbar, auch in der Turbulenz, in der ich mich selbst einmal befand, die glücklichderweise glimpflich ausging (nur dass ich jetzt nie mehr zu solchen Events gehe). Die Wellen benötigen keinen konkreten äußerlich erkennbaren "Anlass", um zu entstehen, es genügt eine bestimmte Personendichte.

@Olli (#39):

Nein, es ist schon so, wie es der "Polizist" sagt und wie es auch  im Gesetz (OBG NRW) steht: Ordnungsbehörde ist die Stadt Duisburg selbst. Die Stadt handelt durch ihre verschiedenen Behörden, u.a. das Bauamt oder das Ordnungsamt. Zur Gefahrenabwehr ist die Ordnungsbehörde primär zuständig, die Polizei sekundär.

Ich werde demnächst an dieser Stelle noch mal ausführen, was ich zum Zuständigkeitsstreit am Veranstaltungstag denke.

Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist (#34)

Natürlich ist dieses Ereignis nicht monokausal und es kommt auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Seiten einzelner Besucher in Betracht. Aber wenn Sie meinen, auf den Videos sei erkennbar, dass Wellenbewegungen von herabstürzenden/kletternden Personen ausgelöst wurden, so dass sie im unmittelbaren Ursachenzusammenhang mit den Todesfällen zu sehen seien, dann müssten Sie fairerweise auch berücksichtigen, dass - tatsächlich auch mitten im größten Gedränge ca. 16:50 Uhr und kurz vor den tödlichen Ereignissen - ein Polizeitransporter auf die Rampe fuhr und dort als festes Hindernis  - jedenfalls nach Meinung vieler Beobacher - ebenfalls erhebliche Wellenbewegungen auslöste. Was die Polizei dort vorhatte, ist bislang unbekannt - wissen Sie mehr?

Meines Wissens nach wurden mit dem Polizei-Bully Sanitäter auf die Rampe gebracht, da zu dem Zeitpunkt erste Verletzte bekannt wurden und die Malteser-Sanis, die zu Fuß unterwegs waren, nicht mehr durch die Menge kamen. Daher wurden sie mit einem Polizei-Buli unter Blaulicht und Martinshorn auf die Rampe gefahren.

 

Henning Ernst Müller schrieb:
Ich halte dies bislang  für relativ spekulativ und halte mich an die primäre Verantwortung derjenigen, die dieses Chaos geplant haben und nicht die zugesagte Vorsorge getroffen haben. Die Wellenbewegungen sind im Übrigen nach meinen Recherchen ganz typisch in solchen Massenturbuilenzen und waren bislang bei fast jedem solcher Ereignisse kurz vor den tödlichen Quetschungen beobachtbar, auch in der Turbulenz, in der ich mich selbst einmal befand, die glücklichderweise glimpflich ausging (nur dass ich jetzt nie mehr zu solchen Events gehe). Die Wellen benötigen keinen konkreten äußerlich erkennbaren "Anlass", um zu entstehen, es genügt eine bestimmte Personendichte.

Das mag so sein, schließt aber nicht aus, dass mindestens eine dieser Wellen durch einen herabstürzenden Kletterer ausgelöst wurde.

Über die primär Verantwortlichen brauchen wir wohl nicht mehr zu diskutieren. Das Fass hatten andere randvoll gefüllt und es fehlten zur Katastrophe nur noch ein, zwei Tropfen.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Olli (#39):

Nein, es ist schon so, wie es der "Polizist" sagt und wie es auch  im Gesetz (OBG NRW) steht: Ordnungsbehörde ist die Stadt Duisburg selbst. Die Stadt handelt durch ihre verschiedenen Behörden, u.a. das Bauamt oder das Ordnungsamt. Zur Gefahrenabwehr ist die Ordnungsbehörde primär zuständig, die Polizei sekundär.

Ich werde demnächst an dieser Stelle noch mal ausführen, was ich zum Zuständigkeitsstreit am Veranstaltungstag denke.

Zu dieser Frage erlaube ich mir nochmals den Hinweis auf das Gutachten von DOLDE MAYEN & Partner:

http://www.im.nrw.de/hom/doks/100901gutachten_sfe.pdf

http://www.im.nrw.de/hom/doks/100901anlage_1.pdf

http://www.im.nrw.de/hom/doks/100901anlage_2.pdf

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Ein Polizist schrieb:

Das mag so sein, schließt aber nicht aus, dass mindestens eine dieser Wellen durch einen herabstürzenden Kletterer ausgelöst wurde.

Über die primär Verantwortlichen brauchen wir wohl nicht mehr zu diskutieren. Das Fass hatten andere randvoll gefüllt und es fehlten zur Katastrophe nur noch ein, zwei Tropfen.

Damit sagen Sie mit anderen Worten, dass die Besucher dieser Veranstaltung die Toten und Verletzten verursacht haben.

Andere füllten das Fass. Bis dahin war das Fass zwar voll, mehr aber auch nicht. Erst die Besucher selbst - so ist Ihrer Darstellung zu entnehmen - brachten es dann zum Überlaufen.

 

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Die Leserin schrieb:

Ein Polizist schrieb:

Das mag so sein, schließt aber nicht aus, dass mindestens eine dieser Wellen durch einen herabstürzenden Kletterer ausgelöst wurde.

Über die primär Verantwortlichen brauchen wir wohl nicht mehr zu diskutieren. Das Fass hatten andere randvoll gefüllt und es fehlten zur Katastrophe nur noch ein, zwei Tropfen.

Damit sagen Sie mit anderen Worten, dass die Besucher dieser Veranstaltung die Toten und Verletzten verursacht haben.

Andere füllten das Fass. Bis dahin war das Fass zwar voll, mehr aber auch nicht. Erst die Besucher selbst - so ist Ihrer Darstellung zu entnehmen - brachten es dann zum Überlaufen.

 

 

Um mich mal in Ihrer Diktion auszudrücken: Sie stellen fest, dass es ohne (drängelnde, drückende) Raver keine Toten gegeben hätte.

 

Sie müssen mir nicht immer die kruden Gedankengänge unterstellen, die sich in IHREM Hirn abspielen und nicht in meinem.

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Ein Polizist schrieb:

Sie müssen mir nicht immer die kruden Gedankengänge unterstellen, die sich in IHREM Hirn abspielen und nicht in meinem.

 

Tss, tss.

Versuchen Sie es doch einfach mit Argumenten.

 

 

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Die Leserin schrieb:

Damit sagen Sie mit anderen Worten, dass die Besucher dieser Veranstaltung die Toten und Verletzten verursacht haben.

Andere füllten das Fass. Bis dahin war das Fass zwar voll, mehr aber auch nicht. Erst die Besucher selbst - so ist Ihrer Darstellung zu entnehmen - brachten es dann zum Überlaufen.

Hallo "Die Leserin",

es gibt einen speziellen Grund, warum ich "ein Polizist" immer wieder um rechtliche Details bitte, mit denen sich dann aber "ein Polizist" regelmäßig den Unmut des Blogs zuzieht. Ich benötige aber diese Details aus aktuellem Anlaß dringend, weil die Juristerei leider durch nichts zu ersetzen ist. Ich bitte mir insoweit zu vertrauen, ich spreche da aus Erfahrung. Gerne erkläre ich ihnen hinterher, warum das so wichtig für mich ist.

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Traumatherapie-LoPa schrieb:

Die Leserin schrieb:

Damit sagen Sie mit anderen Worten, dass die Besucher dieser Veranstaltung die Toten und Verletzten verursacht haben.

Andere füllten das Fass. Bis dahin war das Fass zwar voll, mehr aber auch nicht. Erst die Besucher selbst - so ist Ihrer Darstellung zu entnehmen - brachten es dann zum Überlaufen.

Hallo "Die Leserin",

es gibt einen speziellen Grund, warum ich "ein Polizist" immer wieder um rechtliche Details bitte, mit denen sich dann aber "ein Polizist" regelmäßig den Unmut des Blogs zuzieht. Ich benötige aber diese Details aus aktuellem Anlaß dringend, weil die Juristerei leider durch nichts zu ersetzen ist. Ich bitte mir insoweit zu vertrauen, ich spreche da aus Erfahrung. Gerne erkläre ich ihnen hinterher, warum das so wichtig für mich ist.

 

Danke für Ihr Vertrauen, aber die im Zweifel fundierteren Auskünfte aus dem Reich der Jurisprudenz wird wohl unser Gastgeber hier erteilen können. Ich habe in dem Bereich lediglich ein Fachhochschul-Diplom der FHS für öffentliche Verwaltung.

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Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist (#34)

Natürlich ist dieses Ereignis nicht monokausal und es kommt auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Seiten einzelner Besucher in Betracht. Aber wenn Sie meinen, auf den Videos sei erkennbar, dass Wellenbewegungen von herabstürzenden/kletternden Personen ausgelöst wurden, so dass sie im unmittelbaren Ursachenzusammenhang mit den Todesfällen zu sehen seien, dann müssten Sie fairerweise auch berücksichtigen, dass - tatsächlich auch mitten im größten Gedränge ca. 16:50 Uhr und kurz vor den tödlichen Ereignissen - ein Polizeitransporter auf die Rampe fuhr und dort als festes Hindernis  - jedenfalls nach Meinung vieler Beobacher - ebenfalls erhebliche Wellenbewegungen auslöste. Was die Polizei dort vorhatte, ist bislang unbekannt - wissen Sie mehr?

 

Ergänzung:

 

In diesem Video können Sie bei 2:22 sehen, dass der Buli Sanitäter transporttiert hat.

http://www.youtube.com/watch?v=dP-5VOCU30U

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@Ein Polizist @Die Leserin (#53 #60):

Wiederholung meiner Bitte um Sachlichkeit. Ich schätze wirklich die Diskussionsbeiträge von Ihnen beiden und fände es schade, wenn diese durch persönliche Angriffe entwertet würden. Danke.

#52, #58: In Ihrer Diskussion zu dem noch nicht veröffentlichten Polizeibericht argumentiert die Leserin auf der empirischen Seinsebene (es wird an die Öffentlichkeit kommen, nachdem es erstmal im Parlament ist, und  es wird auch nicht wirklich geheimhaltungswürdiges darin sein) während der Polizist auf der Sollensebene argumentiert (nur für den Dienstgebruauch, Parlament heißt nicht öffentlich). Beide Argumente können stimmen, sie widersprechen sich gar nicht. Im Übrigen denke ich auch, dass der Bericht bald bekannt werden wird, unabhängig von der Rechtsfrage.

Zur Kausalitätsfrage: Die ganze Wirklichkeit setzt sich aus kumulativen Kausalitäten zusammen, nie ist es nur ein Faktor, sondern mehrere, die ein Ereignis notwendig aber nicht hinreichend bedingen (Beispiel: abgefahrene Reifen, nasse Straße, unaufmerksamer Fußgänger, Unfall). Es ist müßig zu sagen, nur der eine Faktor sei "schuld", die andern nicht, denn das könnte dann von jeder der notw. Bedingungen  behauptet werden. Im Strafrecht werden alle Kausalfaktoren erst einmal gleich bewertet (Äquivalenztheorie), die entscheidenden "Filter" für die Strafbarkeit liegen an anderen Stellen.

@Ein Polizist (#55):

Dass im Transporter Sanitäter saßen, ist bekannt. Wo man sie auf wessen Veranlassung hinbringen wollte, dagegen nicht. Wissen Sie noch mehr?

 

@Traumatherapie LoPa:

Es ist anerkennenswert, dass Sie der Strafjustiz so eine große Bedeutung beimessen für den Therapieerfolg einzelner Personen, indes bin ich skeptisch ob dies wirklich gelingt und außerdem denke ich, damit wäre die Justiz auch überfordert. Ich würde die (auch nicht immer einlösbaren) Meriten der Strafjustiz  eher auf einer globaleren Ebene sehen: Ein solches Ereignis wie die LoPa-Katastrophe sollte bestmöglich aufgeklärt und die Verantwortlichen bestraft werden, aus Genugtuungsgründen einerseits und aus Präventionsgründen andererseits. Wenn Sie meinen, bei einem Polizisten, der aus Notwehr bzw. aus vermeintlicher Notwehr jemanden getötet hat, würden "immer" Anklage und Hauptverhandlung stattfinden (#31), dann irren Sie, was sich am Fall Tennessee Eisenberg zeigt, der in diesem Blog eine ausführliche Debatte ausgelöst hat: Die Staatsanwaltschaft hat die Verfahren eingestellt, eine Hauptverhandlung zur Aufklärung wird nicht stattfinden. Über ein Trauma der Polizisten ist mir nichts bekannt (ich habe u.a. ähnlich argumentiert wie Sie, dass nämlich eine gerichtliche Aufklärung auch den Beamten helfen würde). zum Einstieg hier

 

[quote=Henning Ernst Müller]

@Ein Polizist @Die Leserin (#53 #60):

Wiederholung meiner Bitte um Sachlichkeit. Ich schätze wirklich die Diskussionsbeiträge von Ihnen beiden und fände es schade, wenn diese durch persönliche Angriffe entwertet würden. Danke.

 

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Henning Ernst Müller schrieb:

#52, #58: In Ihrer Diskussion zu dem noch nicht veröffentlichten Polizeibericht argumentiert die Leserin auf der empirischen Seinsebene (es wird an die Öffentlichkeit kommen, nachdem es erstmal im Parlament ist, und  es wird auch nicht wirklich geheimhaltungswürdiges darin sein) während der Polizist auf der Sollensebene argumentiert (nur für den Dienstgebruauch, Parlament heißt nicht öffentlich). Beide Argumente können stimmen, sie widersprechen sich gar nicht. Im Übrigen denke ich auch, dass der Bericht bald bekannt werden wird, unabhängig von der Rechtsfrage.

Ich bin bislang davon ausgegangen, dass dem Parlament der gesamte Nachbereitungsvorgang übergeben wurde. Es scheint sich aber nur um den auch mir vorliegenden "Vorläufigen Abschlußbericht" der Essener Polizei zu handeln, der NICHT als Verschlusssache klassifiziert worden ist; mithin darf also angenommen werden, dass auch die Essener Polizei davon ausgegangen ist, dass sich dieses Papier nicht auf der "Sollensebene" halten läßt.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist (#55):

Dass im Transporter Sanitäter saßen, ist bekannt. Wo man sie auf wessen Veranlassung hinbringen wollte, dagegen nicht. Wissen Sie noch mehr?

geben Sie mir eine Woche Zeit... ;-)

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Henning Ernst Müller schrieb:

Es ist anerkennenswert, dass Sie der Strafjustiz so eine große Bedeutung beimessen für den Therapieerfolg einzelner Personen, indes bin ich skeptisch ob dies wirklich gelingt und außerdem denke ich, damit wäre die Justiz auch überfordert.

Dieses Argument von Seiten der Strafjustiz ist mir aus den Missbrauchsfällen wohl bekannt. Obwohl die Vernehmungsbeamten erkennen müssten, dass sie traumaverstärkend und retraumatisierend auf die Opfer einwirken, behaupten die Beamten nicht für den Therapieerfolg verantwortlich zu sein oder auch nur das Wort Psychologie jemals gehört zu haben. Wegen der Erkenntnisresistenz auf Seite der Beamten raten Fachbücher deswegen davon ab, sich dieser Prozedur auszusetzen - der angerichtete Schaden der uneinsichtigen Beamten ist einfach zu groß.

Ein traumatisierter Patient, der auf sich Schuld geladen hat und um Absolution bittet, beichtet das meist seinem Therapeuten, an zweiter Stelle erfolgt eine Selbstanzeige und weit abgeschlagen folgt erst der Geistliche. Deswegen hat die Strafjusitz insgesamt eine größere Verantwortung, wie der Geistliche. So ist das nun einmal.

Wenn die Strafjustiz ihrer Verantwortung nicht folgt, dann ist das problematisch, gleichwohl ist sie damit überfordert. Da stimme ich überein. Ich glaube der Unterschied zwischen unseren Sichtweisen liegt in der Bedeutung der Strafjustiz - was vielleicht damit zusammenhängt, dass ich ein Trauma durchlebt habe und sie (hoffentlich) nicht.

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Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

bitte zeigen Sie im Einzelnen auf, wo ich den Pfad der Sachlichkeit verlassen habe, wenn Sie mich diesbezüglich auf eine Besserung hinweisen möchten.

Es liegt mir vollständig fern, mich in unsachlicher Form zu äußern.

Bitte werden Sie diesbezüglich konkreter. Gerne räume ich gegebenenfalls eingetretene Missverständnisse aus.

Mit freundlichen Grüßen

Die Leserin

 

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Ein Polizist schrieb:

In diesem Video können Sie bei 2:22 sehen, dass der Buli Sanitäter transporttiert hat.

http://www.youtube.com/watch?v=dP-5VOCU30U

Ich habe mir den Film genau angesehen, sogar Teil 1 und 2. Der Polizeiwagen taucht in dem von Ihnen verlinkten Teil 3 auf, fährt langsam von rechts nach links durch das Bild. Nicht mehr und nicht weniger. Da sind keine Sanitäter zu sehen.

 

  

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Die Leserin schrieb:

Ein Polizist schrieb:

In diesem Video können Sie bei 2:22 sehen, dass der Buli Sanitäter transporttiert hat.

http://www.youtube.com/watch?v=dP-5VOCU30U

Ich habe mir den Film genau angesehen, sogar Teil 1 und 2. Der Polizeiwagen taucht in dem von Ihnen verlinkten Teil 3 auf, fährt langsam von rechts nach links durch das Bild. Nicht mehr und nicht weniger. Da sind keine Sanitäter zu sehen.

Man erkennt die Sanitäter im Bully bei 2:26 an Ihren roten Jacken und weissen Helmen. So bekleidet sieht man sie in anderen Dokumenten auch später bei der Arbeit.

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 @ Prof. Dr. Henning Ernst Müller

Vielen Dank für Ihre treffende Zusammenfassung der verschiedenen Betrachtungsweisen für den "Tathergang" in Beitrag #21. In der Ausbildung von Veranstaltungstechnikern und den Weiterbildungen zum Meister für Veranstaltungstechnik werden solche Zusammenhänge erläutert. Es ist Grundlage der Ausbildung, dass solche Katastrophen immer und nur dann vorkommen, wenn wesentliche elementare Regeln nicht beachtet werden (Rettungswege, Anzahl der Personen,..). Hier herrschen physikalische Gesetzmäßigkeiten, die mentale Verfassung der Besucher kann Effekte verstärken, die Ursachen sind physikalischer Art. Dies ist auch die Grundlage, warum Entfluchtungen mit Softwaremodellen gerechnet werden können. Im Prinzip wird die Menschenmenge wie eine hydraulische Flüssigkeit gerechnet - wenn dies seriös geschieht, sind die Ergebnisse ausagekräftig.

Die Reduktion der Ursache auf psychologische Ursachen bzw. das individuelle Fehlverhalten ist sachlich und fachlich falsch. Ein Diplompsychologe hat nicht die Qualifikation als Verantwortlicher für Veranstaltungstechnik nach LBauO, VStättVO oder SBauVO. Das fehlende Fachwissen des Crowd Managers ist für den "Tathergang" nicht unwesentlich. Auch "Ein Polizist" bestätigt, dass bis zum Eintreten von Verletzungen für Polizisten eine gegenwärtige Gefahr nicht erkennbar ist.

Eine Durchführung von Veranstaltungen birgt immer Risiken. Diese sind nicht beherrschbar, wenn Entscheidungsträger nicht mit den Grundlagen vertraut sind. Jedes Verkehrsflugzeug mit maximal wenigen Hundert Passagieren wird von gut ausgebildetem und trainiertem Sicherheitspersonal betreut. Die Sicherheit der Passagiere ist die vorrangige Aufgabe der Cabin Crew, nicht die Ausgabe von Speisen und Getränken! Eine Veranstaltung mit Hunderttausenden wird dagegen mit Ordnungsbehörden und Polizei durchgeführt, deren Ausbildungsstand jeder Beschreibung spottet.

Es ist Grundlage jeder seriösen Veranstaltungsplanung, dass Rettungskräfte einen schnellen Zugang zu allen Bereichen haben müssen. Dieser darf logischerweise nicht durch gefüllte Publikumsbereiche führen. Bei diversen Bauplanungen habe ich erlebt, dass die Abteilungen des vorbeugenden Brandschutzes der Berufsfeuerwehr gerne die Zustimmung geben, die Rettungswege zu minimieren und dabei völlig außer Acht lassen, dass sie selber während einer Evakuierung gegen den Besucherstrom in das Gebäude hinein müssen. Darauf hingewiesen wird dan teilweise sogar geantwortet, dass die Anfahrtszeiten so lang sind, dass bereits alle evakuiert worden sind oder ein Innenangriff sowieso nicht mehr vorgesehen ist. Das sinnlose und kontraproduktive Hineinfahren des Polizeifahrzeugs mit Sanitätern in die Menschenmenge zeigt, wohin solcher Dilettantismus führt. Bei einer solchen Maßnahme bringen sich die Rettungskräfte sogar selber in Gefahr. 

@Ein Polizist

Diskutieren Sie doch bitte polizeiintern mal folgendes Szenario: Die Beamten werden beim Versuch, die Polizeikette zu halten, weggedrückt und durch den Druck regelrecht untergepflügt. Wie bei den Besuchern an der Treppe werden Beamte lebensgefährlich verletzt. Wegen des Fehlens von Rettungswegen kommen die Personen, die gerade auf den Beamten liegen oder stehen, nicht weg und es kommen auch keine Sanitäter zu den lebensgefährlich verletzten Polizisten durch. Wie bei den lebensgefährlich verletzten Loveparade-Besuchern dauert ein Durchkommen der Sanitäter so lange, dass jede Wiederbelebungsmaßnahme zu spät kommt. Wie viele Veranstaltungen dieser Art und wie viele Tote braucht die Polizei, um hier keine abstrakte, sondern eine gegenwärtige Gefahr zu erkennen? Wollen Sie selber eine Einsatzbefehl an Ihnen unterstellte Kollegen verantworten, wenn Sie wissen, dass diese Kollegen bei diesem Szenario keine Chance auf Rettung haben?

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

@Ein Polizist

Diskutieren Sie doch bitte polizeiintern mal folgendes Szenario: Die Beamten werden beim Versuch, die Polizeikette zu halten, weggedrückt und durch den Druck regelrecht untergepflügt. Wie bei den Besuchern an der Treppe werden Beamte lebensgefährlich verletzt. Wegen des Fehlens von Rettungswegen kommen die Personen, die gerade auf den Beamten liegen oder stehen, nicht weg und es kommen auch keine Sanitäter zu den lebensgefährlich verletzten Polizisten durch. Wie bei den lebensgefährlich verletzten Loveparade-Besuchern dauert ein Durchkommen der Sanitäter so lange, dass jede Wiederbelebungsmaßnahme zu spät kommt. Wie viele Veranstaltungen dieser Art und wie viele Tote braucht die Polizei, um hier keine abstrakte, sondern eine gegenwärtige Gefahr zu erkennen? Wollen Sie selber eine Einsatzbefehl an Ihnen unterstellte Kollegen verantworten, wenn Sie wissen, dass diese Kollegen bei diesem Szenario keine Chance auf Rettung haben?

 

Ich kann Ihnen verraten, dass das im Zusammenhang mit der LoPa aufgrund eines sehr ähnlichen, realen Vorkommens intern heftig diskutiert wurde und wird. Der betroffene Kollege konnte nur unter massiver Zwangsanwendung seiner Mitstreiter gegen den trampelnden 'Mob' vor noch Schlimmeren bewahrt werden.

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Ein Polizist schrieb:

Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

@Ein Polizist

Diskutieren Sie doch bitte polizeiintern mal folgendes Szenario: Die Beamten werden beim Versuch, die Polizeikette zu halten, weggedrückt und durch den Druck regelrecht untergepflügt. Wie bei den Besuchern an der Treppe werden Beamte lebensgefährlich verletzt. Wegen des Fehlens von Rettungswegen kommen die Personen, die gerade auf den Beamten liegen oder stehen, nicht weg und es kommen auch keine Sanitäter zu den lebensgefährlich verletzten Polizisten durch. Wie bei den lebensgefährlich verletzten Loveparade-Besuchern dauert ein Durchkommen der Sanitäter so lange, dass jede Wiederbelebungsmaßnahme zu spät kommt. Wie viele Veranstaltungen dieser Art und wie viele Tote braucht die Polizei, um hier keine abstrakte, sondern eine gegenwärtige Gefahr zu erkennen? Wollen Sie selber eine Einsatzbefehl an Ihnen unterstellte Kollegen verantworten, wenn Sie wissen, dass diese Kollegen bei diesem Szenario keine Chance auf Rettung haben?

 

Ich kann Ihnen verraten, dass das im Zusammenhang mit der LoPa aufgrund eines sehr ähnlichen, realen Vorkommens intern heftig diskutiert wurde und wird. Der betroffene Kollege konnte nur unter massiver Zwangsanwendung seiner Mitstreiter gegen den trampelnden 'Mob' vor noch Schlimmeren bewahrt werden.

 

Ergänzend kann ich Ihnen sagen, dass gegen 16:00 h im Kreuzungsbereich Düsseldorfer-/
Karl-Lehr-Str.
, also zeitlich und örtlich weit entfernt von der Katastrophe an der Treppe der Rampe,  ein Absperrzaun von 50 bis 60 Personen niedergetrampelt und dabei ein Polizist unter einem Zaunelement begraben wurde, das nun von einer Vielzahl von Personen niedergetrampelt  wurde. Das konnte nur durch massiven Zwangsmitteleinsatz unterbunden werden.

Dieser Mob befand sich NICHT in einer exculpierenden Notlage, sondern wollte nicht vor den Vereinzelungsanlagen warten und sich einen ungehinderten Zugang verschaffen.

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Der Bericht der Landesregierung zum aktuellen Sachstand der strafrechtlichen Ermittlungen und Erkenntnisse zur Katastrophe bei der Loveparade

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV15-643.pdf

ist mir hier jetzt etwas untergegangen, denn er enthält durchaus einige Informationen, die auch unsere bisherige Diskussion in den Threads zur Loveparade im Beck-Blog betreffen.

 

Teil 1: Zum Einleitungsvermerk der Staatsanwaltschaft

 

Dazu schreibt Kutschaty in dem Bericht:

„Dieser Einleitungsvermerk ist Bestandteil der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten. Er liegt bislang - wie bereits in der Plenarsitzung klargestellt wurde - weder dem Ministerium für Inneres und Kommunales noch dem Justizministerium vor. Allerdings biete ich an, den Einleitungsvermerk im so genannten Obleuteverfahren den Rechtspolitischen Sprecherinnen und den Rechtspolitischen Sprechern der im Landtag vertretenen Fraktionen vertraulich zur Verfügung zu stellen.“

  

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Teil 2: Zeugenbefragungen im Rahmen der Ermittlung

 

Zur Ermittlung berichtet Kutschaty u.a.:

„Ein Beschuldigter sei auf eigenen Wunsch an insgesamt fünf Tagen in der Zeit vom 28. März bis zum 13. April 2011 durch eine Dezernentin der Staatsanwaltschaft und Polizeibeamte der Ermittlungsgruppe Loveparade vernommen worden. Die übrigen 15 Beschuldigten hätten sich bislang weder zur Sache eingelassen noch eine Schutzschrift durch ihre Verteidiger zur Akte gereicht.“

 

15 der 16 Beschuldigten berufen sich also offenbar auf ihr Recht zu schweigen und ziehen das bislang vollständig durch. Ein einziger äußerte sich demnach umso ausführlicher.

 

Hierzu hatte es übrigens für die Sitzung des Landtags am 2. Februar eine mündliche Anfrage des Abgeordneten Horst Engel gegeben:

„Die Beantwortung der Kleinen Anfrage (LT-DS 15/1146), worin das Justizministerium darstellt, dass wichtige Beteiligte sechs Monate nach der Tragödie bei der Loveparade noch nicht vernommen wurden, wirft Fragen auf, insbesondere inwieweit aufgrund der bisherigen Nichtvernehmung der vorgenannten Personen von ihnen geäußerten Vorwürfen gegen andere Verantwortliche bislang nicht entsprechend nachgegangen werden konnte.

Was sind die Gründe dafür, dass wesentliche Beteiligte bei der Loveparade wie Veranstalter Rainer Schaller, der Ordnungsdezernent Wolf-gang Rabe, der Crowd-Manager Carsten Walter, etc. bislang nicht von der Staatsanwaltschaft vernommen wurden?“

 

Der Justizminister antwortete:

„[…] zu den Gründen, aus denen bestimmte Personen bislang nicht vernommen worden sind, kann ich Ihnen auch hier und heute keine Angaben machen. Einer Auskunft über die Gründe stehen die Persönlichkeitsrechte der genannten Personen und der Umstand entgegen, dass hierdurch in nicht vertretbarer Weise ermittlungstaktische Erwägungen offengelegt werden müssten. […]“

 

Zu der Vorgehensweise habe ich eine Frage an Herrn Prof. Müller:

Wenn sich jemand auf sein Recht zu schweigen beruft, bedeutet das dann, dass überhaupt keine Befragung stattfindet?

Vor einer Anklage stehen ja Zeugenbefragungen. Und zunächst einmal stand ja noch nicht fest, wer im Endeffekt unter einen Anfangsverdacht gestellt wird. Kann man sich das also so vorstellen, dass die betreffenden Personen von vornherein jedwede Befragung ablehnen können? Ich hatte mir das bislang so vorgestellt, dass zwar eine Befragung stattfindet, jedoch die Antworten mit dem Hinweis auf das Recht zu schweigen, verweigert werden.

 

„Bislang seien“, fährt Kutschaty in seinem aktuellen Bericht fort, „3027 Zeugen vernommen worden.“

In einem Artikel auf RP Online wird der Minister aus seiner Rede im Rechtsausschuss des Landtags etwas ausführlicher zitiert:“ Bislang seien 3027 Zeugen gehört worden, davon 1614 Besucher, 659 Bedienstete von Polizei und Feuerwehr, 52 Mitarbeiter der Stadt sowie 702 Angehörige des Veranstalters und der für ihn tätigen Unternehmen.“

Quelle: http://nachrichten.rp-online.de/regional/loveparade-493-strafanzeigen-1.1288978

  

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Teil 3: Der neue Sachverständige

 

 „Am 2. April 2011 sei der britische Wissenschaftler Prof. Dr. Keith Still“, so Kutschaty in seinem Bericht, „mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ursachen der Menschenverdichtung bei der Loveparade und der Möglichkeit, eine solche zu verhindern, betraut worden. Am selben Tage habe der Sachverständige eine Ortsbegehung des Geländes um den alten Güterbahnhof in Duisburg durchgeführt.“

 

Wir hatten uns ja bereits gefragt, warum ein Sachverständiger aus dem Ausland mit der Beurteilung beauftragt wurde.

Vielleicht ist die Menge der in Deutschland infrage kommenden Sachverständigen tatsächlich begrenzt. In Folge der Loveparade haben sich nach und nach etliche von ihnen bereits in den Medien zu der Thematik geäußert. Womöglich ließe sich diesen Äußerungen bereits die jeweilige Meinung entnehmen, so dass jemand beauftragt werden sollte, der sich bislang noch nicht dazu geäußert hatte?

 

Die Zeit zitiert Kutschaty mit folgender Begründung, Zitat:

Der Wissenschaftler sei auf diesem Gebiet einer der weltweit führenden Experten und "jüngst als Sicherheitsberater für die Hochzeitsfeier von Prinz William und Kate Middleton in London tätig gewesen."

Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-06/loveparade-duisburg-ermittlung

 

Zu den Unterlagen, die dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt wurden, erklärt der Minister in seinem Bericht (ich erlaube mir der Übersicht halber eine Aufteilung des Zitats in Absätze):

„Im Anschluss daran [an die Ortsbesichtigung] seien dem Sachverständigen

  • zwei Festplatten mit Video,- und Fotomaterial sowie
  • ein durch die Polizei erstellter, bebilderter, den Veranstaltungsverlauf beschreibender Zeitstrahl in elektronischer wie auch Papierform ausgehändigt worden.
  • Dem Sachverständigen seien ferner beglaubigte Übersetzungen des Sicherheitskonzeptes sowie der Veranstaltungsbeschreibung der Lopavent GmbH übermittelt worden.

Soweit der Sachverständige noch weitere schriftliche Unterlagen benötigen sollte, würden ihm diese kurzfristig in beglaubigter Übersetzung ins Englische zur Verfügung gestellt werden. Es werde derzeit davon ausgegangen, dass eine Übersetzung der gesamten Ermittlungsakte zur Erfüllung des Gutachtenauftrages entbehrlich sein werde.“

 

Nicht unbedingt der Aufklärung dienlich finde ich persönlich, dass zu den ausgewählten Unterlagen, die der Sachverständige erhielt, eine ausführliche Darstellung der Polizei gehört, deren Handeln und Unterlassen schließlich auch in der Betrachtung der Ermittler steht und deren Einsatzleiter zu den Beschuldigten zählt.

Es wurde doch nun schon des Öfteren festgestellt, dass die Ereignisse dieses Tages von den beteiligten Seiten sehr unterschiedlich gesehen werden. Und der Einsatz eines Sachverständigen soll doch gerade eine unabhängige Betrachtung ermöglichen.

 

Auch vermisse ich in den aufgeführten Unterlagen die ebenfalls offiziell zum Sicherheitskonzept erklärten Planungsunterlagen der Polizei, die in Form von Protokollen, z.B. zur Ortsbegehung und zum Szenarien-Workshop erstellt wurden. Genau genommen wurden auch alle Beschlüsse der AG Sicherheit bzw. die Festlegungen in deren Protokollen zum Bestandteil des Sicherheitskonzepts erklärt.

Ist der Sachverständige denn darüber informiert worden?

Eine Rolle scheint die Vorplanung in seiner Beauftragung ja wohl zu spielen, ansonsten wäre auch das Beifügen des Sicherheitskonzepts und der Veranstaltungsbeschreibung von Lopavent entbehrlich gewesen.

  

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Die Leserin schrieb:

Nicht unbedingt der Aufklärung dienlich finde ich persönlich, dass zu den ausgewählten Unterlagen, die der Sachverständige erhielt, eine ausführliche Darstellung der Polizei gehört, deren Handeln und Unterlassen schließlich auch in der Betrachtung der Ermittler steht und deren Einsatzleiter zu den Beschuldigten zählt.

Wie kommen Sie auf die merkwürdige Idee, der beschuldigte Leitende Polizei Direktor  Kuno S. aus dem Polizeipräsidium Duisburg sei der "Einsatzleiter" der Ermittlungskommission der StA und Kripo des Polizeipräsidiums Köln?

 

Die Leserin schrieb:

Es wurde doch nun schon des Öfteren festgestellt, dass die Ereignisse dieses Tages von den beteiligten Seiten sehr unterschiedlich gesehen werden. Und der Einsatz eines Sachverständigen soll doch gerade eine unabhängige Betrachtung ermöglichen.

Auch vermisse ich in den aufgeführten Unterlagen die ebenfalls offiziell zum Sicherheitskonzept erklärten Planungsunterlagen der Polizei, die in Form von Protokollen, z.B. zur Ortsbegehung und zum Szenarien-Workshop erstellt wurden. Genau genommen wurden auch alle Beschlüsse der AG Sicherheit bzw. die Festlegungen in deren Protokollen zum Bestandteil des Sicherheitskonzepts erklärt.

Ist der Sachverständige denn darüber informiert worden?

Eine Rolle scheint die Vorplanung in seiner Beauftragung ja wohl zu spielen, ansonsten wäre auch das Beifügen des Sicherheitskonzepts und der Veranstaltungsbeschreibung von Lopavent entbehrlich gewesen.

 

Was ein Gutachter zur Erstellung seines Gutachtens für entbehrlich hält und was nicht, würde ich der Entscheidung des Gutachters überlassen...

 

Überall nur Verschwörungen, gell?

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Teil 4: Fortdauer der Ermittlungen

 

Zur Fortdauer der Ermittlungen erklärt Kutschaty in seinem Bericht, Zitat:

„Die Sicherung, Extrahierung, Lesbarmachung und Auswertung der auf den Servern eines IT-Dienstleisters sichergestellten Daten der Stadtverwaltung Duisburg (etwa 138 Terabyte) dauere an. Trotz eines in diesem Bereich konzentrierten Personaleinsatzes seitens der Ermittlungsgruppe beim Polizeipräsidium Köln werde die Auswertung voraussichtlich noch mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Ebenfalls dauere die Auswertung der bei den Beschuldigten sichergestellten Daten an; ebenso die Sichtung und Auswertung des vorliegenden Beweismaterials und die Vernehmung von Zeugen. Insbesondere erforderten die Ergebnisse der vorbezeichneten ausführlichen Beschuldigtenvernehmung und von Zeugenaussagen umfangreiche Nachvernehmungen.“

 

Zur Anzahl der ermittelnden Beamten erklärte Innenminister Jäger in seiner aktuellen Pressemitteilung: „Hierbei unterstützt das Polizeipräsidium Köln mit derzeit 30 Ermittlern die Staatsanwaltschaft Duisburg bei ihrer Arbeit.“

Waren das nicht mal mehr als 80?

 

wz newsline, das Onlineportal der Westdeutschen Zeitung berichtet aus der Rede des Ministers am Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags, Lang sei auch die Liste der Tatvorwürfe zu folgenden Fragekomplexen:

  • mangelhaftes Sicherheitskonzept
  • rechtswidrige Genehmigung für das Veranstaltungsgelände
  • rechtswidrige Sondererlaubnis für den Tunnelbereich
  • fehlende Alarm- und Lautsprecheranlage mit Vorrangschaltung für die Polizei
  • städtische Mitarbeiter sollen am Veranstaltungstag unzureichend oder gar nicht überwacht haben, ob Vorgaben des Sicherheits- und Brandschutzkonzepts eingehalten wurden
  • fehlerhafter Einsatz der Ordnungskräfte, um Besucherströme zu lenken
  • fehlende bzw. zu späte Maßnahmen nach der Zuspitzung der Situation, besonders an Tunnel und Rampen

Quelle: http://www.wz-newsline.de/home/panorama/specials/tragoedie-auf-der-loveparade/kein-ende-der-loveparade-ermittlungen-in-sicht-1.674563

 

Der Bericht des Justizministers endet mit den Worten: „Vor dem Hintergrund des dargestellten Verfahrensstandes sei ein Abschluss der Ermittlungen derzeit noch nicht absehbar.“

  

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@Die Leserin (18:31 Uhr), Sie fragen:

Zu der Vorgehensweise habe ich eine Frage an Herrn Prof. Müller:

Wenn sich jemand auf sein Recht zu schweigen beruft, bedeutet das dann, dass überhaupt keine Befragung stattfindet?

Vor einer Anklage stehen ja Zeugenbefragungen. Und zunächst einmal stand ja noch nicht fest, wer im Endeffekt unter einen Anfangsverdacht gestellt wird. Kann man sich das also so vorstellen, dass die betreffenden Personen von vornherein jedwede Befragung ablehnen können? Ich hatte mir das bislang so vorgestellt, dass zwar eine Befragung stattfindet, jedoch die Antworten mit dem Hinweis auf das Recht zu schweigen, verweigert werden.

Grob gesagt, also ohne die Einzelheiten: Wenn StA oder Polizei schon einen Anfangsverdacht gegen eine Person haben, dürfen Sie diese Person nicht mehr als Zeugen vernehmen, sondern müssen eien Beschuldigtenvermehmung durchführen. Das Schweigerecht besteht dann umfassend und unmittelbar, Beschuldigte müssen zu Beginn darüber belehrt werden. Wenn der Beschuldigte bzw. sein Anwalt erklären, dass er nichts zur sache aussagen wird, dann findet die Vernehmung gar nicht statt.

Auch wer als Zeuge vernommen wird, braucht sich nicht selbst zu belasten - er kann dementsprechend auch die Antwort auf Fragen verweigern. Entsteht bei einer Zeugenvernehmung der Verdacht gegen diesen Zeugen (etwa weil er sich in Widersprüche verwickelt oder etwas sagt, das ihn selbst belastet) muss die Zeugenvernehmung unterbrochen werden und auf Beschuldigtenvernehmung  "umgestellt" werden.

@Ein Polizist (18:53 Uhr):

Bei Ihrer beruflichen Stellung mag es Ihnen merkwürdig erscheinen, wenn manche es mit mit Skepsis sehen, dass der Sachverständige mit dem polizeilich erstellten Ablauf/Zeitstrahl der Ereignisse ausgerüstet wird. Ich kann die Skepsis aber nachvollziehen, denn von außen betrachtet wird die Polizei oft als eine "Einheit" aufgefasst. Einer von der Stadt Duisburg oder von Lopavent erstellten Tatsachendarstellung würden sicher auch Sie ein gewisses Misstrauen entgegenbringen. Warum sagen Sie nicht einfach sachlich, dass Sie  eine Befangenheit der KriPo Köln gegenüber den Duisburger Kollegen ausschließen? Man muss doch nicht immer gleich mit Zynismen antworten.

 

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist (18:53 Uhr):

Bei Ihrer beruflichen Stellung mag es Ihnen merkwürdig erscheinen, wenn manche es mit mit Skepsis sehen, dass der Sachverständige mit dem polizeilich erstellten AblaufZeitstrarhl der Ereignisse ausgerüstet wird. Ich kann die Skepsis aber nachvollziehen, denn von außen betrachtet wird die Polizei oft als eine "Einheit" aufgefasst. Einer von der Stadt Duisburg oder von Lopavent erstellten Tatsachendarstellung würden sicher auch Sie ein gewisses Misstrauen entgegenbringen. Warum sagen Sie nicht einfach sachlich, dass Sie  eine Befangenheit der KriPo Köln gegenüber den Duisburger Kollegen ausschließen? Man muss doch nicht immer gleich mit Zynismen antworten.

Sie haben natürlich recht.

 

Was ICH aber "mit Skepsis" sehe, ist, wenn zB. jemand mit der Bemerkung "Nicht unbedingt der Aufklärung dienlich" beklagt, dass einem externen Gutachter Dokumente mit Ermittlungserkenntnissen der Polizei übergeben, aus deren  Organisation einer der Beschuldigten stammt - und mit der Bemerkung "der Einsatz eines Sachverständigen soll doch gerade eine unabhängige Betrachtung ermöglichen" unterstellt, die beauftragende StA wolle damit den Gutachter in einer bestimmten Richtung beeinflussen, wenige Zeilen später auch noch bezweifelt, dass die Planungsunterlagen (Sicherheitskonzept, Veranstaltungsbeschreibung), die Grundlage der Genehmigung waren, nicht vollständig (ohne die zugehörigen Planungsunterlagen der Poilizei etc.) an den Gutachter übergeben worden seien.

 

Ebenfalls mit Skepsis sehe ich, wenn dieser jemand seitenlang Klage darüber führt, die Polizei sei in den Sitzungen der AG 4 nur "pysisch anwesend gewesen", einige Beiträge später aber, als es in die "Argumentation" passt,im Kontext mit der AG 4 feststellt: "Das zeigt sogar, dass sich die Polizei mit den Plänen im Detail beschäftigt hat."

 

Weiterhin mit Skepsis sehe ich, wenn dieser jemand in einem Beitrag ellenlang zitiert, dass die Polizei explizit Bedenken äußert und diese ins Protokoll aufgenommen haben will, einige Beiträge später zur gleichen Frage aber schreibt: "Sie möchten von mir Belege für Nichtäußerungen? Ich schlage vor, dass Sie uns stattdessen Belege für Äußerungen nennen."

Desweiteren mit Skepsis erfüllt mich, wenn diese Person zu einer Erkenntnis, die hier bereits Allgemeingut ist, auf einen Beitrag mit verlinktem Video, in dem an angegebener Stelle deutlich sichtbar Sanitäter im Fzg. zu sehen sind, was bereits von anderen Autoren so bestätigt wurde, schreibt: "Ich habe mir den Film genau angesehen, sogar Teil 1 und 2. Der Polizeiwagen taucht in dem von Ihnen verlinkten Teil 3 auf, fährt langsam von rechts nach links durch das Bild. Nicht mehr und nicht weniger. Da sind keine Sanitäter zu sehen."

 

Was würden Sie als Richter wohl von so einem Zeugen in einer Hauptverhandlung halten?

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Übergang abstrakte Gefahr zu konkrete Gefahr

Ich bin der Meinung, dass es für den leitenden Polizisten sowieso gar keine Mögichkeit mehr gibt, die Veranstaltung noch zu verhindern. Wenn die Veranstaltung genehmigt wurde, darf der Polizist diese selbst dann nicht mehr abbrechen, wenn er noch kurz vorher zu einer anderen Meinung kommen würde. Solange die Veranstaltung nicht wesentlich vom Plan abweicht, muss er sich der Planung unterordnen. Ansonsten hätte der Polizist die Macht, eine wochenlange Planung ad absurdum zu führen und würde seine eigene Kompetenz über die der Planenden stellen. Ich gehe also davon aus, dass der Übergang zwischen konkreter und abstrakter Gefahr nicht ausschließlich graduell, sondern auch qualitativer Natur ist (nämlich Abweichung vom Plan).

Der Polizist muss also immer diese Veranstaltung durchführen, selbst wenn sie seiner Meinung nach "gefährlich" ist. Allerdings stellt sich die prinzipielle Frage, ob bei einer erkennbaren Überfüllung nicht bereits auf eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geschlossen werden kann. Das wäre nur dann der Fall, wenn eine dicht stehende und eingekesselte Menschenmenge bereits eine Gefahr an und für sich darstellen würde. Dafür spräche, dass jede Menschenmenge tödliche Kräfte entwickeln kann.

Dann müsste aber jede dicht stehende und eingekesselte Menschenmenge in Deutschland von der Polizei aufgelöst werden, was nicht sinnvoll sein kann. Selbst wenn ich einen hoffnungslos überfüllten Veranstaltungsraum hätte und dort hunderte von Menschen dicht an dicht stehen, so darf der Polizist diese alleine deswegen nicht auflösen. Wohl aber dürfte es nicht sein, dass eine Veranstaltung so durchgeführt wird. Bestenfalls kann der Polizist darin eine Ordnungswidrigkeit des Veranstalters erkennen und diese ahnden, hat aber (leider) noch die Befugnis, selbstständig tätig zu werden.

Wenn ich ein Gedankenexperiment mache und einen Raum in vergleichbarer Größe nehme und sehr dicht die Menschen packe, so wird in den ersten 20 Minuten trotzdem nichts passieren. Die Menschen werden sich unterhalten und in Ruhe warten (also noch keine konkrete Gefahr). Wenn ich einen sehr kleinen Ausgang biete, so werden die Leute langsam hindurchgehen. Das wird so allerdings nicht bleiben, denn allerspätestens nach 10 Stunden quetschen sich die dehydrierten Menschen durch den zu engen Ausgang, weil diese unbedingt nach draußen wollen.

Das heißt, im Zeitraum von 20 Minuten gibt es keine Gefahr, danach kann es dann 30 Minuten dauern, oder vielleicht auch 4 Stunden dauern bis ein problematischer Druckanstieg festzustellen ist. Wenn dieser Druckanstieg allerdings rasant erfolgt, dann haben sie nach meiner Theorie als Polizist tatsächlich nicht die Möglichkeit einzugreifen, bis sich dann schlussendlich die Menge zum Schluss zerquetscht. Das ist meine rechtliche Wertung. Ich bin zwar selber entsetzt, aber ich glaube, so ist das wirklich! Könnte mir noch mal jemand sagen, ob das so richtig ist?

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Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist (18:53 Uhr):

Bei Ihrer beruflichen Stellung mag es Ihnen merkwürdig erscheinen, wenn manche es mit mit Skepsis sehen, dass der Sachverständige mit dem polizeilich erstellten Ablauf/Zeitstrahl der Ereignisse ausgerüstet wird. Ich kann die Skepsis aber nachvollziehen, denn von außen betrachtet wird die Polizei oft als eine "Einheit" aufgefasst. Einer von der Stadt Duisburg oder von Lopavent erstellten Tatsachendarstellung würden sicher auch Sie ein gewisses Misstrauen entgegenbringen. Warum sagen Sie nicht einfach sachlich, dass Sie  eine Befangenheit der KriPo Köln gegenüber den Duisburger Kollegen ausschließen? Man muss doch nicht immer gleich mit Zynismen antworten.

 

@ Herr Prof. Müller:

Aus dem Bericht des Ministers geht nicht hervor, dass die an den Sachverständigen weitergegebenen Unterlagen von der KriPo Köln erstellt wurden.

Der Minister verwendet den Begriff "Polizei" in seinem Bericht ansonsten, während er über jene Polizeikräfte berichtet, deren Handeln von der Staatsanwaltschaft untersucht wird. Im Unterschied dazu spricht er vom "Polizeipräsidium Köln" oder von der "Ermittlungsgruppe Loveparade".

 

Zitate:

"Innenminister Jäger habe am 19. Mai im Plenum dargelegt, dass die Staatsanwaltschaft bei der juristischen Aufklärung der Katastrophe einige Schritte weiter sei; er habe dabei in Bezug auf die Polizei Kernpunkte bzw. Zitate aus dem Einleitungsvermerk der Staatsanwaltschaft dargelegt."

„Ein Beschuldigter sei auf eigenen Wunsch an insgesamt fünf Tagen in der Zeit vom 28. März bis zum 13. April 2011 durch eine Dezernentin der Staatsanwaltschaft und Polizeibeamte der Ermittlungsgruppe Loveparade vernommen worden.“

„Trotz eines in diesem Bereich konzentrierten Personaleinsatzes seitens der Ermittlungsgruppe beim Polizeipräsidium Köln werde die Auswertung voraussichtlich noch mehrere Monate in Anspruch nehmen.“

 

Aus diesem Grund ging ich insbesondere aufgrund des Kontextes, in dem auch Unterlagen von Lopavent aufgezählt werden, davon aus, dass es sich hierbei um Unterlagen der beteiligten Seiten handelt, Zitat:

„Im Anschluss daran seien dem Sachverständigen zwei Festplatten mit Video,- und Fotomaterial sowie ein durch die Polizei erstellter, bebilderter, den Veranstaltungsverlauf beschreibender Zeitstrahl in elektronischer wie auch Papierform ausgehändigt worden. Dem Sachverständigen seien ferner beglaubigte Übersetzungen des Sicherheitskonzeptes sowie der Veranstaltungsbeschreibung der Lopavent GmbH übermittelt worden.“

 

Der Bericht stellt die übermittelten Unterlagen damit als vollständig dar, Zitat:

„Soweit der Sachverständige noch weitere schriftliche Unterlagen benötigen sollte, würden ihm diese kurzfristig in beglaubigter Übersetzung ins Englische zur Verfügung gestellt werden.“

 

Selbstverständlich ist es nicht ausgeschlossen, dass hier nun mit Polizei die KriPo Köln gemeint ist. Ein Hinweis darauf hätte genügt, um meine Überlegungen dazu zu entkräften.

 

Aus der Verwendung des Pseudonyms „Ein Polizist“ kann ich nicht entnehmen, dass der betreffende Diskussionsteilnehmer diesbezüglich über mehr oder andere Informationen verfügt als wir.

Auch kann ich daraus weder seinen Beruf, noch seine Stellung entnehmen.

Bei Traumatherapie-LoPa handelt es sich ja auch nicht um einen Therapeuten. Gleichzeitig haben in Ihren Threads zur Loveparade schon öfter Polizisten mitdiskutiert, die sich nicht durch ihr Pseudonym als Polizist zu erkennen gaben. Manche zeigen eben durch ihr Pseudonym ganz einfach ihr Schwerpunktthema auf und nicht ihren Beruf. Genau genommen gibt es hier nur einen einzigen, der seinen Beruf im Pseudonym angibt, und das ist der Meister für Veranstaltungstechnik.

Der Teilnehmer mit dem Pseudonym „Ein Polizist“ sagt über sich selbst, Zitate:

„Hm... ich habe Soziologie und Sozialpsychologie an der Uni Bielefeld studiert und bin nur insoweit 'beteiligt', als dass ich einen Teil der handelnden PolizistInnen sowie deren Arbeitsweisen und -Abläufe persönlich kenne.“

Und

„Danke für Ihr Vertrauen, aber die im Zweifel fundierteren Auskünfte aus dem Reich der Jurisprudenz wird wohl unser Gastgeber hier erteilen können. Ich habe in dem Bereich lediglich ein Fachhochschul-Diplom der FHS für öffentliche Verwaltung.“

Auch aus dem, was er über sich selbst sagt, können wir also nicht entnehmen, dass er beispielsweise über mehr Informationen als wir hinsichtlich der Unterlagen, die an den Sachverständigen weitergegeben wurden, verfügt.

Der Teilnehmer mit dem Pseudonym „Ein Polizist“ hat hier bislang kaum Belege in die Diskussion eingebracht, sondern sich größtenteils darauf beschränkt, meine Aussagen anzugreifen. Dabei ist er seit einiger Zeit vollständig dazu übergegangen, mich persönlich anzugreifen. Es gibt mittlerweile keine einzige Antwort mehr von ihm auf einen Beitrag von mir, in der das nicht in krasser Form geschieht.

Ich werde versuchen, darauf einfach nicht mehr einzugehen, damit eine weitere Diskussion hier möglich ist.

 

 

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Noch etwas Allgemeines zur Diskussion:

In den bisherigen Threads sind wir folgendermaßen vorgegangen:

Jemand entwickelt aufgrund neuer Informationen oder bereits vorhandener, die er sich noch einmal intensiv angesehen hat, Gedanken zur Loveparade und stellt sie hier ein.

Diese Gedanken wurden dann von anderen Diskussionsteilnehmern entweder bestätigt oder argumentativ, evtl. auch unter Zugrundelegung anderer Informationen oder Dokumente, widerlegt.

Auf dieser Basis lief unsere Diskussion. In etlichen Punkten erarbeiteten wir uns einen Konsens. In einigen Punkten blieben unterschiedliche Meinungen oder Schwerpunktsetzungen der Sichtweise bestehen.

Die meisten Diskussionsteilnehmer gingen hier in die Threads, eben gerade um ihre Gedanken mit anderen auszutauschen.

Durch den Erhalt zusätzlicher Informationen sowie auch durch die Diskussion hier entwickelten sich dabei auch die Sichtweisen. Ich denke, kaum jemand, der hier schon lange dabei ist, wird in jedem einzelnen Punkt noch dieselbe Sichtweise haben wie bei seinem Eintritt in die Diskussion.

Eine solche Form der Diskussion ist in der Wissenschaft üblich, auch wenn wir natürlich hier keine wissenschaftlichen Ansprüche an unsere Beiträge stellen.

Nur einzelne Teilnehmer gingen hier bislang in die Threads, um ganz gezielt eine bestimmte Seite zu vertreten und dabei von vornherein und dauerhaft ihre Sichtweisen beizubehalten.

Wenn ich beispielsweise einen Text zu einem Papier einstelle, welches von einem Ministerium veröffentlicht wurde, dann bedeutet das nicht, dass ich hier Unterstellungen einbringen will, sondern dass ich Überlegungen zu diesem Papier zur Diskussion stelle und mir durch die Antworten der anderen Teilnehmer dazu Anregungen oder Antworten auf Fragen erhoffe. Das ist ein großer Unterschied.

So, wie die Diskussion hier im Augenblick aussieht, könnte dies andere, die hier mitlesen, davon abhalten, ihre eigenen Überlegungen einzubringen. Sie müssten ebenfalls befürchten, persönlich angegriffen zu werden bzw. sich durch Einbringung ihrer Gedanken dem Vorwurf der Unterstellung ausgesetzt zu sehen. Das finde ich sehr schade, denn es macht unsere bisherige, sehr konstruktive und fruchtbare Vorgehensweise zunichte.

 

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Die Leserin schrieb:

Nur einzelne Teilnehmer gingen hier bislang in die Threads, um ganz gezielt eine bestimmte Seite zu vertreten und dabei von vornherein und dauerhaft ihre Sichtweisen beizubehalten.

Man sollte dabei aber vermeiden, sein eigenes Verhalten auf andere zu projezieren, insbesondere was das "dabei von vornherein und dauerhaft ihre Sichtweisen beizubehalten" betrifft.

 

Die Leserin schrieb:
Wenn ich beispielsweise einen Text zu einem Papier einstelle, welches von einem Ministerium veröffentlicht wurde, dann bedeutet das nicht, dass ich hier Unterstellungen einbringen will, sondern dass ich Überlegungen zu diesem Papier zur Diskussion stelle und mir durch die Antworten der anderen Teilnehmer dazu Anregungen oder Antworten auf Fragen erhoffe. Das ist ein großer Unterschied.

Von Vorteil wäre, wenn dabei eigener Anspruch und Wirklichkeit nahezu kongruent wären.

Die Leserin schrieb:

So, wie die Diskussion hier im Augenblick aussieht, könnte dies andere, die hier mitlesen, davon abhalten, ihre eigenen Überlegungen einzubringen. Sie müssten ebenfalls befürchten, persönlich angegriffen zu werden

...sehr richtig!

Die Leserin schrieb:
...bzw. sich durch Einbringung ihrer Gedanken dem Vorwurf der Unterstellung ausgesetzt zu sehen. Das finde ich sehr schade, denn es macht unsere bisherige, sehr konstruktive und fruchtbare Vorgehensweise zunichte.

Sehr richtig. Das ist mit nahezu allen Mitdiskutanten möglich.

Was allerdings "konstruktiv" daran sein soll, auf Videos offensichtliches und allgemein Bekanntes schlichtweg zu verleugnen, erschließt sich mir nicht. Ebensowenig, wie das Inabrede stellen von Sachverhalten, die man zuvor noch als Beleg und Grundlage der eigenen Meinung herangezogen hat. Nennen Sie das etwa "wissenschaftlich" ?

 

Schön wäre es, wenn man dem selbst formulierten Anspruch auch selbst genügen könnte.

 

 

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http://www.im.nrw.de/hom/73.htm   Ereignisse Loveparade

Rechtsausschuss: Sitzung am 01.06.2011
Aktueller Sachstand der strafrechtlichen Ermittlungen und Erkenntnisse zur Katastrophe bei der Loveparade

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Und hier auch noch einmal die Seite des Innenministeriums, auf der - neben den eben von Ein Polizist verlinkten Dokumenten - auch die Reden des Innenministers und das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten sowie einige weitere, interessante Informationen verlinkt sind:

http://www.mik.nrw.de/hom/73.htm# 

 

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Nachdem der Abschlussbericht des PP Essen nun ganz offiziell veröffentlicht ist, möchte ich auf ein paar Dinge hinweisen, die mir heute morgen darin aufgefallen sind.

Auf S. 20 heißt es:

"Nach Eintreffen des Einsatzabschnittsführers (EA/F) Schutz der Veranstaltung um
15:30 Uhr bei dem „Crowd-Manager“ vereinbarten beide in einem bis um 15:40 Uhr
andauernden Gespräch, dass der „Crowd-Manager“ zusätzliche Ordner zur Besuchersteuerung
oberhalb der östlichen Rampe einsetzt, um dadurch die Besucher auf
dem Gelände zu verteilen. Außerdem vereinbarten beide, für einen Zeitraum von
voraussichtlich 10 Minuten beide Vereinzelungsanlagen (Zugang Ost und Zugang
West) durch den Veranstalter zu schließen und eine Sperrkette aus Ordnern des
Veranstalters unterstützt durch Polizeikräfte in der Mitte der östlichen Rampe
(Hauptzugangsrampe) einzurichten, um durch diese begleitenden Maßnahmen den
Druck durch nachströmende Menschen abzufangen und die Auflösung des Staus zu
unterstützen. Zu dem Einrichten dieser Sperrkette mit diesem Auftrag kam es zunächst nicht."(Hervorhebung durch mich)
 
Aber warum kam es nicht dazu? Hatte jemand erkannt, dass es sowieso zwecklos war, so vorzugehen? Dass 10 Minuten nicht ausreichen würden? Dass man die Vereinzelungsanlagen nicht würde schließen können? Im Bericht steht dazu nichts - leider.   Weiter gehts auf S. 21 oben:  
Zu dem mit dem „Crowd-Manager“ vereinbarten Maßnahmenkonzept zur Beseitigung
des Zuschauerstaus vor dem Rampenkopf wurde keine Telefonschaltkonferenz
durchgeführt. Allerdings erfolgte eine Abstimmung mit der Feuerwehr. Um 15.45 Uhr entschied der Einsatzabschnittsführer Schutz der Veranstaltung im
Rahmen einer Zusammenkunft
  mit dem Führer der 15. BPH statt dessen, den weiteren
Zulauf auf den Zuschauerstau durch Sperrmaßnahmen in Form von je einer Polizeikette
in den östlichen und westlichen Tunnelröhren  zu unterbinden.
  Also, 5 Minuten nachdem man etwas anderes mit dem Crowd-Manager vereinbart hatte, entscheidet man "im Rahmen einer Zusammenkunft" etwas anderes "statt dessen" durchzuführen. Nämlich in den Tunneln selbst zu sperren. Nun muss man dazu sagen, dass genau dies auf gar keinen Fall hätte durchgeführt werden dürfen. In allen vorherigen Konzeptpapieren stand doch, dass kein Stau im Tunnel entstehen dürfe. Und genau das würde doch passieren, wenn man dort eine Sperre errichtet - im Ostteil des Tunnels. Im Westteil konnte man ja noch die Besucher auf die kleine Rampe schicken, was aber erst zehn Minuten später geschah. Aber: wenn man davon ausging, dass der Veransatlter sowohl den West- wie den Osteingang verabredungsgemäß dicht macht, warum überhaupt noch diese Sperren im Tunnel? Was sagt der Bericht dazu (S. 22):  
Hierdurch sollte verhindert werden, dass der räumlich begrenzte Rampenbereich sowie die angrenzenden
Tunnelabschnitte mit Personen zulaufen. Die Polizeikette im westlichen
Tunnelabschnitt wurde um 15.50 Uhr (Polizeikette 1), die im östlichen um 15.57 Uhr
(Polizeikette 2)
  eingerichtet.
  Also ging man wohl davon aus, dass die Schließung an den Eingängen nicht funktionieren würde. Oder warum sollten sonst Tunnelabschnitte "zulaufen"? Wenn man aber glaubte, die Schließung würde nicht klappen, warum half man dann nicht dort aus? Warum diese blöden Sperren in den Tunnels? So gehts weiter:  
Darüber hinaus verlegte der Hundertschaftsführer der 15. BPH Kräfte (1 Zug ohne 1
Gruppe) aus ihrem bisherigen Raumschutzbereich in den Bereich östliche Rampe/
Tunnel mit dem Auftrag, sich als Eingreifkräfte bereit zu halten.
Bei seinem Eintreffen stellte der Zugführer des zur östlichen Rampe entsandten Zuges
fest, dass der oberhalb der Rampe entstandene Besucherstau weiterhin bestand. Des Weiteren wurde deutlich dass eine Vielzahl von Personen das Veranstaltungsgelände
in Richtung Karl-Lehr-Str./Tunnel verlassen wollte. Um zu verhindern,
dass dieser Personenstrom auf die Sperrmaßnahmen in den Tunnelabschnitten auflief,
schlug er dem Hundertschaftsführer der 15. BPH vor, eine Polizeikette im unteren
Bereich der östlichen Rampe einzurichten
Der Hundertschaftsführer stimmte
dem Vorschlag zu und informierte den Einsatzabschnittsführer Schutz der Veranstaltung
über die Maßnahme. Dieser stimmte der Maßnahme ebenfalls zu.Um 16.01 Uhr bildete der Zugführer darauf hin eine Polizeikette (Polizeikette 3) mit
dem Auftrag, zu verhindern, dass die rückströmenden Besucher den beiden anderen
Polizeiketten im östlichen und westlichen Tunnelabschnitt in den Rücken laufen
.
Was erfahren wir hier? Die Mittelrampensperre war ja erst mit dem Crowd-Manager vereinbart worden, wurde dann jedoch nicht eingerichtet, "stattdessen" die Tunnelsperren. Erst jetzt, als man sah, dass es einen Besucherrückstrom gab, errichtete man die mittlere Rampensperre. Die bisher veröffentlichte Geschichte der Polizei (Sperren auf Bitten des Veranstalters, um ihn bei Maßnahmen zu unterstützen) stimmt also einfach nicht! Das sagt die Polizei jetzt selbst! Die Polizei hat vielmehr - obwohl sie gar nicht zuständig war, wie immer wieder vorgetragen wurde - recht eigenständig diese drei Sperren errichtet. Zwar war die Sperre auf der Rampe vorher einmal vereinbart worden, aber zu einem anderen Zweck, in einer anderen Richtung und zu einem anderen Zeitpunkt (20 Minuten vorher). Insbesondere dass man - zum Schutz der eigenen Sperren in den Tunnels - die Leute am Verlassen des Geländes hindern wollte, war wohl kontraproduktiv; denn diese Leute blockierten jetzt zusätzlich den oberen Teil der Rampe.

Mir erscheint dieser Abschnitt des Vorläufigen Abschlussberichts als ein Dokument der Hilflosigkeit, Planlosigkeit und auch Fahrlässigkeit.

Die  Sperren in den Tunnels geschahen nicht auf Bitten des Veranstalters. Eine Sperre macht allenfalls  im Westtunnel Sinn, wenn man dann dort die Besucher über die kleine Rampe schickt. Selbst dies gelang aber nicht - im Bericht heißt es dazu (S. 33): die westliche Rampe wurde nicht als Zugang angenommen". Aber es sollte nach allen Konzepten unbedingt vermieden werden, dass ein Stau im Tunnel entsteht. Daher war es fatal, ohne wirklich sichere Schließung der Eingangsschleusen im Tunnel Sperren zu errichten, weil dann natürlich dort Staus entstehen. Ein Stau auf dem Rampenkopf war ja viel unproblematischer als dort, wo man ihn dann hinverlegt hat: In die Tunnels und auf das untere Rampendrittel.
Auch die  Sperre auf der Rampenmitte geschah nicht auf Bitten des Veransatlters. Bisher war die Geschichte der Polizei: Wir haben auf Bitten des Veranstalters ihn bei der Sperre auf der Rampenmitte unterstützt. Also: Das war nicht unsere Idee, wir haben nur geholfen, ein vielleicht schlechtes Konzept zu verwirklichen. Damit wollte man die Verantwortung für diese Entscheidung von sich schieben.

Natürlich war die Polizei eigentlich nicht zuständig, natürlich war dies die Veranstaltung von lopavent, und deren Sicherheitskonzept war ein Unsicherheitskonzept, natürlich wurde das Märchen von den sieben Pushern aufgetischt, natürlich  hat die Stadt als Ordnungsbehörde völlig versagt. Und schließlich: offenbar hatte niemand während der Planungen bemerkt oder es als Problem gesehen, dass zehntausende Besucher nach einigen Stunden das Gelände weider verlassen wollten und dass man für diese Menschen überhaupt keine Vorsorge getroffen hatte. Keiner der vielen schlauen Menschen hat das bemerkt: Nicht Herr Dr. Klüpfel, nicht Herr Prof. Schreckenberg, kein Polizist im AK Sicherheit, kein schwarzer Vogel, der erst stolz den Krisenstab übernahm, dann aber als Kapitän das schon sinkende Schiff verließ. Das fiel also erst jetzt einem Zugführer auf - und man hatte nicht vorgesorgt!

Die Polizei ist hier vielleicht am wenigsten verantwortlich, aber sie ist es auch: Wer fahrlässig handelt, bei dem ist es irrelevant, ob er zuständig ist oder nicht. Möglicherweise gibt es ja eine richtig gute Legitimation für diese Sperren, aber wenn sie nicht in diesem Bericht ist, dann wo? Es gibt keine vernünftige Erklärung. Ich zweifle überhaupt nicht am guten Willen der Polizei und es ist vorbildhaft, dass in diesem Bericht jedenfalls einige Fakten offenbart werden, was man ja von lopavent und der Stadt Duisburg leider nicht behaupten kann. Aber "gut gemeint" ist leider häufig Kennzeichen einer Fahrlässigkeit.

Henning Ernst Müller schrieb:

Nachdem der Abschlussbericht des PP Essen nun ganz offiziell veröffentlicht ist, möchte ich auf ein paar Dinge hinweisen, die mir heute morgen darin aufgefallen sind.

Auf S. 20 heißt es:

"Nach Eintreffen des Einsatzabschnittsführers (EA/F) Schutz der Veranstaltung um
15:30 Uhr bei dem „Crowd-Manager“ vereinbarten beide in einem bis um 15:40 Uhr
andauernden Gespräch, dass der „Crowd-Manager“ zusätzliche Ordner zur Besuchersteuerung oberhalb der östlichen Rampe einsetzt, um dadurch die Besucher auf
dem Gelände zu verteilen. Außerdem vereinbarten beide, für einen Zeitraum von
voraussichtlich 10 Minuten beide Vereinzelungsanlagen (Zugang Ost und Zugang
West) durch den Veranstalter zu schließen und eine Sperrkette aus Ordnern des
Veranstalters unterstützt durch Polizeikräfte in der Mitte der östlichen Rampe
(Hauptzugangsrampe) einzurichten, um durch diese begleitenden Maßnahmen den
Druck durch nachströmende Menschen abzufangen und die Auflösung des Staus zu
unterstützen. Zu dem Einrichten dieser Sperrkette mit diesem Auftrag kam es zunächst nicht."(Hervorhebung durch mich)
 
Aber warum kam es nicht dazu? Hatte jemand erkannt, dass es sowieso zwecklos war, so vorzugehen? Dass 10 Minuten nicht ausreichen würden? Dass man die Vereinzelungsanlagen nicht würde schließen können? Im Bericht steht dazu nichts - leider.
  Ich nehme an, dass man "den Druck durch nachströmende Menschen [die sich bereits im Tunnel befanden] abzufangen" gedachte, also die tausende Menschen nicht auch noch zusätzlich auf der Rampe und vor der mittleren Sperrkette haben wollte, bevor nicht der Stau am Rampenkopf entschärft worden ist.   Das erscheint mir taktisch sehr sinnvoll unter der Voraussetzung, dass CM Walter die Eingänge tatsächlich mit seinen Ordnern, wie besprochen und zugesagt, geschlossen hätte.   Dann hätte man eine überschaubare Anzahl Menschen ohne weiteren Zulauf durch die Einlässe kurzfristig im Tunel aufgehalten, ohne dass diese unkontrolliert auf die in der Hälfte gesperrte / zu sperrende Rampe gelangen und sich so eine gefährliche Verdichtung bildet, wie sie dann leider später tatsächlich eintrat, nachdem die Ost-Rampe bereits wieder vollständig begehbar war.   Auch sollte man die Bedeutung des Wörtchens "zunächst" nicht vernachlässigen.   Die Sperrkette "Sperrkette aus Ordnern des Veranstalters unterstützt durch Polizeikräfte in der Mitte der östlichen Rampe" kam mangels Ordner nicht zustande und wurde schließlich fast ausschließlich mit PolizistInnen gebildet.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Weiter gehts auf S. 21 oben:  
Zu dem mit dem „Crowd-Manager“ vereinbarten Maßnahmenkonzept zur Beseitigung
des Zuschauerstaus vor dem Rampenkopf wurde keine Telefonschaltkonferenz
durchgeführt. Allerdings erfolgte eine Abstimmung mit der Feuerwehr. Um 15.45 Uhr entschied der Einsatzabschnittsführer Schutz der Veranstaltung im
Rahmen einer Zusammenkunft
  mit dem Führer der 15. BPH statt dessen, den weiteren Zulauf auf den Zuschauerstau durch Sperrmaßnahmen in Form von je einer Polizeikette in den östlichen und westlichen Tunnelröhren  zu unterbinden.
Also, 5 Minuten nachdem man etwas anderes mit dem Crowd-Manager vereinbart hatte, entscheidet man "im Rahmen einer Zusammenkunft" etwas anderes "statt dessen" durchzuführen. Nämlich in den Tunneln selbst zu sperren.
  Auch das finde ich nicht ungewöhnlich. Der EA/F bespricht sich im Rahmen der Auftragsvergabe mit seinem HuFü, der seinen EA/F darauf aufmerksam macht, dass bis zur Schließung der Eingänge durch die Ordner noch sehr viele Menschen in die Tunnel gelangen und diese zusätzlich auf den Rampenfuss drängen werden (siehe oben) und schlägt daher vor, nicht nur die Eingänge durch die Ordner sperren zu lassen, sondern auch zusätzlich die Menge Mensche im Tunnel vorrübergehend von der Rampe fernzuhalten. Nach Rücksprache mit der Feuerwehr, die hier auf die Öffnung der Westrampe als "Ventil" hinweist, stimmt der EA/F dem zu.  Das ursprünglich mit dem CM Wagner vereinbarte Konzept bleibt dabei erhalten, wird also nicht verworfen, sondern durch die Sperren im Tunnel lediglich ergänzt.  
Henning Ernst Müller schrieb:
 Nun muss man dazu sagen, dass genau dies auf gar keinen Fall hätte durchgeführt werden dürfen. In allen vorherigen Konzeptpapieren stand doch, dass kein Stau im Tunnel entstehen dürfe. Und genau das würde doch passieren, wenn man dort eine Sperre errichtet - im Ostteil des Tunnels. Im Westteil konnte man ja noch die Besucher auf die kleine Rampe schicken.
  Ein Stau oder gar eine Überfüllung wäre so -wie oben beschrieben- im Tunnel auch gar nicht entstanden - vorausgesetzt, CM Walter hätte tatsächlich mit seinen Leuten vereinbarungsgemäß die Eingänge dicht gemacht, so dass keine weiteren Menschen in die Tunnel gelangen konnten.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Aber: wenn man davon ausging, dass der Veransatlter sowohl den West- wie den Osteingang verabredungsgemäß dicht macht, warum überhaupt noch diese Sperren im Tunnel?
  siehe oben: um die Leute aus dem Tunnel kurzfristig von der Hauptrampe fern zu halten, um dort keine gefährliche Verdichtung entstehen zu lassen.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Was sagt der Bericht dazu (S. 22):
Hierdurch sollte verhindert werden, dass der räumlich begrenzte Rampenbereich sowie die angrenzenden Tunnelabschnitte mit Personen zulaufen. Die Polizeikette im westlichen Tunnelabschnitt wurde um 15.50 Uhr (Polizeikette 1), die im östlichen um 15.57 Uhr (Polizeikette 2)  eingerichtet.
Also ging man wohl davon aus, dass die Schließung an den Eingängen nicht funktionieren würde.
  Nein, im Gegenteil. Man hat sich drauf verlassen, dass die Schließung an den Eingängen  funktionieren würde! (siehe oben)  
Henning Ernst Müller schrieb:
Oder warum sollten sonst Tunnelabschnitte "zulaufen"? Wenn man aber glaubte, die Schließung würde nicht klappen, warum half man dann nicht dort aus? Warum diese blöden Sperren in den Tunnels? So gehts weiter:
Darüber hinaus verlegte der Hundertschaftsführer der 15. BPH Kräfte (1 Zug ohne 1
Gruppe) aus ihrem bisherigen Raumschutzbereich in den Bereich östliche Rampe/
Tunnel mit dem Auftrag, sich als Eingreifkräfte bereit zu halten.
Bei seinem Eintreffen stellte der Zugführer des zur östlichen Rampe entsandten Zuges
fest, dass der oberhalb der Rampe entstandene Besucherstau weiterhin bestand. Des Weiteren wurde deutlich dass eine Vielzahl von Personen das Veranstaltungsgelände in Richtung Karl-Lehr-Str./Tunnel verlassen wollte. Um zu verhindern, dass dieser Personenstrom auf die Sperrmaßnahmen in den Tunnelabschnitten auflief, schlug er dem Hundertschaftsführer der 15. BPH vor, eine Polizeikette im unteren Bereich der östlichen Rampe einzurichten Der Hundertschaftsführer stimmte dem Vorschlag zu und informierte den Einsatzabschnittsführer Schutz der Veranstaltung über die Maßnahme. Dieser stimmte der Maßnahme ebenfalls zu.Um 16.01 Uhr bildete der Zugführer darauf hin eine Polizeikette (Polizeikette 3) mit dem Auftrag, zu verhindern, dass die rückströmenden Besucher den beiden anderen Polizeiketten im östlichen und westlichen Tunnelabschnitt in den Rücken laufen.
Was erfahren wir hier?
 Das sich die Lage nicht so entwickelte, wie CM Walter das im Abstimmungsgespräch mit dem EA/F prognostiziert hatte und dass die Maßnahmen, die CM Walter zugesagt hatte, nicht erfolgten, bzw. (noch) nicht ergriffen wurden!  
Henning Ernst Müller schrieb:
Die Mittelrampensperre war ja erst mit dem Crowd-Manager vereinbart worden, wurde dann jedoch [ZUNÄCHST] nicht eingerichtet,
  ...weil die Ordner, die hauptsächlich diese Sperre bilden sollten, NICHT DA waren: Hier sind wir wieder bei dem Wörtchen "zunächst".... (hervorgehobene Einfügung im Zitat von mir)  
Henning Ernst Müller schrieb:
"stattdessen" die Tunnelsperren. Erst jetzt, als man sah, dass es einen Besucherrückstrom gab, errichtete man die mittlere Rampensperre. Die bisher veröffentlichte Geschichte der Polizei (Sperren auf Bitten des Veranstalters, um ihn bei Maßnahmen zu unterstützen) stimmt also einfach nicht!
  Natürlich stimmt die "Geschichte" Sperren auf Bitten des Veranstalters, um ihn bei Maßnahmen zu unterstützen -  zu 100%!! Daran ändert die detailliertere Schilderung der Abläufe nicht im Geringsten etwas.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Das sagt die Polizei jetzt selbst!
  Ich sehe nicht, wo sie das täte.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Die Polizei hat vielmehr - obwohl sie gar nicht zuständig war, wie immer wieder vorgetragen wurde - recht eigenständig diese drei Sperren errichtet. Zwar war die Sperre auf der Rampe vorher einmal vereinbart worden, aber zu einem anderen Zweck, in einer anderen Richtung und zu einem anderen Zeitpunkt (20 Minuten vorher). Insbesondere dass man - zum Schutz der eigenen Sperren in den Tunnels - die Leute am Verlassen des Geländes hindern wollte, war wohl kontraproduktiv; denn diese Leute blockierten jetzt zusätzlich den oberen Teil der Rampe.
  Man wollte die Leute nicht am Verlassen des Geländes hintern, sondern sie dazu bringen, das Gelände über die West-Rampe (siehe Abstimmung mit der Feuerwehr) zu verlassen, um Staubildung/Gedränge zu vermeiden.   Es waren auch nicht "eigenständig diese drei Sperren", die die Polizei eigenständig errichtet hat, sondern lediglich die zusätzlichen 2 Sperren im Tunnel.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Mir erscheint dieser Abschnitt des Vorläufigen Abschlussberichts als ein Dokument der Hilflosigkeit, Planlosigkeit und auch Fahrlässigkeit.
  Als mit dynamischen Einsatzlagen nicht vertrautem Nicht-Insider kann man das wohl so sehen.  
Henning Ernst Müller schrieb:

Die  Sperren in den Tunnels geschahen nicht auf Bitten des Veranstalters.
  Stimmt, sie geschahen aber mit Wissen (und vermutlich Billigung) des CrowdManagers.   
Henning Ernst Müller schrieb:
Eine Sperre macht allenfalls  im Westtunnel Sinn, wenn man dann dort die Besucher über die kleine Rampe schickt. Aber es sollte nach allen Konzepten unbedingt vermieden werden, dass ein Stau im Tunnel entsteht. Daher war es fatal, ohne wirklich sichere Schließung der Eingangsschleusen im Tunnel Sperren zu errichten, weil dann natürlich dort Staus entstehen.
  Exakt. Der Knackpunkt ist, dass CM Walter die Eingänge nicht dicht gemacht hatte.  
Henning Ernst Müller schrieb:
Ein Stau auf dem Rampenkopf war ja viel unproblematischer als dort, wo man ihn dann hinverlegt hat: In die Tunnels und auf das untere Rampendrittel. Auch die  Sperre auf der Rampenmitte geschah nicht auf Bitten des Veransatlters.  Bisher war die Geschichte der Polizei: Wir haben auf Bitten des Veranstalters ihn bei der Sperre auf der Rampenmitte unterstützt. Also: Das war nicht unsere Idee, wir haben nur geholfen, ein vielleicht schlechtes Konzept zu verwirklichen. Damit wollte man die Verantwortung für diese Entscheidung von sich schieben.
  An der Sachlage hat sich nichts geändert!  
Henning Ernst Müller schrieb:
Natürlich war die Polizei eigentlich nicht zuständig, natürlich war dies die Veranstaltung von lopavent, und deren Sicherheitzskonzept war ein Unsicherheitskonzept, natürlich wurde das Märchen von den sieben Pushern aufgetischt, natürlich hat die Stadt als Ordnungsbehörde völlig versagt. Aber: Wer fahrlässig handelt, bei dem ist es irrelevant, ob er zuständig ist oder nicht. Möglicherweise gibt es ja eine richtig gute Legitimation für diese Sperren, aber wenn sie nicht in diesem Bericht ist, dann wo?
  Bei den von mir geschilderten taktischen Überlegungen läge "eine richtig gute Legitimation für diese Sperren" vor. Auch dieser vorläufige Abschluss-Bericht stellt nur einen Excerp aus der kompletten Nachbereitung dar.   Ich nehme an, dass die Legitimation im Detaill aus den FEE der eingesetzten Kräfte, des EA/F sowie des Hundertschaftsführers zu finden ist; mit vielen und wenig schmeichelhaften Hinweisen auf CM Walter und seine Mannen.
 
Henning Ernst Müller schrieb:
Es gibt keine vernünftige Erklärung. Ich zweifle überhaupt nicht am guten Willen der Polizei und es ist vorbildhaft, dass in diesem Bericht jedenfalls einige Fakten offenbart werden, was man ja von lopavent und der Stadt Duisburg leider nicht behaupten kann. Aber "gut gemeint" ist leider häufig Kennzeichen einer Fahrlässigkeit.
  Das Urteil halte ich für vorschnell.  
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Hallo Blue,

also wie versprochen, hier meine Sichtweise der Dinge:
 

Multikausale Handlungsstränge

Die Loveparade wurde genehmigt, obwohl sie gar nicht hätte genehmigt werden dürfen. Wie oft gab es das schon, dass eine Großveranstaltung mit derartigen Fehlern genehmigt wurde? Es gab ein katastrophales Massenunglück. Wie oft gab es solche Massenunglücke mit vergleichbarer Ursachenkette schon? Die Rettung verzögerte sich. Das kann sein, aber wie oft ist das der Fall? Seit dem Holocaust ist mir kein Fall bekannt, dass man den Überlebenden einer Katastrophe versucht die Schuld für ihr Leid selber in die Schuhe zu schieben, oder? Obwohl die Staatsanwaltschaft die Opfer entlasten müsste, tut sie es nicht. Warum? Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass alles auf EINMAL eintritt?

Eines ist klar, die Teilnehmer waren es schon einmal nicht. Dann könnte das natürlich einer Verkettung von einem zufälligen multikausalen Handlungsstrang mit einem Gullideckel und aufgrund fehlender ELA sein. Oder es war halt doch nicht alles so zufällig und dann würde ich gerne den Verantwortlichen seiner gerechten Strafe zuführen.

Überkletterer und Abstürze

Die Loveparade gab es seit Jahren und hat gut funktioniert. Meines Wissen hat der Veranstalter gewechselt. Dann ging alles schief, aber die Teilnehmer waren doch fast die gleichen. Sollte mir jemand als Teilnehmer eine Schuld anhängen, so würde ich mich solange selbst anzeigen, bis das genauestens geklärt ist. Sollte ich zufällig eine kleine Menge eines verbotenen Betäubungsmittel bei mir führen, so bekomme ich auch eine kleine Strafe - ich würde aber auf eine ganz intensive strafrechtliche Klärung der Schuldfrage trotzdem nicht verzichten. Insbesondere würde ich meine Tatbeteiligung immer wieder zum Thema machen, bis auch der Letzte begriffen hat, dass ich mit dem EIGENTLICHEN UNGLÜCK nun einmal gar nichts zu tun hatte. Das wäre mir schon eine kleine Strafe wert - zumal das auch ungemein gegen Schuldgefühle hilft.

Ermittlungsarbeit

Wenn sie anfangen eine Ursachenkette zu untersuchen, dann können sie doch selber prinzipiell nie wissen, ob sie gerade an einem entlastendem oder belastendem Detail arbeiten. Ein Beispiel: Wenn sich herausstellt, dass sich die Teilnehmer rücksichtlos aufgeführt haben und bereits vorher randaliert haben, dann mag das so aussehen, als ob ich den Teilnehmern die Schuld in die Schuhe schieben möchte. Das könnt aber auch zum genauen Gegenteil führen, nämlich dass aufgrund dieses Fehlverhaltens die Polizei DOCH die Möglichkeit gehabt hätte, die Veranstaltung abzusagen. Ich SELBER weiß das doch gar nicht - das hier ist doch viel zu komplex.

Ich unterscheide mich von ihrer Meinung dahingehend, dass jede Form der NEUTRALEN strafrechtlichen Verfolgung der Teilnehmer zum genauen Gegenteil (nämlich der Entlastung) führt, was die Katastrophe angeht. Ich will nur nicht darüber diskutieren, ob jemand absichtlich wo hochgeklettert ist, weil ich das halt auch gemacht habe - aus reinem Egoismus und nur wegen der schönen Aussicht - bin ich jetzt ein schlechter Mensch? Mein Gott!!!

Ob die Ermittlungsbehörden das neutral machen werden, weiß ich nicht und ich glaube diese gemeinsame Sorge tragen wir. Ich bin der Meinung die Ermittlungsbehörden könnten die Teilnehmer unter Umständen überfordern, weil sie zu wenig Ahnung von Traumatherapie haben. Es wäre mir lieber, ich könnte mir die Videos mit diesem "fürchterlichen" Verhalten ansehen und ein wenig Aufklärungsarbeit leisten. Das Problem ist, ich finde schon einmal kein fürchterliches Verhalten. Das heißt aber NICHT, dass ich nicht einen gewissen Aggressionsstau sehe, welcher vermutlich der Menschenmassenhaltung in einem zu kleinen Käfig geschuldet ist. Das ist aber schwer erkennbar und ich bin mir deswegen nicht sicher. Da müsste man halt mal die Polizei fragen, wie das aus ihrer Sicht war. Sollte sich tatsächlich Aggression kumuliert haben, so bedaure ich außerordentlich, dass die Teilnehmer diesen nicht bereits vorher am Veranstaltungsgelände entladen haben. Fatal wäre es, wenn man dieses Verhalten indifferent mitverantwortlicht macht, wo es doch vielleicht durch den Veranstalter selbst erzeugt wurde. Bis jetzt weiß ich aber nicht, ob es diesen Aggressionsstau überhaupt gab (wobei Fußballfans immer mit einem zehnmal höheren Pegel bereits ankommen) Wenn man darüber nicht diskutieren darf, dann werden hochbezahlte Gegenanwälte dies überraschend in die Verhandlung einbringen und maximale Wirkung erzielen. Lassen sie uns das Teilnehmerverhalten klären - wovor haben sie Sorge? Ich kann mir kein Szenario mehr ausmalen, wie man den Opfern noch mehr Schaden zufügen könnte, man kann es nur noch besser machen indem man darüber redet. Und falls ich etwas anderes sehe, wie sie, dann SAGEN sie mir bitte das und lassen sie uns das klären.

PS: Und wenn sie der Meinung sind, es wäre besser nicht darüber zu reden, dann sagen sie das. Hier weiß doch keiner mehr genau, wie man das am besten regelt - ich doch auch nicht.

PS: Und was glauben sie wie froh ich wäre, wenn sich endlich jemand melden würde, der mich verbessert und es kompetent übernimmt, die psychologische Aufklärungsarbeit zu leisten.

 

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@Ein Polizist:

Ihr Eintreten für die Kollegen halte ich für aller Ehren wert, aber es überzeugt mich nicht, denn Ihre so selbstverständlich erscheinenden Erklärungen stehen eben NICHT in dem (vorläufigen) Report, obwohl sie dort sicher drin stünden, wenn die Erklärungen so einfach wären wie Sie es sagen.

Ich gehe der Reihe nach vor und beziehe mich jeweils auf Ihre Erläuterungen:

kam mangels Ordner nicht zustande

Steht so nicht im vorl. Abschlussbericht. Warum nicht?

Auch sollte man die Bedeutung des Wörtchens "zunächst" nicht vernachlässigen.

OK. ich vernachlässige es einmal nicht. Kam denn später DIESE Kette aus Ordnern und Polizeikräften auf Bitten des Veranstalters zustande? Wohl nicht. Das "zunächst" bezieht sich m.E. auf die Polizeikette, die dann später zustande kam, und die in dem Bericht anders begründet wird (warum sollte der Bericht insofern unrichtig sein?).

Das ursprünglich mit dem CM Wagner vereinbarte Konzept bleibt dabei erhalten, wird also nicht verworfen, sondern durch die Sperren im Tunnel lediglich ergänzt.  

Wo ich  "statt dessen" lese, lesen Sie ein "außerdem". OK, wir wissen nicht, was genau der Verfasser des Abschlussberichts mit "statt dessen" meinte. Vielleicht meinte er es so, wie Sie sagen und hat sich einfach missverständlich ausgedrückt.

...weil die Ordner, die hauptsächlich diese Sperre bilden sollten, NICHT DA waren

Das sagen Sie, es steht aber nicht im Bericht. Wie gesagt, ich möchte noch einmal daruf hinweisen, dass dies der eigene Bericht der Polizei ist. Warum steht denn da dieses wichtige Faktum nicht drin? Ok, es wurde vergessen, hinein zu schreiben. Aber vielleicht gestehen Sie mir zu, nicht unbedingt "zwischen den Zeilen" zu lesen.

 

Natürlich stimmt die "Geschichte" Sperren auf Bitten des Veranstalters, um ihn bei Maßnahmen zu unterstützen -  zu 100%!! Daran ändert die detailliertere Schilderung der Abläufe nicht im Geringsten etwas.  

Also, die Polizei schreibt schwarz auf weiß und detailliert , wie der Ablauf war: Die Sperren im Tunnel (m.E. fahrlässig!) wurden danach ausdrücklich  ohne Absprache mit dem Veranstalter errichtet. Die Sperre auf der Rampe "zunächst" nicht (Gründe werden nicht genannt; es könnte an fehlenden Ordnern gelegen haben, steht dort aber nicht). Später: Sperre auf der Rampe wird errichtet - aber nicht, um zu verhindern, dass Menschen nach oben gehen (wie vereinbart), sondern dass Menschen nach unten gehen. Jeder mache sich selbst ein Bild und lese diesen Bericht auf S. 22 Mitte und zusätzlich den Auftrag für diese Sperre, wie er auf S. 32 angegeben wird: "Verhindern des Ablaufs von Personen in Richtung Karl-Lehr-Str./Tunnel" Ist das der abgesprochene Auftrag auf Bitten des Veranstalters? Ich hoffe, ich werde jetzt nicht als Analphabet beschimpft, aber ehrlich gesagt, Ihre Interpretatiion kommt mir kaum stimmig vor.

 

Man wollte die Leute nicht am Verlassen des Geländes hintern, sondern sie dazu bringen, das Gelände über die West-Rampe (siehe Abstimmung mit der Feuerwehr) zu verlassen, um Staubildung/Gedränge zu vermeiden.   Es waren auch nicht "eigenständig diese drei Sperren", die die Polizei eigenständig errichtet hat, sondern lediglich die zusätzlichen 2 Sperren im Tunnel.

Nein, es stimmt nun eben nicht, dass man die Leute über die Westrampe schicken wollte. Denn gleichzeitig hatte man (seitens der Polizei!) beschlossen, die Besucher, die am Westeingang hineinkommen, über die Westrampe zu leiten. Dazu S. 32: "16.02 Uhr: Öffnen der westlichen Rampe durch den Veranstalter auf Anregung der Polizei...um den Zugang auf das Gelände über die westliche Rampe zu ermöglichen." Es wäre also widersinnig, zur Vermeidung eines gegenläufigen Stroms auf der einen Rampe nun einen eben solchen auf der anderen zu erzeugen. Im Übrigen ist durch Augenzeugen längst bekannt (und auch hier schon diskutiert worden), dass diese Besucher keineswegs über die Westrampe hinaus geschickt wurden.

Bei den von mir geschilderten taktischen Überlegungen läge "eine richtig gute Legitimation für diese Sperren" vor. Auch dieser vorläufige Abschluss-Bericht stellt nur einen Excerp aus der kompletten Nachbereitung dar.   Ich nehme an, dass die Legitimation im Detaill aus den FEE der eingesetzten Kräfte, des EA/F sowie des Hundertschaftsführers zu finden ist; mit vielen und wenig schmeichelhaften Hinweisen auf CM Walter und seine Mannen.

Ich möchte noch einmal betonen, dass ich mich natürlich nur auf den Abschlussbericht beziehen kann, der mir vorliegt. Ehrlich gesagt halte ich auch überhaupt nichts von spekulativen Argumenten zur Entlastung ("ist bestimmt an anderer Stelle noch besser dargestellt etc."). Was würden Sie als Ermittler davon halten? Zu dem Zeitpunkt übrigens, zu dem die mittlere Sperre errichtet wurde, waren beide Eingänge (Ost und west) bereits seit mehreren Minuten wieder offen.

Wenn es nach Ihnen geht, dann sollen wir also diesen Abschlussbericht, den Sie ja verlinkt haben, nicht ernst nehmen, sondern einfach darauf vertrauen, dass es irgendwo noch andere Fassungen gibt, die das Polizeiverhalten besser erklären. Ehrlich gesagt, haben Sie mich damit nicht überzeugt, meine Skepsis aufzugeben.

Das Urteil halte ich für vorschnell. 

Hier im Blog wird ja nur diskutiert, ein Urteil sprechen andere. Aber die Grundlage der Diskussion ist an dieser Stelle der vorl. Abschlussbericht. Kommt was anderes aus dieser Quelle, werde ich gern meine Meinung ändern.

 

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist:

Ihr Eintreten für die Kollegen halte ich für aller Ehren wert, aber es überzeugt mich nicht, denn Ihre so selbstverständlich erscheinenden Erklärungen stehen eben NICHT in dem (vorläufigen) Report, obwohl sie dort sicher drin stünden, wenn die Erklärungen so einfach wären wie Sie es sagen.

...

 

Ohne jetzt im Einzelnen auf Ihr Vorbringen einzugehen, möchte ich Folgendes zu bedenken geben:

 

Der Bericht stellt nur eine Zusammenfassung der insgesamt wesentlich umfangreicheren Nachbereitung dar, die seit November 2010 vollumfänglich der ermittelnden Staatsanwaltschaft vorliegt.

Der Bericht befasst sich ausschließlich mit dem polizeilichen Handeln, das Agieren anderer Beteiligter wird nur angeführt, sofern es für konkretes polizeiliches Handeln von wesentlicher Bedeutung ist (zB. Hilfeersuchen des CM).

Der Bericht ist auf dem (staatsanwaltlich) begrenzten Wissensstand bis Oktober 2010 erstellt worden. Die bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisse der EG Loveparade (StA und Kripo Köln) sowie wesentliche andere Dokumente und Dateien wurden der Nachbereitungsgruppe des PP Essen zur Auswertung verwehrt

Zitat: "Darüber hinaus wurden beim PP Köln, Ermittlungsgruppe (EG) Loveparade zum Zwecke dieser Nachbereitung weiteres Beweissicherungsmaterial und vorhandene Funkmitschnitte angefordert.
Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Duisburg vom 24.09.2010 wurde mitgeteilt, dass die Übersendung der Unterlagen derzeit nicht erfolgen kann, da hierdurch der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte."

Da bereits sehr früh die Polizeiketten als Ursache allen Übels verdammt wurden, lag natürlich auch früh der Fokus der EG der Kripo und StA auf diesen Sperrmaßnahmen, wodurch erhebliches Beweismaterial in diesem Zusammenhang für die Nachbereitung nicht zur Verfügung stand.

Nochmal: Der Bericht beschränkt sich insgesamt darauf, unkommentiert mitzuteilen, WAS und WIE die Polizei etwas getan hat, weniger das, was andere getan oder unterlassen haben, sofern es nicht unmittelbar für das polizeiliche Tätigwerden von hoher Bedeutung war (CM Walter). Das Handeln oder Unterlassen von Stadt oder Veranstalter, welches ja auch Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen war und ist, findet also grundsätzlich keine Erwähnung in diesem Bericht und wird demzufolge auch grundsätzlich nicht in einen Kontext mit dem polizeilichen Handeln gestellt.

Der Oberstaatsanwalt, ein Prädikatsjurist mit der Befähigung zum Richteramt, kommt im Januar 2011 nach umfangreichen Ermittlungen und Dokumentensichtung (auch des "vorläufigen Abschlußberichtes" vom 31.10.2010) nach Einleitung konkreter Ermittlungsverfahren in seinem Einleitungsvermerk zu dem Ergebnis:

"Im Zusammenhang mit der Errichtung von Polizeiketten im Tunnel- und Rampenbereich ergab sich kein Anfangsverdacht für Sorgfaltspflichtverletzungen."

Diese Einschätzung wurde durch den Generalstaatsanwalt im Mai 2011 dem MIK Jäger nochmals bestätigt mit dem zusätzlichen Hinweis, dass gegen weitere Polizeibeamte nicht ermittelt werde und das auch nicht beabsichtigt sei.

Also darf man wohl davon ausgehen, dass sich in den Unterlagen, die der Nachbereitungsgruppe nicht zur Verfügung standen, die Hinweise und Belege finden, die die Staatsanwaltschaft zu deren Einschätzung brachten. Einen möglichen (einsatz-taktischen) Hintergrund habe ich zur Diskussion gestellt.

 

P.S.: Dieser Satz "Ehrlich gesagt halte ich auch überhaupt nichts von spekulativen Argumenten zur Entlastung" hat mich, ehrlich gesagt, erheitert. Was halten Sie denn von den ständig vorgebrachten spekulativen Argumenten zur BE-lastung ?

 

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@Ein Polizist:

Die Befähigung zum Richteramt muss jeder Staatsanwalt und jeder Rechtsanwalt haben, da sie mit dem zweiten jur. Staatsexamen erworben wird, das wiederum Voraussetzung für Anwaltsberuf und Staatsanwaltschaft ist. Ein Prädikatsexamen ist schon eine tollere Sache, bewahrt aber leider auch nicht vor Fehlentscheidungen, ebenso wenig ein Doktorgrad :-); auch der Professorenberuf kann leider nicht davor bewahren, muss ich eingestehen. Auf dieser Ebene, fürchte ich,  sind wir eben alle nur Menschen. Aber Danke für Ihre Hochachtung vor Prädikatsjuristen. Andererseits lasse ich mir natürlich ungern sagen, jemand, der  nicht Polizeitaktiker sei, könne eben so einen Bericht nicht richtig lesen/verstehen, aber der OStA natürlich schon, denn der habe ja ein Prädikat.

Da bereits sehr früh die Polizeiketten als Ursache allen Übels verdammt wurden, lag natürlich auch früh der Fokus der EG der Kripo und StA auf diesen Sperrmaßnahmen, wodurch erhebliches Beweismaterial in diesem Zusammenhang für die Nachbereitung nicht zur Verfügung stand.

Vielleicht lag es ja auch daran, dass zunächst die Einrichtung dieser Sperren von Polizeivertretern schlicht geleugnet wurde und man dann sagte, sie seien auf Bitten des Veranstalters eingerichtet worden und dann Ende Oktober im vorl. Abschlussbericht für die Mittelrampensperre wieder ein anderer Grund genannt wird. Zugleich aber wurde/wird durchgehend vorgetragen, die Polizei sei auf der Rampe gar nicht zuständig gewesen, Ordnungsbehörde sei schließlich die Stadt Duisburg. Von einer Einbeziehung der Ordnungsbehörde für die Entscheidung, Sperren zu errichten, steht aber im Abschlussbericht gar nichts. Also haben dafür unzuständige Kräfte diese Sperren errichtet - ist das ernsthaft Ihr Argument?

Dann wiederum: Wenn es so entscheidend war (und das war es!), dass die Eingänge wirklich dicht sind, warum hat man dann nicht Polizeikräfte zur Verstärkung an die Eingänge geschickt? Oder hat man sogar Kräfte von dort abgezogen, wie es andernorts heißt?

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: es kann durchaus sein, dass - aus welchen Gründen auch immer - eine Sorgfaltspflichtverletzung, die zu den Todesfällen führte, durch die Sperren nicht nachgewiesen werden kann, insofern bleibt diese Diskussion hier ja immer notwendig spekulativ.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

@Ein Polizist:

Die Befähigung zum Richteramt muss jeder Staatsanwalt und jeder Rechtsanwalt haben, da sie mit dem zweiten jur. Staatsexamen erworben wird, das wiederum Voraussetzung für Anwaltsberuf und Staatsanwaltschaft ist. Ein Prädikatsexamen ist schon eine tollere Sache, bewahrt aber leider auch nicht vor Fehlentscheidungen, ebenso wenig ein Doktorgrad :-); auch der Professorenberuf kann leider nicht davor bewahren, muss ich eingestehen. Auf dieser Ebene, fürchte ich,  sind wir eben alle nur Menschen. Aber Danke für Ihre Hochachtung vor Prädikatsjuristen.

 

War mir, ebenso wie Ihnen, alles bekannt.

Ich gehe aber davon aus, dass meine Antworten (an Sie) auch von denen gelesen werden, die es nicht wissen/wussten.

Es wäre nicht zum ersten mal zu lesen, dass man Staatsanwälte ob ihrer Weisungsgebundenheit und relativ geringer Besoldung als zweit- oder drittklassig ansieht. In die Nähe zur Kumpanei mit der Polizei werden sie eh regelmäßig gerückt, vor allem dann, wenn sie in Ermittlungsverfahren, in denen Polizisten im Fokus stehen, zum Ergebnis kommen, NICHT anzuklagen. (zB. Fall Eisenberg...)

 

Da das "Prädikatsexamen" in den meisten Bundes-Ländern bei Juristen bereits mit einer befriedigenden Leistung beginnt, hält sich meine Hochachtung ziemlich in Grenzen.

Als "Silberrücken" weiss ich: Auch die kochen wie alle (mich eingeschlossen) nur mit Wasser...

Sie haben mich also missverstanden.

Henning Ernst Müller schrieb:

Andererseits lasse ich mir natürlich ungern sagen, jemand, der  nicht Polizeitaktiker sei, könne eben so einen Bericht nicht richtig lesen/verstehen, aber der OStA natürlich schon, denn der habe ja ein Prädikat.

Wo hätte ich das getan?

Ihre beachtliche und äußerst respektable wissenschaftliche Karriere ist mir durchaus bekannt; Prädikatsexamen dürften dafür wohl zwingende Voraussetzung sein.

Sie haben sich auch (praktisch) mit Polizei- und Einsatztaktiken beschäftigt ?

Was ich geschrieben habe, ist, dass dem OStA alle Unterlagen, Dokumente, Videos etc. zu Verfügung standen und stehen und nicht nur, wie uns hier, lediglich ein unter Zeitdruck mit begrenzt zu Verfügung stehendem Material gefertigter vorläufiger Abschlussbericht.

Ich denke, der Hinweis darauf war berechtigt, um spekulativer Argumentation aufgrund unvollständiger Informationen vorzubeugen.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Da bereits sehr früh die Polizeiketten als Ursache allen Übels verdammt wurden, lag natürlich auch früh der Fokus der EG der Kripo und StA auf diesen Sperrmaßnahmen, wodurch erhebliches Beweismaterial in diesem Zusammenhang für die Nachbereitung nicht zur Verfügung stand.

Vielleicht lag es ja auch daran, dass zunächst die Einrichtung dieser Sperren von Polizeivertretern schlicht geleugnet wurde ...

So?  Mir ist nicht bekannt geworden, dass Polizeivertreter etwas geleugnet hätten, was auf hunderten von Videos zu sehen ist. Das ist schon eher die Spezialität anderer.

Mir ist nicht bekannt, dass der Volljurist (mit Pädikat ;-)) und stellvertretende Polizeipräsident Detlef von Schmeling die Existenz von Polizeiketten (in der PK am Sonnatg danach) geleugnet hätte.

In der Pressekonferenz am 28.07.2010, also 4 Tage nach der Katastrophe, haben MIK Jäger und Inspekteur Jäger zu den Sperrketten Stellung genommen und Kartenmaterial dazu vorgestellt.

Henning Ernst Müller schrieb:
...und man dann sagte, sie seien auf Bitten des Veranstalters eingerichtet worden...

... was nach wie vor so richtig ist...

Henning Ernst Müller schrieb:
...und dann Ende Oktober im vorl. Abschlussbericht für die Mittelrampensperre wieder ein anderer Grund genannt wird. Zugleich aber wurde/wird durchgehend vorgetragen, die Polizei sei auf der Rampe gar nicht zuständig gewesen, Ordnungsbehörde sei schließlich die Stadt Duisburg.

..was nach wie vor so richtig ist...

Henning Ernst Müller schrieb:

Von einer Einbeziehung der Ordnungsbehörde für die Entscheidung, Sperren zu errichten, steht aber im Abschlussbericht gar nichts. Also haben dafür unzuständige Kräfte diese Sperren errichtet - ist das ernsthaft Ihr Argument?

Sehen Sie, die Idee für zur Voll-Sperrung des Zugangs zum Gelände und die Bitte um Unterstützung zur Durchsetzung kam vom CrowdManager.

Der war für den Veranstalter tätig, zuständig und verantwortlich. Die Sperrung der Einlässe wollte/sollte er mit seinem Personal bewerkstelligen. Als "Chef im Ring" wäre es doch wohl auch zuvörderst seine Aufgabe gewesen, 'seinen' Stab und die OB zu informieren bzw. eine TK zu initiieren, meinen Sie nicht auch?

Ausserdem ist CM Walter relative Autonomie eingeräumt worden. Ich spekuliere jetzt mal: vielleicht durfte er ohne Rückkoppelung bis zu 10min. eigenständig sperren?

Nebenbei: Es ist kein "Abschlussbericht", sondern expressis verbis ein "vorläufiger Abschlußbericht". Das sollten Sie als juristischer Hochschullehrer nicht unterschlagen.

Henning Ernst Müller schrieb:

Dann wiederum: Wenn es so entscheidend war (und das war es!), dass die Eingänge wirklich dicht sind, warum hat man dann nicht Polizeikräfte zur Verstärkung an die Eingänge geschickt? Oder gar Kräfte von dort abgezogen, wie es andernorts heißt.

 

Schauen Sie sich mal die Tabbel im Bericht an, dann sehen Sie, dass die gegen 16:00 h im Bereich vor den Vereinzelungsanlagen alle Hände voll mit anderem zu tun hatten.

Die ominöse 17. Kamera, und ich denke, polizeiliche Beweissicherungsvideos, könnten da zusätzliche Aufklärung schaffen. Und ich gehe davon aus, dass der OStA die Inhalte kennt...

Henning Ernst Müller schrieb:
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: es kann durchaus sein, dass - aus welchen Gründen auch immer - eine Sorgfaltspflichtverletzung, die zu den Todesfällen führte, durch die Sperren nicht nachgewiesen werden kann, insofern bleibt diese Diskussion hier ja immer notwendig spekulativ.

 

ach... Das gilt sicher bi- bzw. multilateral?  :-)

Was das Nicht-Nachweisen-Können in Sachen Sperren betrifft, warte ich gespannt, aber in aller Unaufgeregtheit auf das Gutachten des Briten.

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@Ein Polizist, Sie schreiben

Mir ist nicht bekannt, dass der Volljurist (mit Pädikat ;-)) und stellvertretende Polizeipräsident Detlef von Schmeling die Existenz von Polizeiketten (in der PK am Sonnatg danach) geleugnet hätte.

Natürlich werden Sie es  nicht "leugnen" nennen, aber was Herr Schmeling in der PK am 25.07. (ab Minute 27.00) gesagt hat, war schon hart am Rande dessen. Hier ein Link, falls Sie es nochmal prüfen möchten.

 

 

@Prof. Müller, @Ein Polizist

Ich muss Prof. Müller beipflichten, auch ich habe an der Stelle "Zu dem Einrichten dieser Sperrkette mit diesem Auftrag kam es zunächst nicht" gestutzt. Einen Satz oder Halbsatz zur Begründung kann man auch in einem vorläufigen Abschlussbericht schon erwarten. 

Was mir aufgefallen ist: Der "Punkt 1.3.1 Kräfte" ist doch reichlich dünn. Wenn der Bericht, wie es im Vorwort heisst , "Entscheidungen und Handlungen der Polizei betrachtet" dann fällt ins Auge, dass der Einsatzabschnitt Reserve komplett ausgeklammert wurde. Es wird kein Wort über die in Reserve stehenden Kräfte verloren; nichts zur Stärke, nichts zu einem evtl. anderweitigen Einsatz. Das macht mich ein wenig stutzig, da der Kräftemangel auf dem Gelände doch DAS polizeichliche Problem in der heißen Phase schlechthin war. Auch die Aussagen des Abschnittsleiters im Spiegel-Interview verdeutlichen das. Das sollte auch polizeiintern im Oktober letzten Jahres schon bekannt gewesen sein. Im Übrigen war es ja auch ein wichtiger Aspekt der Pressekonferenz von Jäger/Wehe am 28.07.10 - zumal ich die Kernaussage "Kein Mensch will zu viel Polizei auf dem Veranstaltungsgeländes sehen" und "Warum soll die Polizei Kräfte für Aufgaben des Veranstalters vorhalten?" nach wie vor für richtig halte.

 

Ich teile auch die Einschätzung von Prof. Müller, dass es sich bei dem Bericht um "Dokument der Hilflosigkeit, Planlosigkeit und auch Fahrlässigkeit" handelt. Dass der Abschnittsleiter fast vollkommen hilflos war, wird ja auch durch die Aussagen im Spiegel-Interview deutlich. Nur, warum war er das? Wer hat ihn in diese Situation gebracht? Er hat gehandelt und er hat möglicherweise falsch gehandelt. Aber: Gab es irgendwelche adäquaten Massnahmen, die in seiner Entscheidungskopetenz standen und die geeignet gewesen wären, das Unglück zu verhindern?

 

Nehmen wir doch nur mal an, die Massnahmen des Abschnittsleiters hätten gegriffen. Man hätte in 20 bis 30 Minuten den Pfropf am Rampenkopf auflösen können .. und dann? Für den Rest des Abends hätte man ständig gleichartige Situationen vorgefunden. Nein, die einzig zielführende Entscheidung wäre es gewesen, die Veranstaltung zu beenden und das bereits irgendwann zwischen 14.00 und 16.00 Uhr.

Was mich noch stutzig macht, dass der Bericht angeblich "im Einsatz gewonnene Erfahrungen aufzubereiten und für zukünftige polizeiliche Einsätze zur Verfügung zu stellen" und "der Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung polizeilicher Arbeit" dienen soll. Wie in Gottes Namen soll dieses Ziel denn mit diesem Bericht erreicht werden? Wo sind die kritischen Fragen, ein Fazit, die Empfehlungen für zukünftige Ereignisse? Nada, nichts. Das sind die gleichen Worthülsen, die uns auch der Verantstalter präsentiert hat.

Der Bericht soll schlicht und ergreifend von strategischen Fehlentscheidungen auf höchster Entscheidungsebene ablenken .. sonst nichts. Sehr enttäuschend.

 

 

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eine Detailbeobachtung
zu
Multikausale Handlungsstränge

nach der Einberufung der Polizeikette im unteren Rampenbereich
an der ominösen "10m" breiten TeilnehmerZählstelle.

war diese zunächst für abgehende Besucher noch offen.
aber durch vereinzelt aus denn Tunnel Nachkommende,die auf das Veranstalltungsgelände wollten, wurde dieser Abfluß von oben immer mehr behindert.
und war "auch" dadurch um 16.13 Uhr vollständig unterbrochen.

ersichtlich durch Beobachtung der Kamera 13 Lopavent

dadurch kam es zu dieser Verdichtung in diesem Szenario.

Ein Verhalten von Verkehrsteilnehmen "Fußgängern" das an jeder Bus, Trambahn, U-Bahn Haltestelle tagtäglich beobachtet werden kann.
Dass diejenigen die Reinwollen, die Rauswollenden, behindern oder blockieren.

mffffgggg

 

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