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dexnalry kommentierte zu Eigene Anspruchsbegründung für die Streitwertfestsetzung maßgeblich
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Immerhin scheint das LKA Berlin die Vorwürfe ernst zu nehmen. Auch hat der Polizeipräsident, der sich seit längerem für Namensschilder bei seinen Beamten einsetzt, diese Pläne erneut bestätigt (Quelle).
Dass die Berliner Polizei an einer Aufklärung interessiert ist, ergibt sich auch aus diesem Bericht der Berliner Morgenpost (Quelle)
Nun heißt es zur Entlastung der Fahnder (bei Spiegel-Online): "Wie sich herausstellte, war der Mann unter anderem wegen dieses Videos bereits 1994 rechtskräftig verurteilt worden. Neue Straftaten lägen definitiv nicht vor, sagte der Sprecher der Rostocker Staatsanwaltschaft, Peter Lückemann, am Mittwoch. Dies habe aber zu dem Zeitpunkt keiner der Ermittler wissen können." und "Das Material, das die Fahndung ausgelöst hatte, war nach Angaben des Staatsanwalts auf einem nicht näher bezeichneten Computer in Erfurt aufgetaucht. Es sei vom BKA völlig korrekt gewesen, die Fahndung einzuleiten."
Ich bin ehrlich gesagt mit dieser Wertung nicht ganz einverstanden. Bei irgendeinem Pädophilen wird auf dem Computer ein kinderpornographischer Film gefunden, auf dem auch das Gesicht des mutmaßlichen Täters zu sehen ist. Laut Videodatum ist der Film 16 Jahre alt. Gestern hieß es noch:
"Nachdem alle bisherigen Fahndungsmethoden nicht zur Identifizierung eines Verdächtigen geführt haben, entschied sich das BKA auf Antrag der Staatsanwaltschaft Gießen nun zu einer Öffentlichkeitsfahndung. Die Ermittler erhoffen sich Hinweise aus der Bevölkerung auf den Gesuchten."(Quelle)
Wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht und man kann nur hoffen, dass im Umfeld des gestern noch Verdächtigten nicht alles Porzellan zerschlagen wurde. Aber eine kritische Nachfrage sei erlaubt: Zu den bisherigen Fahndungsmethoden gehörte also offenbar nicht die Herbeizeihung der Akten bzw. ein Datenabgleich mit eventuell wegen Tatzeit im Jahr 1993 (Videodatum) verurteilten Tätern oder die Ermittlung danach, ob dieses Video schon einmal in einem Strafverfahren Verwendung gefunden hat? Soll das heißen, dass jeder längst verurteilte Täter noch Jahrzehnte nach der Tat damit rechnen muss, dass sein Abbild durch alle Medien verbreitet wird und zwar als aktuell verdächtiger und gefährlicher "Kinderschänder"? Tatsächliche Anhaltspunkte für eine aktuelle Tat dieses Mannes gab es nicht. War die einleitung der Fahndung wirklich "völlig korrekt"? Hätte hier die StA Gießen nicht etwas kritischer prüfen sollen?
Jedenfalls wird durch eine solche "Panne" das Vertrauen in das BKA und die StA nicht gerade gestärkt.
Mindestens ebenso peinlich ist die Reaktion des online-portals der WAZ-Mediengruppe, der westen. Dort wird unter dem Titel "Kinderschänder mit den eigenen Waffen schlagen" die BKA-Fahndung trotz der Panne ausdrücklich gelobt:
"Trotz alledem beweist dieser Fall einmal mehr, dass die Strategie aufgeht. Die Öffentlichkeitsfahndung hat nach Auskunft der Staatsanwaltschaft in Rostock großen Erfolg"
Die Strafzwecke "Sühne" oder "Vergeltung" spielen aus gutem Grunde seit ca. 100 Jahren im Jugendstrafrecht keine Rolle mehr: Die höheren Strafen sind schädlich (das heißt, sie führen zu höherer Rückfallgefahr). Kein Wunder, dass man kaum einen einzigen Experten des Jugendstrafrechts und der Kriminologie finden wird, der mit den CSU-Vorschlägen zum Jugendstrafrecht übereinstimmt. Man traut sich leider kaum angesichts solch tragischer und schlimmer Ereignisse (die auch mich wütend machen), den sich zu Sühne-Experten aufschwingenden Politikern deutlich entgegenzutreten, aber die von ihnen propagierten höheren Strafen werden nicht nur nicht wirksam sein, sondern sie werden das Gegenteil des erwünschten Effekts erzielen.
Ich weiß, dass ich mir im Folgenden den Vorwurf zuziehe, die Straftat in München/Solln zu verharmlosen - dies ist keineswegs meine Absicht und natürlich muss alles getan werden, um solche Taten künftig zu verhindern. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass keiner der Vorschläge, die jetzt gemacht werden, geeignet ist, solche Taten wirklich zu 100% auszuschließen. Worauf wir einwirken können, sind - wie auch etwa hinsichtlich wirtschaftlicher Fragen - die "Rahmenbedingungen", also in Erziehung, in Schule, in Alkoholprävention, in Jugendhilfe und Angeboten für "schwierige" Fälle, Lehrstellenangebote, Integrationsleistungen. Entsprechende Wirkungen können nur statistisch aufgezeigt werden, nicht an Einzelfällen - die wird es leider immer geben. Leider ist es nun so, dass gravierende Einzelfälle wie der jetztige und die im vergangenen Jahr in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, hier sei eine Zunahme dieser Delikte zu verzeichnen, man müsse sich gegen eine "Gewaltflut" der Jugendlichen wehren, es müsse "endlich" etwas getan werden, zur Not mit höheren Strafen. Dieser Eindruck ist aber falsch. Es wird bereits etwas getan und dies zeigt auch durchaus Wirkung. Ich möchte dazu eine unverdächtige Quelle nennen, nämlich das Polizeipräsidium München, speziell zu Gewaltdelikten im Öffentlichen Nahverkehr - es geht um das Jahr 2008:
"Wie im gesamten Stadtgebiet, wurde auch im ÖPNV wesentlich weniger Gewaltkriminalität
registriert. Insgesamt zählten wir 251 (326) Gewaltdelikte, 75
Fälle oder 23,0 % weniger als im vergangenen Jahr. Diese positive Entwicklung
dürfte nicht zuletzt auch der erhöhten polizeilichen Präsenz zuzuschreiben
sein. Der Anteil an allen Delikten im ÖPNV verringerte sich damit auf
2,6 % (3,4 %)." (Polizeipräsidium München, Sicherheitsreport 2008, S. 22, Hervorhebung von mir)
"Noch deutlicher nahm die Gewaltkriminalität im U-Bahnbereich ab. Es wurden
142 (193) Delikte angezeigt, 51 Fälle oder 26,4 % weniger als im Jahr 2007.
Leider wird der insgesamt gute Sicherheitszustand immer wieder durch einzelne,
Aufsehen erregende Taten beeinträchtigt." (ebenda, S. 22)
"Die Deliktsstruktur der Taten im öffentlichen Personennahverkehr unterscheidet
sich deutlich gegenüber den Straftatenanteilen im Allgemeinen. So sind
anteilsmäßig weniger Rohheitsdelikte (-5,7 %-Punkte) und Diebstähle
(-19,4 %-Punkte) erfasst." (ebenda, S. 23)
Die Polizei hat also etwas getan und es hat - jedenfalls nach allem was wir wissen - auch positive Wirkung in der Sicherheitssituation, bisher bezogen auf die U-Bahn, künftig wahrscheinlich auch in der S-Bahn. Aber natürlich kann nicht an jedem Bahnhof jederzeit und auch nicht in jedem Waggon eine Streife unterwegs sein, weshalb auch in Zukunft solche Fälle nicht ganz verhindert werden können. Aber: Gutes Personal ist teuer. Und da sind wir beim Kern der Forderung nach höheren Strafen: Diese ist sehr billig und erzielt beim Wahlvolk trotzdem eine gute Wirkung: "Wir tun etwas gegen Gewalt, die anderen Parteien nicht."
Schon an anderer Stelle habe ich angeführt, dass der in der Öffentlichkeit bestehende (zum Teil auch gezielt erzeugte) Eindruck, die Jugendgewalt nehme "überhand" und man müsse nun endlich etwas tun, nicht zutrifft. 2008 sind - im Hellfeld! - auch diese Zahlen (leicht) rückläufig.
Sehr geehrte Mitdiskutanten,
die Qualität von Anwälten ist ja hier nicht das Thema, aber weder (regionaler) Bekanntheitsgrad noch unbedingt einzelne Schriftsätze dürften als einziger Maßstab zweckdienlich sein.
@mediationsverweigerer (#4): Ihre Sichtweise des Videos erscheint mir doch etwas eigenwillig, besonders dieser Teil erscheint mir kaum realitätsbezogen:
"Jetzt wird eine Frage sein, ob der schlagende Polizeibeamte irrtümlich hier nicht von einem Angriff des Radfahrers ausging."
Offenbar sieht es auch die Berliner Polizei etwas anders, hier ein Bericht des Tagesspiegel.
Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller
Soeben wurde eine Presseerklärung des "Opfers" der Polizeiaktion veröffentlicht.
Interview des BR mit einem Freund des Getöteten mit wahrscheinlich der wichtigsten Konsequenz aus diesem Fall.
Sehr geehrter Herr v. Heintschel-Heinegg,
der Mann hat sich vorbildlich verhalten. Leider ist ein solcher erschütternder Fall geeignet, die ohnehin bestehende Zurückhaltung, in der Öffentlichkeit so couragiert zum Schutz von Mitmenschen feigen Angriffen entgegen zu treten, noch zu verstärken. Den eigenen Tod zu riskieren, das ist kaum zumutbar.
Die bayerische Justizministerin Beate Merk nahm den Fall zum Anlass, erneut höhere Strafen zu fordern und erweiterte Videoüberwachung. Die taz schreibt, mit solchen Forderungen werde das Opfer missbraucht, zumal keine der Forderungen im vorliegenden Fall geholfen hätte. Natürlich ist die Strafforderung aus dem "Sühne"-Gedanken heraus emotional nachvollziehbar. Diesen im Jugendstrafrecht in den Vordergrund zu stellen, würde gleichwohl einen Paradigmawechsel bedeuten, den man nicht spontan in Reaktion auf Einzelfälle angehen sollte.
Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller
Lieber Herr Zosel, gerade habe ich per hand etwa 10 gleichlautende und gleichzeitige (heute nacht 0.49) eindeutig computergenerierte Spam Kommentare (der Firma achete cialis) in einem Beitrag vom Februar 2009 gelöscht. Der Text bestand nur aus wirren links.
Danke für Ihren Link. Hier noch ein aktuelles Interview mit Michael Buback zur Entscheidung von Schäuble auf Zeit-online.
Und hier ein Bericht in jetzt.süddeutsche , in dem für die Vermutung argumentiert wird, Gabriele Kröcher-Tiedemann (gestorben 1995) sei an dem Buback-Mord beteiligt gewesen.
Sehr geehrter Herr v. Heintschel-Heinegg,
meines Erachtens verkennt der Bundesinnenminister die verfassungsrechtlichen Implikationen seiner Sperrerklärung und beachtet bei seiner Abwägung nicht die durch das BVerfG (E 57, 250 ff.) aufgestellten Maßstäbe. Herr Schäuble müsste nämlich die Geheimhaltungsinteressen (das mit der Geheimhaltung geschützte "Wohl der Bundesrepublik", also nicht lediglich das Interesse des Verfassungsschutzes daran, dass seine Machenschaften im Jahr 1977 nicht ans Licht kommen) abwägen gegen das Wahrheitsfindungsinteresse des Strafprozesses, wobei die Schwere der Straftat eine entscheidende Rolle spielt. Bei Mordermittlungen (und erst recht, wenn es zur Hauptverhandlung kommt) geht es um die schwerste Straftat des StGB, weshalb das Aufklärungsinteresse ganz besonders hoch einzustufen ist. Demgegenüber ist kaum denkbar, dass ein Vorrang der Geheimhaltung von Vorgängenbestehen bleibt, die vor über 30 Jahren stattfanden - die RAF ist schließlich längst Geschichte, auch von irgendwelchen verspäteten Racheaktionen hat man bislang nichts gehört.
Worauf Schäuble wohl abstellen will, ist der (angeblich) geringe Stellenwert der Akteninhalte für die aktuellen Ermittlungen, weshalb er ja der Bundesanwaltschaft einen Vorab-Blick in die Akte gewähren will. Sicher, der Stellenwert des Beweismittels wird auch vom BVerfG als Kriterium genannt, aber wie aus dem Fall Astrid Proll bekannt ist, ist die Einschätzung der Behörden hier nicht immer vertrauenswürdig: Die Verfassungsschutzbehörden hatten damals einen Observationsbericht für geheimhaltungsbedürftig gehalten und dessen Stellenwert für den Prozess gegen Proll als gering eingestuft. Eine neue Hauptverhandlung mehrere Jahre später führte gerade aufgrund dieses Berichts zum Freispruch vom Vorwurf des Mordversuchs (vgl. Preuss, StV 1981, 312 f.).
Den Stellenwert des Beweismittels kann letztlich nur das Gericht richtig beurteilen, und, insofern hat JLloyd Recht, die Akten, die das Gericht vorliegen hat, müssen auch der Verteidigung vorgelegt werden. (Allerdings könnte es ja hier so sein, dass die Verteidigung gar nicht so sehr an der Öffnung der Akten interessiert ist.) Jedenfalls entspricht es nicht einer rechtsstaatlichen Verfahrensweise, wenn die Bundesanwaltschaft die im Übrigen geheim gehaltenen Akten vorgelegt bekommt, um sich dort die "Rosinen" herauszupicken, die Frau Becker belasten.
Vgl. zu Sperrerklärungen und ihrer Bedeutung für die Verteidigung im Strafprozess (bitte um Verzeihung für ein bisschen Eigenwerbung): Henning Ernst Müller, Behördliche Geheimhaltung und Entlastungsvorbringen des Angeklagten, Tübingen 1992)
Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller
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