Fall Mollath - was sind die Fehler der bayerischen Justiz? (mit Update 21.11.)

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 14.11.2012

Heute Mittag will sich die bayerische Justizministerin Beate Merk erneut im Landtag zum Fall Mollath äußern. Nach den Fernseh (Report Mainz)- und Presseberichten (SZ, Stern) soll es "eng" für sie werden. Politisch will ich das nicht beurteilen, aber eine nähere Prüfung der bekannt gewordenen Fakten legt doch einige Fehler der Justiz nahe, die schnellstmöglich aufgeklärt werden sollten.

Mollath ist seit Jahren in verschiedenen forensisch-psychiatrischen Kliniken untergebracht. Grundlage dafür ist ein Urteil des LG Nürnberg-Fürth, das ihn wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 20 StGB vom Tatvorwurf (Körperverletzung, Freiheitsberaubung und  Sachbeschädigung) freisprach. Zudem wurde er nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, da ihm eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit attestiert wurde.

Betrachtet man sich das Urteil (rechtskräftig seit Februar 2007)  und die einzelnen Schriftsätze und Unterlagen, die Unterstützer des  Betroffenen auf einer Website faksimiliert eingestellt haben, stellen sich  folgende Fragen:

Auffällig an den Urteilsgründen ist, dass das Gericht den  Tatvorwurf Körperverletzung allein auf die Angaben der Ehefrau stützt, deren Strafanzeige erst 15 Monate nach der (angeblichen) Tat vom August 2001 erfolgte. Es wird bei der Beweiswürdigung nicht einmal auf diesen, bei einem derart schweren Tatvorwurf (Würgen fast bis zur Bewusstlosigkeit) doch ungewöhnlichen, Umstand eingegangen. Aber vielleicht kein Wunder: Das Urteil nennt gleich in der ersten Zeile der Gründe ein falsches (um drei Jahre abweichendes) Datum der Tat.

In der Würdigung der Zeugenaussage der Ehefrau nicht erwähnt wird auch der damals erhobene Vorwurf an seine Ehefrau, sie habe für Kunden der HVB Schwarzgeld in die Schweiz geschafft. Dies wäre immerhin ein Motiv dafür, ihren  Mann falsch zu beschuldigen, er habe sie geschlagen und gewürgt und sei überdies nicht ganz zurechnungsfähig. Bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen hätte  sich das Gericht mit der Hypothese, die Anschuldigung der Ehefrau sei falsch, zumindest auseinandersetzen müssen. Aber in den Urteilsgründen wird die Schwarzgeldaffäre pauschal als „Fixe Idee“ des Angeklagten bezeichnet und damit in den Bereich der Phantasie verwiesen. Die Tat selbst wird bei der Begründung des § 20 StGB als Folge eines "wahnhaften Erlebens" dargestellt, wobei der angebliche Wahn sich eben auf die Schwarzgeldaffäre bezogen haben soll.

Die im Prozess erhobene Strafanzeige gegen seine Frau enthielt konkrete Angaben mit Namen, Beträgen und schweizerischen Konten. Viel konkreter hätte man es nicht darstellen können; nach  juristischen Kriterien begründeten diese Angaben zumindest einen Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu.  Gegen die Nürnberger Staatsanwältin, die ein Strafverfahren im Jahr 2004 mit offenbar fehlerhafter Begründung gar nicht erst eingeleitet hat (Faksimile der Mitteilung findet sich auf der Website), liegt damit meines Erachtens möglicherweise selbst der Anfangsverdacht einer Strafvereitelung im Amt vor. Allerdings dürfte dieser Vorwurf mittlerweile ohnehin verjährt sein, ebenso wie evtl. strafrechtliche Vorwürfe gegen die Ex-Ehefrau des Herrn Mollath und ihre Kollegen, die geholfen haben sollen, Geld in die Schweiz zu schaffen.

Wie das Urteil gingen die psychiatrischen Gutachten davon aus, dass (zumindest) ein maßgebliches Thema des "Wahns" bzw. der "Paranoia" des Herrn Mollath ein von seiner Frau mitbetriebenes Schwarzgeldsystem sei. Offenbar folgten die Gutachter damit dem von der Justiz erzeugten Eindruck, diese Vorwürfe seien insgesamt nur Hirngespinste des Herrn Mollath.  Der Prüfbericht der HVB, schon 2003 – also bereits vor dem Urteil! -  erstellt, aber erst jetzt bekannt geworden, zeigt aber wohl nach den Presseberichten, dass diese Vorwürfe in der Tat Substanz hatten. Ob dies eine völlig andere Würdigung der angeblichen Gefährlichkeit des Herrn Mollath zwingend mit sich bringt, lässt sich derzeit nicht beurteilen. Dass die Justizministerin aber nun  behauptet, die jetzt zum Teil bestätigten Vorwürfe das Schwarzgeld betreffend und die Gefährlichkeit des Herrn Mollath seien völlig unabhängig voneinander, ist bei objektiver Würdigung nicht nachvollziehbar.

Vielleicht wurde die Justizministerin von den ihr unterstellten Behörden fehlinformiert. Die Justizministerin täte aber gut daran,  die Sachbearbeitung durch die Nürnberger Staatsanwaltschaft selbst zu untersuchen bzw. einmal von unabhängiger Seite  untersuchen zu lassen - das ist ihre Verantwortung.

Man kann nicht ausschließen, dass zur Tatzeit bzw. zum Zeitpunkt der Urteilsfindung durchaus eine die Schuld ausschließende psychische Störung oder Erkrankung vorgelegen hat oder noch vorliegt. Aber eine akute Gefährlichkeit für die Allgemeinheit pauschal zu bejahen, obwohl die zugrundeliegenden Taten zum Urteilszeitpunkt schon etliche Jahre zurücklagen, ohne dass der in Freiheit befindliche Mann weiter mit aggressivem Verhalten aufgefallen wäre, erscheint mir fraglich. Zumal die (angeblichen) Taten zu Lasten seiner Frau vor dem Hintergrund der sich bestätigenden Schwarzgeld-Vorwürfe in einem ganz anderen Licht erscheinen. Zumindest findet sich kaum einmal eine plausible Prüfung der Verhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung. So sieht es offenbar auch die Menschenrechtsbeauftragte der bayrischen Landesärztekammer.

Dies ist ein Vorwurf (vielleicht der schwerste) an die Justiz: Kennt man dort den strikten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 62 StGB? Wurde hier  - entgegen den gesetzlichen und menschenrechtlichen Vorgaben - nur routinemäßig die jeweils weitere Unterbringung geprüft und schlicht deshalb verlängert, weil sich der Untergebrachte einer Therapie verweigert?

Update: Frau Staatsministerin Merk im längeren Interview mit Report Mainz. (youtube-Link, ARD-Link)

Update: Die Landtagsdebatte am 15.11.  im Video.

Ergänzung (20.11.): Protokoll Rechtsausschuss vom 8.3.2012

Der Prüfbericht der HVB ist mittlerweile im Internet verfügbar.

Update (19.11.): In einem Bericht der SZ von heute morgen wird dieser Artikel auszugsweise (fragmentarisch)  zitiert. Daraufhin gab es in einem weiteren Bericht der SZ von heute abend bzw. morgen (ganz unten) auch eine Reaktion des OLG Nürnberg. Dabei soll das Argument genannt worden sein, für die Überprüfung von Urteilen seien nur Gerichte zuständig. Selbstverständlich ist für die juristische Überprüfung eines LG-Urteils nur der BGH zuständig, der die Revision im vorl. Fall verworfen hat, wodurch es rechtskräftig wurde. Rechtskräftige Urteile (einschließlich solche des BGH und des BVerfG) können aber natürlich kritisiert werden, und das  ist in der Rechtswissenschaft absolut üblich. Kritik (und Replik)  sorgt im Rechtsstaat für die nötige Transparenz.

Update (21.11.): Der Bayerische Richterverein hat einen Offenen Brief an mich gerichtet. Ich habe darauf geantwortet:

Sehr geehrter Herr Groß,

vielen Dank für Ihren Offenen Brief, mit dem Sie auf eine  Meldung in der SZ vom 18.11.2012 reagieren.

Erlauben Sie mir darauf zu antworten. Durch den SZ-Bericht mag wohl der Eindruck entstanden sein, ich hätte mich für eine ministerielle Überprüfung des Urteils ausgesprochen. Aber ein solches Ansinnen liegt mir selbstverständlich völlig fern. Herr Przybilla von der SZ hat mich in Reaktion auf meinen Beitrag im Beck-Blog vom 14.11.2012 angerufen. Da ich ich ihm über den Blog-Beitrag hinaus nichts Weiteres mitteilen konnte, hat er die wörtlichen Zitate aus dem Blog-Beitrag entnommen, der nach wie vor unter der Adresse:

http://blog.beck.de/2012/11/14/fall-mollath-was-sind-die-fehler-der-bayerischen-justiz-mit-update-1911

nachlesbar ist. Sie werden erkennen, dass ich mich keineswegs für eine ministerielle Urteilsprüfung ausgesprochen habe.

Die Bemerkung zu Frau Ministerin Merk ist in meinem Blog-Beitrag mehrere Absätze entfernt von der Kritik am Urteil und lautet so:

„Die Justizministerin täte aber gut daran, die Sachbearbeitung durch die Nürnberger Staatsanwaltschaft selbst zu untersuchen bzw. einmal von unabhängiger Seite  untersuchen zu lassen - das ist ihre Verantwortung.“

Hintergrund war die Reaktion von Frau Merk, die gerade am 14.11. dafür kritisiert wurde, im Rechtsausschuss den Prüfbericht der HVB nicht erwähnt zu haben, obwohl sie über den Fall eingehend  Bericht erstattet hatte. Frau Merk hat sich dann zunächst so geäußert, ihr habe der Prüfbericht der HVB zu dem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen. Daraus habe ich geschlossen, dass sie nicht vollständig informiert worden war. Daher meine Empfehlung der unabhängigen Untersuchung. Dies halte ich jedenfalls dann für sinnvoll, wenn  –  wie ja im Rechtsausschuss geschehen – überhaupt auf der politischen Ebene zu Einzelfällen Stellung genommen wird. In der Zitatzusammenführung in der SZ klingt es nun so, als habe ich der Ministerin eine Urteilsprüfung vorgeschlagen – schon das Wort „Prüfung“ ist von meiner Seite nicht gefallen –  und ich bezog mich auf die Sachbearbeitung der Staatsanwaltschaft in diesem konkreten Fall, der schon seit längerer Zeit im Landtag diskutiert wird. Ich habe, wie Sie leicht feststellen können, niemanden zum Rechtsbruch aufgefordert und natürlich auch nicht auch nur ansatzweise die richterliche Unabhängigkeit in Frage gestellt.

Meine Stellungnahme befasst sich v.a. mit dem rechtskräftigen Urteil des LG Nürnberg, das Grundlage der Unterbringung des Herrn Mollath ist. Dass der BGH die Entscheidung des LG Nürnberg bestätigt hat, steht schon seit 19.11. im Update meines Beitrags (a.a.O.).  Die Revisionsentscheidung des BGH ist nicht veröffentlicht. Ob und ggf. welche Teile des Urteils vom BGH auf Rechts- und Verfahrensfehler überprüft wurden, war mir bislang nicht erkennbar, da diese Prüfung, wie Sie wissen, von den Revisionsrügen und deren Begründung abhängig ist. Ich habe nun aufgrund Ihrer Mitteilung recherchiert, wie die Entscheidung des BGH lautet. Nach dem Ergebnis dieser Recherche wurden infolge der Revisionsrügen Rechtsfehler, aber, entgegen Ihrer Darstellung, keine Verfahrensfehler geprüft (1 StR 6/07 vom 13.02.2007). Die Entscheidung erging nach § 349 Abs.2 StPO, also ohne schriftliche Begründung.

Eine Verschwörungstheorie habe ich keineswegs vertreten. In meinem Kommentar am 15.11. (a.a.O.) habe ich mich zudem deutlich zu entsprechenden Äußerungen und Vermutungen Dritter geäußert. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man Verschwörungstheorien nur mit einer offenen und sachlichen Debatte begegnen kann.

Selbstverständlich bleibt auch die regelmäßige Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen in meinem Beitrag nicht „unerwähnt“. Es ist ja Kernpunkt meiner Kritik, dass in diesem Überprüfungsverfahren insb. das Verhältnismäßigkeitsgebot (§ 62 StGB) nicht genügend Beachtung findet.

Sie dürfen meine Antwort gern auf der Homepage veröffentlichen. Ich werde dies mit Ihrem Offenen Brief und meiner Antwort im Beck-Blog ebenfalls tun.

Mit freundlichen Grüßen

gez.  Prof. Dr. Henning Ernst Müller

Ergänzung am 27.11.: Ministerpräsident Horst Seehofer wird heute so zitiert: die Justiz sei aus seiner Sicht "gut beraten, den Fall noch einmal neu zu bewerten". "Ich möchte in diesem Fall, dass man sich auf die Frage konzentriert, ob alles in Ordnung ist."(Quelle). Diese Forderung geht in eine ähnliche Richtung wie ich sie vertreten habe, obwohl Herr Seehofer direkt die "Justiz" anspricht und damit möglicherweise noch eher der richterlichen Kritik ausgesetzt sein könnte, wie sie im Offenen Brief an mich gerichtet wurde.

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189 Kommentare

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@ Tine Peuler

Ja das Geld ist wohl das Wichtigste um ein bißchen Gerechtigkeit zu bekommen. Abscheuliches Rechtssystem.

 

Interessant wäre einmal zu hören, wieviel Geld bereits ausgegeben wurde für Anwälte und den Verfahren. Ich frage mich, ob Anwälte auch vorübergehend ehrenamtlich jetzt arbeiten, da Herr Mollath kein Zugriff zu Konten haben soll.

 

"Gustl Mollath, einst wohlhabender Geschäftsmann aus Nürnberg, sitzt seit fast sieben Jahren hinter Gittern.  Sein gesamtes Leben ist verschwunden. Sein Haus wurde versteigert, Möbel und Autos weggebracht. Mollath hat keinen Pass, keine Zeugnisse, keinen Zugang zu Konten. "Ich habe nicht einmal ein Bild von meiner Mutter", sagt er, "ich bin den Ärzten ausgeliefert", steht im Spiegel.  

 

http://www.spiegel.de/panorama/gustl-mollath-und-die-hypovereinsbank-weggeraeumt-und-stillgestellt-a-868445.html 

 

 

 

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Wenn ich es richtig gelesen habe, wurde bemängelt ,dass Herr Mollath Psychopharama abgelehnt hat.

Ist bekannt das Neuroleptika die Mortalität deutlich erhöht ist.

Was wäre, wenn Herr Mollath nicht paranoid ist und Neurolektika genommen hätte ?

http://www.bpe-online.de/verband/rundbrief/2007/3/aderhold.htm 

 

Zitat von Dr. Aderhold

" Obwohl plötzliche Todesfälle durch Neuroleptika bereits seit den 1960er-Jahren bekannt sind, wurden erst in den letzten Jahren mehrere systematische epidemiologische und kontrollierte Verlaufsstudien in hochrangigen Journals publiziert. Eine prospektive finnische Studie (Joukamaa et al. 2006) selektierte 99 schizophrene Patienten älter als 30 Jahre im Rahmen einer nationalen Gesundheitsstudie und beobachtete sie über 17 Jahre (nur Anwendung von Typika). 39 starben in diesem Zeitraum. Nach Korrektur von kardiovaskulären Erkrankungen, Body-Mass-Index (BMI), Blutdruck, Cholesterin, HDL, Bewegung, Rauchen, Alkohol, unnatürlichem Tod und komorbiden somatischen Erkrankungen blieb eine um das 2,25-Fache (95% CI(3) 1,46-4,30) erhöhte Gesamtmortalität, die sich mit der Anzahl der gleichzeitig eingesetzten Neuroleptika steigerte".

  

 

 

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Laut STERN vom 22. 11.12 kann sich die Hausärztin, mit deren Briefpapier (Briefkopf, Stempel)  ein Attest über die Verletzungen von Frau Mollath (damaliger Name!) erstellt wurde und das im Urteil gegen Gustl Mollath Verwendung fand, an den Namen Mollath und an den "Fall" einer verprügelten Ehefrau nicht erinnern.

Aber die damalige Sprechstundehilfe dieser Ärztin war die Feundin von Frau Mollaths Bruder.

Es gibt eben Zufälle im Leben, die halt nur Zufälle sind.

Oder?

 

Hans Woestler

 

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Schon die Lateiner hatten zur Aufklärung von Zusammenhängen im Rechtswesen und in der Politik eine wichtige Frage, die allen anderen vorausging: "Cui bono?" 

 

Aber diese Frage darf man nicht mehr stellen, genauso wenig wie man die Namen, Photos und Anschriften der beteiligten Richter, Gutachter, Anwälte und der Gegenpartei veröffentlichen darf. Es scheint, politisch korrekt ist ein anderer Ausdruck für Täterschutz geht vor Opferschutz, mit der Begründung einer ominösen omnipräsenten Lynchjustiz des Volkes. Aber wenn alle Urteile "im Namen des Volkes" stattfinden, finde ich haben wir das Recht genau zu wissen, wer wann wo wie wen und warum verurteilt hat. Meiner Meinung nach wäre es weniger schädlich einmal zu viel "Verschwörung" zu rufen, als einmal zu wenig. Denn der Vorwurf liegt immer in der Luft, ob ausgesprochen, oder nicht, aber ausgesprochen haben die offiziellen Stellen ein viel höheren Druck zu BEWEISEN, dass es keine gibt.

 

Vielleicht sollte man die Einführung von gewählten Staatsanwäten, Richtern und "Sheriffs" mal näher in Betracht ziehen, denn auch der Fall Eisenberg:

 http://www.spiegel.de/thema/fall_tennessee_eisenberg/

lässt einen an die Mechanismen in unserem "Rechtsstaat" zweifeln. Irgendwas ist faul im Staate BRD, aber irgendwie vermisse ich das laute Poltern unserer vierten Gewalt - abseits von Sensationsreporten.

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Habe gestern ein Youtube-video von Herrn Eberhardt angeschaut. Er macht einen sehr integeren Eindruck. Als er diagnostiziert wurde, war der Tatbestand eine unglückliche Ehe.

http://www.youtube.com/watch?v=90MvDT97R5Y

Der Psychiater verteidigt die Ferndiagnose. Dieser Praxis ist in der Branche üblich, wenn einen Menschen seine Krankheit nicht erkennen will.

Na ja, warum wollte er ihn unbedingt als krank ansehen, wenn er nichts Krankes getan hatte. Und was bitteschön sollte Herr Eberhardt erkennen? Dass er plötzlich nicht so beliebt war wie früher? Dass viele oder vielleicht alle seine Freunde, die Freunde seiner Ehefrau waren? Mei, das ist wohl nicht krank.

Wenn der Psychiater sich einen Tag vor der Flimmerkiste hinsetzen würde, könnte er zig-tausend Leute eine Ferndiagnose verpassen. Zwar auf Grund Tatbestände, wie Vernachlässigung eines Kindes, Messie-Syndrom, Putzwahn etc. Wie viel Geld er bei solchen Ferndiagnozen verdienen würde, ist aber fraglich.

Der Fernseher vermittelt einen Glauben, dass jeder so leben darf, wie er oder sie es nunmal für gut hält. Unterhaltsam ist es ja auch nur, wenn sie Leute zeigen, die halt nicht der Normalität entspricht. D.h. so wie die meisten leben.

Wie die Leute heute leben ist sehr unterschiedlich. Eine unmenge Menschen sind Fans der Esoterik. Ich persönlich kann damit nichts anfangen, aber es stört mich nicht, dass andere daran glauben. Steine mit heilende Kräfte, Magnetstrahlung etc. Manche sind überzeugt, dass die Mikrowelle lebensgefählich ist. Wenn sie sich über ihre eigene Mikrowelle lästern, frage ich mich nur, warum sie sie nicht entsorgen, man kann ja auch ohne leben. Trotzdem würde ich diese Menschen nicht als krank abstempeln.

Leute glauben einfach an sehr unterschiedliche Sachen.

Wenn man Opfer des Gutachtenwahnsinns geworden ist, wird man auch mit einem Glauben konfrontiert. Und zwar den Glauben an einem Rechtsstaat: Es muss einfach einen Grund haben, es muss richtig sein.

Frage mich, wie der Psychiater darauf reagieren würde, wenn er aus heiterem Himmel eine Ferndiagnoze verpasst bekommen würde. Danach mit dem Glauben konfrontiert wird: alles ist rechtens.

Liebe Experten und Mitbürger,

ist es ein Rechtsstaat, wenn man ohne eklatanten Tatbestand sich einfach darüber freuen muss, dass man in keinem Anstalt eingesperrt ist und zwangsmediziniert wird.

Herr Mollath ist eingesperrt und manche meinen, dass er sich darüber freuen soll, dass er keine Medikamente einnehmen muss. Also bitte, ich verstehe das nicht. Mir fehlt wahrscheinlich der Glauben.

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Sehr geehrte Kommentatoren,

der Beck-Blog ist ein fachjuristisches Diskussionsforum, in dem ein sachlicher Umgangston gepflegt wird. Unseriöse und pauschal verunglimpfende oder unsachliche Kommentare werden daher vom Verlag und ggf. von mir entfernt. Zwar habe ich Verständnis für emotionale Reaktionen, doch möchten wir im Interesse der meisten Nutzer den Diskussionsstil in diesem Forum auf einem gewissen Niveau halten. Das Internet bietet anderswo vielfältige Möglichkeiten der ungezwungenen Meinungsäußerung. Bitte haben Sie Verständnis für die Moderation.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Professor Müller,

besten Dank für Ihren letzten Beitrag.

Ob die Hauptverhandlung als faires Verfahren bezeichnet werden kann, scheint nach dem SZ-Artikel 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-mollath-vom-richter-maltraetiert-...

fraglich.

Jetzt wäre es interessant, das Protokoll der Hauptverhandlung mit der Revisionsschrift zu vergleichen, ob dort alle Fehler gerügt wurden.

 

Vielen Dank, dass Sie hier diesen Blog eröffnet haben.

 

Beste Grüße

Gast2

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Frage an die Juristen: Ignorierung des BVerfG Unterbringung zur Beobachtung.

Wie konnte Mollath gegen seinen unzweifelhaft erklärten Willen, sich nicht untersuchen und explorieren zu lassen, dennoch über einen Einweisungsbeschluss in die Unterbringung zur Beobachtung verbracht werden, obwohl das BVerG bereits 2001 folgenden Beschluss bekannt gab: BVerfG  - 2 BvR 1523/01. Zitierung: BVerfG, 2 BvR 1523/01 vom 9.10.2001, Absatz-Nr. (1 - 28), "… Eine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung kann danach nicht erfolgen, wenn der Beschuldigte sich weigert, sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt (vgl. BGH, StV 1994, S. 231 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Beschuldigten verweigert wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden (§ 136 a StPO) oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Beschuldigten zu erwarten ist (vgl. OLG Celle, StV 1985, S. 224; StV 1991, S. 248).  ...."

Werden in Bayern solche Beschlüsse nicht gelesen oder missachtet? Und falls, wie kann man das verstehen?

In diesem Zusammenhang ist mir auch aufgefallen, dass Lehrbücher der forensischen Psychiatrie diesen Beschluss unterschlagen. Foerster und Winckler wären im Venzlaff 2004 und erst recht 2009 (Foerster & Dreßing) verpflichtet gewesen im Abschnitt 2.11.1 und 2.11.2 (Untersuchung gegen den Willen des Probanden) darüber zu berichten. Rudolf Sponsel, Erlangen

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Es wäre für die Diskussion insbesondere der fachlichen Qualität der Gutachten hilfreich, wenn auf der gustl- Seite auch die Gutachten veröffentlicht würden. Leider enthält die Seite neben ein paar Aktenauszügen nur teils recht wirre Schreiben Mollaths, einen "Urteilskommentar", der gelinde gesagt Zweifel an der Förderung des Anliegens Mollaths weckt etc.

Angesichts der vehementen Justiz- und Gutachterkritik, die von der SZ und den Unterstützern Mollaths geübt wird, fragt man sich, weshalb diese Gutachten nicht einfach im Volltext eingestellt, sondern allenfalls ein paar Satzfetzen zitiert werden. Stattdessen ergeht sich die Süddeutsche Zeitung darin, sich jetzt den damaligen Vorsitzenden vorzuknöpfen wegen einer angeblich autoritär-tyrannischen Verhandlungsführung. Ob die Entscheidung richtig ist oder nicht hat damit mE recht wenig zu tun.  Ich habe den Eindruck, dass man die eigentlichen Sachinformationen, anhand derer die Öffentlichkeit sich tatsächlich ein Bild von der Richtigkeit des Urteils bilden könnte, verschweigt und  durch seltsame Nebenkriegssschauplätze (Verhandlungsführung; der Zeuge aus dem Zylinderhut, der sich nach fast 10 Jahren an ein Telefonat mit Mollaths Frau erinnern will) davon ablenkt.

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Die Reaktion des Bayerischen Richtervereins, der sich natürlich zu dem Fall äußern darf, wie jeder andere Verein auch, ist verständlich. 

Dort trägt man die richterliche Unabhängigkeit wie eine Monstranz vor sich her.

"Richterliche Unabhängigkeit" ist schon richtig und wichtig, aber ebenso wichtig ist die wirklich unabhängige Kontrolle der Justiz durch externen Sachverstand, nicht durch wohlwollende Kollegen, eben keine Selbstkontrolle durch andere Juristen. 

Fast jede Klitsche hat inzwischen ein zertifiziertes Qualitätssicherungssystem; in der Justiz ist QS ein unbekanntes Fremdwort, denn man kontrolliert sich doch selbst. 

 

Es gibt nun einmal Justizkriminalität, auch in Deutschland, auch in Bayern, ebenso wie sich die Justiz auch - manchmal unbewusst - zur Erreichung unlauterer Ziele mißbrauchen lässt. 

 

Dagegen ein Korrektiv zu schaffen ist Aufgabe des Gesetzgebers, der Richterverein, oder auch der Kaninchenzüchterverein, mag sich dazu äußern, mehr nicht. 

 

In der Causa Mollath ist zumindest der Eindruck nicht unbegründet, daß hier grob fehlerhaftes Verhalten von Staatsanwaltschaft und Gericht vorliegen könnte. Daran ändert die Revisionsentscheidung des BGH gar nichts. 

Das zu überprüfen darf nicht der Justiz überlassen bleiben.

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Wenn das Grundgesetz versagt.

Wir haben das doch nicht das erste Mal, dass die Regelungen im Grundsatz nicht mehr zeitgemäß sind. Dutzende male wurde das Grundgesetz geändert. Also wieso nicht auch im Hinblick auf die sog. richterliche Unabhängigkeit in Art. 97 GG . Aus meiner Sicht hat diese grundgesetzlich bestimmte Vorschrift der Gesellschaft keinen Nutzen gebracht. Weg damit, zu mindestens muss so schnell wie möglich mehr Transparenz in Verhandlungen rein. Zum Beispiel durch Aufzeichnung in Bild und Ton.

Was macht der Gesetzgeber? Genau das Gegenteil. Wurden früher in Strafverfahren die Verhandlungen einigermaßen protokolliert, kann man heute nur von nichtssagenden Textbausteinen sprechen.

Oder jetzt neu, in Strafverfahren, dealen im Richterzimmer, ob die Bestrafung eines Bürgers, eine rein privat Sache geworden ist, wir kennen das von Scheidungen beim Amtsrichter.

Faktisch gibt es die sog. richterliche unabhängig gem. Art. 97 GG in Wirklichkeit nicht. Wo ist denn ein Richter unabhängig, wenn er wie ein Fließbandarbeiter bei BMW, die entsprechenden Fallzahlen erreichen muss?  

 

Zusammenfassend: In den Gerichtssaal gehört eine Bild- und Tonaufzeichnung und ein öffentliches Monitoring.  

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Die SZ http://www.sueddeutsche.de/bayern/ungereimtheiten-im-fall-mollath-deckna...

berichtet, dass Akten vernichtet worden seien.

 

Angeblich nach fünf Jahren alles juristisch korrekt.

Kann es denn tatsächlich sein, dass bei einem Verfahren, bei dem noch die Vollstreckung läuft (hier: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) Akten vernichtet werden?

 

Die Ausführungsvorschriften zu den Verwaltungsgesetzen habe ich während des Studiums leichter auf den Justizseiten von Nordrhein-Westfalen gefunden, als im Bayerischen Verwaltungsportal.

So habe ich jetzt auch Archivierungsvorschriften vergeblich gesucht.

Rechtsquellen - zumindest manche - scheinen im Freistaat etwas geheimnisvolles zu sein.

Schade, dass es dann nur das Gesetz- und Verordnungsblatt gibt, wo die Vorschriften veröffentlicht sind.

 

 

 

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Die Rechtsquelle ist eigentlich recht simpel zu finden. Wenn man nach Aufbewahrungsfristen Bayern googelt. Oder dann nach "Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut der  Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden"  googeln.  Die heißt sogar ähnlich wie die leicht auffindbare NRW-Verordnung. Auch über die Seite gesetze-bayern.de recht einfach zu finden.

 

Art. 51b BayAGGVG enthält die Verordnungsermächtigung, die Verordnung selbst eine Anlage und in der Anlage regelt die Kennziffer 622 die Aufbewahrungsfristen.

 

Daneben gibt es in Bayern übrigens auch Archivierungsvorschriften im Archivgesetz, das auch sehr mühelos auffindbar ist.

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Zur Praxis der 'Gutachten' in Bayern:
"Wahn" wird in den Einweisungsgutachten in Bayern offenbar musterhaft ganz einfach diagnostiziert: wenn jemand mit Beharrlichkeit und mit 'Arbeit' für die Justiz verbunden immer wieder auf ein UNRECHT hinweist, dann wird das irgendwann offenbar lästig! Der Anzeigenerstatter und Kläger wird zum "Feind".

Anstatt den Ursachen und dem UNRECHT (in meinem war das die Diskkriminierung und Kriminalisierung von Vätern im Paarkonlikt, bei Herrn Mollath die Schwarzgeldverschiebungen hinter dem Paarkonflikt) also auf den Grund zu gehen, wird der lästige 'Querulant' als psychisch krank hingestellt. Es geht nur noch um die Person, nicht um Fakten! Es wird regelhaft eine Eigen- oder/ und Fremdgefährdung phantasiert, indem man die Aktenlage entsprechend durchforstet. Wer sich auch nur einmal unflätig äußert, wird als Bedrohung - und zwar für die 'Allgemeinheit' - hingestellt.

(----Eigener "Fall": Die bloße Nennung des Amoklaufs in Winnenden und der Hinweis auf Ursachenforschung in einer Dienstaufsichtsbeschwerde wurde in meinem Fall zu einer 'Androhung' umkonstruiert, dass ich einen Amoklauf 'wie in Winnenden' bei den Justizbehörden in Würzburg begehen wolle, weshalb man vier Wochen (!) nach Eingang des Schreibens meine Festnahme in Stuttgart erzwang (die Polizei hier wollte nicht recht, weshalb der bayr. Staatsanwalt Trapp mit Disziplinarmassnahmen gegen Beamte 'drohte'...!) und erst am Tag nach (!) der Festnahme einen entsprechend reißerischen Haftbefehl schrieb!---)

Da das Unrecht - in der Natur der Sache liegend - immer wieder thematisiert wird, wird daraus der 'Wahn'. Der Betreffende ist dann 'paranoid', weil er sich ungerecht behandelt fühlt und seinerseits durch die 'untadelige' Justiz verfolgt wird. Er ist 'narzisstisch gestört', weil er selbstbezogen ist und 'querulatorisch gestört', weil er keinen Respekt vor den Justizbeteiligten hat, die im Gegensatz zu ihm die "Fakten" klar sehen. Ganz einfach....

Fertig ist die Einweisung aufgrund Fehlgutachten. (In meinem Fall wurde als "Beweis" für den Wahn bspw. vom Gutachter angeführt, dass ich erzählte, den Staatsanwalt vor längerer Zeit in einem Würzburger Biergarten gesehen haben...)

Da ich also selbst ein solches Fehlgutachten in der Schublade habe - das ich gerne der SZ zur Verfügung stelle - weiß ich, auf welchem Niveau, mit welchen Zirkelschlüssen und mit welcher Zielgerichteteheit hier eine Fehldiagnose im Sinne der Staatsanwaltschaft zustande kommt!

Das absurde und an den Haaren gerbeigezogene Fehlgutachten in meinem Fall wurde erst durch Obergutachten des Prof. Nedopil als jeglichen Mindeststandards psychiatrischer Begutachtung widersprechend entlarvt, was sieben Monate dauerte. Eine Zivilklage gegen den Würzburger Gutachter Dr. Gross wurde dennoch anhand Aktenlage als 'unsubstantiiert' durch das Zivilgericht Würzburg abgeschmettert und ist nun Bestandteil meiner Beschwerde vor dem EGMR in Straßburg wegen Freiheitsberaubung im Amt. (1033/12)

Wären nicht zahlreiche Hilfen vorhanden gewesen, hätten die Juristen der CSU in Bamberg und Würzburg auch in meinem Fall "Erfolg" gehabt - wie im Fall des Herrn Mollath. Die Öffentlichkeit erfährt NICHTS davon...

Die gesamten Vorgänge in diesem Bereich in Bayern sind bis zur Klärung geltend zu machen - unter öffentlicher Beteiligung! Damit nicht plötzlich wieder in der bayerischen Provinz ein "Wahn" daraus wird!

Wie genannt, Herr Mollath ist KEIN Einzelfall! Er ist nur ein sehr hartnäckiger, so dass dankenswerterweise endlich Journalisten aufmerksam wurden!

M.Deeg
Polizeibeamter a.D.
Baden-Württemberg

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Meine vorhergehende Anmerkung (#24) ist ohne weiteren Zusammenhang nicht zu verstehen: Diese bezog sich auf einen vorhergehenden Kommentar, der auflistete, wer alles davon profitierte, dass Herr Mollath weggesperrt wurde (Rechtsanwälte, Gutachter, Staatsanwälte, Richter, Steuerhinterzieher, die Psychatrie, Politiker, usw.). Ich sehe es dabei unter systemischen Gesichtspunkten in der Tat als Problem, wenn andere Menschen davon profitieren, dass andere in einer schwierigen Situation sind bzw. erhebliche Probleme haben. Bei ethisch nicht sonderlich entwickelten Menschen auf der anderen Seite des Tisches - also dort wo eingenommen wird - ist dabei nicht selten die Tendenz zu beobachten, lediglich möglichst viel Geld aus dem Unglück bzw. der untergeordneten Stellung des (Rechts- bzw. Hilfe-)Bedürftigen zu ziehen, diesen bzw. dessen Fall also vor allem im eigenen Sinne "auszuschlachten". Solche Menschen nenne ich für mich "Menschenfresser".

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p.s.: Nr. 27 war natürlich eine Antwort auf Nr. 22, tauchte aber erst hier unten auf trotz Antwortbutton...

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@meine 5cent

 

Ihr Wunsch die kompletten Gutachten einsehen zu wollen ist verständlich, aber eigentlich am Kern der Diskussion vorbei.

 

" Ob die Entscheidung richtig ist oder nicht hat damit mE recht wenig zu tun."

 

Sie scheinen offensichtlich anzunehmen, dass die Möglichkeit besteht so eine Entscheidung könnte überhaupt richtig sein. In solchen Gutachten steht ausgesprochen wenig drin. Der Struktur nach werden recht allgemeine Werturteile abgeben. Wenn konkret etwas drin steht, wird aus einer einzelnen Situationsbeobachtung auf ein allgemeines Verhaltensmuster geschlossen. Ähnlich wie bei einem Horoskop könnenn solche "Schablonen" den Eindruck erwecken, sie wären individuell zugeschnitten, treffen aber genausogut auf eine Vielzahl von Menschen zu.

 

Anders als bei einem Röntgenbild oder einem physikalischen Unfallgutachten, hängt  alles an der Plausibilität und somit mithin an der sprachlichen Gewandheit des Gutachters.

Wissenschaftliche Testversuche haben die Nachvollziehbarkeit solcher Bescheide klar widerlegt. Ohne Ihnen hier die Quelle nennen zu können (keine Zeit für Recherche), möchte ich Ihnen von einem Experiment erzählen.

 

Ausgebildete Psychater wurden in eine Klinik geschickt um Probanden zu untersuchen. In der Testreihe waren "richtige" Patienten, sowie auch Placebos (Pfleger) versteckt. Dies wurde den Ärzten auch vor den Interviews bekannt gemacht. Aufgabestellung war Patienten und Pfleger richtig zuzuordnen.

 

Absolute Katastrophe. Pfleger wurden als psychisch krank identifiziert und die "Irren" für Pfleger gehalten. Die Fehlerquote war über 50%. So gesehen können Sie auch eine Münze werfen...

 

Was Sie offensichtlich übersehen. Das Schlagen und Würgen war (so sie denn wirklich stattgefunden haben) eine Beziehungstat. Mit Scheidung und Auflösung der Ehe ist mit häuslicher Gewalt nicht mehr zu rechen und eine Wiederholungsgefahr recht abstrakt konstruiert.

 

Bliebe als Gefahr für die Allgemeinheit noch das Reifenzerstechen. Ich halte bei Abwägung der Mittel eine Gefahr für wiederholtes Reifenzerstechen hinnehmbar, resp. eine Freiheitsentzug als Abwehr wegen einer solchen Lapallie (Sachbeschädigung) für unverhältnismässig.

 

Die Fakten sprechen doch schon zu Genüge aus den Umständen. Grundsätzlich ist zu fragen, darf eine Tat, die vorraussichtlich mit Bewährung, Haft oder Busse sanktioniert wird, zu einer mehrjährigen "Gefägnisstrafe" umgewandelt werden, nur weil ein Arzt Papier beschreibt. Darf ein Richter sich hinter Gutachten verstecken? 

 

Und weiter, selbst wenn alles zutrifft. Sollte eine Prüfung wirklich nur Stichtagsbezogen, in diesem Fall jährlich, stattfinden? Der Patient wird wegen seiner Symptomatik festgehalten. Wenn die Symptome nicht mehr vorliegen, sollte er doch automatisch entlassen werden... Das sind faktische Ungerechtigkeiten, die über den Einzelfall hinausgehen.

 

Freiheit bringt eben auch eine allgemeine abstrakte Gefährdung Anderer mit sich einher. Sollten Sie aber dennoch die Vorhersehbarkeit und Richtigkeit solcher Gutachten annehmen, dann frage ich mich, warum man nicht schon VOR jeder Führerscheinprüfung eine MPU anordnet. Schliesslich sind Alkohlfahrten ja anlagebedingt. Wieivele Unfälle liessen sich so wohl verhindern?

 

Auf den unscheinbaren Link im Kommentar 29 möchte hinweisen. Darin das Gutachten aus dem Hause Gerhard  Strate.

Gerhard Strate gehört wie Johann Schwenn zu den Lichtgestalten unter den Streifverteidigern Deutschlands. Keine Verteidiger, die gern mit Richtern und Staatsanwälten zum Kuscheln gehen.

Das sind Verteidiger, Herr Prof. Dr. Henning Ernst Müller, die Sie Ihren Studenten ohne wenn und aber, anführen  dürfen.

Die Juristenkollegen von der Behörde / Gericht , Otto Brixner, Beate Merk / Hasso Nerlich sind in diesem Zusammenhang, gegenüber den Studenten auch anzuführen. Als Beispiele ganz anderer Art. 

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Sehr geehrte Kommentatoren,

aus meiner Sicht ist dem Gutachten von Herrn RA Strate wenig hinzuzufügen. Wie ich schon im Ausgangsbeitrag festgestellt habe, bot die Strafanzeige des Herrn Mollath genügend tatsächliche Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht. Die pauschale Ablehnung jeglicher Ermittlungen war nicht gerechtfertigt.

Mit besten Grüßen
Henning Ernst Müller

Die Argumentation in dem Gutachten ist  wenigstens in einem Punkt etwas eigenartig.
So nennt Herr Strate als Beleg dafür, dass Mollath den Namen  "Ri . Fu ."  (den Strate im Gutachten warum auch immer abkürzt, obwohl er in der Anlage zum Gutachten ausgeschrieben ist und laut Fußnote 1 in der Anzeige voll ausgeschrieben ist.....) und dessen Stellung "nicht erfunden" hat, eine Internetveröffentlichung.  Er meint, die Staatsanwaltschaft habe mit einer simplen Recherche herausfinden können, dass Mollath diesen Namen und die Stellung "nicht erfunden" hat. Genauso gut kann man daraus schlussfolgern, dass Mollath den Namen nicht erfunden, aber eben selbst über google gefunden haben kann. Was jedermann finden kann, konnte auch Mollath finden, es ist deshalb gerade kein Beleg von "Insiderwissen" zu verantwortlichen Personen oder eine besondere Glaubhaftigkeit.

 

Ich halte das "Gutachten" (dass die Fragestellung, ob Mollaths Anzeige eine Anzeige ist, überhaupt begutachtet wurde, finde ich schon recht kurios) für nicht stichhaltig.
Detaillierte Namensangaben alleine machen eine Anzeige nicht zwingend glaubhaft. Detailliert müssten die Angaben dazu sein wer-wann- was-wie getan hat , so dass man erkennen kann,  welcher (noch verfolgbare, sprich: Verjährungsproblem) Straftatbestand deshalb von wem erfüllt worden sein soll. Außer einer allgemeinen Handlungsbeschreibung zu den Kurierfahrten, einer Namensliste und dem wiederholten Wort "Schwarzgeld" steht aber in der Anzeige nirgendwo, wann denn konkret wessen Schwarzgeld von wo nach wohin gebracht worden sein soll, woraus sich ergeben soll, dass es tatsächlich Schwarzgeld ist  und welche Straftaten deshalb wer begangen haben könnte.

 

ME ist der Knackpunkt, über den die SZ-Berichte und Herr Strate großzügig hinwegsehen: Geld in die Schweiz bringen alleine belegt nicht, dass das Geld Schwarzgeld ist,  auch wenn man es immer wieder als Schwarzgeld bezeichnet. Und deshalb gab und gibt es auch keinen Anfangsverdacht.

 

 

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meine5cent schrieb:

Die Argumentation in dem Gutachten ist  wenigstens in einem Punkt etwas eigenartig.
So nennt Herr Strate als Beleg dafür, dass Mollath den Namen  "Ri . Fu ."  (den Strate im Gutachten warum auch immer abkürzt, obwohl er in der Anlage zum Gutachten ausgeschrieben ist und laut Fußnote 1 in der Anzeige voll ausgeschrieben ist.....) und dessen Stellung "nicht erfunden" hat, eine Internetveröffentlichung.  Er meint, die Staatsanwaltschaft habe mit einer simplen Recherche herausfinden können, dass Mollath diesen Namen und die Stellung "nicht erfunden" hat. Genauso gut kann man daraus schlussfolgern, dass Mollath den Namen nicht erfunden, aber eben selbst über google gefunden haben kann. Was jedermann finden kann, konnte auch Mollath finden, es ist deshalb gerade kein Beleg von "Insiderwissen" zu verantwortlichen Personen oder eine besondere Glaubhaftigkeit.

Ich finde dieses Argument ist im Gutachten mit Verweis auf das BVerG gerade sehr ausführlich widerlegt worden. (S.4) Schlussfolgerungen stehen naturgemäss am Ende der Ermittlungen, nicht an deren Anfang. 

meine5cent schrieb:

 Außer einer allgemeinen Handlungsbeschreibung zu den Kurierfahrten, einer Namensliste und dem wiederholten Wort "Schwarzgeld" steht aber in der Anzeige nirgendwo, wann denn konkret wessen Schwarzgeld von wo nach wohin gebracht worden sein soll, woraus sich ergeben soll, dass es tatsächlich Schwarzgeld ist  und welche Straftaten deshalb wer begangen haben könnte.

Gerade dies wurde für einen Anfangsverdacht  substantiiert genug vorgebracht. Die Personen, die KtNr, die involvierten Bankinstitute, sowie die Sachbearbeiter wurden genannt. Noch genauer gehts kaum. Speziell die Stückelung der Geldbeträge, sowie die Fahrten am Freitag, an dem die Ehefrau von der Bank zu diesem Zwecke freigestellt wurde (mutmasslich), erhärten ja den Anfangsverdacht. In Zeiten elektronischer Überweisungen ist eben gerade dies von Herrn Mollat selbst erlebte Verfahren (er war Fahrer, somit etwaig Selbstbeschuldigung als Beihilfe) ja gerade "verdächtigt".

 

meine5cent schrieb:

ME ist der Knackpunkt, über den die SZ-Berichte und Herr Strate großzügig hinwegsehen: Geld in die Schweiz bringen alleine belegt nicht, dass das Geld Schwarzgeld ist,  auch wenn man es immer wieder als Schwarzgeld bezeichnet. Und deshalb gab und gibt es auch keinen Anfangsverdacht.

 

Wie in der Pressekonferenz vom RA treffend bemerkt, ist der Umfang der Informationen, die Herr Mollat bereitgestellt hat, zu vergleichen mit den, vom deutschen Staate angekauften, SteuerCDs.

 

Wenn der Staat Millionen ausgibt, um eine Daten CD zu kaufen, auf denen nur Namen und Konto-Nummern sind, sollte man doch dieselbe Angaben umsonst ebenso ernst nehmen.

Im Falle der DAten CD wird ja noch nicht einmal beim Verkauf behauptet, dass es sich hierbei um Schwarzgeld handelt. Im Gegenteil diese sind nur Vergleichsgrundlage für weitere Ermittlungen.

 

Zu fragen wäre hier, ob die Staatanwaltschaft die Informationen an die Steuerfahndung hätte weiterreichen sollen/dürfen/müssen. Das weiss ich leider nicht. (Kein Jurist.)

Zumindest hätte ein Hinweis auf die vermeintlich beschränkten Ermittlungsbefugnisse der Staatsanwaltschaft im Vergleich zur Steuerbehörde an Herrn Mollat sicher nicht geschadet. Der hätte seine Erkenntnisse sicher auch an die weitergegeben, wenn man ihm diesen Umstand angezeigt hätte.

 

 

meine5cent schrieb:

ME ist der Knackpunkt, über den die SZ-Berichte und Herr Strate großzügig hinwegsehen: Geld in die Schweiz bringen alleine belegt nicht, dass das Geld Schwarzgeld ist,  auch wenn man es immer wieder als Schwarzgeld bezeichnet. Und deshalb gab und gibt es auch keinen Anfangsverdacht.

 

Für einen einfachen Anfangsverdacht reichen die Schilderungen in der Anzeige aus, denn sonst käme ein solcher nur in Betracht, wenn der Sachverhalt bereits bei der Anzeigenerstattung faktisch ausermittelt ist. Und wenn ich mir dann anschaue, mit welch dünnen "Verdachtsmomenten" bei IT-Sachverhalten (und solche habe ich in meiner Kanzlei zu über 95% auf dem Tisch) Ermittlungsmaßnahmen von StAen begründet werden, um gerichtliche Beschlüsse zu erwirken, dann reicht die Schilderung in der Strafanzeige ohne Weiteres  aus, um einein einfachen Tatverdacht zu bejahen und weitergehende Ermittlungen anzustellen.

 

Kleines Praxisbeispiel mit IT-Bezug gefällig? Es wurde öffentlich dazu aufgerufen, an einem bestimmten Datum zu einer bestimmten Uhrzeit einen bestimmten Link anzuklicken. Jetzt fand sich in dem Logfile ein Eintrag, der drei Stunden vor(!) der verlautbarten Zeit liegt. Das reichte der StA an Sachverhalt nicht nur aus, um ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoß gegen §§ 303b I Nr. 1, II, 303a I, II StGB einzuleiten (und damit den Tatverdacht hinsichtlich einer (dazu noch untauglich!) versuchten mittäterschaftlichen Computersabotage zu bejahen), sondern auch noch eine Hausdruchsuchung zu beantragen (die damit begründet wurde, dass zu vermuten ist, dass ungefähr 4 Monate nach "Tatzeitpunkt" noch weitere Beweismittel auf dem Rechner gefunden werden könnten; und das bei einer Vollstreckung des Beschlusses weitere 5 Monate später (worauf die StA zugegeben wenig Einfluss hat). Wir sind also bei Tatzeitpunkt+9 Monate).

 

Wenn so dünner Sachverhalt für so drastische Maßnahmen ausreicht, dann reichen die Schilderungen in der Anzeige allemal aus, um weitere Ermittlungen (und um mehr geht es erstmal nicht) zu rechtfertigen (zumal beides auch noch in Bayern seinen Anfang nahm…).

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# 4

Da nur ein "Anfangsverdacht", der leider vom Gesetz nicht näher definiert ist und kein Beweis da sein muß, um zu ermitteln , hätte die Staatsanwaltschaft, den vielen Behauptungen nach gehen können. Eine pauschale Ablehnung von Ermittlungen, wie anscheinend getätigt wurde, ist jedenfalls sehr eigenartig.

Was passiert eigentlich, wenn ein "eifriger Staatsanwaltschaft ermittelt", wenn kein Anfangsverdacht vorhanden ist und bei den Ermittlungen wie Detektive Beweise findet ?  Andernfalls kann er doch immer einstellen, wenn er "keine hinreichenden Beweíse" findet" für eine Anklage. "Irren" kann er sich doch immer wie im Kachelmannprozeß.

Insgesamt bloß etwa 90 Wiederaufnahmen bei über 800.000 rechtskräftig erledigten Strafsachen zählt das Bundesjustizministerium pro Jahr.

 

 

5

 

Der der Hinweis im Kommentar Nr. 4 auf Seite 5 ist zu kurz gesprungen.

Denn es entspricht doch der Lebenserfahrung, bereits in der Grundschule wird beigebracht, „bringst Du Geld zur Sparkasse bekommst Du Zinsen dafür".

Also, wenn Personen zum Teil 7 Stellige Beträge, (ich will hier keine Namen aus der mir bekannten Mollath Liste und der Immobilienabteilung der Nürnberger HypoVereinsbank ausplaudern), in Schweiz verbringen, fallen zwangsweise und jeder Lebenserfahrung entsprechend Zinsen an. Das Finanzamt ist in solchen Fällen regelmäßig befugt, die Besteuerungsgrunden im Wege der Schätzung zu ermitteln. Auch die Steuerfahndung tut das regelmäßig.  

Also Beispiel: Mister Rennfahrer, bringt jeden Freitag, in einer Zeitspanne von 12 Monaten Beträge von durchschnittlich € 175.000,-- in dei Schweiz. Macht im Jahr also x 52 = 9.100.000.

9.100.000 x 5% Zinsen ergibt 455.000 Zinsen ab dem ersten Jahr. Ab dem 2 Jahr bereits 910.000,-- (einf. Zinsrechnung). 

Besteuerungsgrundlage 455.000 p.a. mal mindestens 25% Abgeltungssteuer = 227.500 verkürzte Steuer. (mindestens 25% weil Änderung der Besteuerung von Zinsen zu beachten ist) 

Berechnung vereinfacht ohne mögl. Freibeträge.

Bei Betrugssachen ab 50.000 wird häufig eine Haftstrafe fällig.

Jetzt schalten Sie doch bitte die Rechenmaschine ein, ich weiß Juristen tun das nicht gerne. Wenn die Geldverschiebungen in die Schweiz, bereits aus dem Jahr 2000 – 2005 erfolgt sind, müsste man dann nicht den von mir berechneten Steuerhinterziehungsbetrag entsprechend dem Zeitablauf, also x 12 Jahre bzw. x 7 Jahre multiplizieren, weil ja Zinsen jedes Jahr anfallen???

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Aufzinsung

Die Multiplikationsfaktoren für die Zinseszinsrechnung ist vielfach tabelliert. Ich habe das für meine wachstumskritische Seite auch mal gemacht:

http://www.sgipt.org/wirtsch/wachst/schau_01.htm

Gruß: Rudolf Sponsel

 

5

Nach den Medienberichten hätten aufgrund der Anzeige Ermittlungen erfolgen müssen. Dies wird von der Staatsanwaltschaft und der Justizministerin nach wie vor bestritten.

Unabhängig von der Anzeige, hätte doch der Gutachter die ärztliche Pflicht gehabt, bevor er einen paranoiden Wahn feststellt, beim Gericht nach dem Realitätsgehalt der Aussagen nachfragen müssen, bzw. dieses auffordern, sich zum Realitätsgehalt der Aussagen zu äußern. Die Beurteilung, ob hier die Schwarzgeldverschiebungen stattgefunden haben, ist doch außerhalb des ärztlichen Aufgabenkreises.
Nachdem von Richter Brixner in der Hauptverhandlung jede Aussage zum Thema Schwarzgeld und Hypovereinsbank unterbunden wurde, ist davon auszugehen, dass die Anzeige selbst kein Bestandteil der Gerichtsakten war. Somit war es dem Gutachter unbekannt, dass die Staatsanwaltschaft hier keinen Anhalt für weitere Ermittlungen sah. Auch im Jahr 2006 - wenige Jahre vor dem Ankauf von Daten auf "Steuer-CDs" war doch bereits allgemein bekannt, dass viele Kapitalanleger ihr Geld in der Schweiz anlegen, um Steuern zu "sparen". Hingegen war die Mappe mit den Kopien der Überweisungen sicher Bestandteil der Gerichtsakte, denn diese wurde ja in einer Verhandlung wegen der vorgeworfenen Taten dem Gericht zur Verteidigung übergeben. Der Gutachter hatte doch sicher Kenntnis der Gerichtsakten, somit auch der Kopien der Überweisungsaufträge für Seligenstadt, Klavier etc. . Eine Pflichtverletzung des Gutachters besteht doch in der fehlenden Veranlassung des Gerichts zur Überprüfung der Aussage von dem Beschuldigten.

Die Bank schreibt im Bericht, dass alle nachprüfbaren Behauptungen wahr gewesen seien. Somit lag bei Herrn Mollath keine Verzerrung der Realität vor. Die Aussage, es liege ein paranoider Wahn vor, weil er sich als "Bankenopfer" sieht, ist somit objektiv falsch. Für eine falsche uneidliche Aussage reicht bedingter Vorsatz aus.

Kann die Wiederaufnahme somit sowohl auf § 359 Nr. 2 StPO als auch auf § 359 Nr. 5 StPO gestützt werden?
Denn der Bericht an sich ist ein neues Beweismittel. Allerdings steht dieses Beweismittel nur über das Gutachten im Zusammenhang mit den vorgeworfenen Taten, d.h. aufgrund des Revisionsberichts hätte ein anderes Gutachten erstellt werden müssen, welches dann als Grundlage der Entscheidung für die Maßregel gedient hätte.

 

Als möglicher Grund für die Wiederaufnahme kommt zudem die Information aus dem Stern-Bericht, dass die Ärztin sich an keine geschlagene Ehefrau erinnern kann, der sie ein Attest ausgestellt habe. Ist es nur eine getrübte Erinnerung oder Urkundenfälschung?

 

Nach einem SZ-Bericht wurde die weitere Unterbringung mit dem fortbestehenden Wahn wegen der Schwarzgeldverschiebungen begründet. Der Wahn fällt nun weg. Somit müsste doch die Tatsache der Fehleinweisung festgestellt werden. Fraglich ist dann, was wurde aus dem Mann gemacht? Kann er entlassen werden, oder rechnen die Behörden nun mit einer Gefährlichkeit für die Allgemeinheit?

 

 

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Möchte auf den Kommentar von Max Mustermann # 30 (s. 4) hinweisen. Ich bin der Meinung, dass er den Kern der Diskussion begriffen hat.

Herr Mollath hat an Geschäfte mit Schwarzgeld geglaubt. Dieser Glaube hat er auch teilweise begründen können. Anzeige. Aus meiner Sicht ist das nicht verrückt. Entweder stimmt sein Glauben oder er stimmt nicht. Im letzteren Fall hätte man, wenn er die Beteiligten namentlich angegeben hätte, ihn für Falschbeschuldigungen anklagen können. Ich erkenne nichts Paranoides oder Wahnhaftes. Diese Sicht teile ich offensichtlich mit dem Richter Brixner.

Laut Süddeutsche Zeitung wird er dafür zitiert, dass der Glauben/die Anzeige bezügl. Schwarzgeldgeschäfte mit dem Verfahren nichts zu tun hatte.

Also bleiben die Delikte im Bereich häuslicher Gewalt übrig. Zum Zeitpunkt des Verfahrens mehr als ein Jahr alt und schwierig zu beweisen. Berechtigt ein solches Delikt beziehungsweise die Anschuldigung ein psychiatrisches Gutachten?

Isofern möchte ich gern wissen, ob es rein theoretisch möglich ist, z.B. wegen ein Geschwindigkeitsdelikt, dass ein psychiatrisches Gutachten im Auftrag gegeben wird.

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Anlässe für psychiatrische Gutachten

Im Recht ist es leider so wie bei Alkoholikern: es findet sich immer ein Grund, wenn einer gebraucht wird – jedenfalls in Rechtsstaatssystemen vom Typ Schweizer Käse (mit vielen Löchern), wie bei uns. Es gibt hervorragende Richter und gegenüber vielen Ländern dieser Erde leben wir in einem Rechtsstaatsparadies, das sich allerdings bei genauerer Betrachtung in nicht wenigen Fällen als Höllenparadies entpuppt. Deshalb ist kritische Öffentlichkeit ja so wichtig. Aber auch die renommierten Gerichtsreporter trauen sich an die Richter nicht so richtig ran. Dabei sind die Richter mindestens so verantwortlich wie die psychiatrische Schlechtachterindustrie, die sie kontrollieren sollten, aber nicht tun. Nun sind Juristen oft blitzgescheite und hochgebildete Menschen, so dass ziemlich offensichtlich ist, dass sie es etwa mangels Intelligenz oder Bildung nicht könnten, sondern sie wollen nicht. Sie wollen nicht nur nicht, sie haben ein genuines Interesse an pflegeleichten „Gut“achten, auf die sich stützen können. Und das ist aus meiner Laiensicht klarer Rechtsbruch, der tagtäglich massenweise aber stattfindet. Und das alles funktioniert, weil die kritische Masse an kritischer Öffentlichkeit fehlt. Im Fall Mollath ist das nun glücklicherweise durchbrochen worden. Dennoch schweigen noch viel zu viele vor allem aus der Strafrechtswissenschaft (rühmliche Ausnahme Prof. Müller: danke).

Ein gibt über den § 56 ZPO eine ganz einfache juristische Methode jemanden zu psychiatrisieren, Sie besteht schlicht darin, einen immer wie gearteten Prozess wegen einer Nichtigkeit gegen jemanden zu beginnen und die Prozeßfähigkeit in Frage zu stellen. Darüber berichtet die sehr informative Homepage* von Gerhard Zollenkopf, selbst Opfer, aufmerksam: "Der § 56 ZPO nun ermöglicht es Richtern, mißliebige Parteien mittels "Zweifel" an deren Prozeßfähigkeit zu "psychiatrisieren". Gegen einen derartigen Anwurf existiert kein unmittelbares Rechtsmittel, weshalb die Zweifel in dem Beweisbeschluss zwecks psychiatrischer Begutachtung regelmäßig nicht hinreichend begründet/konkretisiert werden."

Rudolf Sponsel, Erlangen.

*http://sites.google.com/site/psychiatrisierung56zpo/

5

Die Psychiatrie, der dunkle Ort des Rechts (Heribert Prantl in der SZ)

Es gibt immer mehr Leute, die sich fragen, ob in Bayern russische Zustände herrschen. Sie fragen sich, wie es sein kann, dass ein Mensch, der eine Straftat aufklären wollte, für sieben Jahre in der Psychiatrie landet. Sie fragen sich, ob es sein darf, dass einem Menschen noch immer ein Wahn attestiert wird, obwohl sich herausgestellt hat, dass der Wahn keiner war.
...
Der Fall Mollath ist in der Tat einer, in dem sich die grausamen Schwächen des Paragrafen 63 des Strafgesetzbuches symptomatisch zeigen. Kaum ein anderer Paragraf hat so massive Auswirkungen wie dieser, aber kaum ein anderer Paragraf genießt so wenig Beachtung. Der "63er" ist der Paragraf, der einen Straftäter flugs in die Psychiatrie bringt, aus der er dann gar nicht mehr flugs herauskommt.
...
Wenn verminderte Schuldfähigkeit oder gar Schuldunfähigkeit attestiert wird, folgt die Einweisung in die Psychiatrie fast automatisch. Die hohen Hürden, die das Gesetz dafür formuliert, werden wortklingelnd übersprungen.

Für einen Angeklagten ist die Unterbringung in der Psychiatrie wegen angeblicher Gemeingefährlichkeit der GAU. Fast jede Haftstrafe ist besser: Wenn einer ins Gefängnis geschickt wird, weiß er genau, wann er wieder herauskommt. Wenn er zur "Unterbringung" verurteilt wird, weiß er das nicht.
...
Die Unterbringung in der Psychiatrie soll eigentlich zu den Segnungen aufgeklärten Rechts zählen: Es will einen psychisch kranken Täter nicht strafen, sondern ihn mit dieser "Maßregel" bessern und die Allgemeinheit während der Besserung schützen. Die Praxis hat daraus einen Fluch gemacht: Die Anzahl derer, die in die Psychiatrie geschickt werden, hat sich binnen zwanzig Jahren mehr als verdoppelt: Mehr als zehntausend sitzen heute in der Psychiatrie oder der Entziehungsanstalt (die Statistik trennt da nicht); jeder Zehnte lebenslang.

...
Nach seriösen Schätzungen sind fast die Hälfte der Eingangsgutachten falsch, die hohe Gefährlichkeit prognostizieren.
Diese Leute gehören also gar nicht in die Psychiatrie, kommen aber nur ganz schwer wieder heraus, weil die Folgegutachten, die die anhaltende Gefährlichkeit überprüfen sollen, so oft miserabel sind. Es gibt viel zu wenig gute Gutachter. Und die Gutachter sind aus Haftungsgründen immer weniger bereit, ein Risiko einzugehen. Im Zweifel gutachten sie für anhaltende Gefährlichkeit. Es gibt harmlose Exhibitionisten, die daher seit mehr als fünfzehn Jahren im Kuckucksnest sitzen.
Schuld an einem Fall wie dem Mollaths ist also nicht nur eine leichtfertige oder rücksichtlose Justiz, sondern auch ein öffentlicher Druck, der von der Justiz die rasche Entsorgung von Gefahrenquellen erwartet. Gute Justiz zeichnet sich aber aus durch penible Rechtsanwendung, nicht durch Erfüllung echter oder vermeintlicher Erwartungen. Eine Justiz, die Menschen ohne gründlichste Prüfung einen Wahn andichtet, ist selber wahnsinnig.

 

Leider hat Herr Prantl wieder etwas geprantlt.

Eine gesonderte Statistik für Unterbringungen nach § 63 und nach § 64 gibt es sehr wohl. Die findet man auch problemlos bei destatis.de. Interessanterweise aber gibt es aus dem "Beitrittsgebiet" auch 22 Jahre nach der Wiedervereinigung keine Zahlen (mit Ausnahme MVP).

Die Dauer der Unterbringung ist nach der Studie auf KrimZ, die ich schon weiter oben zitiert habe, für 2006 im Median mit 5,5 Jahren angegeben. 15-20 % der Insassen sitzen wegen Tötungsdelikten. Die dürften daher auch den größten Anteil der 10 % lebenslänglichen ausmachen.

Und auch wenn zutrifft, dass die Zahl der Insasen seit 20 Jahren - mit deutlichen Schwankungen - zugenommen hat (für die West_Länder bei destatis nachprüfbar), verweist diese Studie darauf, dass aufgrund der zunehmenden Therapieorientierung seit den 70ern jedenfalls die Verweildauer kürzer geworden ist.

Herr Prantl tut so, als sei es ein Kunstfehler des Verteidigers,auf verminderte Schuldfähigkeit zu plädieren und als habe ein Untergebrachter weder Therapiechancen noch die Aussicht, jemals wieder ungesiebte Luft zu atmen.  Und das ist schlichter Unsinn.

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@#12 Gast

 

Zu Ihrer Frage: Ja, grundsätzlich ist jedes Ereignis-bei Vorliegen gewisser Umstände- für ein Gutachten geeignet.

 

Was heisst das?

Ein Fall aus der Praxis:

 

Eine in Deutschland durchaus bekannte Persönlichkeit des Fersehens hat Folgendes erlebt. Als Moderatorin/Schauspielerin lebt und arbeitet sie in Berlin. 

Die Fersehstudios/Büros sind über die Stadt verteilt. Die Drehzeiten resp. Dauern naturgemäss nicht exakt verhersehbar.

Mit der Zeit hattte die gute Frau ein simples Parkuhrproblem.

Man kann ja schlecht alles stehen und liegen lassen, aus dem Studio rennen, die Parkuhr auffüllen, zurück und weiterdrehen.

Und jetzt kommts:

Die Gebührenordnung bei Parkzeitverstössen sieht vor, dass ein Übertreten der bezahlten Parkzeit mit 15 Euro geahndet wird, aber ein Nichtlösen eines Parkscheins nur mit 5 Euro. (Genaue Zahlen habe ich jetzt nicht in Erinnerung)

 

Die ökonomisch sinnvolle und mithin rationale Entscheidung der Frau war: es ist günstiger erst gar keinen Parkschein zu lösen.

Total vernünftig.

Entsprechend viele Parkzettel für Nichtlösen eines Parkscheins hat die Frau gesammelt.

 

Irgendwann war aber Schluss. Fürherscheinentzug, Therapie und anschliessende MPU (Gutachten) wurden angeordnet.

Als Führerin eines Kraftfahrzeugs und somit der Strassenverkehrsordnung unterworfen, liess ihr "notorisches" Regelübertreten auf einen Charakter schliessen, der unfähig ist Regeln anzuerkennen. Die Zuverlässigkeit zur Teilnahme am Strassenverkehr ist bei einer solchen Disposition in Frage gestellt und zum Schutze der Allgemeinheit ihr den Führerschein entzogen.

 

Unzählige Therapiestunden später, bei feierlichem Gelöbnis die Rechtsordnung zu heiligen, wurde ihr gnädigerweise der Führerschein zurüchgegeben.

Die Einlassung, dass es unter den Umständen ja sinnvoller (billiger) ist, keinen Parkschein zu lösen, wäre fatal gewesen, denn der Psychater hätte daraus geschlossen, dass sie mit Vorsatz die Regeln nicht zu beachten des Morgens ins Auto steigt, also unfähig ist, soziale Ordnung anzuerkennen.

 

Es kommt also auf die Umstände an...

@#15 Max Mustermann:
Ein schlechtes Beispiel, das die Diskussion eigentlich vom Fall Mollath weg führt. Trotzdem eine Anmerkung dazu, weil es die indifferente Perzeption psychiatrischer bzw. psychologischer Begutachtung zeigt, die sich hier ein wenig einschleicht.

astroloop schrieb:

Die Einlassung, dass es unter den Umständen ja sinnvoller (billiger) ist, keinen Parkschein zu lösen, wäre fatal gewesen, denn der Psychater hätte daraus geschlossen, dass sie mit Vorsatz die Regeln nicht zu beachten des Morgens ins Auto steigt, also unfähig ist, soziale Ordnung anzuerkennen.

Aus dieser Einlassung wäre der Frau nicht die Rationalität ihrer Entscheidung zum billigeren Regelverstoß "angekreidet" worden; vielmehr, dass sie gegenüber dem "Parkuhrproblem" ein regelkonformes Verhalten nicht mehr in Betracht zieht. Der Gutachter hätte in dem Fall erkennen müssen, dass sie Möglichkeiten der Regeleinhaltung schon bei der Konfrontation mit typischen Alltagswidrigkeiten nachhaltig aufgibt, und die Fahreignung deshalb nicht besteht. Dass er ohne das explizite Bekenntnis offenbar dazu nicht in der Lage war, stellt natürlich wiederum die MPU infrage.
Das von Ihnen eingeführte Kriterium der Rationalität ist untauglich. Die subjektive Zweckausrichtung bildet typischerweise das Motiv eines vorsätzlichen Verstoßes gegen soziale Ordnungen, so auch gegen Straßenverkehrsregeln, ohne ihn zu legitimieren. Alle Zeugen und Mitwisser eines Verbrechens zu töten, sein Geld vor dem Finanzamt zu verstecken, das Tempolimit zu überschreiten - in der Regel sinnvoll und trotzdem sozial missbilligt. Die MPU ist deshalb nicht darauf festgelegt, psychische Defekte aufzudecken, die rationale Entscheidungen beeinträchtigen, sondern besteht schlicht in (versuchter) psychologischer Verhaltensinterpretation und -prognostik.

5

Die nächste Phase der Skandal"bewältigung" ist eingeläutet: nachdem Ignorieren und Abstreiten nicht funktioniert hat, kommt nun als dritte Stufe das Kapitel "Verteidigen und Erklären":

"Merk hat versucht, Dinge zu vertuschen" (SZ, 26.11.12)

Die Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg hat das Vorgehen der Staatsanwaltschaft verteidigt. Mollath, so heißt es in einer Stellungnahme, habe zwar von Schwarzgeldverschiebungen gesprochen und mögliche Zeugen und Täter namentlich genannt. Seine Angaben seien jedoch "nicht zureichend" gewesen, weil "Geldtransfers von Deutschland in die Schweiz nicht automatisch strafbar sind".

Außerdem habe Mollath keine Tatsachen dafür genannt, dass es sich um Schwarzgeld gehandelt habe. "Die bloße Behauptung illegaler Geldgeschäfte genügt nicht", so die Generalstaatsanwaltschaft in einer Erklärung. Deswegen habe die Staatsanwaltschaft keinen Grund gesehen, Ermittlungen einzuleiten.

Danke Max Mustermann für den Praxisbeispiel.

Wäre hoch interessant zu wissen, wie viele psychiatriche Gutachten Deutschland im vergleich zu anderen europäischen Ländern ausfertigen.

Komme aus DK und abgesehen von eigenen Erfahrungen ist das hier ist Neuland.

Gruß

Tine Peuler

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Ich bin wirklich erstaunt, welch hohe Hürden die bayerische Justiz für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mittlerweile errichtet. Nicht einmal für eine Vorermittlung, ob überhaupt ein Anfangsverdacht vorliegt, sollen die Angaben des Herrn Mollath ausgereicht haben? Das weicht von der sonst üblichen Praxis doch erheblich ab. Ähnlich wie le D in # 7 kann ich sogar von Fällen berichten, in denen auf der Grundlage eines anonymen Hinweises ("Bei meinem Nachbarn riecht es komisch aus der Wohnung...") eine Hausdurchsuchung (!) beantragt und richterlich genehmigt wurde. Ein noch groteskerer Fall findet sich auch in Udo Vetters lawblog: http://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/10/08/was-muss-man-rauchen/. Bei Herrn Mollath reicht dagegen nicht einmal offenkundiges Insiderwissen...

 

# 15

 

Prima Beispiel, Herr Mustermann, wurde mal 1988 am Beispiel "Schwarzfahren" als bewußtes Handeln

vom Freiburger Kriminologen Baldur Blinkert durchgerechnet und als wirtschaftsrationales Verhalten bewertet.

 

Nur Ihre Deutung des Psychogutachters find ich nicht überzeugend. Meine Deutung: der Typ kann nicht mal im Sinne der vier Grundrechenarten rechnen ...

 

Gruß Tari

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@Sebastian Sobota:
Siehe andererseits die Hürden, die das BVerfG aufgestellt hat, z.B. in 2 BvR 2561/08

Ob steuerkriminalistische Erfahrung dahingehend, dass, wer (Bar)Geld in die Schweiz bringt, dieses bzw. die Erträge daraus nicht versteuert hat oder versteuern wird, wirklich für einen Anfangsverdacht ausreicht?

Da könnte man doch froh sein, wenn auch in Bayern verfassungsgerichtliche Vorgaben eingehalten werden und etwas Zurückhaltung beim Anfangsverdacht geübt wird.

 

Man kann durchaus diskutieren, ob die Anzeige sinnvollerweise an  Finanzämter  hätte weiter gereicht werden sollen, damit sie wie auch bei den Steuer-CDs prüfen.  § 116 AO nennt Herr Strate in seinem Gutachten gar nicht erst.

Ob eine  bloße Mitteilung an das Finanzamt oder aber eine nach § 116 AO an das  BZASt / die Steuerfahndung  noch notwendig war angesichts des Verteilers, den Mollath selbst in seiner  Anzeige genannt hat (OFD, Steuerfahndung und Finanzamt), erscheint mir aber recht fraglich.

Aus den anderen Bundesländern hört man so gar nichts zum Verbleib und Ergebnis der Anzeige Mollaths. Aber in denen führen die FW offenbar gerade  keinen Wahlkampf.

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meine5cent schrieb:
@Sebastian Sobota:
Siehe andererseits die Hürden, die das BVerfG aufgestellt hat, z.B. in 2 BvR 2561/08
Sie wollen tatsächlich eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen eine Hausdurchsuchung als Argument anführen, um einen Verstoß gegen § 160 (1) StPO, also die Nichtaufnahme von Ermittlungen, zu rechtfertigen?

Bitte bemühen Sie sich um Argumente, die man ernst nehmen kann und lesen Sie nach:

Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.

Das ist keine Kann-Bestimmung, sondern eine Muss-Bestimmung!

meine5cent schrieb:
Ob steuerkriminalistische Erfahrung dahingehend, dass, wer (Bar)Geld in die Schweiz bringt, dieses bzw. die Erträge daraus nicht versteuert hat oder versteuern wird, wirklich für einen Anfangsverdacht ausreicht?
In welchem Jahrhundert leben Sie? Die Überweisung wurde schon vor 50 Jahren erfunden und dass es kriminalistischer Erfahrung entspricht, dass Bargeld in großen Summen (wir reden hier nicht von 2000 Euro-Kleinkram) der Verschleierung von Zahlungen und Zahlungsströmen dient, wollen Sie doch nicht ernsthaft anzweifeln?

Das Geldwäschegesetz wurde übrigens schon 1993 beschlossen.

meine5cent schrieb:
Da könnte man doch froh sein, wenn auch in Bayern verfassungsgerichtliche Vorgaben eingehalten werden und etwas Zurückhaltung beim Anfangsverdacht geübt wird.
Dagegen hätte niemand etwas, wenn dies denn nur Steuerhinterziehung beträfe. Hier entsteht aber der Eindruck, dass ein prominenter Name geschützt werden sollte. (Zitat aus dem Revisionsbericht: Herr D. erklärte hierzu, dass es sich um einen "Gefallen" für eine Kundin (allgemein bekannte Persönlichkeit) gehandelt habe, die persönlich nicht in Erscheinung treten wollte, zumal es sich um Schwarzgeld handelte). "Allgemein bekannte" Frauen gibt es in Nürnberg und Umgebung allerdings nur extrem wenige: die eine ist Unternehmerin und Milliardärin und die andere ist Unternehmergattin und CSU-Politikerin ...

Hony soit qui mal y pense!

@Mein Name:

Die Frage ist, ob eine bloße "Verdächtigung" durch einen Anzeigeerstatter ausreichend ist, einen "Verdacht" zu begründen. Und dann die zwingende Folge "hat zu ermitteln" auslöst.

 

Zum Revisionsbericht:

Dann haben Sie sicher auch den Revisionsbericht bis zum Ende (Seite 16 unter Empfehlungen) gelesen und die Reaktion des Geldwäschebeauftragten im Bankhaus Bethmann. Aber vermutlich werden Sie das ohnehin als offensichtliche Vertuschung abtun.
 

Andererseits: Haben Sie auch mal daran gedacht, dass Herr D.  das Schwarzgeld einer "allgemein bekannten" Persönlichkeit,  nur vorgeschoben haben könnte, um gegenüber den Revisoren Eindruck zu schinden und die vermeintlich prominente Kundin und deren vermeintliche Protektion zum Selbstschutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu nutzen? Der kleine Vermögensbetreuer  als persönlicher Zahlungsdienstleister der Promi-Frau? Die Millionärin, die es nötig hat,  70.000 CHF einzuzahlen, statt einen Fahrer und eine Hausangestellte 10 x zu verschiedenen Banken zu schicken und unter den meldepflichtigen Beträgen zu bleiben?

Die dann auch noch so blöd ist, dem Vermögensberater zu sagen, dass es auch wirklich echtes Schwarzgeld ist, was er da für sie einzahlt, und damit riskiert, dass ihr ein kleines Bankangestellten-Würstchen (sorry, habe nichts gegen Bankangestellte) irgendwann wegen der "Schwarzgeld"-Geschichte ans Bein pinkelt?

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Die 'Zurueckhaltung' beim Anfangsverdacht findet gerade in Bayern eben NICHT statt!

Auf niederstem Niveau werden schwerste Grundrechtseingriffe, Wohnungsdurchsuchungen, Haftbefehle / Untersuchungshaft, Zwangsvorführungen und Einweisungen auch bei Bagatelldelikten und v.a. im Bereich Paarkonfliktin Vorverurteilung gegen Männer begangen!

Weit mehr als in jedem anderen Bundesland, wie zum Beispiel folgender Pressebericht zur Haftentschaedigung auf Anfrage der bayr. Politikerin Christine Stahl von den Grünen belegt:

http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/130-Menschen-sassen-in-Bayer...

Die hilflosen Versuche des Schönredenwollens sind vorbei.

Hier steht ein Pfeiler des Rechtsstaats auf dem Prüfstand!

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@M. Deeg :

Der im verlinkten Zeitungsartikel geschilderte Fall Schober ist in der Tat ein Skandal. Er war Zeuge in einem Verfahren wegen § 142 StGB. In der Verhandlung gegen den Fahrer stand noch nicht einmal fest, dass es zu einer Kollision zwischen den betreffenden Fahrzeugen gekommen war, deshalb sollte erst noch gerichtlich ein Gutachten eingeholt werden. Man konnte also  diese "Haupttat" 142 StGB noch nicht einmal annähernd beweisen, sondern musste noch nachermitteln. Trotzdem hat man flugs sogar den dringenden Tatverdacht für eine Falschaussage zum angeblichen - völlig unbewiesenen - Unfall bejaht und Schober in Haft gesteckt.

 

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@#20 Tari

Das ist das Grundsatzproblem aller psych. Gutachten. Im Gegensatz zum Strafrecht werden "Tatbestands"elemente grundsätzlich anders "subsumiert".

Die Forensik arbeitet -nach meiner Diktion-  mit rein normativen Reizwörtern.

Reizwort hier ist "Zuverlässigkeit" zum Führen eines Fahrzeugs. (so ähnlich auch im Jagdrecht zum Waffenbesitz)

 

Letztlich masse ich mir an, zu JEDEM ein Gutachten zu erstellen, das aufgrund einer geschickten Komposition von Reizwörtern und realen Daten ausreicht, den Betreffenden zu "psychatrisieren". (Und ich habe den Mist nicht einmal offiziel studiert.)

 

@#17 Tine Peuler

 

Da die Ursachen, die zu einem Gutachten führen unterschiedlicher Natur sind (Richter, Klinik, Selbsteinweisung, etc.) wird aufgrund ärztlicher Schweigepflicht u.a eine solche Statistik schwierig zu erstellen sein.

Interessant wären solche Daten auf den ersten Blick sicherlich. Grundsätzlich wage ich aber vorherzusagen, dass Gesellschaften mit einem "höheren" Lebensstandard (Versicherung, Grundeinkommen, etc.) auch prozentual gesehen einen höheren Anteil an -gutachterlich festgestellten- psychischen Erkrankungen aufweist. 

Aber ob sich daraus Erklärungen aus den Gesellschaftsformen ableiten lassen (Bsp. "neolibarer Erfolgsdruck", Familienstruktur etc.), halte ich persönlich für fraglich. 

Die Mischung aus Rechtssystem und Anzahl studierten Psychiatern verzerrt solche Vergleiche mM. nach schon erheblich. 

 

 

Aber ein anderer interessanter Umstand zum Thema Statistiken und Psychatrie ist mir aus der Schweiz bekannt, den ich Ihnen gerne mitteilen würde.

 

In der Schweiz wird im Falle eines Selbstmordes innerhalb der Psychiatrischen Klinik, der Körper in ein kantonales Krankehaus überführt, in welchem dann ein dortiger Arzt den Tod feststellt.

Dies hat zur Folge, dass es nicht möglich ist, eine Statistik zu erstellen, wieviele Patienten einer solchen Heilanstalt sich der "Heilung" durch Selbstmord versuchen zu entziehen.

Das wären sehr wohl Daten, die Rückschlüsse auf die "Leistungen" der Psychatrischen Kliniken zulassen würden.

Das ist aber nicht gewollt.

Viele Patienten werden wegen Selbstgefährdung eingeliefert. Stellen Sie sich die absurden Kosequenzen mal vor, wenn man solche Statistiken hätte...

 

 

 

 

 

Bayerische Staatsregierung reagiert im Fall Mollath (SZ)

Nach SZ-Informationen will die Staatsanwaltschaft Nürnberg vor Gericht beantragen, dass der Fall noch einmal überprüft wird. Auch Ministerpräsident Seehofer hat sich eingeschaltet. 

Nach SZ-Informationen will die Staatsanwaltschaft Nürnberg vor Gericht beantragen, dass jetzt doch noch einmal überprüft wird, ob der Mann zu Recht eingesperrt ist. Auch ein neuer Gutachter soll hinzugezogen werden. Die Nürnberger Staatsanwaltschaft wollte dies am Nachmittag nicht bestätigen. Die Sache werde momentan geprüft, sagte Sprecher Alfred Huber.
...
"Ich möchte in diesem Fall, dass man sich auf die Frage konzentriert, ob alles in Ordnung ist", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Er respektiere die Unabhängigkeit der Gerichte, sagte er. Jedoch sei die Justiz aus seiner Sicht "gut beraten, den Fall noch einmal neu zu bewerten". Alle neuen Informationen müssten einfließen, neue Gutachter sollten gehört werden. 

Der Regierungschef erklärte weiter: "Es kann nichts an Zweifeln bleiben." Darüber habe er auch mit seiner Justizministerin Beate Merk (CSU) gesprochen. Für den Nachmittag wird eine Presseerklärung der Justiz erwartet.

 

Das erst jetzt  der Marsch der Justizministerin Beate Merk (CSU) geblasen wird, ist besser als nie.

Horst Seehofer will im Fall Gustl Mollath, der unschuldig in der Psychiatrie interniert ist, prüfen lassen  "ob alles in Ordnung ist" so ist heute in SZ zu lesen.  Diese Frage hat bereits die Justizministerin Beate Merk (CSU) zusammen mit ihren promovierten Referatsmitarbeiten geprüft und hat ihr Ergebnis

im Interview vom 13.11.2012 mit folgenden Wörtern beaknnt gegeben:

"Das ist das ganz normale Verfahren, so wie das immer läuft"

 

Mit ihrem irrläufigen Verhalten und dem störrischen Auftreten gegenüber Journalisten (Report Main) hat sie unserem Bayernland und der Justiz Schaden zugefügt.  

Ich denke, Beate Merk sollte den Posten als Justizministerin von Freistaat Bayern aufgeben. Bezüge weiter kassieren und nicht mehr arbeiten zu müssen ist doch was schönes. 

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@26&27

Hehehe, da ist sie weg, die Uanbhängigkeit der Justiz... ;-)

Zitat aus dem Artikel:

""Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wird anregen, dass man hier ein weiteres Gutachten einholt", erklärte Sprecher Thomas Hammer am Nachmittag. Insbesondere solle die Verhältnismäßigkeit der langen Unterbringung geprüft werden. Dies könne im Rahmen der jährlichen Überprüfung erfolgen. Aber auch eine außerturnusmäßige Kontrolle sei denkbar. Die Anklagebehörde habe sich zu diesem Schritt entschlossen, "um weiteren Schaden von der Justiz abzuwenden".

 

Wie liebe Leute soll das nun funktionieren?

Soweit ich verstanden habe, weigert sich Hr. Mollat mit den Amtsärzten zusammenzuarbeiten. Er macht quasi von seinem "Zeugnisverweigerungsrecht" Gebrauch- nebenbei wohl auch der Grund, warum er noch nicht zwangsmedikamiert wurde und somit seinen "Verstand" behalten durfte...

 

Also ein weiteres Gutachten auf Aktenlage?

 

Letztlich also keine Wiederaufnahme des Verfahrens. Also Bestätigung der Justizministerin "Alles ganz normal gelaufen."

 

Somit keine Zweifel an der Tat. Keine Zweifel an der Richtigkeit der Schuldunfähig zum damaligen Zeitpunkt. 

 

Die Umstände haben sich wohl geändert. Die sind fähig und machen aus einem bisher blossen Justizirrtum nun einen handfesten Justizskandal...

 

Der Mann wird letzlich mit diesem Schritt um seine Ehre endgültig betrogen...

 

 

@28

Sehr geehrter Herr Richard,

das ist mir klar, aber bekloppt, bleibt bekloppt.

Dass Ihre Argumentation, genauer Ihre Erklärung, systemgerecht ist, macht das System nicht "gerechter".

Letzlich ist die "Psychologie" eine soziale Konvention. Meine private Haltung ist, dass ich Werturteile über Abweichungen von der sozialen Konvention dem Rechtssystem überlassen sehen möchte.

Es liegt mir fern Ihren Berufsstand oder Ihre persönliche Redlichkeit im Bemühen für die Gesellschaft zu verunglimpfen, ich halte den Instrumentenkasten schlicht für untauglich.

Warum soll die gehäufte, aber FREIWILLIGE Entscheidung keinen Parkschein zu lösen, plötzlich Gegestand der Verhaltensprognostik in einem ganz anderen Bereich werden?

Die Juristen sind da ehrlicher: Summum jus, summa injuria (oder so...)

 

Gruss

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