Anonymität, Klarnamenpflicht und Meinungsvielfalt im Internet – alles eine Frage der Vertragsfreiheit

von Dr. Sylvia Kaufhold, veröffentlicht am 30.07.2019

Auch hier im Beck-Blog wird immer wieder über den richtigen Umgang mit frucht- und sinnlosen bis hin zu beleidigenden, hetzerischen oder in sonstiger Weise strafrechtsrelevanten Kommentaren diskutiert. Jenseits des NetzDG könnte eines der Mittel der Wahl darin bestehen, den Nutzer zur Nennung seines „richtigen“ Namens bei der Teilnahme an Internetdiskussionen zu verpflichten. Gegen eine solche Klarnamenpflicht wiederum wird eingewandt, „dass der Diskurs im Netz auch und gerade von denjenigen lebt, die unter Pseudonym schreiben. Die anonyme Kommunikation ist ein wesentlicher Aspekt einer freiheitlichen Ordnung, der nicht hilflosen Schnellschüssen geopfert werden darf“ (Buermeyer, NJW-aktuell 26/2019, S. 15).

Die Diskussion verkennt mE den zivilgesellschaftlichen – oder genauer gesagt den vertragsrechtlichen – Charakter des Problems. Sie ist durch eine in ihren hehren Zielen typisch deutsche, im Kern jedoch verfehlte Vorschrift (§ 13 Abs. 6 TMG), in die Irre geleitet. Und zwar zulasten einer für die liberale Gesellschaft grundlegenden Vertragsfreiheit, die faktisch – nicht erst durch das Internet – bis zur Unkenntlichkeit verkümmert ist und kaum noch Fürsprecher zu haben scheint. Die Zurückdrängung des (Standard-)Vertrags als vorrangiges Regelungsinstrument der freiheitlichen Gesellschaft geht bei uns schon so weit, dass wir nicht einmal mehr sein Potential zur Klärung neuer Phänomene zu erkennen scheinen. Das war früher noch anders, wie z.B. das bis heute in Deutschland gesetzlich ungeregelte Franchising und Leasing zeigen. Aber da gab es auch noch kein so starkes Datenschutzrecht, das man aus dem Bereich des öffentlichen Rechts schlicht auf den Privatrechtsverkehr übertragen hat. Kein Wunder, dass dies die Entwicklung eines europäischen Digitalrechts – i.S. eines liberalen Internet- und Datenvertragsrechts – behindert.

Aber zurück zur Klarnamenpflicht. Aus meiner Sicht müssen wir uns zunächst klarmachen, dass „das Internet“ kein Raum ist, der vom Staat (welchem?) beliebig reguliert werden könnte. Die Inhalte, um deren Duldung oder Löschung es bei der Diskussion um eine Klarnamenpflicht geht, werden von Privatunternehmen generiert, verwaltet und verbreitet. Es geht um Plattformen wie Facebook, Twitter oder aber, wie z.B. im Fall des Beck-Blogs, um Verlage und private Blogger, die ihr Verhältnis zu den Nutzern ausschließlich per Vertrag bzw. AGB regeln können, solange der (insbes. europ.) Gesetzgeber kein gesetzliches Vertragsrecht für diesen Bereich vorhält. Somit entscheiden auch die AGB der jeweiligen Plattform, ob für die Einstellung von Inhalten eine Klarnamenpflicht herrscht (so z.B. bei FAZ.net) oder nicht. Ganz einfach.

§ 13 Abs. 6 TMG, der den ominösen Grundsatz der Anonymität im Internet mit erheblichen Folgen auch auf europäischer Ebene normiert, ist in diesem Zusammenhang mE entweder gar nicht einschlägig oder aber ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Vertragsfreiheit. Erst dieser Grundsatz hat im Übrigen die Haftung für Rechtsverletzungen im Internet faktisch vom Täter auf die Plattformen selbst verschoben und zu einer überbordenden Störerhaftung geführt, der wir nicht nur das NetzDG zu verdanken haben, sondern letztlich auch die Diskussion um Uploadfilter beim Urheberrecht. Zu Recht weist außerdem Pille in seinem grundlegenden Beitrag zum Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit im Internet (NJW 2018, 3545, 3550) darauf hin, „dass das Recht zur anonymen Nutzung des Internets eine nicht gebotene Privilegierung des Online-Bereichs begründet, da „offline“ gerade kein Anspruch darauf besteht, Handlungen anonym vornehmen zu können.“

Lässt die Plattform anonyme/pseudonyme Postings zu, wofür es auch bei Streichung von § 13 Abs. 6 TMG sehr gute Gründe geben kann, ist die nächste Frage, ob sie denselben „Bestandsschutz“ genießen sollten wie namentliche. Auch das ist vorrangig durch Vertrag/AGB zu regeln und mE zu verneinen. Auch wenn man hier die mittelbare Drittwirkung der Meinungsäußerungsfreiheit (insbes. bei der Auslegung einer entsprechenden AGB-Klausel oder ihrer Angemessenheitskontrolle gem. § 307 BGB) berücksichtigt, dürfte man nicht zu einem anderen Ergebnis kommen (s. z.B. OLG Dresden, IWRZ 2019, 37 m. Anm. Kaufhold; NJW-RR 2020, 429; MMR 2020, 626; NJW-RR 2020, 1370; OLG Karlsruhe, MMR 2020, 52). Genau genommen kann eine anonyme öffentliche Aussage, so wichtig sie im Einzelfall sein mag, überhaupt keine Meinungsäußerung sein, jedenfalls keine dauerhaft schützenswerte. Nur wer – nach Beanstandung – zu seiner Meinung steht, kann sie notfalls auch über den Rechtsweg verteidigen. Denn spätestens, wenn er Klage gegen die Löschung einreichen will, muss er zumindest der Plattform gegenüber offenlegen, wer er ist. Alles andere ist eine Frage des Whistleblower-Schutzes.

Nach meiner Meinung wird nur ein vertragsrechtliches Verständnis der Klarnamenpflicht – sowie der Plattformregulierung insgesamt – dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit gerecht, der auch im Internet dringend wieder herzustellen ist. Dem steht aber ein Verzicht auf das anerkannte „Know-Your-Customer“-Prinzip (KYC) ausgerechnet im Internet, wie er aus § 13 Abs. 6 TMG folgt, diametral entgegen. Wird den Plattformen die Identifizierung ihrer Kunden (oder zumindest die Auferlegung einer Wahrheitspflicht bei der Registrierung/Namensnennung) umgekehrt zur Pflicht gemacht, dürfte das die Strafverfolgung ganz erheblich erleichtern. Das aber schließt, wie gesagt, die Zulassung einer zunächst anonymen Beteiligung an Internetdiskussionen überhaupt nicht aus, im Gegenteil. Solange der Autor eines anonymen Posts zumindest bei der Plattform mit E-Mail und Klarnamen registriert ist, bleibt er kontrollierbar – auch für die Staatsanwaltschaft. Einen solchen Fall der anonymen Beteiligung durch einen registrierten Nutzer betraf auch das Urteil des BGH vom 23.6.2009 zur Zulässigkeit von Lehrerbewertungen im Internet (NJW 2009, 2888) aus dessen Rn. 38 daher zu Unrecht abgeleitet wird, dass die Internetnutzung in jedem Fall absolut anonym ermöglicht werden müsse.

Jedenfalls ist es ärgerlich, wenn die Politik schon wieder aufgeregt über eine Erhöhung des Verfolgungsdrucks (insbesondere) auf Rechtsextreme, neue Auskunftsansprüche und sonstige Scheinlösungen diskutiert, ohne das eigentliche Hindernis überhaupt zu erkennen oder klar zu benennen: Der angeblich so fundamentale Anonymitätsgrundsatz im Internet, der nicht nur falsche Signale setzt, sondern auch jede vertragsrechtliche Lösung konterkariert. Ohne eine Streichung von § 13 Abs. 6 TMG, dessen Regelungsziel in der Offline-Welt absolut indiskutabel wäre und der technisch sowie durch die DSGVO nach wohl h.M. ohnehin überholt ist, werden zusätzliche Polizeibefugnisse, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Auskunftsansprüche auch dann keinen besseren Schutz der Persönlichkeitsrechte bringen, wenn – wie jetzt wieder von der FDP gefordert – auch datenschutzrechtliche Hindernisse zweifelsfrei beseitigt sein sollten (vgl. BGH vom 1.7.2014, NJW 2014, 2651 Rn. 8; s. aber bereits §§ 14 Abs. 3 und 4 TMG, 24 Abs. 1 Nr. 2 BDSG).

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206 Kommentare

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Ich denke, dass in Zukunft eine Diskussion auf beck-blog noch sehr viel konzentrierter ablaufen könnte, wenn die Klarnamenspflicht eingeführt werden würde und dadurch die Möglichkeit bestünde, einen Troll zeitnah sperren zu können.    

Sie sind doch derjenige, der seit Jahren zum hundertsten Mal immer den gleichen Unsinn propagiert und ständig immer wieder den gleichen Unfug wiederholt. Von einer konzentrierten Diskussion kann da nicht die Rede sein, nicht einmal von einem konzentrierten Unsinn, sondern nur von breit auswalztem Quark. Ihr einziges Ziel ist es, endlich freies Feld für Ihren Unsinn zu bekommen, dass Ihnen endlich niemand mehr widerspricht und Sie endlich ein ungestörtes Forum für Ihren Unfug haben, nachdem Wikipedia, LTO und andere Ihnen bereits den Griffel weggenommen haben.

Was Sie – ähnlich wie hier – täglich in den Kommentarspalten bei LTO getrieben haben, kann man z. B. hier oder hier oder hier oder hier und und und... nachlesen, bis LTO dann wegen Ihnen seine Kommentarfunktion schließen mußte. Und das nennen Sie dann eine "sachliche und konzentrierte Diskussion"?

Und bei Wikipedia heißt es zu Ihnen:

"Es handelt sich hier meiner Überzeugung nach um einen Man on a Mission: Erwin bricht mutwillig ständig unsere Grundregeln und pöbelt immer wieder, siehe Sperrlog. Der Benutzer ist der Portaldiskussion Recht als problematisch bekannt und war dort immer wieder Thema (zuletzt hier, siehe die Suche). Seine Mitarbeit beschränkt sich seit Jahren darauf, den persönlichen Anliegen eines Rechtsanwalts hier Geltung zu verschaffen, begonnen damit, dass er versucht hat, bei Heribert Prantl (Disk.) und Thomas Fischer (Disk.), die sich jeweils geweigert haben, die ihnen zugespielten Storys dieses Rechtsanwalts zu veröffentlichen, grotesk unlautere Kritik einzubauen. Und das setzt sich darin fort, dass er versucht, die Beiträge dieses Rechtsanwalts in allen möglichen Artikeln unterzubringen (siehe seine letzten Beiträge mit der Canvassing-Aktion bei verschiedenen Benutzern, die die ausführlichen Kommentare ebendieses Rechtsanwalts unter den sehr knappen Beck-Blog-Beiträgen hier pushen soll; siehe auch den Einbau des Aufsatzes Zeitenwende im Klageerzwingungsverfahren in verschiedensten Artikeln, ohne dass dem Aufsatz sonderliches akademisches Gewicht zukäme). Warum das Verhalten des Benutzers viele Regeln dieses Projekts verletzt, ist ihm vielfach erklärt worden, ohne dass jemals eine Verhaltensänderung erkennbar gewesen wäre. Er kann auch ausgesucht höflich sein, das sollte aber nicht über die steten Regelverletzungen hinwegtäuschen. Belege gäbe es zuhauf. Ich plädiere für eine dauerhafte Sperrung."

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Nach meinem Dafürhalten müsste Herr Würdinger aber genau so auch akzeptieren, wenn ihn LTO gesperrt hätte, statt die ganze Kommentarfunktion zu schließen.

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Die Einführung der Klarnamenspflicht auf beck-blog wäre natürlich kein "Einzelfallgesetz" nur für Sie, sondern würde natürlich auf eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern Anwendung finden, das ist richtig. 

Aber auch auf solche user, die ständig einen eigenen Fall so langatmig behandeln wollen in vielen Threads.

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Das Sperren war jedoch da gemeint, Herr Würdinger, das ist unabhängig von einer Klarnamenspflicht machbar.

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Angenommen, Herr RA Dr. h.c. Strate würde hier jeden seiner Fälle, die er auf seiner Website dokumentiert hat mit allen Schriftsätzen, auch hier einstellen. Da bekäme er auch von mir aber richtigen Gegenwind.

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Ja, das wäre interessant, wenn sich Herr Kollege Gerhard Strate oder ein Thomas Fischer sich hier auf beck-blog zu Wort melden würden. Und ja, da das Konzept des beck-blog auf (kontroverse) Diskussion angelegt ist, wäre das auf jeden Fall eine Bereicherung, da haben Sie Recht.  

Herr Würdinger, Sie täuschen sich da aber.  RA Peter Witting hatte im Wolbergs-Thread den Versuch unternommen, einen eigenen Fall dort zu behandeln. Das brachte doch überhaupt nichts für ihn, sondern schadete mMn ihm und seinem Mandanten.

Und RA Strate wäre es im "Doppelmordfall von Babenhausen"-Thread doch ganz genau so ergangen.
 

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Man muss unterscheiden: 

1) Das (prozess-)taktische Verhalten des jeweiligen Anwaltskollegen (RA Peter Witting, RA Gerhard Strate). Das ist deren Sache. Der jeweilige Kollege wird schon wissen, was er tut. Es fällt mir nicht ein, mich dazu zu äußern.

2) Was ist gut für den beck-blog? Was bereichert die Diskussion? Nur dieser Gesichtspunkt interessiert hier. Das heißt: Wenn die Herren Anwaltskollegen RA Peter Witting oder RA Gerhard Strate ihre aktuellen Rechtsfälle auf beck-blog besprechen, kann das nur gut für den beck-blog sein, weil es in jedem Fall die Diskussion bereichert. 

Das kann aber mMn nicht der Sinn dieses Blogs sein, den Gerichten quasi vorzugreifen und die Argumentationen der
RAe hier bereits dann schon zu zerpflücken. RA Strate hat in neueren Fällen, die noch laufen, darauf verzichtet, Dokumente des Verfahrens vollständig wieder auf seiner Website einzustellen.

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Glauben Sie allen Ernstes, dass Sie mit Ihren Diskussionsbeiträgen - so fachlich wertvoll sie sein mögen - "den Gerichten quasi vorgreifen"?

Das nicht, Herr Würdinger, aber hier sind viele Leser und Leserinnen dabei, wenn es um Fehler in Verfahren geht.

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Jeder noch so kleine Fehler eines RA im Verfahren kann hier ja aufgedeckt werden, wenn alle Leser und Leserinnen seine wichtigsten Verfahrens-Dokumente, egal wo sie stehen, ja in Ruhe mal studieren können.
 

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So betrachtet ist es also sogar eine win-win-Situation: Denn die Besprechung aktueller Rechtsfälle auf beck-blog schafft für den Anwaltskollegen auch positiv die Möglichkeit, dass Leser des beck-blog auf Argumente kommen, auf die der Anwaltskollege selbst noch nicht gekommen ist. Und für den beck-blog wäre es in jedem Fall eine positive Entwicklung. Kurz gesagt: Das könnte doch für beide Seiten eine spannende Sache sein!  

Ich kenne nur wenige "Experten", auch keine RAe, die sich ihre Fehler gerne nachweisen lassen.

Die Fehlerbewertungen sind den Gerichten dann jedoch selber vorbehalten, die entscheiden darüber.

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Ein interessantes Novum allerdings wäre es, wenn ein RA hier fragt, was soll ich dem Gericht denn nun schreiben?

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Dann könnte die geballte Schwarmintelligenz der Beck-Blog-Experten mal voll zum Zuge kommen.

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Wie gesagt: Das ist aber nicht das Problem des beck-blog. Es bleibt eben dem jeweiligen Anwaltskollegen selbst überlassen, ob er die Chance einer transparenten Diskussion in der (juristischen Fach-)Öffentlichkeit nutzen will oder nicht. Ich sehe das eben als Chance. Aber, da haben Sie Recht, dasselbe Vorgehen birgt natürlich spiegelbildlich auch Gefahren. 

Herr Würdinger, ich stimme dem zu und untertütze das dann auch oft selber noch durch eine Persiflierung solcher Kommentare. Damit wird dann meistens alles dieser Art nach einiger Zeit gelöscht.

Aus Platzmangel setze ich die Diskussion mit Ihnen hier fort. Es gab in der Tat, da haben Sie Recht, vernünftige Gründe, warum sich Herr Kollege Strate an der Diskussion auf beck-blog nicht beteiligt hat:

https://community.beck.de/2014/04/12/nach-mollath-und-peggy-ein-weiteres...

Denn diese Diskussion - womit wir wieder beim eigentlichen Thema wären - ist eine für den beck-blog sehr typische Diskussion: Für die Moderation ist es eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe, sachliche Beiträge und persönliche Angriffe auseinanderzuhalten. Denn sehr oft ist es so, dass es eine "Gemengelage" zwischen erwünschten und unerwünschten Faktoren gibt. Wie also verfahren? Auf diese Weise ist die Diskussion zwar für Kenner der Schusswaffentechnik sicher außerordentlich bereichernd, für andere Leser, wie mich, aber absolut ungenießbar. Ich weiß aber, ehrlich gesagt, auch nicht, wie man mit solchen Diskussionen am besten verfahren sollte. 

Ich will keinem der Experten jedoch zu nahe treten, der als Beitragsersteller und Moderator sich vermutlich selber etwas dabei noch gedacht hat, wie er Debatten jeweils auch unterschiedlich laufen lässt, auch wenn ich überhaupt keine Gründe erkenne für sehr unterschiedliches Verhalten dabei.

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Zu unserem Thema: Kader Canan Sari, Gunnar Hamann, Schutz von und vor anonymen Äußerungen, NJW-aktuell, Heft 35/2019, S. 15 

Bei beck-online aber nicht enthalten:

https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fzeits%2Fnjw%2F2019%2Fcont%2Fnjw.2019.h35.nameinhaltsverzeichnis.htm&anchor=Y-300-Z-NJW

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Hallo in die Runde,

ich finde es sehr gut, dass es hier einmal eine kleine Meta-Debatte zum Beck-Blog gibt, die habe ich lange Zeit vermisst.

Dank an Frau Dr. Kaufhold.

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Wir können doch nicht im Ernst erwarten, dass es toleriert wird, wenn jemand z.B. das Telefonbuch von Berlin hier als Meinungsbeitrag einstellt und danach ein anderes usw.. Irgendwie muss dann auch mal sanktioniert werden, aber allen kann es auch die allerbeste Moderation nicht recht machen. Ich schlage mal vor, völlig unpassende Kommentare nicht gleich zu löschen, sondern in eine sog. "Blog-Arena" zu verschieben und nach 30 Tagen automatisch zu löschen. Dann hat doch jeder ausreichend Gelegenheit, die auch noch mal zur Kenntnis zu nehmen, ohne sich zu registrieren und per E-mail diese zu erhalten, nachdem er einmal selber in diesem Thread eingeloggt kommentiert hatte.

Kommentare mit strafrechtlicher Relevanz, Urheberrechtsverletzungen usw., die hier mMn nicht stehen dürfen, sind gleich zu löschen.

Das ist ein Vorschlag aus meiner reichhaltigen Foren- und Blog-Praxis.

GR

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Mit dem GG alleine unterm Arm ist leider doch niemand für alle Eventualitäten des wahren und virtuellen Lebens gewappnet.

Die "Blog-Arena" könnte ja auch "Troll-Arena" oder so ähnlich genannt werden ......

Ich bin zwar gegen Löschungen, nur kam das häufige "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" von Cato dem Älteren, und das war ein " römischer Feldherr, Geschichtsschreiber, Schriftsteller und Staatsmann. Er gilt bis in unsere heutige Zeit als Musterbeispiel eines römischen Konservativen und Pater familias."

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Das Schwierige ist, vor Keppler und Galilei kreiste die Sonne um die Erde als h.M., aber diese h.M. war Kappes.

Außerdem ist vox populi doch auch schon mal vox Rindvieh gewesen, auch unter den Juristen.

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Herr Würdinger, es gäbe auch noch mildere Maßnahmen, wenn nämlich eine gültige E-Mail Adresse verlangt wird bei allen Kommentaren, auch bei den anonymen. Die Softwäre des Blogs versendet dann eine E-Mail an diese Adresse, geht die als unzustellbar zurück, wird der betreffende Kommentar sofort gelöscht.

Auch das Registrieren mit Pseudonymen und dem gleichen Verfahren ist schon einmal die mildere Maßnahme.

Sehr viele Zeitungen, Foren und Blogs usw. handhaben das auch so schon längst, ohne gültige E-Mail-Adresse geht da überhaupt nichts mehr, der Beck-Blog ist da noch eine ganz große und seltene Ausnahme davon, ein "Fossil" sozusagen aus der Anfangszeit, so wie der Quastenflosser ......

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Von mir aus auch "mildere Maßnahmen" gegen immer denselben Troll. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. 

Direkt nachdem ich den Beitrag geschrieben hatte, bin ich in den Urlaub verschwunden, weshalb ich mich an der weiteren Diskussion nicht beteiligt habe. Leider war diese ja wieder durch die sehr bilaterale Auseinandersetzung zwischen Herrn Kollegen Würdinger (dem ich für seine Unterstützung im Zusammenhang mit dem BeckBlog danke) und dem ominösen „Gast“ bestimmt. Zu den wenigen Kommentaren anderer Kollegen habe ich gerade eben noch Anmerkungen hinzugefügt.

In jedem Fall bleibt das Thema spannend, zumal das Bundesverfassungsgericht in Sachen III. Weg ja bald Gelegenheit haben wird, den Umfang der Drittwirkung von Art. 5 GG gegenüber Internetplattformen (Facebook) klarzustellen. Nicht nur ich bin der Meinung, dass das Vertragsrecht in Verbindung mit einer (grundrechtskonformen) AGB-Kontrolle das richtige Instrument ist. Es wäre auch aus anderen Gründen fatal, Facebook & Co. "auf die Ebene der Staatsgewalt zu befördern" (Malte Engeler).

Und ich danke Ihnen, dass Sie sich des Themas angenommen haben. 

Nach dem Anschlag in Halle wird wieder mal nachgedacht, wie dem Haß im Internet beizukommen wäre.

Darauf darf man dann gespannt sein, was das für die Anonymität im Internet bedeuten wird.

O, es gibt, wenn Frau Dr. Kaufhold nach BGH-Entschedungen ruft, Inreressantes: BGH I ZR 15/18 vom 21.2.2019, dort etwa Tz 17: Nach seinem Wortlaut und seiner Systematik erfasst §14 UrhG die Vernichtung des Werks. Zwar mag die in §14 UrhG zunächst genannte Entstel-lung den Fortbestand des Werks voraussetzen. Bei der Entstellung handelt es sich aber nur um einen besonderen Fall der in §14 UrhG weiter genannten Be-einträchtigung des Werks. Das allgemeine Sprachverständnis steht der An-nahme nicht entgegen, dass es sich bei der Vernichtung um einen weiteren Fall der Beeinträchtigung des Werks handelt. " Man lese dort weiter. Und es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass das Löschen von Gedankenbeiträgen eine Vernichtung darstellt. 

Wie immer ist das hauseigene Produkt selbstredend auch in diesem Fall das beste von allen:

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bgh-vernichtung-einer-kunstinstallat...

Aus der Entscheidung des BGH, Az. I ZR 15/18 vom 21.2.2019 ergibt sich allerdings auch nicht ansatzweise etwas, das die weiter gehenden Behauptungen von Herrn Kollegen Dr. Peus stützen könnte. 

Setzt die Anwendbarkeit des § 14 UrhG nicht eine relevante Schöpfungshöhe voraus? Das dürfte längst nicht bei jedem gelöschten Beitrag gegeben sein.

Im Übrigen spricht aber auch das Urteil für eine Loginpflicht (ohne damit verbundene Klarnamenpflicht), weil sich die Forenbetreiber dann das Recht zum Löschen von Texten in den AGB einräumen lassen und die Annahme der AGB bestätigen lassen können.

Vielleicht nicht bei jedem, bei manchen aber eben doch.

Nach Kommentierungen ist § 14 UrhG nicht abdingbar.

Es gibt (insbesondere vor dem Hintergrund der "Verschönerung" von Hausfassaden durch Grafitti) die Konstruktion des sogenannten "aufgedrängten Kunstwerks". Der Eigentümer darf ein solches Kunstwerk trotz § 14 UrhG entfernen.

Gleiches dürfte auch bei urheberrechtlich relevanten, aber den Nutzungsbedingungen widersprechenden Texten gelten.

Darüber hinaus kann durch AGB natürlich ein (nicht ausschließliches) Nutzungsrecht einschließlich des Rechts zur Löschung vereinbart werden. (Unabhängig vom Regelverstoß, vielleicht sollen ja auch irgendwann mal alte Beträge entsorgt werden.) Dem Urheber des Textes bleibt es dann unbenommen, sein Werk in anderer Form zu speichern und anderweitig erneut zu veröffentlichen.

Ich möchte Herrn Kollegen Würdinger und seinen anonymen Gegenspieler dringend darum bitten, meine Beiträge und den Blog nicht weiter als Plattform für ihre private Fehde zu missbrauchen! Hier sind schon so viele unqualifizierte Kommentare vorhanden, die zwar von der Moderation sogleich auf „unveröffentlicht“ gestellt werden, jedoch für die Blogger weiterhin sichtbar bleiben. Das muss bitte aufhören!

Sascha Lobo schreibt am 15.1.2020 in Spiegel.de ausführlich zum Recht auf Anonymität u. a.:

Klarnamenpflicht-Anhänger sind die Impfgegner des Internets... Beide meinen es eigentlich nur gut, folgen aber gefährlichen Fehlüberzeugungen... Die Klarnamenpflicht ist gefährlich, weil Anonymität und Pseudonymität im Netz in erster Linie Schutzinstrumente sind. Insbesondere ohnehin angreifbare und marginalisierte Menschengruppen würden gefährdet. Klarnamler machen sich selten bewusst, dass sie aus einer Position größter Privilegiertheit sprechen. Wenn es für mich okay ist, muss es auch für alle anderen okay sein... Ein Klarnamennetz wäre ein Paradies für Stalker, Mobber und Todeslistenfans...

"Nicht die Anonymität, sondern der ansteigende Grad der NICHT-anonymen Hass-Kommentare und -Mails, von Sarrazin bis Grass, ist beunruhigend." (Frank Schirrmacher)

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Das Problem ist: Sascha Lobo beschreibt nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig bietet die bestehende Rechtslage eben auch perfekten "Schutz" für Trolle aller Art.  

Eine Erleichterung für den Geschädigten (beispielsweise einer Beleidigung) bietet eine Klarnamenspflicht überhaupt nicht, zumindest nicht verglichen mit einer Regelung, wo die Registrierung unter echtem Namen erfolgt, aber unter den Beiträgen Pseudonyme verwendet werden dürfen.

Der Grund ist, dass allein der Name meistens nicht ausreicht, um einen Täter eindeutig zu identifizieren. Zeigt man den falschen "Peter Müller" an, macht man sich u.U. selber strafbar wegen falscher Verdächtigung. Zum Identifizieren sind in der Regel weitere Merkmale (z.B. Anschrift, Geburtsdatum) erforderlich. Diese hat aber allenfalls der Plattformbetreiber, auch wenn datenschutzrechtlich allerdings schon bedenklich wäre, ob das Speichern dieser Daten nach einmalig erfolgter Identifikation überhaupt weiterhin erforderlich ist.

Natürlich dürften diese Daten dann auch nicht an irgendeinen anfragenden Nutzer herausgegeben werden, sondern nur an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Es bleibt dem Geschädigten also weiterhin nur die Möglichkeit, eine entsprechende Straftat anzuzeigen und zu hoffen, dass die Sache ausreichend ernst genommen wird, dass auch tatsächlich ermittelt wird, um dann vielleicht per Akteneinsicht an die ermittelten Namen zu kommen. (Um dann was auch immer zu tun - Selbstjustiz wäre ja auch nicht wünschenswert.)

Es soll auch einzelne Beschuldigte geben, die nicht "Peter Müller" heißen, im übrigen können Sie das dann getrost meine Sorge sein lassen. 

RA Würdinger schrieb:
Es soll auch einzelne Beschuldigte geben, die nicht "Peter Müller" heißen, im übrigen können Sie das dann getrost meine Sorge sein lassen.

Es mag Sie erschrecken, Sie sind gar nicht so wichtig, dass Sie sich da angesprochen fühlen müssten. ;)

Aber in Zeiten wo Rechtsradikale Andersdenkende auf sogenannten "Todeslisten" erfassen, finde ich jede Forderung nach einer allgemeinen Klarnamenpflicht sehr bedenklich. Spinner, auch one Todesliste, gibt es im Netz genug (wahrscheinlich auch ein paar davon im Beck-Blog) und denen ohne Grund den Klarnamen zu verraten, hilft niemand ausser den Spinnern. Und wenn es einen Grund gibt (d.h. eine Straftat), reicht auch eine Herausgabe durch Beschluss der zustänndigen Behörden. Das sichert einerseits die Rechte der Opfer von Straftaten, und es schützt andererseits diejenigen, die sich rechtmäßig verhalten, vor Nachstellungen und Mobbing.

Das erinnert an des Herrn Assessor Maas öffentllche Begeisterung für die Privatautonomie von marktstarken Unternehmen.

. Vordergründig  entspricht Frau Kollegin Dr. Kaufholds Meinung derjenigen des Marktliberal-Totalitären Maas in seiner unsäglichen Darstellung an der Technischen Hichschule Köln - siehe https://www.youtube.com/watch?v=K_9dAkrMRv8 und dort besonders ab Minute 39:26 - ; zur grenzenlosen Überraschung wohl vieler vertritt Herr Assessor Maas dort zur schlichten Frage einer Kommilitonin, wie sie sich gegenüber unberechtigtes Löschen wehren könne, in seinem Verbalschwall der Nichtbeantwortung exakt dieser Frage dreimal ( 3 x!!) das Hohe Lied der Privatautonomie der (marktmächtigen!) Plattformbetreiber. ( Sie betrifft den Vertragsabschluss, nicht jedoch die Löschung einmal im Rahmen des Vertragsgemäßen Eingetragenen). ( Ein solch heißblütiges Bekenntnis zu freier unternehmerischer Marktwirtschaft, ungestört durch sozialistische Zwangsterrorisierung, ist ansonsten bei diesem Assessor eher selten wahrzunehmen). Wohl abweichend von Frau Dr. Kaufhold gebe ich zu erwägen, dass wegen der historisch erstmaligen Schnell-, Vielfalt- und weltweiten Verbreitung von Äußerungen es staatliche Aufgabe sein kann, die Meinungsfreiheit und die Menschen, die sie wahrnehmen, vor Sondergefahren zu schützen; die Debatte über "Listen- und Adressensammlung" je nach Ausrichtung Unbeliebter und deren Gefährdung durch Attacken ist aufschlussreich. Zudem kann der ordoliberale Ansatz, bei Marktmacht unternehmerische Freiheit zu zügeln, hier zu Recht eingreifen. 

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Och, "Gast" 12-09  17:07Uhr - kognitiv defizitär wird übersehen, dass einheitliche dogmatische Grundsätze wahrzunehmen sind: die der Privatautonomie. Die Herr Assessor Maas ja so begeistert feiert. Und jetzt hier eben wird erneut eine Pflicht zu Lasten des Betreibers verneint, ihm also Freiheit eingeräumt.  Darüber kann man ja als Fan von Ludwig Erhard bereitwillig nachdenken - wie in der, jener Sache ja gerade auch Herr Assessor Maas. Haben Sie seine Töne gehört? Besonders ab Minute 39:26 ! Hörenswert! Auf die Frage der Kommilitonin nach der Zulässigkeit von Löschen - dreimal seitwärts des Themas, ob das Unternehmen Vertragsabschlussfreiheit habe, dreimal: ja,  Freiheit, Marktfreiheit, Privatautonomie! Es wäre für unsere Wirtschaft hilfreich, wenn dieser Grundsatz energischer und permanent von Herrn Assessor Maas ud Consorten propagiert würde!

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Was Maas dazu sagte, das ist für  nicht massgebend. Einer Privatautonomie steht auch nicht entgegen, dass die Strafgesetze immer einzuhalten sind, die der Gesetzgeber auch neu definieren kann nach neuer Bedrohungslage.

Sie schwadronieren, der Herr !

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Die alte Masche des Herrn, für seine eigenen Polemiken höchst selektiv sich solitäre Aussagen seiner Gegner als Munition herauszusuchen, die kann doch solche defizitäre Kognitionen und Argumentationen des Herrn nicht verschleiern.

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