Fall Mollath - die Wiederaufnahmeanträge unter der Lupe

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 26.03.2013

Nachdem in der letzten Woche auch der Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft und eine Stellungnahme zum Antrag des Verteidigers Gerhard Strate zum Fall Gustl Mollath ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind, möchte ich hier eine Einschätzung zu diesen Dokumenten abgeben. Natürlich kann ein Blogbeitrag nicht die Anforderungen erfüllen, die man sonst an eine wissenschaftliche Anmerkung anlegt. In diesem Fall, der seit Monaten in der Öffentlichkeit und auch im Landtag diskutiert wird, halte ich es aber für legitim, eine solche Kommentierung zu versuchen, insbesondere weil durch die vorherige Verfahrensweise von Justiz und Politik nicht immer eine offene Debatte gewährleistet war.

Es ist schwierig, sich in den beiden jeweils weit über 100 Seiten langen Schriftsätzen mit komplexen Begründungen und eingeschobenen Zitaten zu orientieren. Die jeweilige Gliederung ist unübersichtlich. Im Folgenden werde ich mich deshalb an meiner eigenen durchnummerierten Aufstellung orientieren (V1-V12=WA-Antrag RA Strate, zit. nach Seitenzahlen des Antrags, S1-S4=WA-Antrag der Staatsanwaltschaft, zit. nach Blattzählung der Akte).

Überblick Strate-Antrag
Herr Strate führt insgesamt zwölf Sachverhalte an, davon sieben (V1 – V6 und V11), die eine Rechtsbeugung des VorsRiLG Brixner begründen sollen und damit den absoluten Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO, drei „neue Tatsachen“ i.S. d. § 359 Nr.5 StPO (V7, V8, V9), ein WA-Grund nach § 79 BVerfGG (V10), sowie eine Bemerkung zu den Gutachten im Vollstreckungsverfahren (V12).

Im Einzelnen:

V1. Die Nichteinräumung einer Erklärungsfrist nach § 225 a II 1 StPO (S. 6 ff., S. 34-36),

V2. Das Versäumnis, Herrn Mollath nach Festnahme unverzüglich einem Richter vorzuführen (S. 6 ff., 37-43)

V3. Nichtbearbeitung von Beschwerden in der Vollstreckung der vorl. Unterbringung (S. 6 ff., 44 – 48)

V4. Nichtbearbeitung der Beschwerde gegen den Unterbringungsbefehl (S. 6 ff., 49 – 51)

V5. Verweigerung des Widerrufs der Verteidigerbestellung ( S. 52 – 90)

V6. Manipulation der Gerichtsbesetzung (S. 91 – 94)

V7. Hauptverfahren ohne Eröffnungsbeschluss durchgeführt, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 95 – 105)

V8. Der Sonderrevisionsbericht der Hypo-Vereinsbank vom 17.03.2003, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 106 – 113)

V9. Der Sachverhalt um Dr. Wörthmüller und seinen Nachbarn, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 114 – 128)

V10. Beweisverwertung nach verfassungswidriger Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren vom 16.09.2004 als WA-Grund nach § 79 I BVerfGG (S. 129 – 133)

V11. Sachverhaltsverfälschungen in den Urteilsgründen als Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO (S. 134 – 135)

V12. Mängel in den Gutachten von Prof. Kröber und Prof. Pfäfflin (S. 136 – 139).

Überblick Antrag der StA

Die StA führt vier Sachverhalte an, die aus ihrer Sicht die Wiederaufnahme begründen:

S1. Die Unechtheit des ärztlichen Attests als Grund nach § 359 Nr.1 StPO (Bl. 202 – 207).

S2. Die Tatsache des Zustandekommens des Attests als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 208)

S3. Tatsachen, die die Glaubwürdigkeit der Zeugin Petra M. in Zweifel ziehen, als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 209 – 243)

S4. Die unter falschen Annahmen im Urteil behauptete Wahnausweitung als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 243 – 254)

Zu den von Strate angeführten Gründen nimmt die Staatsanwaltschaft in einem weiteren Schriftsatz Stellung, der dem Wiederaufnahmegesuch beigefügt ist.

Kommentar zu den Wiederaufnahmeanträgen

Nur ein Teil der Fehler in diesem Verfahren kommen als Wiederaufnahmegründe in Betracht. Deshalb finden sich auch nur wenige Ausführungen zum psychiatrischen Gutachten des Dr. Leipziger, in denen m. E. Fehler schlummern, die aber unmittelbar in der Wiederaufnahme keine Rolle spielen. Wenn also sowohl im Antrag Strates als auch in demjenigen der StA bestimmte Fehler unerwähnt bleiben, die bei Kenntnis der Akten auf der Hand liegen, dann heißt das nicht, dass sie nicht existieren – sie sind eben nur nicht rechtlich bedeutsam für die Wiederaufnahme. Das gilt auch für einen Teil der Gründe, die Herr Strate angeführt hat: Ihm ist ausdrücklich bewusst, dass etwa seine Bemerkungen zu den Gutachten Kröber und Pfäfflin (V12) zur Wiederaufnahme formal nichts beitragen, sondern eher colorandi causa Bedeutung haben (S. 134). Zudem muss ein Verteidiger auch solche Sachverhalte vortragen, die die Rechtsfolge zwar nicht mit Sicherheit begründen, aber die eine Chance haben, in der gerichtlichen Entscheidung zugunsten seines Mandanten berücksichtigt zu werden. Insofern ist auch klar, dass nicht alle von Strate vorgetragenen Sachverhalte und Würdigungen juristisch gleichermaßen überzeugen für eine Wiederaufnahme. Dies ist aber keine Kritik am Verteidigungsvorbringen, im Gegenteil.

Für den Antrag der Staatsanwaltschaft gelten etwas andere Maßstäbe. Die Regensburger Staatsanwälte hatten hier die durchaus heikle Aufgabe, Gründe für eine Wiederaufnahme zu finden und dazu auch Ermittlungen anzustellen, die zugleich möglicherweise gravierendes und rechtswidriges Fehlverhalten der Justizbehörden (Strafkammer des LG Nürnberg und verfahrensbeteiligte Staatsanwaltschaft) im Fall Mollath aufdecken. Insofern hat es die Regensburger Staatsanwälte in gewisser Weise „entlastet“, dass Herr Strate einige ganz wesentliche Verfahrensfehler bereits in seinem Antrag als Wiederaufnahmegründe nach § 359 Nr.3 StPO herausgestellt hat. Die von Strate selbst berichtete Arbeitsteilung (S. 5) hat die Staatsanwaltschaft insofern teilweise davon befreit, als „Nestbeschmutzer“ auftreten zu müssen. Denn natürlich haben die Staatsanwälte erkannt, was sie da vor sich haben: Eine geradezu skandalöse Verfahrensweise, an der nicht nur der VorsRiLG Brixner sondern auch Staatsanwälte beteiligt sind, die ihre gesetzliche Aufgabe nicht erfüllt haben, für ein ordnungsgemäßes Verfahren zu sorgen. Denn nicht nur die Strafkammer, auch die beteiligten Nürnberger Staatsanwälte waren offensichtlich der Ansicht, bei einem „Irren“ brauche man es mit den Verfahrensrechten nicht so genau zu nehmen, selbst wenn es um eine zeitlich unbefristete Einsperrung in der Psychiatrie und damit der zweitschärfsten Sanktion der Justiz geht. Dahinter steckt eine erschreckende Mentalität, deren Grundlage hoffentlich angesichts dieses Falls schon erschüttert worden ist. Vor diesem Hintergrund sind die Regensburger Staatsanwälte dafür zu loben, dass sie in ihrer Chronologie des Verfahrensablaufs bis zum Urteil (Bl. 164 – 170) und in ihrer Stellungnahme (Bl. 256 ff.) die Fehler, die Strate z.T. als Rechtsbeugung rügt, durchweg in der Sache bestätigen, wenn sie auch nicht in jedem Fall dieselbe Rechtsfolge daraus schließen. Wenn – wie Strate ausgeführt hat – und wie es jetzt auch durch die beiden Anträge bestätigt wird, die Anträge sich im wesentlichen gegenseitig ergänzen also nicht überschneiden sollten, dann kann man auch nicht kritisieren, die Staatsanwaltschaft habe sich auf die Gründe nach § 359 Nr. 5 StPO konzentriert.

Auch das, was in Kommentaren hier und im Blog von Frau Wolff zu lesen ist, dass der StA-Antrag alle Schuld auf Frau M. ablade und die Justiz bewusst verschone (als Plan B bezeichnet), ist m. E. nicht berechtigt. Im Rahmen eines staatsanwaltlichen Wiederaufnahmeantrags war eine Generalkritik der bayerischen Justiz samt Fehlereingeständnissen und eine Entschuldigung bei Herrn Mollath nicht zu erwarten – all dies ist der Zeit nach einer gerichtlichen Entscheidung vorbehalten, und auch darauf kann man derzeit nur hoffen.

Im Ergebnis stimmen die StA Regensburg und RA Strate insoweit überein: Das rechtskräftige Urteil gegen Mollath, also die Entscheidung, ihn nach § 63 StGB unterzubringen, ist aufzuheben.

Enttäuschend für viele Beobachter des Verfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft nicht beantragt, die Vollstreckung zu unterbrechen und Herrn Mollath sofort freizulassen (Bl. 255). Das wäre zwar insofern konsequent, wenn die Staatsanwaltschaft trotz der auch von ihr gesehenen Wiederaufnahmegründe dem Ergebnis einer neuen Hauptverhandlung nicht vorgreifen wollte. So erscheint es aber, als hielte sie es für möglich, dass eine neue Hauptverhandlung erneut eine Unterbringung des Herrn Mollath zum Ergebnis hätte. Dies ist aber nach derzeitigem Stand kaum zu erwarten. Denn die Beweismittel für zwei der Anlasstaten (Körperverletzung, Freiheitsberaubung) sind durch die Staatsanwaltschaft selbst derart in Zweifel gezogen, dass man eine erneute zweifelsfreie Feststellung derselben kaum annehmen kann, denn weitere Beweismittel sind nicht ersichtlich und ohne diese Straftaten lässt sich auch keine Unterbringung begründen. Mit der Beweiswürdigung hinsichtlich der dritten Anlasstat setzt sich keiner der beiden Anträge auseinander. Denn auch diese bietet Anlass für erhebliche Skepsis, ob die Sachbeschädigungen (Reifenstechereien) Herrn Mollath nachgewiesen werden können. Der Videofilm, der immerhin Anlass für eine Durchsuchung und zwei indizielle Feststellungen im Urteil war, wurde in der Hauptverhandlung gar nicht als Beweismittel eingeführt und wurde zudem an einem Datum aufgenommen, zu dem gar keine der angeklagten Taten begangen wurde. Diese „Sachverhaltsverfälschung“ erscheint mir sogar gravierender als diejenigen, die Strate (V11) anführt.

Zu der Stellungnahme der StA zum Strate-Antrag

Die StA nimmt hier zu jedem einzelnen Punkt Stellung, macht aber nur nähere Ausführungen, soweit sie anderer Ansicht ist als Strate.

Wer genau liest (Bl. 256 ff.), erfährt, dass die StA die Punkte V2, V3, V4 und V5 in der Sache genauso sieht wie Herr Strate. Lediglich hinsichtlich der subj. Begründetheit des Rechtsbeugungsvorwurfs äußert sich die StA nicht – hiervon ist sie ja auch quasi „entlastet“ (s.o.). Bei Punkt V1 (Verstoß gegen § 225 a StPO) wendet die StA Regensburg ein, hierin liege kein so bedeutsamer Verstoß, dass dies eine Rechtsbeugung begründe (Bl. 257). D.h. aber im Umkehrschluss: Die StA Regensburg hält die von Strate vorgetragenen Gründe V2, V3, V4 und V5 für so bedeutsam, dass der Sache nach eine vorsätzliche Rechtsbeugung Brixners auch aus ihrer Sicht naheliegt! Insbesondere dass Brixner entgegen Menschenrechten, Grundgesetz, Bay. Verfassung  und Strafprozessordnung Mollath wochenlang „schmoren“ lässt, bevor er ihn richterlich vorführen lässt bzw. einvernimmt, ist wohl auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft Regensburg ein so klarer Verstoß gegen richterliche Pflichten, dass objektiv Rechtsbeugung vorliegt.

Hinsichtlich V6 wendet die StA ein, eine vorsätzliche Manipulation der Gerichtsbesetzung aus sachfremder Motivation und damit ein vorsätzlicher Verfassungsverstoß lasse sich nicht nachweisen (Bl. 260).  

Juristisch sicherlich am interessantesten ist die Diskussion um die Frage, ob ein Eröffnungsbeschluss und damit eine Prozessvoraussetzung fehlt (V7, S. 95 ff.). Tatsächlich belegen die Akten, dass die Strafkammer ohne entsprechenden Antrag der StA ein „Sicherungsverfahren“ durchzuführen gedachte und demzufolge ein regulärer Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der Sachbeschädigungsvorwürfe fehlte. Strate wertet diesen Aktenfund als „neue Tatsache“, die belege, dass das Hauptverfahren insgesamt nichtig sei. Die StA bestätigt den von Strate dargestellten Sachzusammenhang (Bl. 265) ausdrücklich(!), meint aber trotzdem, die Kammer sei nicht der irrigen Ansicht gewesen, ein Sicherungsverfahren durchzuführen (Bl. 266 f.) – es soll also praktisch ein Fall der falsa demonstratio vorliegen. Die dafür angeführten Gründe überzeugen mich allerdings nicht. Das Hauptargument – nämlich dass der BGH schließlich auch nicht das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bemerkt habe (Bl. 267) – ist jedenfalls zurückzuweisen: Dieses Argument geht contra factum von einem „unfehlbaren“ BGH aus. Der BGH hat aber dieselben Akten vorliegen wie die StA Regensburg und hat offenbar nicht genau hingeschaut und deshalb das Verfahrenshindernis (wie alle Richter und Staatsanwälte vorher) „übersehen“. Insofern liegt die StA Regensburg falsch: Es hat keinen Eröffnungsbeschluss gegeben, ein Verfahrenshindernis lag vor! Jedoch habe auch ich Zweifel daran, ob dieses Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bzw. der gerichtliche Irrtum als „neue Tatsache“ im Sinne des § 359 Nr.5 StPO zu werten ist. Ohnehin ist umstritten, ob Prozesstatsachen überhaupt als Tatsachen i. S. d. § 359 Nr.5 StPO anzusehen sind. Ob „neu“ etwas sein kann, was allen Verfahrensbeteiligten zum Zeitpunkt der Urteilsfindung aus den Akten erkennbar war, kann zudem durchaus bezweifelt werden –  dies ist der Stellungnahme der StA Regensburg einzuräumen (Bl. 267). 

Zu V8 (Bl. 268 ff.) führt die StA aus, der Sonderrevisionsbericht der HVB sei zwar eine neue Tatsache, aber er begründe nicht die Wiederaufnahme, da weder der Gutachter noch das Gericht den Wahn des Herrn Mollath allein auf die Schwarzgeldverschiebungen, an denen seine Frau beteiligt war, bezogen hätten (Bl. 291). Mit dieser Wertung stimme ich nicht überein: Ich bin sicher, dass die Kenntnis des Revisionsberichts sowohl dem Gutachter als auch dem Gericht (objektiv) eine andere Wertung nahegelegt hätte. Daher stimme ich in diesem Punkt Herrn Strate zu: Der Sonderrevisionsbericht ist als erhebliche neue Tatsache zu werten!

Allerdings legt die StA mit ihrer eigenen Würdigung des Komplexes „Dr. Wörthmüller“( S4, Bl. 243 ff. bei Strate V9, S. 114 ff.) dar, dass die Wahnbeurteilung an einem anderen bedeutsamen Mangel leidet. Die Darlegung in S4 (Bl. 243 ff.) erscheint mir eine mustergültige Wiederaufnahmebegründung der Staatsanwaltschaft.

Hinsichtlich V10 (Bl. 291 ff.) schließt sich die Regensburger StA zunächst der Wertung der Augsburger StA an: Eine verfassungswidrige Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung habe nicht vorgelegen, deshalb auch kein Verwertungsverbot hinsichtlich der während der Beobachtung erzielten Erkenntnisse (Bl. 301). Ich bin hierzu anderer Auffassung: Es muss nicht erst ausdrücklich eine „Totalbeobachtung“ angeordnet werden. Eine (subjektiv empfundene, und darauf kommt es an!) Totalbeobachtung liegt dann vor, wenn ohne Einwilligung des Beobachteten und ohne dessen Wissen jegliche seiner Lebensäußerungen für das Gutachten verwertet werden können (!). Denn darüber, ob dies tatsächlich verwertet wird, hat der Untergebrachte keine Kontrolle. Ob dies allerdings als WA-Grund durchschlägt, ist eine andere umstrittene Frage, zu der ich mich ggf. später noch äußere.

Hinsichtlich V11 räumt die Staatsanwaltschaft ein, dass es die von Strate geschilderten (und mittlerweile jedem Interessierten bekannten) Sachverhaltsverfälschungen im Urteil gibt (Bl. 305). Allerdings würdigt sie dies anders als Strate nicht als Beleg für eine vorsätzliche Rechtsbeugung (Bl. 306). Der Vortrag Strates sei lediglich eine „Meinung“, eine „monströse Verfälschung“ sei in den Urteilsgründen nicht zu erkennen. Richtig ist, dass die Sachverhaltsverfälschungen für sich genommen einen Rechtsbeugungsvorwurf wohl nicht begründen könnten. Jedoch sind sie als Indizien dafür, wie der Vors. Richter in dieser Sache insgesamt verfahren ist, durchaus relevant: Der Richter war in der Sachverhaltsdarstellung nicht neutral, sondern hat sich hier offenbar von seiner schon längst vor der Hauptverhandlung bestehenden Vorfestlegung leiten lassen. Auch das wäre – wenn auch nicht allein mit diesen Gründen beweisbar – objektiv Rechtsbeugung.

UPDATE vom 27.03.2013

Nun ist schon gleich am nächsten Tag ein Update fällig. Vielen Beobachtern (zum Beispiel Oliver Garcia) war schon aufgefallen, dass der Fall Mollath Mittte des Jahres 2005 gleichsam "zum Stillstand" gekommen war - und dies, obwohl das psychiatrische Gutachten dem in Freiheit befindlichen Herrn Mollath eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit attestierte. Aber das AG leitete die Sache monatelang nicht an das nunmehr zuständige LG weiter. Dies geschah erst zum Jahreswechsel 2006. Dann verging zwischen Ausgangsstempel AG und Eingangsstempel StA (im Nachbargebäude) wiederum einige Zeit, bevor die Sache in der 7. Strafkammer des LG auf den Tisch kam und plötzlich auch Eile geboten war. Für die erstaunliche Verzögerung hatte bisher keiner eine plausible Erklärung. Wenn sich  nun die Erklärung bestätigt, die RA Strate anführt, dann ist dies nicht nur ein weiterer "handwerklicher Fehler", sondern dann zeigt sich eine (weitere) schlimme Manipulation in der Nürnberger Justiz. Nach Herrn Strates Deutung hängt die Verzögerung der Sache Mollath im Jahr 2005 damit zusammen, dass der RiAG den  neuen Geschäftsverteilungsmodus, der ab 1. Januar 2006 gelten sollte, abwarten wollte, um dann punktgenau den Fall Mollath der 7. Strafkammer unter Vorsitz Brixner zuzuspielen. Nachzulesen hier, ab Seite 33

UPDATE vom 09.04.2013/11.04.2013

Das LG Bayreuth hat in einer Pressemitteilung angekündigt, über die (weitere) Vollstreckung der Maßregel  im Fall Mollath noch im Verlauf des April zu entscheiden.

In dieser Entscheidung geht es NICHT um die Aufhebung des früheren Urteils, sondern darum, ob die Maßregel weiter zu vollstrecken ist oder ob sie für erledigt erklärt wird. Letzteres kann deshalb geschehen, weil das Gericht Herrn Mollath nicht (mehr) als gefährlich ansieht, weil es schon die ursprüngliche Einweisung als fehlerhaft oder weil es eine weitere Vollstreckung für nicht mehr verhältnismäßig ansieht. Die zuständige Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth kann (theoretisch) auch zu dem Ergebnis kommen, Herr Mollath sei weiterhin unterzubringen.

In der Stellungnahme der Anstalt und in derjenigen der Staatsanwaltschaft wird eine weitere Unterbringung befürwortet, da sich seit der letzten positiven Gefährlichkeitsprognose (Gutachter Pfäfflin) nichts geändert habe. Die in den Wiederaufnahemanträgen der StA Regensburg und  von RA Strate aufgeführten Fakten (s.o.) sind in diesen Stellungnahmen allerdings nicht berücksichtigt.

(11.04.) Ich möchte noch kurz zur Gefährlichkeitsprognose Stellung nehmen, soweit sie durch das Urteil und den Inhalt weiterer Gutachten und Stellungnahmen bekannt geworden ist. Sie wird auch in der bevortsehenden Entscheidung des LG bayreuth eine wichtige Rolle spielen:

Das entscheidende erste Gutachten enthielt die Feststellung, Herr Mollath leide zum Beurteilungszeitpunkt unter einem Wahn, der sich u.a. (und ausschlaggebend) darin manifestiere, dass er "beliebige Personen"  mit den Schwarzgeldkreisen seiner Frau in Verbindung bringe und sie in sein "Wahnsystem" einbeziehe. Dieses Wahnsystem beeinträchtige ihn mit Sicherheit schon seit Jahren in zunehmender Weise. Es liege ein "schweres zwingend zu behandelndes Krankheitsbild" vor.

Ausschlaggebend sei, dass Herr Mollath "fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, völlig undifferenziert" mit diesem Skandal in Verbindung bringe. "Die Störungen dürften sich verschlimmern". "Eine Besserung sei nicht zu erwarten".

Alle diese Zitate stammen aus dem Urteil. Sie geben das wieder, was das Gericht dem Gutachten von Dr. Leipziger entnommen hat und dem Urteil zugrundelegte. Diese Ausführungen sind bis heute die Grundlage für die Unterbringung.

Was wissen wir heute über diese Erwägungen aus dem Gutachten, die zur Grundlage der Entscheidung gem. § 63 StGB wurden?

1. Dass er "beliebige" Personen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung gebracht hätte, wird im Urteil allein mit Dr. Wörthmüller belegt. Es steht heute fest, dass die dem zugrundeliegende Tatsache schlicht nicht zutrifft - Herr Mollath hat eine "Verbindung" zwischen Dr. Wörthmüller und dessen Nachbarn zutreffend erkannt, sie war Grund für die Befangenheitserklärung Dr. Wörthmüllers, der eben nicht "beliebig" und "undifferenziert" mit den Operationen seiner Frau in Verbindung gebracht wurde. Dies ist seit der Vernehmung Dr. Wörthmüllers durch die Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt, denn weder die Nürnberger Staatsanwaltschaft noch das LG Nürnberg, noch der Pflicht-"Verteidiger" haben es damals für nötig befunden, Dr. Wörthmüller als Zeugen zu dieser Tatsache zu vernehmen.

Ergänzung: Zu diesem Punkt siehe auch die Stellungnahme von RA Strate vom heutigen Tage (12.04.), hier.

2. Dass der Gutachter die von ihm festgestellte wahnhafte Störung auf die Ehekonflkt-Tat, die sich mehrere Jahre zuvor ereignet haben sollte, zurückdiagnostiziert, ist m. E. mit keiner medizinischen Theorie oder ärztlichen Kunst belegbar. Auf bloße Vermutungen darf aber eine Entscheidung nach § 63 StGB nicht gestützt werden.

3. Die Prognose, Herrn Mollaths Zustand werde sich ohne Behandlung nicht bessern und Herr Mollath würde "fast alle" Personen, die ihm begegnen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung bringen, kann nach sieben Jahren Unterbringung in mehreren Anstalten und vielen nicht immer konfliktfreien Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen (Mitpatienten, Ärzten, Pflegepersonal, Anwälte, Richter als Briefadressaten)  ohne Weiteres überprüft werden. Ich bin auch sicher, dass in den Berichten, die in den sieben Jahren erstellt worden sind, solche wahnhaften Beschuldigungen des Herrn Mollath erwähnt worden wären. Offenbar hat Herr Mollath aber gerade nicht beliebige Personen beschuldigt, den Schwarzgeldkreisen seiner Frau anzugehören. Auch andere wahnhafte Beschuldigungen gegen beliebige Personen sind nicht bekannt. Diese Prognose ist also als widerlegt anzusehen. Selbst wenn zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens also eine Wahnsymptomatik vorgelegen haben sollte, dann hat sich ganz offenbar deren diagnostizierte Schwere und prognostizierte Entwicklungstendenz nicht bestätigt. Eine Begründung der weiteren Gefährlichkeit allein damit, dass Herr Mollath sich nicht behandeln lässt, erscheint daher ausgeschlossen.

UPDATE vom 15.04.2013

Nun ist allgemein bekannt geowrden, dass am Donnerstag, 18.04. ein Anhörungstermin im Vollstreckungsverfahren in der Sache Mollath stattfindet. Da ich von Vielen gefragt wurde, was dieser Termin zu bedeuten hat und ob Herr Mollath möglicherweise an diesem Tag freikommt, möchte ich ein paar Dinge dazu klarstellen:

Es handelt sich um einen Anhörungstermin in einem ansonsten schriftlichen Verfahren. Der Termin, bei dem Herr Mollath "angehört" wird, ist keine Hauptverhandlung und ist auch nicht "so etwas ähnliches". Der Termin ist nicht öffentlich. An ihm nehmen nur Gericht (Strafvollstreckunsgkammer), Staatsanwaltschaft, Herr Mollath und seine Verteidiger teil. Das Gericht kann weitere Personen (als Vertrauenspersonen o.ä.) zulassen, muss dies aber nicht. Am Ende dieses Termins könnte das Gericht theoretisch seine Entscheidung treffen, wenn die Sache entscheidungsreif ist,  muss dies aber nicht tun. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass das Gericht sofort eine Entscheidung trifft, insbesondere, wenn in der Anhörung etwa noch Punkte (z.B. von Herrn Mollath oder von der Verteidigung) genannt werden sollten, die das Gericht dann noch prüfen will. Eine Entscheidung wird erst getroffen, wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält. Und sie wird dann schriftlich bekannt gemacht, nicht öffentlich verkündet.

Das Gericht wird m. E. nicht umhin kommen, auch mittlerweile bekannt gewordene Fakten aus dem WA-Verfahren bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob Herr Mollath gefährlich ist (siehe mein vorheriges Update oben). Dennoch wage ich keine Prognose, wie die Entscheidung ausfällt.

UPDATE vom 29.04.2013

Das Wochenblatt gibt soeben eine Mitteilung der StVK des LG Bayreuth wieder. Jetzt auch als Pressemitteilung (pdf) bei Justiz.Bayern Zitat:

Pressemitteilung Mit Beschluss vom 26. April hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth beschlossen, eine ergänzende Stellungnahme des zuletzt mit der Begutachtung des Untergebrachten befassten psychiatrischen Sachverständigen einzuholen. 

Der Sachverständige soll die Fragen beantworten, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Untergebrachte erneut Straftaten begehen wird, welcher Art diese Straftaten sein werden, welche Häufigkeit und welchen Schweregrad sie haben werden.

Die Kammer erachtet es im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung und unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten umfangreichen Anhörung vom 18. April für geboten, noch einmal einen externen Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Da der Untergebrachte die von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beantragte Begutachtung durch einen neuen Sachverständigen im Januar abgelehnt hatte greift die Kammer auf den psychiatrischen Sachverständigen zurück, der den Untergebrachten bereits in der Vergangenheit ausführlich exploriert hat. 

Die Strafvollstreckungskammer und der Sachverständige haben dabei weiterhin davon auszugehen, dass der Untergebrachte die Taten, wegen derer das Landgericht Nürnberg-Fürth am 08.08.2006 rechtskräftig die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, begangen hat.

Die Strafvollstreckungskammer hat gleichzeitig von Gesetzes wegen die Beiordnung der bisherigen Pflichtverteidigerin des Untergebrachten zurückgenommen. Nachdem für diesen nunmehr ein Wahlverteidiger tätig ist, folgt diese Entscheidung unmittelbar aus § 143 StPO.

Weitergehende Auskünfte zu dem Strafvollstreckungsverfahren können wegen dessen Nichtöffentlichkeit nicht erteilt werden.

Zitat Ende.

Kommentar
Bei dem angesprochenen Sachverständigen handelt es sich um Prof. Pfäfflin, der Gustl Mollath im Jahr 2011 exploriert und begutachtet hatte. Die damalige Begutachtung kam zwar zum Ergebnis, Herr Mollath sei weiterhin gefährlich, die Gründe für diese Schlussfolgerung waren im Gutachten selbst aber wenig überzeugend dargestellt.

Wenn die StVK dem Sachverständigen nun vorschreibt, er habe die rechtskräftig festgestellten Straftaten zu unterstellen, dann verpflichtet sie ihn, Tatsachen anzunehmen, deren Wahrheitsgehalt erheblich infrage gestellt ist. Wissenschaftlich wäre das kaum zu rechtfertigen.

Allerdings erinnert man sich, dass selbst bei Unterstellung dieser Straftaten die Gefährlichkeitsprognose dieses Sachverständigen zunächst „wacklig“ schien – damals hat er sie dann mündlich "nach oben" korrigiert, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass eine „normale“ Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten nicht ausreiche, um Herrn Mollath weiterhin unterzubringen.

Faktisch führt aber dieser Aufschub der Entscheidung der StVK am LG Bayreuth wohl dazu, dass das Wiederaufnahmeverfahren zeitlich wieder weiter nach vorn rückt. Denn bis Herr Pfäfflin den Gutachtenauftrag erledigt hat, wird möglicherweise das LG Regensburg schon über die Wiederaufnahme entscheiden.

Nun erreicht mich eine gemeinsame Presseerklärung der beiden Verteidiger (Frau Lorenz-Löblein und Herrn Dr. Strate) zu dieser Entscheidung des LG Bayreuth. Zitat:

Presseerklärung der Verteidigung zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth hat am 26.4.2013 beschlossen, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Psychiaters Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin einzuholen. Die Strafvollstreckungskammer sieht sich zu diesem Schritt motiviert" im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung".

Obwohl der Beschluss bereits am 26.04.2013 getroffen wurde, wurde Herr Mollath bis Montag morgen hierüber im Unklaren gelassen. Dies zeigt, dass nach wie vor kein Verständnis für die Situation von Herrn Mollath besteht.

Im Gegensatz zu dem behaupteten Interesse an einer sorgfältigen Aufklärung steht allerdings die Vorgabe an den Sachverständigen, es "möge arbeitshypothetisch nach wie vor davon ausgegangen werden. dass die Anlasstaten so, wie sie in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg­Fürth vom 08.08.2006 beschrieben worden sind, stattgefunden haben", obwohl der Strafvollstreckungskammer aus dem ihr überlassenen Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt ist, dass ein wesentliches Beweismittel für eine der angeblichen Anlasstaten ein gefälschtes ärztliches Zeugnis gewesen ist. Auch hätte die Strafvollstreckungskammer nicht schlicht ignorieren dürfen, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg aufgrund neuer Tatsachen und Beweismittel die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Ehefrau Mollaths als" tiefgreifend erschüttert" sieht.

Der Strafvollstreckungskammer ist weiterhin bekannt, dass eine wesentliche Annahme des seinerzeit angeblich festgestellten Wahnsymptoms, nämlich die angebliche Wahnausweitung auf unbeteiligte Dritte, sich als falsch herausgestellt hat. Dies hätte die Strafvollstreckungskammer ebenfalls dem ihr vorliegenden Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg entnehmen können, dort den BI. 243 -254:

http://www.strate.net/de/ dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-StA-Regensburg ­2013-03-18.pdf

Diesen unzweifelhaft feststehenden Tatsachen begegnet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth mit verschlossenen Augen. Ihr Beschluss dient nicht der sorgfältigen Aufklärung, sondern perpetuiert das Gustl Mollath zugefügte Unrecht.

Die allein auf die "Gefährlichkeit" Mollaths abstellenden Fragen der Straf vollstreckungskammer haben außerdem die Unterstellung einer psychischen Erkrankung Mollaths und deren Fortbestehen sowie eine damit (zum Urteilszeitpunkt) einhergehende Gefährlichkeit zur Voraussetzung. Wie sehr sich die Strafkammer von den im Strafvollstreckungsverfahren geltenden Maßstäben der Sachverhaltsaufklärung entfernt, kann mit dem Hinweis auf eine jüngst ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt vom 24.10.2012 (1 Ws 442/12) erläutert werden, in der es heißt:

"Bei der Beauftragung eines externen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 463 Abs. 4 StPO hat die Strafvollstreckungskammer eine ergebnisoffene Begutachtung sicherzustellen. Dem widerspricht die Bezugnahme auf eine als vorhanden vorausgesetzte psychische Erkrankung des Untergebrachten im Gutachtenauftrag. "

Zur Klarstellung sei mitgeteilt, dass Frau Rechtsanwältin Lorenz-Löblein Herrn Gustl Mollath weiterhin - ebenfalls als Wahlverteidigerin - vertritt.

Rechtsanwältin Erika Lorenz-Löblein, München

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate, Hamburg

Zitat Ende.

UPDATE vom 02.05.2013

Bisher haben mich Gesprächspartner aus der Justiz immer mal wieder darauf hingewiesen, dass zwar die Urteilskritik im Hinblick auf die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation bei den (angeblichen) Straftaten Mollaths gegen seine Ehefrau berechtigt sei, dass aber doch die auf "gefährliche Weise" durchgeführten Reifenstechereien wohl tatsächlich stattgefunden hätten und Herr Mollath dessen wohl zu Recht beschuldigt worden sei. Meine Hinweise darauf, dass auch die Feststellungen zu den Sachbeschädigungen keineswegs als "bewiesen" anzusehen seien, wenn man in die Akten schaut und diese mit den Urteilsgründen vergleicht, hat dann meist Achselzucken hervorgerufen. Leider hat das Schweigen der beiden Wiederaufnahmeanträge zu diesen Tatkomplexen nicht dazu beigetragen, den Eindruck meiner Gesprächspartner zu zerstreuen.

Nun hat RA Strate gerade in dieser Beziehung "nachgelegt": Wenn man die neue Stellungnahme Strates vom gestrigen Tage liest, wird man nicht umhin kommen, auch in Beziehung auf die Sachbeschädigungen zu der Auffassung zu gelangen: Hier wurde eine kaum mit Indizien belegte polizeiliche Hypothese ("Der Molllath könnte ein Motiv haben") vom Gericht trickreich zu einer Tatfeststellung ausgebaut, einzig und allein dazu, eine Grundlage für Herrn Mollaths "Gemeingefährlichkeit" zu schaffen.

Einige Einzelpunkte:

Tatsache ist, es gab ein Schreiben Mollaths, in dem einige der von Reifenstechereien betroffenen Personen genannt wurden. Jedoch: Weder alle in den Schreiben genannten Personen waren betroffen, noch alle in der Anklage Herrn Mollath zugerechneten Taten trafen die im Brief genannten.

Tatsache ist: Die meisten Reifenschäden wurden vor der Fahrt von den Betroffenen entdeckt. Im Urteil steht, sie seien meist erst während der Fahrt entdeckt worden.

Tatsache ist: Wie genau die Reifen beschädigt wurden, wurde gar nicht aufgeklärt; bei den Reifen, in denen es von der Polizei überhaupt Ermittlungen dazu gibt, deutet sich als "Tatwaffe" eher ein Messer an. Im Urteil heißt es, sie seien alle in derselben Art und Weise und zwar in irgendeiner "sachverständigen" Form (vom ehemaligen Reifenhändler Mollath) mit einem dünnen spitzen Gegenstand beschädigt worden. Tatsache ist: Keiner der Reifen wurde überhaupt näher inspiziert. Der dazu vernommene Polizeizeuge hat keinen der Reifen persönlich gesehen, sondern nur Ermittlungen der Kollegen zusammengetragen.

Tatsache ist: Auf einem Video, das die Polizei extra zur Ermittlung der Reifenstechereien aufgenommen haben soll, soll eine Täterperson zu sehen sein, die Mollath nach Auskunft seiner Frau zumindest ähnelt. Jedoch: weder das Video wurde gezeigt, noch wurde Frau M. dazu im Gerichtssaal vernommen (obwohl anwesend!). Die Angabe stammt wiederum von einem Polizeibeamten (als Zeuge vom "ungefähr"-Hören-Sehen-Sagen?). Und hinzu kommt: Das Video stammt von einer (angeblichen) Tat, die gar nicht angeklagt war.

Das ist noch nicht alles - bitte lesen Sie den Schriftsatz Strates, der im Übrigen noch weitere Sachverhaltsverfälschungen des Gerichts aufdeckt und damit den Vorsatz der Rechtsbeugung (als Wiederaufnahmegrund) zu untermauern sucht.

UPDATE 28.05.2013

Die Entscheidung* des LG Regensburg (Bericht der SZ), Herrn Mollath vorerst nicht nach § 360 Abs. 2 StPO aus der Unterbringung zu befreien, hat mich und alle, die den Fall näher kennen, enttäuscht. Denn einige Monate nachdem sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft je auf mehrere Gründe basierende Wiederaufnahmeanträge gestellt haben, die zum größeren Teil nach meiner Überzeugung die WA auch begründen, wäre dieser Schritt ein wichtiges Signal gewesen - ein Hoffnungsschimmer nicht nur für Herrn Mollaths(endgültige)  Freiheit, sondern auch für das Ansehen der Justiz. Nun verfestigt sich leider der Eindruck, dass die bayrische Justiz nicht in der Lage ist,  in angemessener Weise und gehöriger Schnelligkeit bei einem Fall mit (für mich) offenkundiger unrechtmäßiger Inhaftierung eines Bürgers Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Natürlich kann man weiterhin hoffen, dass die Prüfung des komplexen Falls und der umfangreichen WA-Gründe doch am Ende zu einem für Mollath - und für das Vertrauen in die bayerische Justiz - positiven Ergebnis kommt.
*(Ergänzung 30.05.): Bei der Äußerung des LG Regensburg handelt es sich um einen Aktenvermerk, in dem begründet wird, warum eine Entscheidung gem. § 360 Abs.2 StPO derzeit (noch) nicht getroffen wird. Die Verteidigung (RA Strate) hat gegen diese (Nicht-)Entscheidung dennoch Beschwerde eingelegt, da "der Sache nach" eine Herrn Mollath belastender Beschluss, die Vollstreckung der Unterbringung nicht zu unterbrechen vorliege.

UPDATE 19.06.2013

Es findet sich jetzt ein neuer Beitrag hier.

Diskussion im Beck-Blog:

früherer Beitrag

Diskussion anderswo:

Blog von Gabriele Wolff

De Legibus-Blog (Oliver Garcia)

Internet-Law (Thomas Stadler)

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1618 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Ein interner Prüfbericht einer Bank oder Anträge in einem Wiederaufnahmeverfahren sind Informationen, die Zweifel an der Täterschaft des Begutachteten begründen.

Und die das Eingangansgutachten nichtig machen.

 

Der Begriff "Fehleinweisung" bezieht sich nur auf eine fehlerhafte Beurteilung von Diagnose und Gefährlichkeit.

 

Ein fehlerhaft festgestellter Sachverhalt (rechtswidrige Tat) hat mit der Begutachtung nichts zu tun. Es ist nicht Aufgabe des Gutachters rechtswidrige Handlungen festzustellen. Dies ist genuiene Aufgabe des Gerichts.

2

 

 

Ein Gutachter hat von Fakten auszugehen, die bekannt sind.

Wenn nun bekannt ist, dass es keine rechtswidrigen Taten gibt, so ist zu prüfen, welche Ereignisse es gibt, die als Grundlage für eine Prognose zur Gefährlichkeit in Betracht kommen.

Auf der Webseite steht, der Gutachter hatte keine anderen Ereignisse.

Und wenn ich von Null in die Zukunft schaue, und eine Perspektive entwickeln möchte, wie soll sich aus Null dann Masse entwickeln?

 

5

Heinz B. schrieb:

Ein interner Prüfbericht einer Bank oder Anträge in einem Wiederaufnahmeverfahren sind Informationen, die Zweifel an der Täterschaft des Begutachteten begründen.

Und die das Eingangansgutachten nichtig machen.

 

Der Begriff "Fehleinweisung" bezieht sich nur auf eine fehlerhafte Beurteilung von Diagnose und Gefährlichkeit.

 

Ein fehlerhaft festgestellter Sachverhalt (rechtswidrige Tat) hat mit der Begutachtung nichts zu tun. Es ist nicht Aufgabe des Gutachters rechtswidrige Handlungen festzustellen. Dies ist genuiene Aufgabe des Gerichts.

 

Die ganzen Gutachten fußen bei der Diagnose/Prognose "Gefährlichkeit" nur auf die "rechtswidrigen Handlungen".

Fallen die weg, gibts nix.

Geben sogar die Gutachter zu (siehe Prof. Pfäfflin)

Dr. Zappe (Bayreuth) sagte vor Gericht aus, wenn die Tatvorwürfe als Prognosegrundlage wegfallen, gäbe es keine Grundlage für eine weitere Prognose der Gefahrlichkeit, dann bliebe nichts übrig.

5

Bille schrieb:

Dr. Zappe (Bayreuth) sagte vor Gericht aus, wenn die Tatvorwürfe als Prognosegrundlage wegfallen, gäbe es keine Grundlage für eine weitere Prognose der Gefahrlichkeit, dann bliebe nichts übrig.

Wie man hört, hat sich Zappe noch viel verklärender geäussert, mit einer rhetorischen Gegenfrage:

 

"Was wenn das Gericht sich geirrt hat, aber ich mich nicht?"

 

Die haben sich darin verbissen, dass Mollath schwer gestört ist und verteidigen diese Stellungnahme bis in den unkorrigierbaren Wahnzustand hinein.

 

 

astroloop schrieb:

"Was wenn das Gericht sich geirrt hat, aber ich mich nicht?"

 

 

Was will die Dame damit sagen:

Selbst wenn Mollath keinerlei Straftaten begangen hat, besteht die Gefahr, daß er WEITERE schwere Straftaten begehen wird?

 

Welche? Weitere Unhöflichkeiten gegen das Klinikpersonal....er führt keinen Small- Talk?

 

 

 

 

 

 

 

5

Bille schrieb:

astroloop schrieb:

"Was wenn das Gericht sich geirrt hat, aber ich mich nicht?"

 

 

Was will die Dame damit sagen:

Selbst wenn Mollath keinerlei Straftaten begangen hat, besteht die Gefahr, daß er WEITERE schwere Straftaten begehen wird?

 

Nein, dass war Zappes sowohl dreister als auch verzweifelter Versuch, den schwarzen Peter vollumfänglich der Jusitz rüberzuschieben, DENN zu rechtlichen Feststellungen sieht sich die Klinik ausserstande. 

 

Man munkelt, die Verhandlung wäre folgendermassen gelaufen, dass bei Befragen des Arztes zeitlich-rückwärtig auf die verschiedenen Gutachten abgestellt wurde, bis man beim Eingangsgutachten ankam.

Wenn die Tatsachenfeststellungen des Gerichtes sich nun aber als falsch erweisen, hat das laut Zappe keinerlei Einfluss auf die psychiatrische Stellungnahme, DENN wenn sich das Gericht über die äusseren Umstände irrt, so irrt sich die Psychiatrie niemals nicht über die inneren.

Auf die Frage, an welchen Tatsachen denn dann die Krankheit Mollaths festgemacht werden kann, zuckte Zappe entnervt mit den Schultern. 

 

Mit dreist ist eine solche Erklärung nur wohlmeinend umschrieben. Dass das für einen unabhängigen Dritten nicht mehr nachvollziehbar ist, wird seitens der Psychiatrie vermutlich damit erklärt, dass nur ausgewiesene Fachleute und Koryphäen die fachliche Kompetenz der Tiefeneinsicht haben. Der Rest der Welt ist wohl zu blöd....

Ich selber bin kein Parteimensch, kann aber keine bessere Regierungsform als die Demokratie vorschlagen.

Es gibt in jeder Partei vernünftige und unvernünftige Leute. Vernunft ist mit dem Glauben verbunden. Und der Glaube und das Gewissen ist miteinander verbunden. Nach einer Aufklärung ist es durchaus erlaubt, Standpunkt zu wechseln.

Man hat einen Standpunkt bis man einen Neuen einnimmt. Ein dänischer Ausdruck, der übrigens von einem Staatsminister (entspricht in dt. Kanzler) stammt.

Die Macht liegt bei den Volksrepräsentanten. Wenn Probleme und/oder Skandale entlarvt werden, müssen die Repräsentanten des Volkes sie lösen. (Herr Sobottka, wir sind oft einer Meinung, aber ich bin keine Anarchistin.)

Ich bitte den Volksrepräsentanten Gustl Mollath und Berhard Pallmann freizulassen.

Und vielleicht ist das italienische Modell, das von O.Garcia beschrieben worden ist, gar nicht so schlecht. Psychiatrie kurzfristig dicht machen, bis eine rechtmäßige Ordnung garantiert ist.

Und hier ist Transparenz dringend notwendig. Sowohl in der Justiz als auch in der Psychiatrie. Erinnere mich noch an "Stadtgespräch" mit Frau Merk. Wenn in der Sache mit Herr Mollath nicht alles rechtens abgelaufen ist, dann haben wir eine Justiz und Psychiatrie Gau. Wohl wahr.

Gruss

Tine Peuler

5

Die Anwältin von Gustl Mollath ist empört: Im Bezirkskrankenhaus Bayreuth sollen Teile aus Telefonaten zwischen ihr und ihrem Mandanten mitgehört und protokolliert worden sein.

Mollath beschwere sich über Details aus dem Klinikalltag "bei seiner Anwältin", heißt es da.

 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-gustl-mollath-anwaeltin-beklagt-abgehoerte-telefonate-1.1654514

 

Ist abhören nicht strafbar ?

 

5

@klabauter

Ich bin begeistert. Ein Beitrag von mir hat Sie zum Recherchieren angeregt. Zwar nur - getreu Ihrem Markenzeichen -, "um etwas richtigzustellen", aber immerhin: Sie haben sich noch einmal näher mit dem Fall befaßt und vielleicht hat Ihnen die Recherche den Umfang der Rechtsverstöße im Fall Mollath noch einmal vor Augen geführt (Sie würden es natürlich nie zugeben).

Danke für Ihren Hinweis auf meine schlechte Recherche. Der Fehler tut mir leid. Statt "offenbar keine bayerischen Fälle in der veröffentlichten Rechtsprechung der letzten 30 Jahre" muß es also heißen "offenbar keine bayerischen Fälle in der veröffentlichten Rechtsprechung der letzten 26 Jahre".

Aber vielleicht ist die Lösung viel einfacher: Es gibt in Bayern wenig Erledigungserklärungen wegen Fehleinweisung, weil die Qualität der dortigen Diagnostik so hoch ist, nicht zuletzt dank Fortbildungsveranstaltungen wie der Bayreuther Forensiktagung.

Ich sehe es wie Sie: Die veröffentlichte Rechtsprechung dürfte nur ein kleiner Ausschnitt aus der Rechtsprechung insgesamt sein. Daß das OLG Frankfurt so viel in Erscheinung treten mußte, dürfte daran liegen, daß es eine harte Nuß in Person von Thomas Wolf zu knacken hatte. Wolf ist seit 1981 Mitglied der Strafvollstreckungskammer Marburg und seit 1998 deren Vorsitzender. Ein sehr rühriger und viel publizierender Strafvollstreckungsrechtler, "sozialromantischen Träumereien" abhold (http://www.pfalzklinikum.de/fileadmin/pfalzklinikum/Dokumente/AK_Forensi...), dabei kreativ-hochengagiert im immerwährenden Kampf gegen das Böse (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7906865.html). Im Falle Fehleinweisungen hat er gegen die obergerichtliche Rechtsprechung angekämpft und in seinem Beitrag NJW 1997, 779 (den ich kurz zitierte) Tipps und Tricks ("Lösungen") genannt, wie man diese Rechtsprechung aushebeln oder umgehen könne. Seinen Kampf hat er verloren, wie die Strafvollstreckungskammer Marburg dann auch in einem Beschluß resignierend feststellte.

Weil Sie andeuteten, ich könnte etwas gegen Bayern haben: Ich bin von Abstammung selbst halber Bayer und mag Land und Leute.

4

@Heinz B., @Gastmann, @Gastkommentator

Um die Diskussion im beck-blog zu erleichtern, will ich gerne die Argumentation aus meinem Beitrag http://blog.delegibus.com/2013/04/21/gust-mollath-und-die-kammer-des-sch... extrahieren:

1. Gustl Mollath ist aufgrund eines rechtskräftigen Urteils untergebracht. Das Gericht hatte im Jahr 2006 festgestellt, daß bei ihm ein psychischer Zustand im Sinne von § 21 StGB vorlag und er darüber hinaus im Sinne von § 63 StGB für die Allgemeinheit gefährlich ist.

2. Die jährlich stattfindende Überprüfung der Unterbringsvoraussetzungen durch die StVK erstreckt sich auch auf die Frage, ob diese Feststellung (psychischer Zustand im Sinne von § 21 StGB) richtig war. Die Frage einer ursprünglichen Fehldiagnose ist also Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens. Die Rechtskraft steht dem nicht entgegen. Das ist unstreitig (so sehr, daß mir sogar Gastmann Vorwürfe macht, ich würde den Punkt in meinem Beitrag zu breit auswalzen).

3. Wenn sich die StVK und der psychiatrische Gutachter als Hilfsperson der StVK sich der Frage einer Fehldiagnose von vornherein verschließen, verstoßen sie gegen das Gesetz (vgl. OLG Naumburg, http://dejure.org/2012,36867).

4. Ein solcher Gesetzesverstoß liegt in dem Pfäfflin-Gutachten von 2011 und demnach auch darin, daß die StVK das Gutachten seiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Noch deutlicher ist der gegenwärtige Gesetzesverstoß von Leipziger, der meint, er wäre an gerichtliche Feststellungen gebunden (und von der StVK nicht in seinem Irrtum korrigiert wird).

5. Im Vordergrund stehen nun neue tatsächliche Erkenntnis, nämlich einerseits der HVB-Revisionsbericht (der bei der letzten Routineüberprüfung von der StA Nürnberg-Fürth rechtswidrig nicht vorgelegt wurde) und andererseits die genauen Umstände der Rolle von Wörthmüller (die laut Urteil für die Diagnose "Paranoia" entscheidend war). Zu dieser Rolle hatte bereits der WA-Antrag der Verteidigung neue Tatsachen vorgetragen und der WA-Antrag der StA Regensburg hat nun geradezu erwiesen, daß diese Tatsachen zutreffen und das Urteil erschüttern (wenn die StVK sich nicht allein auf die Ermittlungsergebnisse der StA verlassen will, kann sie selbst ermitteln und Wörthmüller noch einmal vernehmen).

6. In meiner Argumentation spielen die neuen Erkenntnisse, die - auch nach Meinung der StA Regensburg - darüber hinaus die Feststellungen des Urteils zu Taten und Täterschaft erschüttern, keine Rolle. Gastmann irrt mit seiner Vermutung (hat er meinen Beitrag gelesen oder nur meine Erwiderung auf gp?)

7. Die neuen Erkenntnisse (zu HVB-Bericht und - insbesondere - Wörthmüller) kann und muß die StVK so werten: In den Jahren 2005/2006 lag eine Fehldiagnose vor. Und zwar in dem Sinne, daß das Leipziger-Gutachten von 2005 (auf das sich das Urteil von 2006 insoweit ausschließlich stützt) unbrauchbar ist, da es von gänzlich falschen Annahmen ausging. Ob ein ohne diese Fehler erstelltes Gutachten zu einem Befund im Sinne von § 20/§ 21 StGB hätte kommen können, ist eine andere Frage (dazu gleich). Aber das Leipziger-Gutachten kann und muß das Gericht - ohne Hilfe von fachlicher Seite zu benötigen - nun als ein Nullum behandeln. Darüber müssen wir doch nicht streiten, oder?

8. Der Fehler, an dem das Leipziger-Gutachten litt, setzte sich in den beiden anderen Gutachten (Kröber und Pfäfflin) fort. Deshalb sind sie ebenfalls im Rahmen von § 67d Abs. 6 unbrauchbar. Daß jedenfalls im Falle des Pfäfflin-Gutachtens auch noch ein schwerer prozessualer Fehler vorliegt, wie ich im Beitrag dargestellt habe, kommt als Abrundung hinzu.

9. In der jetzigen Situation sieht das Entscheidungsprogramm für die StVK so aus: Kann es ein Gutachten geben, das die Lücke füllt, die durch den Wegfall dieser drei Gutachten entstanden ist? Denn aufgrund dieser Lücke hängt die ganze Unterbringung derzeit "in der Luft". Dies ist auch der Punkt, der den Fall Mollath von sonstigen Fällen von Fehleinweisungen/Fehldiagnosen unterscheidet: In den sonstigen Fällen bedarf es neuer Gutachten, um überhaupt die Tragfähigkeit der alten Gutachten zu beseitigen. Im Fall Mollath wissen die Richter ohne psychiatrische Hilfe, daß die alten Gutachten nicht tragfähig sind, denn der Fehler liegt nicht in den "Feinheiten" der psychiatrischen Diagnostik, sondern in den Tatsachen. Das richtig einzuordnen gehört zur "Kernkompetenz" der Gerichte.

10. Genau darum geht es: Gebraucht wird nicht ein neues Gutachten, das die alten "aushebelt". Das ist schon von selbst geschehen. Gebraucht wird ein neues Gutachten, das überhaupt erst eine psychische Krankheit feststellt und damit die entstandene Lücke füllt. Um es noch einmal anders auszudrücken: Im Unterschied zu sonstigen Fehleinweisungsfällen ist im Fall Mollath in der jetzigen Situation (spätestens mit dem Vorliegen des WA-Antrags der StA) die Beweislast umgekippt.

Dieser Punkt ist der entscheidende und was ich im letzten Absatz meines Beitrags und hier schreibe ist die Antwort sowohl auf die Position von Gastkommentator als auch auf die von Heinz B., die lautet:

Schwierig wird es, wenn versucht wird eine Fehleinweisung ohne neues Gutachten zu belegen, zumal dann, wenn bereits mehrere Gutachten vorliegen, die von einer gravierenden psychischen Störung ausgehen.

11. Daß ein neues Gutachten "schwierig" ist, habe ich in meinem Beitrag geschrieben, aber es ist deshalb schwierig, weil es nunmehr auf die positive Feststellung einer psychischen Krankheit gerichtet sein muß, nicht mehr auf die Durchbrechung alter, ohnehin hinfälliger Gutachten. Doch die Frage, ob es denkbar ist, daß ein Psychiater auf der neuen Tatsachengrundlage zu einem solchen Ergebnis kommen könnte, stellt sich nicht. Denn ein solches hypothetisches Gutachten müßte auch eine rechtliche Hürde überwinden, nämlich die eigene kritische Würdigung durch das Gericht. Hier liegt der Fall so klar, daß eine Beweisantizipation erlaubt ist: Kein Psychiater kann so sehr zaubern, daß er aus den Akten eine tragfähige Diagnose im Sinne von §§ 20, 21, 63 StGB hinbekommt. Deshalb wäre es fehlerhaft, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben. Entscheiden kann und muß deshalb das Gericht schon jetzt. Die Lücke ist nicht füllbar. Die Unterbringung ist erledigt.

5

 

 

@Max Mustermann:

Was wurde Zappe jetzt gefragt?

Gerüchte sind manchmal eben nur Gerüchte.

 

2013-04-19 Kurzbericht der gemeinsamen Verteidigung zum Anhörungstermin der StVK Bayreuth:
Das BKH Bayreuth hat eine weitere Gefährlichkeit prognostiziert. Diese Prognose geht von den Feststellungen im rechtskräftigen Urteil von 2006 aus. Die WA-Antrage blieben für die Stellungnahme des BKH unbeachtet. Dr. Zappe sagte vor Gericht aus, wenn die Tatvorwürfe als Prognosegrundlage wegfallen, gäbe es keine Grundlage für eine weitere Prognose der Gefahrlichkeit, dann bliebe nichts übrig.
2013-03-22 wurde der WA-Antrag der StA Regensburg an das LG Bayreuth gesendet und ist somit Aktenbestandteil. Sowohl der WA-Antrag von Dr. Strate als auch die Stellungnahme der StA Regensburg sind der StVK Bayreuth bisher (offiziell) unbekannt. Gustl Mollath hat im Gerichtstermin eine sofortige Entlassung für sich gefordert. Die Kammer will ab Montag weiter über die Rechtmäßigkeit der Unterbringung beraten.

 

 

5

Zuschauer schrieb:

@Max Mustermann:

Was wurde Zappe jetzt gefragt?

Gerüchte sind manchmal eben nur Gerüchte.

 

2013-04-19 Dr. Zappe sagte vor Gericht aus, wenn die Tatvorwürfe als Prognosegrundlage wegfallen, gäbe es keine Grundlage für eine weitere Prognose der Gefahrlichkeit, dann bliebe nichts übrig.

 

Gegenfrage: Was steht denn jetzt da?

Dass nichts übrig bleibt, weil Mollath nicht irr ist oder dass nichts übrig bleibt, weil ein Unschuldiger nicht Wiederholungstäter sein kann?

 

Im ersten Fall Fehleinweisung wegen psychiatrischen Kunstfehler, im zweiten Fehleinweisung wegen Justizirrtum.

Wo soll wohl der schwarze Peter nach Zappes Meinung am Schluss landen? 

Der Fehler soll bei den rechtlichen Feststellungen liegen, da kann sich eine Klinik nicht darüber hinwegsetzen.

Lustigerweise will die StVK dies aber auch nicht tun und schaut fragend in Richtung Klinik. Dies soll wohl heissen, für den Nachweis der Straftaten ist der HVB Bericht gar nicht massgeblich...

Die sind m.M nach alle komplett irr. Keiner will Verantwortung übernehmen. Nur Mollath nimmts gelassen...

 

A propos Gerüchte:

Wie man tuschelt, kam zum ursprünglichen Stein des Anstosses, dem ärztlichen Attest, noch mehr heraus.

Strate will ja noch was ergänzen. Bisher sind wir alle -einschliesslich Lakotta- wohl von einem ganz anderen Sachverhalt ausgegangen. Es bleibt also spannend...

So ganz einheitlich erscheint mir die Rechtssprechung zu § 67d Abs. 6 StGB  nicht zu sein.

http://www.wkdis.de/aktuelles/rechtsnews/121477

Zusammenfassung von "Die Erledigterklärung nach § 67d Abs.6 StGB bei "Fehleinweisungen" in den psychiatrischen Maßregelvollzug - zugleich Anmerkung zu OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.6.2005 - 3 Ws 298 299/05 = StV 2007, 430" von RiAG Dr. Johannes Berg und RiLG Stefan Wiedner, original erschienen in: StV 2007 Heft 8, 434 - 441.

In ihrem Aufsatz referieren die Autoren über die Reichweite des § 67d Abs. 6 StGB im Zusammenhang mit Fehleinweisungen im Maßregelvollzug. Aufgrund unterschiedlicher Rspr. der Obergerichte, so jüngst Beschluss des OLG Frankfurt/Main vom 03.06.2005, Az.: 3 Ws 298 u. 299/05, halten sie eine Stellungnahme für angebracht.

(...)

Für den Fall der fehlerhaften Einweisung in den Maßregelvollzug aufgrund mangelhafter Rechtsanwendung soll nach dem Willen des OLG eine nachträgliche Korrektur nach § 67d Abs. 6 StGB ausgeschlossen sein. Das OLG berufe sich zur Begründung auf den Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/2887 und 15/3652) und auf die nachträglich schwer zu durchbrechende Rechtskraft des tatrichterlichen Urteils. Das BVerfG habe in seinem Beschluss vom 19.10.2006, Az.: 2 BvR 1486/06, gegen diese Auslegung keine Bedenken erhoben.

5

Die differenziert klaren Darlegungen von Oliver Garcia, H.E.Müller sowie den Anwälten Lorenz-Löblein und Strate, sowie auch von Gabriele Wolff sind auch für juristische Laien wie mich derart überzeugend und zwingend, dass man sich an die Stirn tippen muss: warum reagieren die bayrischen Gerichte nicht darauf und erklären die Unterbringung Mollaths nicht sofort für erledigt? Oder geschieht das nun endlich diese Woche?

 

Solch einen fachkundigen Beistand wünscht man jedem Betroffenen, wovon es wohl noch viele gibt.

 

Respekt und Danke!

5

Psychofan schrieb:

Letztendlich sind die angeblichen Anlasstaten derart geringfügig, dass der Maßregelvollzug schon längst unverhältnismäßig ist.

Genau das ist der richtige Ansatz.

Interessanterweise scheinen auch alle vernünftige Menschen den richtigen Ansatz aufgrund ihres gesunden Rechtsempfindens problemlos zu finden. Jeder an dem Fall Interessierte fragt sich: Mit welcher Strafe für die Anlasstaten wäre im konkreten Fall zu rechnen und in welchem Verhältnis steht sie zu der bestehenden Dauer der Unterbringung. Jeder vernünftige Mensch kommt zu dem Ergebnis: In krassem Missverhältnis!

Richter der Strafvollstreckungskammer sind in der Regel auch nur Menschen, vernünftige Menschen mit einem gesunden Rechtsempfinden - sozusagen. Ihre Kenntnis der einschlägigen Gesetze, der Grundrechte und der Rechtsprechung des BVerfG ist dabei keinesfalls schädlich. Das BVerfG hat ihnen in jahrelanger Rechtsprechung im Gebetsmühlenstil immer wieder sehr deutlich erklärt, was sie bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigen müssen. Dazu gehört auch das Verhältnis der Unterbringungsdauer zu der gesetzlichen Strafandrohung für die drohende Straftatbegehung des Untergebrachten.

BVerfGE 70, 297, 316 (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv070297.html):

Quote:

Die Frage, wann eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) als langdauernd bezeichnet werden kann, läßt sich nicht allgemeingültig beantworten. Anhalt hierfür mögen die Strafrahmen derjenigen Tatbestände geben, die der Täter verwirklicht hat und an die seine Unterbringung anknüpft, aber auch diejenigen der von ihm drohenden Delikte (enger noch Horstkotte, a.a.O., § 67 d Rdnr. 64 a. E.).

Bei langdauernden Unterbringung überwiegt in aller Regel das Freiheitsgrundrecht des Untergebrachten gegenüber einer möglichen Gefährdung der Allgemeinheit. Kommt die Strafvollstreckungskammer gleichwohl zu dem Ergebnis, dass die Unterbringung fortzusetzen ist, dann sind in allen Belangen sehr hohe verfassungsrechtliche Anforderungen an das Überprüfungsverfahren und an ihre Entscheidungsbegründung gestellt.

Die Beurteilung der Strafvollstreckungskammer hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche Art rechtswidriger Taten von dem Untergebrachten drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit, Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt (BVerGE 70, 297, 313).

Ich möchte an dieser Stelle auf das Maß der Gefährdung eingehen. Die Psychiater erzählen, dass mit Wiederholung der Anlasstaten zu rechnen sei, weil Herr Mollath sich nicht untersuchen und behandeln lasse und ihm die Einsicht fehle und deswegen keine Veränderung eingetreten sei. Damit hat sich also an der Gefahrenprognose aus dem Brixner-Urteil nichts geändert. Zur Erinnerung:

Quote:

Da vom Angeklagten aufgrund seiner Erkrankung weitere derartige Taten zu befürchten sind und hierfür eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht und nicht lediglich die einfache Möglichkeit künftiger schwerer Störungen, ist der Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich und deshalb unterzubringen. Entscheidend ist dabei, dass der Angeklagte immer weitere Personen mit derartigen Taten überziehen wird, von denen er annimmt, dass die gegen ihn vorgehen werden (z.B. die Sachverständigen ...) wobei ein persönliches Interesse oder eine persönliche Beziehung nicht zu bestehen braucht.

Wie wahrscheinlich ist das heute, unter den gegebenen Umständen, "dass der Angeklagte immer weitere Personen mit derartigen Taten überziehen wird, von denen er annimmt, dass die gegen ihn vorgehen werden"? Das wird die Strafvollstreckungskammer sehr genau mit erkenntnisfähigen Entscheidungsgrundlagen begründen müssen. Sie wird auch in diesem Zusammenhang berücksichtigen müssen, dass Herr Mollath niemals zuvor und auch nicht während seiner Unterbringung straffällig in Erscheinung getreten ist. Sie wird auch berücksichtigen müssen, dass inzwischen begründete Zweifel an der Begehung der Anlasstaten bestehen, unabhängig davon, wie das Wiederaufnahmegericht im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens darüber befinden wird.

Ich weiß nicht, wie man in diesem Fall die bloße Möglichkeit sich vorstellen, geschweige denn begründen will. Mit seinem "Steuerhinterziehungswahn" hat sich Herr Mollath die öffentliche Aufmerksamkeit bereits gesichert. Von seiner Ex-Ehefrau ist er getrennt und geschieden. Wie und warum sollte er jetzt auf sie losgehen und den Personen ihres Umfelds Reifen zerstechen? Aber sogar die bloße Möglichkeit allein reicht für die Unterbringungsfortsetzung nicht aus.

Ich habe fast den Eindruck, je mehr Personen sich gegen die Justiz wehren und immer wieder Beschwerden schreiben, desto eher wird unterstellt durch Psychiater, dass eine Gefährlichkeit vorliegt.

Gegen den massenweisen Menschenhandel oder massenweise großen Steuerbetrug wird kaum etwas unternommen.

Wenn Menschen durch Verbrechen schwer geschädigt werden, sind die Strafen teilweise lachhaft. Meiner Meinung müßten solche Täter den Opfern ein Leben lang eine Rente zahlen. Nicht selten ist so , dass Opfer selber noch > 10 Jahre vor Gerichten kämpfen müssen, um eine kleine Rente zu bekommen, damit sie überleben können.

 

 

 

 

 

 

 

 

5

Re Sobottka:

 

Mir ist aus Baden-Württemberg nichts Vergleichbares bekannt - und als Polizist saß ich hier praktisch jahrelang an der "Quelle".

 

Freilich haben Sie recht, es gibt Skandale bundesweit, Harry Woerz stammt aus einem Nachbardorf. 

 

Was Ihren Vergleich von Bayern und NRW betrifft, ein Bericht zur Haftentschädigung 2007, Augsburger Allgemeine:

 

Bayern: über 400.000 Euro, 

 

Das - wie Sie schrieben - einwohnerstärkere NRW:

172.000 Euro: 

 

http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/130-Menschen-sassen-in-Bayer...

5

..."nichts strukturell Vergleichbares" .....(#20)

 

In dem Zusammenhang: auch kein Politiker hat sich bspw. im Fall Woerz hingestellt und behauptet, alles sei in Ordnung! 

 

Und damit sind wir evtl. beim "Kernproblem" in Bayern...

5

Zitat für den Vereidigten Anarchisten 

„Unrecht gewinnt oft Rechtscharakter einfach dadurch, daß es häufig vorkommt.“ (Bertolt Brecht)

5

@M. Deeg:

Wie die Augsburger Allgemeine ihre Zahlen zu Bayern errechnet hat, ist etwas rätselhaft. Die Zahl zu NRW stammt offenbar aus BTDrs. 16/11424.

Laut bayrischer Landtagsdrs. 16/211 : für 2006 und 2007 zusammen wurden 253.187 € ausgegeben an Haftentschädigung.

Die von der AA genannte Zahl 400.000 dürfte ein schlichter  Irrtum der Journalisten sein. Siehe LTDrs. Bayern 16/960: Dort findet sich ein Betrag von

408.000 €  für 2007, der betrifft  aber StrEG-Zahlungen insgesamt im Jahr 2007, also nicht nur die Haftentschädigung, sondern auch Sonstiges (siehe Ziff. 7c und 6 der Antwort: z.B. bei Führerschein/Fahrerlaubnismaßnahmen, Sicherstellungen u.a.). Multipliziert man die Zahl der in 16/960 genannten Hafttage, für die Entschädigung gezahlt wurde, mit dem Satz 11 €, bleibt man in jedem Jahr auch noch unter dem Betrag von 172.000  € für NRW.

 

Laut BTDrs 16/11434 zahlt Berlin alleine im Schnitt 95,000 €/Jahr an Haftentschädigung, bezogen auf die Bevölkerungszahlen offenbar ein echter Spitzenplatz, recht moderat dagegen Baden-Württemberg mit 62.000 .Vielleicht ist  man dort auch sehr restriktiv, nach dem Motto: Mir gäbet nix!

3

@ klabauter: und welche Zahlen würden sich ergeben, wenn man die Beträge aus B-W und BY um den "Revisionsabschmetterungsfaktor" der für diese Länder zuständigen BGH-Senats korrigieren würde?

Ich bin mir nicht so sicher, dass die Zahlen in dem Bericht Der Augsburger Allgemeinen nicht richtig sind. Gestehe der Journalistin durchaus zu, dass sie gleiches mit gleichem vergleicht und auch widersprochen worden wäre, wenn dem nicht so sei. 

 

Jedenfalls steht unter dem Strich nicht nur ein erschreckendes politisches Desinteresse an dem Thema und ein ganz untypisches Defizit an statistischer Belegbarkeit - sondern auch eine durch nichts zu relativierende Schäbigkeit, was  'Höhe' der Entschädigungen als Schlusslicht in der westlichen Welt angeht. 

 

Und:

nachweislich ist es ist wieder Bayern, das hier Art. 41 EMRK -gerechte Entschadigung - aushebelt, Inhalt meiner eigenen Beschwerde vor dem EGMR, 1033/12: Zehn Monate zu Unrecht gegen mich erfolgte Untersuchungshaft, Freispruch des Landgerichts Würzburg, Az. 10465/09, anschließende "Verweigerung" auch der völlig ungenügenden Haftentschädigung auf Antrag der Staatsanwaltschaft und einfachem Beschluss des OLG, die für die (als solche angezeigt) Freiheitsberaubung immAmt überhaupt verantwortlich sind! Der damalige Generalstaatsanwalt, CSU ist heute Präsident des OLG. Ministerin Merk weigert sich bis heute einer Strafverfolgung nachzugehen, auf abgeordnetenwatch.de äußert sie sich ausweichend oder gar nicht...

 

Tatsache ist, dass Menschen wie Mollath keine Entschädigung erhalten, solange das 'Unrecht' - und sei es noch so erheblich - nicht öffentlich wird! 

 

Und hier wird der Untersuchungsausschuss hoffentlich sehr aufklärend wirken. 

 

 

 

 

 

5

Der große Unterschied des Falles Mollath zu Deeg oder Heindl ist doch,  dass Molath seit 7 Jahren in der Forenik lebt , also länger als manch Mörder oder Terrorist im Gefängnist war.

 

 

5

Zur "Justizhoheit" empfehle ich die Seite 333 bei W. Schlötterer,  "Macht und Missbrauch".

Dort erläutert e zunächst, warum er nie die involvierten Staatsanwälte etc. angezeigt habe.

Die von ihm erwähnten MP Strauß und Stoiber konnten "andere verfolgen lassen", waren aber "selbst unantastbar". Und: "Die Justizhoheit lag  bei ihnen."

Frage: Wie ist es HEUTE ?

5

 

Eben, Gast #27, genau dies gilt es aufzuzeigen: der "Unterschied" zwischen dem Fall Mollath und dem Fall Deeg (mit Heindl hab ich mich nicht wirklich befasst...) ist der, dass es letztlich von marginalen Nebensächlichkeiten abhängt, ob ein 'Angeklagter' so wie ich nach zehn Monaten wieder freikommt und freigesprochen wird oder wie Mollath über Jahre in der Forensik begraben wird! 

 

Und das ist definitiv nicht der Zweck eines Paragrafen 63 StGB, der eine Allgemeinheit vor "gefährlichen" Straftätern schützen soll! 

 

Und das sind keine "Einzelfälle" - das ist ein strukturelles Problem, gegen dessen Thematisierung man sich offenkundig mit Händen und Füssen wehrt! 

 

Weil hier eben auch mehr auf dem Spiel steht als ein "paar Unschuldig Weggesperrte" - das sind beinharte Straftaten im Amt. Und ich unterstelle weiter Vorsatz, weil ich erlebt habe, WIE vorgegangen wird. 

 

Und erstaunt, dass das nur am Rande interessiert.....

 

5

 

 

jetzt ist Dienstag Mittag und noch immer keine Pressemeldung aus Bayreuth, dass die Strafvollstreckungskammer entschieden habe ...

 

Schlafen die Anwälte?

 

Wo bleiben Pressemeldungen über die Untätigkeit der Kammer?

 

Jeder weitere Tag der zwangsweisen Unterbringung von Herrn Mollath ist ein Tag zuviel!!!

5

 

 

Wenn die Anwälte Mollaths ausgeschlafen wären, dann würden sie das Gericht in Bayreuth etwas zur Entscheidung drängen.

 

Der Termin war Donnerstag und heute ist Dienstag. Es geht um einen Menschen. Es geht um die weitere Unterbringung.

Wie geht das Gericht mit Herrn Mollath um?

Es geht um Erledigterklärung, da gibt es ein Beschleunigungsgebot nach Aussage des Gerichts ... (zumindest als die Anwältin eine Fristverlängerung wollte)

 

Meinen die wirklich, so etwas geht spurlos an einem Menschen vorüber?

 

Und da sollten die Anwälte wirklich für ihren Mandanten aktiv werden ...

3

 

 

 

Beim Landgericht in Bayreuth eine Entscheidung anmahnen.

 

Der Termin war letzten Donnerstag ... die Sache ist doch klar. Warum wird keine Erledigterklärung ausgesprochen???

 

Warum macht eigentlich die Presse keinen Druck?

4

@ungeduldig

"Warum macht eigentlich die Presse keinen Druck?"

 

Ja, genau!

Man könnte jetzt direkt fragen: Wie kann @ungeduldig nur so naiv sein, solch eine Frage zu diesem Zeitpunkt hier in diesem Blog zu stellen?

 

Und das nach Allem, was hier in den letzten Wochen und Monaten an unfassbaren Fakten, Verstrickungen, ja, ich schreibe sogar das böse Wort "Verschwörungen" aufgedeckt und diskutiert wurde. Eben auch einschließlich der hier so oft benannten und zurecht kritisierten, als fahrlässig zu bezeichnenden Untätigkeit der Presse. Einer Presse, die hier, wie @ungeduldig scheibt, überhaupt keinen Druck ausübt (von ganz wenigen löblichen, als lokal zu bezeichnenden Ausnahmen mal abgesehen).

 

Aber diese eigentlich naive Frage ist dennoch eine wichtige Frage. Denn es zeigt sich dadurch, dass sogar die am Fall Mollath interessierten Menschen, und die komplett ahnungslosen Menschen sowieso, die eine überwältigende Mehrheit "da draußen" darstellen, noch überhaupt keine Vorstellung von den Ausmaßen dessen haben, was hier abläuft.

 

Denn diese "Warum"-Frage ist ja nur eine unter vielen anderen wichtigen ungelösten Fragen.  Es sollten noch viele weitere Fragen von vielen weiteren besorgten Menschen, von allen verantwortungsbewussten Mitbürgern gestellt werden.

Fragen wie 

- Warum macht die Justiz da mit?

- Warum macht die Politik da mit?

- Warum macht die Ärzteschaft in den forensichen Psychiatrien da mit?

- Warum machen Gutachter unterschiedlichster Couleur und Fachrichtungen da mit.

- Warum macht die Polizei da mit und lässt sich für diese Vorgehensweise "einspannen"?

- Warum decken und schützen sich alle hier o.g. beteiligten Akteure in diesem Vorgehen gegenseitig, bis zum heutigen Tage, trotz aller vorliegenden Fakten und Informationen?

 

Es ist deutlich: Weil wir Einzelnen einfach nicht emanzipert genug sind. Weil wir uns darauf verlassen, dass "der Staat" es schon für uns regeln wird. ABER: Diese Fragen müssen öffentlich gestellt werden, und zwar von so vielen Menschen in diesem Land wie nur irgend möglich. Der Druck muss vom Einzelnen kommen, und nur als Einzelne gemeinsam agierend können wir Druck entwickeln, einen großen Druck sogar!

So schrecklich es sich anhört, und ich hätte vor einigen Monaten nicht gedacht, dass ich so etwas heute öffentlich formulieren und posten würde:

Vergesst die Idee, die Presse würde uns allen helfen!

Vergeßt die Vorstellung, dass die Justiz uns schützt

Vergeßt das Vertrauen darin, dass die Polizei uns zu Hilfe kommt, wenn wir sie am dringendsten brauchen.

Es ist an der Zeit, dass wir uns selbst helfen!

Und das meine ich nicht im Sinne eines Aufrufs zu Revolutions- und Anarchiechaos. Sondern im Sinne einer sich emanziperenden Gemeinschaft, die die momentan nur noch 'scheinbar' vorhandene Ordnung und Rechtsstaatlichkeit wieder herstellen kann und muss.
 

Dieser Blog von Prof. Müller, zusammen mit anderen Plattformen, wie der Blog von Frau Wolff, die Beiträge von O Garcia und noch einigen anderen mehr sind ein kleiner, immerhin wichtiger Anfang.
 

5

Vorschlag schrieb:

Vergesst die Idee, die Presse würde uns allen helfen!

Vergeßt die Vorstellung, dass die Justiz uns schützt

Vergeßt das Vertrauen darin, dass die Polizei uns zu Hilfe kommt, wenn wir sie am dringendsten brauchen.

Es ist an der Zeit, dass wir uns selbst helfen!

Ohne kritische Presse haben Kriminelle im Amt nichts zu befürchten.

Wenn die Justiz uns nicht schützt, dann heißt es, egal welche Verbrechen gegen Sie begangen werden, Sie werden es nicht anzeigen oder vor Gericht gehen. Sie haben keine Vorstellung davon, was das bedeutet.

Wenn kein Verlass auf die Polizei ist, müssen Sie bei jede Kleinigkeit die Befürchtung haben, mitgeschleppt zu werden, evt. in einem psychiatrischen Anstalt untergebracht zu werden. Verprügelt zu werden.

Man bemüht sich nicht mal, dass Sie vor Gericht kommen. Was würde es auch bringen?

Wir können hier oder in anderen Blogs keinen Rechtsstaat schaffen.

Wir haben in den Blogs getan, was wir konnten.

Viel Macht haben wir aber nicht. Ob andere, die tatsächlich die Macht besitzen etwas zu verändern, es auch tun, bleibt noch offen. Es nie einfach, in den eigenen Reihen auszumisten.

Gruss

Tine Peuler

4

#43  Vorschlag:

 

Vergeßt die Idee, die Presse würde uns allen helfen.

Vergeßt die Vorstellung, dass die Justiz uns schützt.

Vergeßt das Vertrauen darin, dass die Polizei uns zu Hilfe kommt, wenn wir sie am dringendsten brauchen.

 

Die Presse ist nur dazu da um Geld zu verdienen wie jedes Unternehmen.

Die Justiz kann uns gar nicht schützen. Bei 6 Millonen Straftaten ist sie völlig überfordert. Sie ist nur ein kleiner Reperaturbetrieb, der auch Fehler macht. Was in der Gesellschaft schief läuft, kann sie nicht großflächig reparieren.

Die Polizei kann in den meisten Fällen nur etwas tun, wenn Straftaten bereits vollzogen sind. Vorbeugend darf sie fast nichts tun.

4

Die Presse ist nur dazu da um Geld zu verdienen wie jedes Unternehmen.

Ich widerspreche. Mit dem Fall Mollath hätten sie große Überschriften machen können - m.a.W. Zeitungen verkaufen können. Ist nur in sehr begrenztem Umfang passiert. Warum?

Die Justiz kann uns gar nicht schützen. Bei 6 Millonen Straftaten ist sie völlig überfordert. Sie ist nur ein kleiner Reperaturbetrieb, der auch Fehler macht. Was in der Gesellschaft schief läuft, kann sie nicht großflächig reparieren.

Schön, dass Sie auch Fehler sehen können. Und was macht man, um die Fehler zu korrigieren. Eine Reihe von neuen Fehlern. Siehe Fall Mollath.

Die Polizei kann in den meisten Fällen nur etwas tun, wenn Straftaten bereits vollzogen sind. Vorbeugend darf sie fast nichts tun.

Wenn es sich so verhalten würde, wäre Herr Mollath bei der ersten Verhaftung von der Polizei nicht mitgeschleppt und verprügelt worden. Und er ist kein Einzelfall!

Gruss

Tine Peuler

4

@gast #45 und @gast #46 (Tine)

Die Presse ist nur dazu da um Geld zu verdienen wie jedes Unternehmen.

Ich widerspreche. Mit dem Fall Mollath hätten sie große Überschriften machen können - m.a.W. Zeitungen verkaufen können. Ist nur in sehr begrenztem Umfang passiert. Warum?

**Ja, warum nur! Das war immerhin die Ausgangsfrage.  Die Presse will Geld verdienen, das ist aber nicht der urspruengliche Selbstzweck von Presse.  Vielleicht wird die Presse aber auch so unter Druck gesetzt (z.B. von der Politik), dass sie ihrem Auftrag nach Aufklärung nicht mehr nachkommt, auch wenn sie es vielleicht wollte.  Nur deswegen lautete mein Vorschlag: Wir sollten wir uns besser (in dem Zustand, in dem sie sich zu grossen Teilen derzeit befindet) nicht auf die Presse verlassen.

Die Justiz kann uns gar nicht schützen. Bei 6 Millonen Straftaten ist sie völlig überfordert. Sie ist nur ein kleiner Reperaturbetrieb, der auch Fehler macht. Was in der Gesellschaft schief läuft, kann sie nicht großflächig reparieren.

Schön, dass Sie auch Fehler sehen können. Und was macht man, um die Fehler zu korrigieren. Eine Reihe von neuen Fehlern. Siehe Fall Mollath.

**Ja, also stimmen Sie, Tine,  nun mir und gast #45 doch grundsätzlich zu. Oder missverstehen wir uns da?

Die Polizei kann in den meisten Fällen nur etwas tun, wenn Straftaten bereits vollzogen sind. Vorbeugend darf sie fast nichts tun.

Wenn es sich so verhalten würde, wäre Herr Mollath bei der ersten Verhaftung von der Polizei nicht mitgeschleppt und verprügelt worden. Und er ist kein Einzelfall!
** Wie man es auch darstellt.  Mein "Vorschlag", uns besser nicht (nur) auf die Polizei zu verlassen, ist doch gemäss Ihrer beider Kommentare #45 und #46 völlig begruendet...

 

Gruss

vom Vorschlag

5

Für Opfer von Verbrechen oder Justizopfer interessieren sich die Medien kaum.

Ich wette, dass die meisten Bürger so gut wie nichts über das Leiden der Opfer von Verbrechen oder das Leiden Justizopfer erfahren und über den Mollathfall nichts wissen.

Ein Fußballer, der Steuerhinterziehung gemacht hat, läßt besser auf Zeitungen als Aufmacher verkaufen.

 

4

Tine

 

Wenn es sich so verhalten würde, wäre Herr Mollath bei der ersten Verhaftung von der Polizei nicht mitgeschleppt und verprügelt worden.

 

Beweise für diese Behauptung  ?

1

Gast schrieb:

Tine

 

Wenn es sich so verhalten würde, wäre Herr Mollath bei der ersten Verhaftung von der Polizei nicht mitgeschleppt und verprügelt worden.

 

Beweise für diese Behauptung  ?

Beweise wofür?

Daß Mollath verprügelt wurde, dafür gibts das Aufnahmeprotokoll in der Klinik, daß bei Mollath Verletzungen festegestellt hat, die Aussage Dr. Wörthmüllers, bei einem Entgegenkommen Mollath nicht in die Polizeistation, in der er verletzt wurde, zurückzuschicken.

Oder Beweis, daß es NICHT passiert wäre....

5

Beate Merk im Interview: http://www.merkur-online.de/aktuelles/politik/beate-merk-kommunikation-n...

Mir ist es ein großes Anliegen, dass die Menschen nachvollziehbar informiert werden. Die Kommunikation muss so laufen, dass die Menschen die Justiz verstehen – trotz ihrer komplizierten Verfahren und all ihrer schwierigen Regeln.
...
Wenn sich schwierige Fälle häufen – und daran kann ich nichts ändern –, muss mit besonderer Sensibilität kommuniziert werden. Die Pressestelle des Ministeriums tut alles dafür. Und ich tue das meine darüber hinaus.

Es sind m.E. zwei Mechanismen, die hier wirken:

 

Zum einen ist die Justiz, Polizei natürlich "Reparaturbetrieb" und kann naturgemäß i.d.R. erst tätig werden, wenn Verbrechen und Straftaten begangen wurden. 

 

Die künstlich erzeugte Empörung - hier sind Medien durchaus "kompetent", um Auflagen zu steigern - und die Ohnmacht der Justiz und Polizei, immer 'zu spät' zu kommen führt nicht nur zu öffentlichkeitswirksamen Strafexzessen (Sicherungsverwahrung wegen Exhibitionismus, Eigentumsdelikten etc./ nachträgliche Sicherungsverwahrung, ständige Herabsetzung von Strafbarkeit durch Lobby-Gesetzgebung wie 'Anti-Stalking-Gesetz') die es nicht geben darf sondern vor allem auch zu der mittlerweile unsäglichen "Gefährderjustiz", für die der "Fall Mollath" exemplarisch steht. 

 

Das heißt, Menschen die einmal als "Risiko" und "potentieller Täter" ausgemacht sind, werden unter der Maßgabe "Prävention" (nichts anderes ist der gesamte Par. 63 StGB) zum einen benutzt, um die Ohnmacht der Professionen zu regulieren, Verbrechen nicht verhindern zu können und die Illusion zu haben, genau dies eben doch zu können, indem man keine Strafverfolgung mehr betreibt sondern "Gefährderverfolgung"...

 

Und dieser Missstand hat nun ganz klar eine Grenze überschritten! Weil namlich die Strafverfolger und die Justiz nun ebenfalls Straftaten begehen, um Unschuldige oder wegen Bagatelldelikten Angeklagte aus vermeintlichen "Präventionsgründen" wegsperren.

 

Gut, dass sich die Empörung nun auch in diese Richtung entfaltet - und gerade die Tatsache, dass dies nun seit Monaten weitgehend ohne künstliche Medienempörung, einzig anhand Fakten und Recherche der SZ geschieht, zeigt, wie ernst es mittlerweile steht. 

 

 

 

 

 

5

Gast schrieb:

"Wenn es sich so verhalten würde, wäre Herr Mollath bei der ersten Verhaftung von der Polizei nicht mitgeschleppt und verprügelt worden.

Beweise für diese Behauptung  ?"

Um solche Angelegenheiten zu beweisen, würde es verlangen, dass sie von der Polizei protokolliert werden ....

Meine aber erinnern zu können, dass dieser Übergriff von der Polizei ein Argument des Ärztes war, Herr Mollath im Klinikum Europakanal länger zu behalten. Wenn nicht um geisteskrank abzustempeln, dann quasi um ihn vor der Polizei zu schützen...

Gruss

Tine Peuler

 

5

@Dipl. Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel

Finden Sie es gerecht, dass Sie Menschen

z.B. wegen falsch parken, Steuerbetrug, Ehestreit, Nachbarstreit, Sachbeschädigung, bei weitem noch nicht bewiesene Mord- od. Vergewaltigungsvorwürfe - psychologisch/psychiatrisch unter der Lupe nehmen und vorverurteilen?

Kann der Mensch sich weigern, ein Explorationsgespräch durchzuführen, ohne dass diese Sperre gegen ihn verwendet wird?

Wenn Sie als Fachmensch ohne Gespräch nicht fündig wird, dann sind auch keine Auffälligkeiten vorhanden - oder?

Bin ehrlich geschockt, was hier in D. psychologisch/psychiatrisch abläuft. Das es auch noch von den Gerichten abgesegnet wird, macht es alles noch schlimmer.

Sie versuchen, mit ihren fachkritischen Gutachten den Ruf ihrer Zunft zu retten. Tut mir leid, bei mir funktioniert es nicht.

Gruss

Tine Peuler

 

 

5

Unterbringungspsychiatrie mit wohlverstandenem Rechtsstaat, Wissenschaft, Humanität und ordentlicher Berufsethik nicht vereinbar

Sehr geehrte Frau Peuler,

Gast schrieb:

@Dipl. Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel

Finden Sie es gerecht, dass Sie Menschen

z.B. wegen falsch parken, Steuerbetrug, Ehestreit, Nachbarstreit, Sachbeschädigung, bei weitem noch nicht bewiesene Mord- od. Vergewaltigungsvorwürfe - psychologisch/psychiatrisch unter der Lupe nehmen und vorverurteilen?

Es kommt auf den Einzelfall an. Vorverurteilung ist natürlich nahezu immer falsch.

Insgesamt meine ich, dass die forensische Unterbringungspsychiatrie mitsamt ihren RichterInnen fortlaufend versagt, und daher mit wohlverstandenem Rechtsstaat, Wissenschaft, Humanität und ordentlicher Berufsethik nicht zu vereinbaren ist,  weshalb sie am besten mittelfristig (5-10 Jahres Plan) abgeschafft wird. In den Gefängnissen können Sonderabteilungen eingerichtet werden wie etwa in Bayreuth für sexuelle Missbrauchstäter.

 

Gast schrieb:

Kann der Mensch sich weigern, ein Explorationsgespräch durchzuführen, ohne dass diese Sperre gegen ihn verwendet wird?

Er kann sich nicht nur weigern, er sollte sich angesichts der Verhältnisse in der forensischen Unterbringungspsychiatrie auch verweigern. Aber, noch ist der wohlverstandene Rechtsstaat nicht intakt und wieder hergestellt. Daher werden Verweigerer, die von ihrem gesunden Menschenverstand Gebrauch machen, damit rechnen müssen, dass sie trotzdem begutachtet werden. Der nicht wohlverstandene Rechtsstaat und die forensische  Unterbringungspsychiatrie, gedeckt durch die RichterInnen, handeln nach dem faktischen Grundsatz: begutachtet wird immer, wenn wir ein Gutachten haben wollen, auch wenn die Datengrundlage hinten und vorne aus dem Niveau einen hochvakuumisierten  Schweizer Lochkäse, d.h. aus viel Loch und Nichts besteht. Wissenschaft? Recht? Humanität? Gesunder Menschenverstand? Ethik?  

 

Gast schrieb:

Wenn Sie als Fachmensch ohne Gespräch nicht fündig wird, dann sind auch keine Auffälligkeiten vorhanden - oder?

 

Nein, das kann man nicht sagen. Es ist ganz einfach: wenn man nichts weiß, dann kann man nichts sagen und natürlich erst recht nicht gutachten. Ich kann dann Aussagen weder bejahen noch verneinen. Ich muss sagen: mir fehlen die Daten. Ohne ausreichende Datengrundlage kann ich nicht gutachten. Ich kann nur meinen, wähnen, vermuten, phantasieren, spekulieren, … Und so macht man es ja auch. Wenn dann auf dem Briefkopf ein Dr. oder gar ein Prof. steht, schon ist der größte Unsinn ein „Gutachten“. Es passt perfekt in unsere Zeit der großen Plagiateure und HochstaplerInnen.

 

Gast schrieb:

Bin ehrlich geschockt, was hier in D. psychologisch/psychiatrisch abläuft. Das es auch noch von den Gerichten abgesegnet wird, macht es alles noch schlimmer.

 

So ist es. Die mindestens eben so Schlimmen sind die RichterInnen der Unterbringungspsychiatrie. Ohne sie ginge es nicht. Die wollen das. Man versteht sich bestens.

 

Gast schrieb:

Sie versuchen, mit ihren fachkritischen Gutachten den Ruf ihrer Zunft zu retten. Tut mir leid, bei mir funktioniert es nicht. Gruss Tine Peuler

 

Ich versuche nicht den Ruf zu retten, ich beschädige ihn gerade nachhaltig mit meinen Arbeiten, die,  so hoffe ich, an Klarheit, Deutlichkeit und Begründetheit nichts zu wünschen übrig lassen.

Sie unterscheiden nicht zwischen Psychiatrie und Psychologie. Ob allerdings meine, die psychologische Zunft besser wäre, wenn sie die Praxismacht hätte, steht dahin (ca. 5-10% der Schuldfähigkeitsgutachten werden von Psycholog- , 90-95% von PsychiaterInnen gemacht.

Die Sektionen Rechtspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen halten sich bislang auffällig zurück, obwohl sie natürlich wissen, was hier für ein Murks- und Pfusch am Fließband fabriziert wird. Nun ja, unsere crème de la crème (Bsp. Max Steller, BGH Gutachter, Berlin) und Kröber (Berlin) sind veröffentlichungs- und kongressverwoben.  

 

Leider gilt wohl der Zwillingsgrundsatz: Eine Krähe hackt der andern kein Auge aus und Wes Brot ich ess', des Lied ich sing. Wissenschaft? Recht? Humanität? Gesunder Menschenverstand? Ethik?  

 

5

@M.Deeg

Dieser Dr. Bernhard Pallmann scheint auch Dr. Nedopil zu kennen.

"Wenn zu Ihnen jemand sagt: "Sie arbeiten hervorragend, excellent und diszipliniert fuer unsere Firma - aber passen Sie auf, das koennte sich als toedlicher Stressfaktor erweisen", dann koennen Sie das als Lob einerseits - und als guten ernsten Rat andererseits werten.
Sie sind jedoch nicht rufgemordet.
Wenn irgend jemand jedoch ueber Sie verbreitet, besonders ein Staats-bezahlter Psychiater, "an Schizophrenie erkrankt", ja nur hinschreibt V.a. (Verdacht auf) oder z.Zt. i. Remission (war vorher da, ist aber jetzt nicht nachweisbar, schlummert), so gelten Sie als potentieller Amoklaeufer, selbst wenn Sie keinerlei Symptome zeigen."
(http://igelin.blog.de/2011/11/16/artikel-psychiatrie-geschaedigten-exil-...)

Kein Mensch äussert sich bezügl. des Falles von Dr. Bernhard Pallmann. Keine Antwort ist auch eine Antwort.

Gruss

Tine Peuler

5

Also noch einmal: Ich hoffe, der StrVK ist klar, dass es inzwischen auf der Grundrechtsebene nicht mehr um einen Eingriff in die Freiheit einer Person geht, weil sie Rechtsgüter verletzt hat, sondern weil sie droht, Rechtsgüter zu verletzten. Denn das verletzte Rechtsgut ist mit der Freiheitseinbuße von sieben Jahren längst getilgt.

Man kann das mit anderen Worten vereinfacht so ausdrücken: Das, was bisher zur Rechtfertigung Mollaths Unterbringung gedient hat, hat inzwischen ausgedient. Zur grundrechtlichen Eingriffsrechtfertigung bei Unterbringungsfortsetzung ist neuer Stoff erforderlich.

WR Kolos schrieb:

Also noch einmal: Ich hoffe, der StrVK ist klar, dass es inzwischen auf der Grundrechtsebene nicht mehr um einen Eingriff in die Freiheit einer Person geht, weil sie Rechtsgüter verletzt hat, sondern weil sie droht, Rechtsgüter zu verletzten. Denn das verletzte Rechtsgut ist mit der Freiheitseinbuße von sieben Jahren längst getilgt.

Man kann das mit anderen Worten vereinfacht so ausdrücken: Das, was bisher zur Rechtfertigung Mollaths Unterbringung gedient hat, hat inzwischen ausgedient. Zur grundrechtlichen Eingriffsrechtfertigung bei Unterbringungsfortsetzung ist neuer Stoff erforderlich.

 

Genau zur Klärung dieser Frage wurde das BVerfG angerufen. Wäre das BVerfG nicht die richtige Institution sich zur Frge der Verhältnismäßigkeit zu äußern. Genügend Zeit, den Sachverhalt zu prüfen, war wohl vorhanden.

 

Oder wurde die Verfassungsbeschwerde von Herrn M. unterdessen verworfen und niemand hat es erfahren?

5

Heinz B. schrieb:

WR Kolos schrieb:

Also noch einmal: Ich hoffe, der StrVK ist klar, dass es inzwischen auf der Grundrechtsebene nicht mehr um einen Eingriff in die Freiheit einer Person geht, weil sie Rechtsgüter verletzt hat, sondern weil sie droht, Rechtsgüter zu verletzten. Denn das verletzte Rechtsgut ist mit der Freiheitseinbuße von sieben Jahren längst getilgt.

Man kann das mit anderen Worten vereinfacht so ausdrücken: Das, was bisher zur Rechtfertigung Mollaths Unterbringung gedient hat, hat inzwischen ausgedient. Zur grundrechtlichen Eingriffsrechtfertigung bei Unterbringungsfortsetzung ist neuer Stoff erforderlich.

 

Genau zur Klärung dieser Frage wurde das BVerfG angerufen. Wäre das BVerfG nicht die richtige Institution sich zur Frge der Verhältnismäßigkeit zu äußern. Genügend Zeit, den Sachverhalt zu prüfen, war wohl vorhanden.

 

Oder wurde die Verfassungsbeschwerde von Herrn M. unterdessen verworfen und niemand hat es erfahren?

 

Soweit ich das beurteilen kann, ist die VB vom 11.01.12 unzulässig. Leider. Ich wünschte, das BVerfG könnte es anders sehen und ich mich irren.

Die Monatsfrist zur Einlegung der VB beginnt mit Zugang des OLG-Beschlusses vom 26.08.11 und nicht mit Zugang der Entscheidung über die Anhörungsrüge vom 9.12.11. Zwar ist die VB mangels Anhörungsrüge zunächst unzulässig. Das ändert aber nichts an der Monatsfrist. In diesen Fällen wird in der Regel der Antrag gestellt, die VB zunächst in das AR-Register beim BVerfG einzutragen, um die Frist zu wahren und die Entscheidung über die Anhörungsrüge abzuwarten, wodurch die VB erst zulässig wird.

Aber egal. Das BVerfG hat zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung schon mehrmals Stellung genommen, nicht zuletzt unmittelbar an die StrVK Bayreuth gerichtet. Man wird doch wohl erwarten dürfen, dass die Kammer diesen Vorgaben Rechnung trägt, ohne ständig das BVerfG zu bemühen, sich ständig wiederholen zu müssen.

WR Kolos schrieb:

Soweit ich das beurteilen kann, ist die VB vom 11.01.12 unzulässig. Leider. Ich wünschte, das BVerfG könnte es anders sehen und ich mich irren.

Die Monatsfrist zur Einlegung der VB beginnt mit Zugang des OLG-Beschlusses vom 26.08.11 und nicht mit Zugang der Entscheidung über die Anhörungsrüge vom 9.12.11. Zwar ist die VB mangels Anhörungsrüge zunächst unzulässig. Das ändert aber nichts an der Monatsfrist. In diesen Fällen wird in der Regel der Antrag gestellt, die VB zunächst in das AR-Register beim BVerfG einzutragen, um die Frist zu wahren und die Entscheidung über die Anhörungsrüge abzuwarten, wodurch die VB erst zulässig wird.

Woher haben Sie diese Theorie von der fristwahrenden Einlegung einer Verfassungsbeschwerde vor der Gehörsrüge?

Der Praxis des BVerfG entspricht das m.W. nicht, vgl. http://dejure.org/2008,28310

WR Kolos schrieb:

Aber egal. Das BVerfG hat zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung schon mehrmals Stellung genommen, nicht zuletzt unmittelbar an die StrVK Bayreuth gerichtet. Man wird doch wohl erwarten dürfen, dass die Kammer diesen Vorgaben Rechnung trägt, ohne ständig das BVerfG zu bemühen, sich ständig wiederholen zu müssen.

Ja, das kann man eigentlich erwarten. Doch die Erwartung ist ja enttäuscht worden.

http://blog.delegibus.com/2013/04/14/fall-mollath-bewegt-sich-der-fels-i...

5

O. García schrieb:

WR Kolos schrieb:

Soweit ich das beurteilen kann, ist die VB vom 11.01.12 unzulässig. Leider. Ich wünschte, das BVerfG könnte es anders sehen und ich mich irren.

Die Monatsfrist zur Einlegung der VB beginnt mit Zugang des OLG-Beschlusses vom 26.08.11 und nicht mit Zugang der Entscheidung über die Anhörungsrüge vom 9.12.11. Zwar ist die VB mangels Anhörungsrüge zunächst unzulässig. Das ändert aber nichts an der Monatsfrist. In diesen Fällen wird in der Regel der Antrag gestellt, die VB zunächst in das AR-Register beim BVerfG einzutragen, um die Frist zu wahren und die Entscheidung über die Anhörungsrüge abzuwarten, wodurch die VB erst zulässig wird.

Woher haben Sie diese Theorie von der fristwahrenden Einlegung einer Verfassungsbeschwerde vor der Gehörsrüge?

Der Praxis des BVerfG entspricht das m.W. nicht, vgl. http://dejure.org/2008,28310

 

Der von Ihnen verlinkte Hinweis auf eine BVerfGE widerlegt meine "Theorie" nicht, sondern er bestätigt sie vielmehr.

Sie können aus der Entscheidung entnehmen, dass die VB vor der Entscheidung über die Anhörungsrüge eingelgt wurde (wörtlich: Vor der Entscheidung über die Anhörungsrüge legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein ...). Gleichwohl war die VB mangels Rechtswegerschöpfung unzulässig, weil das Anhörungsrügeverfahren nicht abgeschlossen war.

Hätte ein Bf die VB nach der (idR negativen) Entscheidung über die Anhörungsrüge eingelegt, dann wäre zwar der Rechtsweg erschöpft, aber die VB trotzdem unzulässig, weil die Frist verstrichen wäre.

Wie anders wollen Sie dieses Dilemma lösen? Legt der Bf die VB fristwahrend ein, dann ist sie zwar nicht wegen Fristversäumnis unzulässig, dafür aber mangels Rechtswegerschöpfung. Erschöpft er aber den Rechtsweg und legt sie dann ein, dann ist sie trotzdem unzulässig, weil er die Frist nicht gewahrt hat.

Lösung: Fristwahrende Einlegung der VB verbunden mit einem Antrag auf Eintragung in das AR-Register.

Sie können meine "Theorie" nur dadurch widerlegen, dass Sie mir eine einzige BVerfGE zeigen, die eine Fristberechnung zur Einlegung der VB von dem Zugang der Entscheidung über die Anhörungsrüge an vornimmt. Ich kenne so eine Fristberechnung nicht. Aber ich lasse mich gerne belehren.

WR Kolos schrieb:

O. Garcia schrieb:

Woher haben Sie diese Theorie von der fristwahrenden Einlegung einer Verfassungsbeschwerde vor der Gehörsrüge?

Der Praxis des BVerfG entspricht das m.W. nicht, vgl. http://dejure.org/2008,28310

Der von Ihnen verlinkte Hinweis auf eine BVerfGE widerlegt meine "Theorie" nicht, sondern er bestätigt sie vielmehr.

Da Sie "Theorie" in Anführungszeichen setzen: Mit meiner Frage bin ich davon ausgegangen, daß Sie eine Rechtsmeinung wiedergeben, die bereits vertreten wird und nachgelesen werden kann. Meine Frage war auf eine Quellenangabe gerichtet, ich wollte weder Sie noch die Theorie angreifen.

Aber Sie haben recht: "Theorie" ist falsch, da es mehr um die Praxis geht. Sie sagten "In diesen Fällen wird in der Regel der Antrag gestellt, die VB zunächst in das AR-Register beim BVerfG einzutragen", so daß ich davon ausgehe, daß Sie oder andere dies so praktizieren.

Die von mir genannte Entscheidung sah ich als Gegenbeleg, weil es um die Erstattung ging. In dem Fall wurden gleichzeitig Verfassungsbeschwerde und Gehörsrüge erhoben. Letztere war er erfolgreich, so daß der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärte und Kostenerstattung beantragte. Wenn die fristwahrende Einlegung einer "schwebend unzulässigen" Verfassungsbeschwerde vom Prozeßrecht gefordert ist, dann muß es für diese Konstellation natürlich auch eine Antwort bieten. Aus der zitierten Entscheidung geht hervor, daß dies nicht der Fall ist. Zumindest hätte das BVerfG sagen müssen: Ein Erstattungsanspruch wird erst mit der Begründung der Verfassungsbeschwerde ausgelöst und diese ist bei der fristwahrenden Anhängigmachung im AR-Register nicht erforderlich. Daß das BVerfG überhaupt nichts dazu sagte, belegt für mich, daß es diese Praxis nicht gibt und/oder daß es dieser Rechtsmeinung nicht folgt.

WR Kolos schrieb:

Sie können meine "Theorie" nur dadurch widerlegen, dass Sie mir eine einzige BVerfGE zeigen, die eine Fristberechnung zur Einlegung der VB von dem Zugang der Entscheidung über die Anhörungsrüge an vornimmt. Ich kenne so eine Fristberechnung nicht. Aber ich lasse mich gerne belehren.

http://dejure.org/2010,110:

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn - S ..., - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Moos, Viethen, Schubert, Janssen und Koll., Wilhelmstraße 10, 79098 Freiburg - gegen a) den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 27. November 2008 - 8 AZR 492/ 08 (F) -, b) das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Mai 2008 - 8 AZR 84/ 07

 

[...]

Nach Zurückweisung einer Anhörungsrüge rügt der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.

5

Könnte die Ex von Herrn Mollath auch wegen Freiheitsberaubung angeklagt werden, falls sich bei der Wiederaufnahme herausstellt, dass er zu Unrecht in die Forensik kam ?

 

Beim Fall Horst Arnold, der unschuldig hinter Gittern gesessen hat, ist jetzt die Belastungszeugin  wegen  Freiheitsberaubung angeklagt.

 

http://www.hna.de/nachrichten/hessen/vergewaltigung-vermeintliches-opfer-horst-arnold-steht-gericht-2859031.html

5

Seiten

Die Kommentare sind für diesen Beitrag geschlossen.