Fall Mollath - BGH verwirft Revision

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 09.12.2015

Mit seiner heute bekannt gemachten Entscheidung hat der 1. Senat des BGH die von Gustl Mollath gegen das Urteil des LG Regensburg vom 14. August 2014 eingelegte Revision verworfen, Pressemitteilung.

Die Entscheidung wurde sogleich mit Begründung im Wortlaut veröffentlicht.

Die Ausführlichkeit der Begründung und deren sofortige Veröffentlichung stehen im erstaunlichen Kontrast zur erstmaligen Revision des BGH im Fall Mollath, bei der ein außerordentlich fehlerhaftes und problematisches Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom selben Senat einfach ohne nähere Begründung zur Rechtskraft „durchgewunken“ wurde. Immerhin scheint auch der BGH insofern aus dem Fall Mollath „gelernt“ zu haben. Zunächst nur ein kurzer Kommentar, den ich je nach Diskussionsverlauf möglicherweise in den nächsten Tagen ggf. noch ergänzen werde:

Wie ich schon zuvor verschiedentlich geäußert haben, war tatsächlich kaum damit zu rechnen, dass der BGH seine grundsätzliche Linie, der Tenor eines Urteils selbst müsse eine Beschwer enthalten, damit zulässig Revision eingelegt werden kann, gerade bei diesem Fall ändert. Dennoch gab es natürlich auch bei mir die leise Hoffnung, der BGH werde sich mit den sachlichen Einwänden gegen das Urteil, die auch ich noch hatte, auseinandersetzen.

Immerhin kann man den Beschluss angesichts der ausführlichen Begründung nun auch juristisch nachvollziehen, selbst wenn man ihm im Ergebnis nicht zustimmt. Es findet insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit dem auch hier im Beck-Blog diskutierten vom EGMR entschiedenen Fall Cleve ./. Deutschland statt: Dort war der EGMR von der Tenorbeschwer abgewichen. Der BGH meint nun, das Urteil im Fall Mollath sei mit Cleve ./. Deutschland nicht vergleichbar, weil im Mollath-Urteil anders als im Cleve-Fall kein direkter Widerspruch zwischen Tenor und  Begründung festzustellen sei.

Enttäuscht bin ich vom letzten Satz der Begründung des Beschlusses, der konstatiert, die Revision sei ohnehin unbegründet gewesen. Dieser Satz ist völlig verzichtbar und gibt dem Leser Steine statt Brot.

Abgesehen von der  Kritik am Urteil des LG Regensburg möchte ich aber noch einmal darauf hinweisen: Der gesamte Fall in seiner Entwicklung und Dynamik ist ein aus Sicht des Dezember 2012 riesiger persönlicher Erfolg für Herrn Mollath und ist auch in seiner langfristigen Wirkung auf die (bayerische) Justiz und den Maßregelvollzug nicht zu unterschätzen.. Das sollte man – bei aller Enttäuschung über die heutige Entscheidung des BGH – nicht vergessen.

Update (14.12.2015): Eine eingehendere sehr kritische Analyse hat nun Oliver Garcia im delegibus-Blog veröffentlicht.

Update 3.3.2016: Die Kommentarspalte ist nach mehr als tausend Beiträgen geschlossen.

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1041 Kommentare

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„...die hier vorherrschenden Parallelwertungen in der Laiensphären kaum beeindrucken dürften, wo man weiter seinen sachlich nicht beeinflussten persönlichen Meinungen freien Auslauf geben wird...“ (S. 2 Beitrag 4)

Diese etwas hochnäsig wirkende Äußerung eines wohl studierten Juristen steht doch verquer zu der Tatsache, es waren „Laien“ welche Herrn Mollath in der Forensik nicht aufgaben. Es waren die normalen Anwälte überfordert, bzw. wurden ihre juristischen Argumente einfach weggewischt. Erst durch den laienhaften Druck der Medien bequemte sich die studierte Juristenschaft, um mit großem Aufwand die Wiederaufnahmeanträge vom Tisch zu fegen, welch ein Aufwand über 140 Seiten. Warum das Oberlandesgericht Nürnberg dann so schnell zur Freilassung des Gemeingefährlichen beitrug, ohne neuem psychiatrischen Gutachten, ist für jeden Juristen, Psychiater und vor allem Laien vollkommen rätselhaft - auch nicht mit noch so vielen Doktortiteln der verschiedensten Fachbereiche nachvollziehbar. Jemand zog die Notbremse, ließ einen von der akademischen Wissenschaft gebrandmarkten Gemeingefährlichen „freien Auslauf“. Aber wir Laien, die oftmals unter den Juristen tatsächlich, faktisch zu Leiden haben, ohne je Gerechtigkeit zu erfahren, wir wissen nun durch einen studierten Juristen, der frank und frei eine Wahrheit ausspricht, die wir Laien schon lange empfinden. Es ist der ehemalige Oberstaatsanwalt, jetzt Richter Herr Meindl, der vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß dies spricht:

»„Mein Auftrag war: Führe ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten Gustl Mollaths.“ Nur: Wo nimmt man einen Wiederaufnahmegrund her? Eine undankbare Aufgabe, aber nicht unlösbar: „Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben“, sagte Meindl vor dem Ausschuss. „Sie können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen.“

SPIEGEL 27/2014

Da ist doch die studierte, juristische Verfahrensweise aus dem Sack der Paragraphen und so werden auch die Klageworte des ehemaligen Richter Herrn Fahsel nachvollziehbar, für Studierte und Laien.

Aber es gibt Licht am Himmel der Paragraphen. Ein Text den ich als Laie gestern verfasste, mir verkniff, aber nach den drei letzten Beiträgen doch hier hereinstelle:

Wie selbst unter Juristen ein gewisser Mangel des gegenwärtigen Rechtslebens empfunden wird, zeigt der Jurist Dr. Reinald Eichholz mit seinem Buch „Der Mensch im Recht – das Recht im Menschen.“ Auf der Rückseite: „Recht ist mehr als eine Ansammlung praktischer Normen für den Streitfall. Es ist Ausdruck gesellschaftlicher und geistiger Wirklichkeit. Als Rechtsgefühl und Sinn für Gerechtigkeit ist es in elementarer Weise im Menschen selbst verankert.“ Darunter: „Reinald Eichholz sucht nach neuen Zugängen zur Wirklichkeit des Rechts, das der Unmittelbarkeit unseres Erlebens zunehmend abhanden kommt und sich immer weiter von der Realität des Zwischenmenschlichen entfernt. Mit seiner Forderung nach einem „plaszierenden Rechtsdenken“ gibt er den entscheidenden Anstoß zu einer lebendigen Rechtskultur, die vor dem Hintergrund eines ziviligesellschaftlichen Aufbegehrens und der Neubesinnung auf Bürgerrechte als zentrale Aufgabe der Gegenwart erscheint.“

Herr Eichholz war ehemaliger Kinderbeauftragter der Landesregierung NRW und Mitglied in der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland.

Eine kleine Anekdote zum Schluß, auch als Dank für den Freiraum hier, für Juristen und Laien: etwa 1975 ergab sich der Zufall, während der Ausstellungseröffnung der Kunstausstellung für bunte Holzschnitte aus China, veranstaltet von der Botschaft Chinas, sah ich zufällig den Oberstaatsanwlt Herrn Hans Sachs, damals bekannt durch die Fernsehsendung mit Robert Lembke, Beruferaten. Ich selbst war ein Landei, seit einiger Zeit in der Großsstadt und wunderte mich, wie isoliert der Oberstaatsanwalt, den ich vom Fernsehen erkannte, sich erlebte. Die Menschen, das niedere Volk (wohl nicht) schaute nur ehrfurchtsvoll den Mann an, eine imposante Gestalt. Wie isoliert mußte er sich fühlen. So sprach ich ihn als Laie an und wir gerieten in ein sehr persönliches Gespräch. Fragte ihn nach seiner Weltanschauung, wie er sich das Leben nach dem Tode vorstellte und er gab freimütig Auskunft, wir unterhielten uns angeregt. Das war meine erste leibhaftige Begegnung mit einem Vertreter der Justiz. Als Laien müssen wir ja durchaus anerkennen, welch undankbare gesellschaftliche Rolle ein Staatsanwalt einnimmt und es ist menschlich verständlich, wenn Laien einen Bogen machen?! Fraglich ist halt, wenn Jemand, der vor dem Untersuchungsausschuß Obiges von sich gibt, dann Richter wird, setzt sich das juristische Denken fort und ich muß leider beichten, ja, ich habe in meiner „Laufbahn“ fast nur willkürlich handelnde Richter kennengelernt, die den „Laien“ nicht ernst nehmen. Es gibt einfach bis jetzt eine offensichtlich gewollte Kluft zwischen den studierten Juristen und den Laien, aber es gibt Ansätze für Erneuerung, wie das erwähnte Buch zeigt und auch die Plattform von Herrn Prof. Müller. Wir lernen schon voneineinder, auch Frauen wurde früher jegliche wissenschaftliche Fähigkeit grundsätzlich aberkannt, sie mußten massiv kämpfen und uns Laien steht doch auch so mancher Studierter zur Seite, dafür Danke. Hätte ein Verwaltungsrichter mir nicht einen Anwalt vermittelt, ich wäre heute noch abgespritzt in den „Katakomben“ der Psychiatrie. Wie schrieb der Landrichter in seiner Begründung „Sie haben Glück gehabt“. Nicht das Recht hilft im Einzelfall, sondern das „Glück“, mehr nicht. Das Glück war auch Herrn Mollath hold, nicht das RECHT, das hat versagt, der Buchtitel von Herrn Dr. Strate unterstreicht dies. Danke für die Aufmerksamkeit.

 

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...zeigt der Jurist Dr. Reinald Eichholz mit seinem Buch „Der Mensch im Recht – das Recht im Menschen.“

Oh, ich bin begeistert. Bei Amazon heisst es zu dem Buch: "Anthroposophie wird ihm zum Anreiz, Rechtsbegriffen neue Farbe und mehr Plastizität zu verleihen"; "...liegt erstmals ein Buch vor, das von klassischen rechtsphilosophischen und rechtsdogmatischen Fragen ausgeht und zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Rechts vordringt". Sind wir jetzt hier wirklich schon so weit, dass wir zur Diskussion des Themas "Fall Mollath - BGH verwirft Revision" vielleicht einen Sack Kartoffel malen und ein Lied dazu singen sollen?

 

3

 

@ Menschenrechtler

"Ein begründeter Verdacht reicht nach meinem Dafürhalten für die Anwendung des § 20 StGB nicht aus."

 

Nochmals: § 20 StGB ist ein Schutz für Menschen, die wegen seelischer Störungen für eine begangene Tat (hier: gefährliche Körperverletzung) nicht bestraft werden sollen (weil ohne Schuld).

Das negative Wort "Verdacht" sollten Sie durch das neutralere "Möglichkeit" ersetzen (für viele Täter ist es sogar eine "Hoffnung"!). Besteht also die Möglichkeit einer seelischen Störung (zum Tatzeitpunkt, bezogen auf die Tat), ist im Zweifel zugunsten (pro) des Angeklagten zu entscheiden, er also nicht für eine begangene Tat (gef. KV) zu bestrafen.

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@ Menschenrechtler: der oben verlinkte Beitrag von O. García ist lesenswert:

Das Bemerkenswerte ist aber, daß sowohl der Obersatz als auch die ihn ausfüllenden Differenzierungen des 1. Strafsenats nicht anders verstanden werden können als daß er sich in einem Fall, der demgegenüber dem Fall Cleve gleichgelagert wäre, gehalten gefühlt hätte, in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung die Revision für zulässig zu erklären. Das ist allemal eine Nachricht!

Das Dogma der "Tenorbeschwer" ist unhaltbar, da es keine gesetzliche Grundlage hat (in §337 StPO ist nur von "Urteil" die Rede und das umfasst den gesamten Text) und somit verfassungswidrig ist (Art. 20 (3) GG).

@ Leser: auch Ihnen empfehle ich den Beitrag von O.G.. Dort können Sie nämlich überprüfen, ob das LG Regensburg den von Ihnen zitierten Anforderungen des BGH gerecht wird. Dessen Ausführungen dazu:

b.) Aufhebung der Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat
Zudem ist aus rechtlicher Hinsicht von einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit als relevanter Auswirkung einer wahnhaften Störung bei Begehung der Tat im Sinne des § 20 StGB auszugehen.
Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, dass aus einer Diagnose im Sinne von § 20 StGB für sich allein noch nicht auf eine rechtlich erhebliche Aufhebung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 20 StGB geschlossen werden kann (Fischer, a.a.O., § 20 Rn 42a).
Da nicht ausschließbar ist, dass eine psychische Störung bei dem Angeklagten von solcher Art und solchem Ausprägungsgrad vorlag, dass die psychische Funktionsfähigkeit des Angeklagten beeinträchtigt und er als Folge der Störung bei der Begehung der Tat nicht in der Lage war, nach der Einsicht vom Unrecht der Tat zu handeln, liegt möglicherweise eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit vor.
Aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit im Sinne von § 20 StGB zum Tatzeitpunkt ist der Angeklagte somit aus rechtlichen Gründen freizusprechen.

Das war's.

Man muss kein Fachmann sein um zu erkennen, dass die Anforderung
„Die Urteilsgründe müssen sich vielmehr dazu verhalten, in welchem Ausmaß sich das Eingangsmerkmal beim Tatentschluss oder der Tatausführung ausgewirkt hat. Etwa das Gewicht der Tat und die dadurch beeinflusste Höhe der von ihr ausgehenden Hemmschwelle können dabei für die Beurteilung Bedeutung gewinnen. Sie müssen deshalb festgestellt und in den Urteilsgründen in für das Revisionsgericht nachprüfbarer Weise dargelegt werden"
nicht einmal ansatzweise erfüllt ist.

Selten war ein Urteil so offensichtlich rechtsfehlerhaft und es ist zu wünschen, dass sich Mollath beim BVerfG oder EGMR weiter um sein Recht bemüht.

Die von O. García entlarvten sophistischen Manipulationen des BGH hinterlassen ein extrem ungutes Gefühl. Der Korpsgeist von Nack und der bayrische Richter-Staatsanwälte-Filz, der sich organisationspsycholigisch gar nicht anders als in einer mafiös-korrumpierenden Komplizenschaft äußern kann, sind leider noch beherrschende Mechanismen der Rechtsprechung - auch der höchstrichterlichen.

Mein Name schrieb:
[...] @ Leser: auch Ihnen empfehle ich den Beitrag von O.G.. Dort können Sie nämlich überprüfen, ob das LG Regensburg den von Ihnen zitierten Anforderungen des BGH gerecht wird. Dessen Ausführungen dazu:

b.) Aufhebung der Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat

[...]

Das war's.[...]

Da muss ich Ihnen widersprechen.

In der rechtlichen Würdigung (S. 88 des Urteils) findet sich tatsächlich nicht mehr, als Sie zitiert haben. Das Landgericht hat allerdings bereits in der Beweiswürdigung deutlich längere Ausführungen zum Thema Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat gemacht (S. 81-84 des Urteils).

Nur auf die rechtliche Würdigung des Urteils zu verweisen greift also erkennbar zu kurz.

Ob der Fall weitergeht vor das BVerfG würde mich allerdings auch interessieren.

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Daran schließt sich die Frage an: Wie wurde der Zweifelssatz angewandt? Auf ein einzelnes Schuldelement (Schuldfähigkeit) oder auf die gesamte Überzeugungsbildung zur Schuldfrage? 

Dazu der BGH (S.8):

 und die Freisprechung in Anwendung des Zweifelssatzes auf die Schuldunfähigkeit des Angeklagten im Sinne von § 20 StGB gestützt hat. 

Der BGH geht offenbar davon aus, dass der Zweifelssatz auf ein einzelnes Element der Beweiswürdigung angewandt wurde. Dass dies zulässige sei, das habe ich bisher nicht für möglich gehalten.

Die VB wäre eine Gelegenheit, die so schnell nicht noch einmal sich bieten wird, um das Dogma von der Tenorbeschwer verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen. Aber ich stimme insoweit der Einschätzung von Oliver Garcia zu, dass sie für Herrn Mollath mit Sympathieverlust in der Öffentlichkeit verbunden sein könnte und durch das obiter dictum noch zusätzlich erschwert sein könnte. Dennoch.

Ergänzend zur Anwendung des Zweifelssatzes aus BGH Urteil vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06:

Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, z.B. hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, 

[...]

Der Zweifelssatz, der eine Entscheidungs- und keine Beweisregel ist, darf jedoch nicht auf einzelne Indiztatsachen angewendet werden, sondern kann erst bei der Gesamtbetrachtung zum Tragen kommen (vgl. BGH NStZ 2001, 609 m.w.N.).

https://openjur.de/u/77752.html

Sehr geehrter Herr Kolos,

ich habe den Eindruck, Sie verwechseln hier etwas, nämlich die Frage der Anwendung des Zweifelssatzes auf einzelne Indiztatsachen  und die Frage der Anwendung des Zweifelssatzes auf einzelne Merkmale des Tatbestands bzw. der Schuld.

Der Zweifelssatz ist auch auf einzelne Merkmale des Tatbestands oder selbständige Voraussetzungen der Strafbarkeit (wie die Schuldfähigkeit) anzuwenden. Er darf nur nicht auf einzelne Tatsachen/Indizien (zB einzelne zweifelhafte Zeugenaussagen) angewendet werden, auf die man ein solches Merkmal stützt.

Der Zweifelssatz kommt in der Situation des non liquet als Entscheidungsregel zur Anwendung, wenn die Würdigung der Beweise/Indizien für ein Merkmal insgesamt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis kommt. Da die Schuldfähigkeit nicht etwa eine Indiztatsache, sondern eine (selbständige) Voraussetzung der Schuld ist, kann selbstverständlich der Zweifelssatz auf dieses Element bezogen werden, wenn nach Würdigung aller Beweise/Indizien, die für oder gegen Schuldfähigkeit sprechen, ein non liquet gegeben ist. Dann ist im Zweifel FÜR den Angeklagten davon auszugehen, dass die Schuldfähigkeit nicht gegeben ist, also freizusprechen ist. Die Voraussetzungen des § 63 StGB dürfen jedoch nicht aufgrund des Zweifelssatzes angenommen werden, da die Unterbringung  keine Folge FÜR den Angeklagten wäre.

Es gibt allerdings im Vergleich zu anderen Strafbarkeitsvoraussetzungen (etwa einfache Tatbestandsmerkmale, Kausalität oder Vorsatz) zwei Besonderheiten der Anwendung des Zweifelssatzes auf die  Schuldfähigkeit. Erstens geht das Strafrecht grds. davon aus (in einer Art widerlegbarem Anschein), dass ein erwachsener Mensch schuldfähig ist. Zweitens können schon Zweifel an der Schuldfähigkeit einer Person, insbesondere die Annahme, die Person sei aufgrund einer geistigen/psychischen Störung schuldUNfähig, zugleich eine für den betr. Menschen belastende Feststellung sein. Deshalb ist bis zum Erreichen eines non liquet schon eine gewisse Hürde zu überschreiten, d.h. es müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass überhaupt die Schuldfähigkeit betroffen ist; bei anderen Voraussetzungen (zB Vorsatz, Kausalität)  liegt ein non liquet schon vor, wenn man zu dem betreffenden Merkmal gar nichts herausfindet.

Es ist aber nicht richtig, dass hier das LG Regensburg gar nichts festgestellt oder mitgeteilt habe. Auf den Seiten 71 - 83 des Urteils beschreibt die Kammer immerhin recht detailliert, welche Anhaltspunkte sie für eine evtl. wahnhafte Störung sieht und dass diese sich nach Auffassung des Gerichts auf die Tat ausgewirkt haben könnte. Meine Kritik daran war und ist, dass hier auch viele Tatsachen geschildert werden, die erst nach dem 12.08.2001 beobachtet wurden und deshalb für eine Tatwirksamkeit von vornherein nicht in Betracht kommen. Zudem meine ich, dass das recht vorsichtige Gutachten Nedopils bei der richterlichen Würdigung überinterpretiert wurde. Aber zu behaupten, das Gericht habe hier "gar nichts" vorgebracht, ist defintiv unrichtig. 

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Es ist aber nicht richtig, dass hier das LG Regensburg gar nichts festgestellt oder mitgeteilt habe. Auf den Seiten 71 - 83 des Urteils beschreibt die Kammer immerhin recht detailliert, welche Anhaltspunkte sie für eine evtl. wahnhafte Störung sieht und dass diese sich nach Auffassung des Gerichts auf die Tat ausgewirkt haben könnte. Meine Kritik daran war und ist, dass hier auch viele Tatsachen geschildert werden, die erst nach dem 12.08.2001 beobachtet wurden und deshalb für eine Tatwirksamkeit von vornherein nicht in Betracht kommen. Zudem meine ich, dass das recht vorsichtige Gutachten Nedopils bei der richterlichen Würdigung überinterpretiert wurde. Aber zu behaupten, das Gericht habe hier "gar nichts" vorgebracht, ist defintiv unrichtig.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

Soweit das LG Regensburg aus der Schilderung von Tatsachen den Schluss ziehen möchte, dass Anhaltspunkte für eine wahnhafte Störung vorlagen, so wäre dies unzulässig. Das Diagnostizieren einer "Wahnhaften Störung" ist eine ureigene ärztliche Aufgabe, und nur Ärzte dürfen in Deutschland psychische Erkrankungen diagnostizieren (und behandeln).

Korrekt hat das Gericht aus diesem Grund einen ärztlichen Sachverständigen herangezogen, der diese Tatsachen bewertet hat. Leider hat Herr Nedopil es versäumt, die Formulierungen seines Gutachtens dem Gericht in verständlicher und klarer Form zu vermitteln. Er hat vorsichtig formuliert, aber das Gericht hat ihn anschließend überinterpretiert (wie Prof. Müller korrekt ausführte).

Vielleicht hätte Prof. Nedopil dem Gericht noch erläutern sollen, dass die von ihm beschriebenen Persönlichkeitsstörungen in gleicher oder ähnlicher Form bei 50% der Bevölkerung (und auch bei den Richtern) zu finden sind. Die Schlussfolgerung des Gerichts, dass aufgrund der festgestellten Persönlichkeitsstörungen eine Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen sei, war jedenfalls grob fehlerhaft und hätte mit der Revision entschieden angegriffen werden müssen. Nur wie ...

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Sehr geehrter Gast,

Sie schreiben:

Soweit das LG Regensburg aus der Schilderung von Tatsachen den Schluss ziehen möchte, dass Anhaltspunkte für eine wahnhafte Störung vorlagen, so wäre dies unzulässig. Das Diagnostizieren einer "Wahnhaften Störung" ist eine ureigene ärztliche Aufgabe, und nur Ärzte dürfen in Deutschland psychische Erkrankungen diagnostizieren (und behandeln).

Das Gericht muss für seine Schlussfolgerung keine psychischen Erkrankungen diagnostizieren und tut dies auch nicht. Eine solche Diagnose wäre selbst einem Arzt mit 13 Jahren Verspätung kaum möglich. Es genügen (im vorl.) Fall aber bloße tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine wahnhafte Störung vorgelegen hat. Und um dies festzustellen kann es genügen, Indizien unter fachlicher Beratung eines Sachverständigen  zu würdigen. Es ist ja auch gerade KEINE solche Diagnose erfolgt, sondern nur die Feststellung, es gebe Anhaltspunkte, die an der Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat zweifeln lassen, so dass in dubio pro reo in Anwendung kommen kann. Formal ist das Vorgehen in Ordnung.

Die Schlussfolgerung des Gerichts, dass aufgrund der festgestellten Persönlichkeitsstörungen eine Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen sei, war jedenfalls grob fehlerhaft und hätte mit der Revision entschieden angegriffen werden müssen. Nur wie ...

Inhaltlich habe ich meine diesbezüglichen Zweifel ja schon geäußert. ich bin auch sicher, dass die Revision inhaltlich diesen Vorwurf auch erhoben hat. Nun ist aber die Revision schon an der Zulässigkeitshürde gescheitert.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller 

 

Sehr geehrter Herr Professor Müller,

Sie haben natürlich recht - wie fast immer. Es fällt mir in der Tat schwer, einigen Entscheidungen sicher zu entnehmen, worauf tatsächlich der Zweifelssatz angewendet wurde, vor allem im Zusammenhang mit Schuldfähigkeit. Das LG Regensburg schreibt ja auch selber (S. 88 UA):

Angesichts der verbleibenden, nicht behebbaren Zweifel ist nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu entscheiden, der im Falle des § 20 StGB zwar nicht für die rechtliche Einordnung einer Störung und die rechtliche Wertung hinsichtlich der Schuldfähigkeit Anwendung findet, wohl aber für die Feststellung von Art und Grad der psychischen Störung (BGH NJW 2000, 24 f.).

Also keine Anwendung des Zweifelssatzes für "die rechtliche Wertung hinsichtlich der Schuldfähigkeit". Es geht nur um die "Feststellung von Art und Grad". 

Besten Gruß
Waldemar Robert Kolos

@ #5 Ernst Seler

Vielen Dank für die Anregungen!

Es gibt auch nach meiner Erfahrung tatsächlich eine Kluft zwischen Juristen und Laien. Diese besteht nicht in der grundsätzlichen Bewertung von Recht und Unrecht, sondern im Umgang damit. Denn was Recht und was Unrecht ist bestimmen nicht Juristen, sondern aufgrund allgemeiner gesellschaftlicher Übereinkünfte der Gesetzgeber als parlamentarischer und administrativer Vertreter des Volkes. Dass da auch Einiges im Argen liegt, ist primär kein juristisches, sondern ein politisches und gesellschaftliches Thema und lasse ich hier mal unbeachtet.

Die Kluft zwischen Juristen und Laien im Umgang mit Recht und Unrecht hat mindestens 3 Ebenen.

1. Laien bewerten Recht und Unrecht vorwiegend moralisch und nicht juristisch. Sie erwarten, dass Juristen das durch ihre Profession ausgleichen und juristisch möglichst zum gleichen Ergebnis in der Sache kommen. Laien haben kein Interesse an der Verurteilung von Unschuldigen oder der Aufrechterhaltung von Fehlern allein wegen juristischer Formalien. Die Akzeptanz der Justiz hängt an der Überzeugung ihrer tatsächlichen Fähigkeit hierzu das Richtige zu tun, also professioneller als der Laie den Einzelfall zuordnen zu können und mit Fehlern umzugehen. 

2. Für Juristen hängt die Akzeptanz ihrer Profession eher an der öffentlichkeitswirksamen Darstellung von Komplexität und eigener Logik. Für den Laien stellt sich das als die bekannte Metapher "Auf hoher See und vor Gericht ..." dar. Juristen mögen dafür lateinische Verse verwenden, die im Wesentlichen das Gleiche ausdrücken. Die Fragestellung, ob die juristische Komplexität und eigene Logik tatsächlich den Anspruch der Laienschaft an eine gerechte Justiz erfüllt, wird von Juristen überwiegend als anmaßend empfunden. Das wäre so, als fragte man den Automechaniker, ob der Reparaturversuch wirklich zum intakten Auto führen wird oder den Arzt, ob die verordnete Therapie wirklich der Gesundung dient. Wer als Jurist würde seinen Mechaniker oder Arzt solche Fragen stellen? Wie ist es, wenn das Auto nach der Reparatur noch schlechter läuft als zuvor oder die Therapie nicht mehr Effekte erzeugt als Übelkeit? Zumindest müsste man absolute Zurückhaltung von Juristen vermuten, wenn man die sehr ausgeprägte Abwehrhaltung der Justiz gegen jede Art von äußerer Fehlerkontrolle zum Maßstab nimmt.   

3. Für den unvoreingenommenen Laien erscheint diese eigentlich realitätsferne Haltung von Juristen zu rationalen Fragen als wesentlicher Kern der spezifischen "Wissenschaftlichkeit" des Juristischen. Man wird es so oder so nicht verstehen, kennt eigene Vor- und Fehlurteile und kann nur Hoffen und Glauben, dass die Juristen das Alles besser wissen und mit ihren eingenwilligen Regeln auch besser bewältigen können. Für die Juristen ist die Aufrechterhaltung dieser Undurchdringlichkeit der Rechtsprechung scheinbar der bevorzugte Garant für die Akzeptanz als Profession. Dieser Mythos wird allenfalls mit einigen allgemeinen Erklärungen zu Rechtsgarantien und deren behaupteter Erfüllung angereichert, um den Glaubwürdigkeitsanspruch auch auf der moralischen Ebene abzusichern.

Konkret auf das Urteil des LG bezogen:

Das LG hat in  nicht begründbarer Weise falsch Beweis erhoben und im Urteil gegen den Angeklagten belastend als Beweis gewürdigt. Denn für das erst während des Wiederaufnahmeverfahrens aufgetauchte Attest zum 12.8. lag dem Gericht keine zeitnahe Backup-Datendatei aus dem Praxissystems als Beweismittel vor. Stattdessen wurde vom Gericht bewusst und fehlerhaft eine jederzeit manipulierbare Word-Datei des aktuellen Praxisrechners als eine solche Backup-Datendatei ausgegeben und damit als Beweis für das Attest, die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Arztes und ein entsprechendes Tatgeschehen am 12.08.  gewürdigt. Dem Gericht hätte aber zwingend auffallen müssen, dass dieser Ausdruck einer Word-Datei nicht die Datengrundlage des Eintrags im Praxissystem sein konnte, da nicht alle Einträge des Praxissystems in der Word-Datei enthalten waren. Abgesehen davon, wurde der Ausdruck dieses angeblichen "Beweises" von der aktuellen Festplatte des Praxisservers gefertigt und eben nicht von der vorhandenen Backup-CD, wie es das Gericht im Urteil falsch behauptet. Das Gericht musste also auch ohne jede technische Grundlagenkenntnis wissen, dass es sich nicht um den behaupteten Beweis handelt und dieser möglicherweise noch unausgewertet als Datendatei auf der Backup-CD vorliegt. Es kann hier offen bleiben, warum es zu dieser unbegründeten Beweisfälschung und Missachtung des tatsächlichen Beweismaterials kam.

Man mag als Jurist einwenden, dass solche "Fehler" nun einmal vorkommen, so wie auch ein Auto mitunter nach der Reparatur noch Mängel hat oder der Therapieplan eines Arztes nicht aufgeht. Das Besondere am "Juristischen" ist nun eben, dass anstelle einer profanen Korrektur des Fehlers eine unglaublich aufwändige Prozedur des Vertuschens, des pauschalen Rechtfertigens und der formalistischen Absicherung des Untauglichen stattfindet. Statt Aufklärung und Berücksichtigung solcher Manipulationen erfolgt auch hier im Blog eine abgehobene Diskussion im juristischen Elfenbeinturm, mit der solche profanen Tatsachen aus dem Bewusstsein verdrängt werden.        

 

4

  @ #17

Der kleine Schönheitsfehler an der Argumentation ist, dass Herr Mollath freigesprochen wurde. Es kann also offen bleiben, ob der von Ihnen behauptete Fehler besteht. Jedenfalls muss man sich zuerst einmal darüber unterhalten, ob jemand bzw. speziell in diesem Fall ein Anspruch auf Freispruch aus einem bestimmten Grund besteht.

Das hat mit Elfenbeinturm nichts zu tun, sondern vielmehr ist es offensichtlich parteiische Argumentation und Ablenkungsstrategie, wenn man sich der eigentlichen Diskussion nicht stellt und stattdessen versucht mit allgemeiner Gerechtigkeit zu argumentieren.

4

Gast schrieb:
Jedenfalls muss man sich zuerst einmal darüber unterhalten, ob jemand bzw. speziell in diesem Fall ein Anspruch auf Freispruch aus einem bestimmten Grund besteht.
Falsch.

Mollath hat das Recht, das Urteil insgesamt überprüfen zu lassen (Art. 13 EMRK). Dazu gehört u.a. auch die Überprüfung darauf, ob Art. 6 (3) d EMRK erfüllt wurde und ebenso, ob generell keine Rechtsfehler vorliegen. Es gibt keinerlei Rechtsgrundlage, eine Revision als "nicht zulässig" zu verwerfen - die EMRK hat in D den Rang eines gültigen Bundesgesetzes! Das Dogma der "Tenorbeschwer" ist gesetzeswidrig und damit verfassungswidrig.

@MT (#10)

 

Vielen Dank für Ihren Hinweis auf die durchaus vorhandene Begründung des LG Regensburg zum möglichen Kausalzusammenhang zwischen Wahn und Tat. In diesem Punkt war die Darstellung in meinem Beitrag falsch. Ich habe diesen Teil des Beitrags überarbeitet.

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@ Foto biene

 

Ich muss mich korrigieren. Hatte aus den Augen verloren, dass es auch in Ihrem Beispielskonstrukt um einen Freigesprochenen geht. Eine Wiederaufnahme zugunsten eines Freigesprochenen ist aber ausgeschlossen, wie sich ja bereits aus dem von Ihnen zitierten Gesetzestext ergibt.

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@ Foto biene

 

Meines Erachtens ändert sich durch das Geständnis eines Dritten nichts an der Unzulässigkeit der Revision des Freigesprochenen. Sie würde also verworfen werden, womit der Freispruch rechtskräftig wäre. Dann kann gegen den geständigen Täter Anklage erhoben werden.

3

@Peter Jacobsen

 

Haben Sie einen Beleg für das von Ihnen genannte "Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit"? Nicht einmal im Zivilprozeßrecht würde bei der geschilderten Konstellation eine solches Prozeßhindernis bestehen (mangels Identität der Parteien).

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@OG

 

Nein, das war nur eine kühne Behauptung. Ich hatte den fiktiven Fall vor Augen, dass zwei verschiedene Verdächtige vor verschiedenen Gerichten wegen derselben prozessualen Tat angeklagt sind, obwohl diese Tat nur von einer Person begangen worden sein kann. Da kam mir in den Sinn, dass dies ein Fall der anderweitigen Rechtshängigkeit sein müsste. Kann aber auch falsch sein. Sie wissen es wahrscheinlich besser. 

5

@ Fotobiene

In dem von Ihnen konstruierten und abstrakten Fall, dürfte der Anklage des wahren Täters nichts im Wege stehen. Auf Strafklageverbrauch kann er sich natürlich nicht berufen. Ändert aber nichts an dem zuvor ergangenen Freispruch aus rechtlichen Gründen und an den Feststellungen, dass ein anderer die Tat begangen habe. 

Wenn Sie erlauben, wandle ich Ihren Beispielfall - der Nähe zum Fall Mollath wegen - ein wenig ab. Stellen Sie sich hypothetisch vor, die Nebenklägerin wäre an die Presse gegangen und hätte einen völlig anderen Film von den damaligen Ereignissen erzählt als sie das noch 2006 getan hatte (Falschaussage dürfte inzwischen verjährt sein). Angenommen Mollath hätte danach kein Unrecht getan. 

An der Entscheidung des LG Regensburg hätte das dennoch nichts ändern können. Aus der Rechtsprechung des BGH zu Tenorbeschwer folgt der Satz: Freispruch ist Freispruch. Eine rechtliche Besserstellung des Freigesprochenen kann demnach nicht mehr erreicht werden, weder mit der Revision, noch mit einem WA-Antrag. 

Das wäre aber anders, hätte der BGH anerkannt, dass es zwischen dem Freispruch aus tatsächlichen Gründen und dem aus rechtlichen Gründen einen Unterschied gibt und darin ein rechtlich beachtlicher Nachteil für den Freigesprochenen läge. Das mit dem Anspruch, aus bestimmten Gründen freigesprochen zu werden, läge konsequenterweise dann auch anders.

Diesen Nachteil zu leugnen, das ist eben etwas, womit ich nicht einverstanden sein kann.

Und um bei dem obigen Bild zu bleiben, ist es auch nicht so, dass sich etwas an dem Nachschlüssel geändert hätte, wenn der BGH die Nadel gefunden hätte. Er hätte sie liegen lassen müssen und hätte sie dem Berechtigten nicht zurückgeben dürfen. Denn das darf er nur mit dem richtigen, den offiziellen Schlüssel. Und den bekommt er nur dann, wenn er anerkennt, dass durch den Verlust der Nadel dem Berechtigten ein Nachteil entstanden sein könnte. 

@Foto biene

Zu dem von Ihnen gebildeten Fall:

Nehmen wir mal an, während eines Revisionsverfahrens findet sich z.B. ein geständiger Täter für die zugrundeliegende Straftat ("Unterlage"): Ist das dem BGH dann wurscht, ändert ja formaljuristisch nichts an der fehlenden Beschwer des wg. §20 StGB freigesprochenen Angeklagten: Die vom LG festgestellte Straftatbegehung ist halt nur Unterlage und unserer Prüfung nicht zugänglich, nette Revisionsbegründung, aber leider, leider ist die Revision wegen fehlender Beschwer ja bereits schon nicht zulässig, so sorry...?

Hier würde sich tatsächlich aus der Sicht des BGH nichts ändern. Und wenn man diese Sicht akzeptiert (wie die berühmte "herrschende Meinung"), ist das auch in Ordnung. Der BGH bräuchte kein schlechtes Gewissen zu haben, denn er sagt ja gerade: Freispruch ist Freispruch. Worauf dieser beruht, interessiert nicht. Damit ist das Urteil sogar dann "materiell richtig", wenn die Täterschaft eines Dritten und die Unschuld des Angeklagten feststeht. Dieser muß nach Gesetz und Gerechtigkeit freigesprochen werden und wurde es ja auch. Ich glaube, Sie verstehen (in Ihrer Erwiderung auf Waldemar Robert Kolos) die Ausführungen des BGH falsch, in denen der BGH sich fragt, ob vielleicht doch ausnahmsweise eine Beschwer zu bejahen ist. Ich verstehe diese als eine solche Prüfung, wie ich sie in einem früheren Blogbeitrag (http://blog.delegibus.com/4000) als "kleine Lösung" vorgeschlagen hatte. Der BGH schaute, ob in der Begründung der Strafkammer selbst eine besondere Belastung für den Angeklagten enthalten war. In der Art der Begründung, nicht in dem Ergebnis des Verfahrens. Nach diesem Maßstab würde auch der "unstrittig" Unschuldige aus Ihrem Beispielsfall nicht in den Genuß eines solchen "Ausnahmsweise" kommen.

Wenn ich mich gegen die Tenorbeschwer-Rechtsprechung ausspreche, dann gerade nicht wegen eines Widerspruchs mit der materiellen Gerechtigkeit (ob Mollath geschlagen und gewürgt hat und ob er in einem Wahn war, weiß ich nicht und halte es auch nicht für entscheidungserheblich), sondern weil ich der Meinung bin (im Grundsatz mit dem BVerfG), daß Feststellungen außerhalb des Tenors einen Grundrechtseingriff darstellen können und in Fällen wie dem vorliegenden auch einer sind. Ob der Grundrechtseingriff zulässig ist, entscheidet sich mit der Prüfung, ob die Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen worden sind oder nicht.

Ihr Fall ist eine Zuspitzung, die aber - sowohl aus der Sicht des BGH als auch der Gegenauffassung - kein zusätzliches Argument bietet. Einen Vorzug hat diese Zuspitzung allerdings: Sie macht eine Schwachstelle des BGH-Beschlusses besonders evident: Gegen die Registereintragung des offensichtlich Unschuldigen gibt es keinen Rechtsschutz. Die Position des BGH in diesem Punkt: Achselzucken.

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@OGarcia

 

 Gegen die Registereintragung des offensichtlich Unschuldigen gibt es keinen Rechtsschutz. Die Position des BGH in diesem Punkt: Achselzucken.

 

Können Sie diese "Registereintragung" etwas näher erläutern?

Eventuell ein Strafregister? Denn dann fände ich das Thema Tenorbeschwer noch ungerechter als ich es bisher empfunden habe.

 

Im Grundsatz konnte ich die Tenorbeschwer bisher für "Nonames" wie du und ich akzeptieren und sehe den vermutlich dahinter stehenden Sinn ein.

Aber eben nur weil ich bisher dachte, dass ein freigesprochener "Noname" auch makellos in allen Belangen ist und somit keinerlei Nachteile im weiteren Leben, wie zum Beispiel bei der Jobsuche, hat.

Nach meinem gefühlten Rechtsempfinden war die Ungerechtigkeit der Tenorbeschwer nur die, dass man eine Beschwer für in der Öffentlichkeit stehender Personen geleugnet hat, weil man sonst halt die Büchse für alle öffnen müsste, da man keine saubere Trennung zwischen diesen Personen und den "Nonames" machen könnte.

Ich konnte also bisher das Dilemma nachvollziehen und akzeptieren.

 

Wenn jetzt aber ein Registereintrag existiert, dann sind die möglichen Nachteile für beide Gruppen so offensichtlich und die Beschwer zu leugnen wäre ein Unding.

 

 

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@ Gast #18
"Der kleine Schönheitsfehler an der Argumentation ist, dass Herr Mollath freigesprochen wurde."

Dies ist kein Fehler meiner Argumentation. Vielmehr zielt meine Kritik in #17 gerade nicht darauf, dass der BGH seine eigene Auffassung zur erforderlichen Tenorbeschwer aus seiner Sicht fehlerhaft angewandt hätte. Die Begründung des Beschlusses vom 14.10.2015 unter II.1. halte ich für ausführlich.

Ich kritisiere vielmehr die aus dieser Auffassung ablesbare Gesinnung zur Nichtverantwortung der Richter für ein faires Verfahren und einer Rechtstaatlichkeit, die frei von richterlichen Eigeninteressen ist. Was hat das mit einer Ablenkungsstrategie zu tun? Ich verstehe meine Kritik also durchaus als parteiische Argumentation für den Vorrang von Rechtstaatlichkeit vor igendwelchen Eigeninteressen. Einen Anspruch auf "allgemeine Gerechtigkeit" trifft es aber aus meiner Sicht nicht wirklich. Denn eine allgemeine Gerechtigkeit ist durch die Justiz häufig nicht herstellbar. Selbst wenn das Dogma der erforderlichen Tenorbeschwer fallen würde. Unterhalb dessen aber wären die Pflicht zum fairen Verfahren und unbedingte Rechtstaatlichkeit Ausdruck eines gerechten, unparteiischen Vorgehens der Justiz, um eine bestehende Ungerechtigkeit in der Sache nicht noch zu verschlimmern. 

Der konkreten Begründung des BGH für die erforderliche Tenorbeschwer kann man Eigeninteressen der Richterschaft unmittelbar entnehmen. Dazu nur einige kurze Anmerkungen zur Begründung im Beschluss vom 14.10.2015.

a) Die Erforderlichkeit der Tenorbeschwer ist ein "richterrechtlich entwickeltes Rechtsmittelerfordernis", stellt der BGH fest. Diese Rechtsregel wurde also durch Richter bestimmt und ist nicht gesetzlich oder verfassungsrechtlich vorgegeben. 

b) Der BGH versteht den "Gedanke vom staatlichen Strafanspruch" der Justiz möglicherweise gegenüber der Allgemeinheit und nicht auf tatsächliche Straftaten beschränkt. Jedenfalls sehe ich im Beschluss keine solche Beschränkung benannt. 

c) Die "Aufgabe eines Strafverfahrens liege nach Auffassung des BGH in der "justizförmigen Prüfung", die aus Interessen der staatlichen Rechtspflege und aus prozesswirtschaftlichen Gründen eine "uferlose Ausweitung der Beweisaufnahme" vermeiden muss. Was justizförmig und prozesswirtschaftlich (angemessen) ist, ergibt sich so bereits aus der pauschalen Annahme, dass alles Andere "uferlos" wäre. Zu einer solchen Begründung würde mich eine Analyse durch einen Aussageexperten sehr interessieren. 

d) Die Gründe der Entscheidung bilden dem BGH nach "nur" die „Unterlage des Urteils“. Das vermittelt mir, dass die Tatsachen, die Fairness des Verfahrens und die Korrektheit der Beweiserhebung und - würdigung für nachrangig bis unerheblich gehalten wird, solange das Ergebnis irgendwie noch "stimmen" könnte.

Nun hätte es der BGH bei der Darstellung der Auffassung zur Unzulässigkeit und der Erklärung zum "nur" der Tatsachengrundlage belassen können. Aber es wird im Beschluss auch die rechtfehlerfreie Tatfeststellung durch das LG behauptet.

Warum und für wen erfolgte das? Für das BVerfG, den EGMR und/oder die Allgemeinheit? Nach dem Motto: falls das interessengeleitete "Richterrecht" den Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit doch nicht genügen sollte, beschwören wir schon mal, das auch tatsächlich keine Fehler festgestellt werden konnten? 

Ich gehe davon aus, dass bei objektiver Prüfung erhebliche Verfahrensfehler und ein unfaires Verfahren ersichtlich waren. Hierzu hatte ich in #17 als nur ein Beispiel die falsche Beweisdarstellung und - würdigung zum Attest angeführt. Es wurden hier im Blog nach meiner Erinnerung noch deutlich mehr Mängel des Verfahrens diskutiert. Die im Sinne der BGH-Auffassung zur fehlenden Beschwer eigentlich ja überflüssige Behauptung zur Rechtsfehlerfreiheit des Verfahrens am LG bekommt für mich somit den Geschmack einer anmaßenden Erhabenheit der Richterschaft über die Tatsachen oder ist als Vorsorgehandlung und Anzeichen einer rechtlichen Unsicherheit zu sehen. Dass man angesichts der Verfahrensagenda unter I.1. noch Nachtreten wollte, schließe ich mal kategorisch aus. Das wäre doch wohl zu krass.

@#19 Foto biene
"Weil mich der Beitrag von Lutz Lippke so ärgert, möchte ich als interessierter Laie, der die juristische Sichtweise lernen möchte, doch noch folgende Frage zum Verständnis der BGH-Entscheidung an die Juristen hier stellen:"

Was ärgert Sie? Dass ich nicht lernwillig der Auffassung des BGH huldige oder hatte ich in #17 etwa falsche Tatsachen dargestellt? Im 2. Fall bitte ich Sie Ihren Ärger zu konkretisieren, denn ich halte mich nicht für unfehlbar. Ich will und kann mich bei Fehlern korrigieren, da ich als gewöhnlicher, fehlbarer Beobachter an der "justizförmigen Prozesswirtschaft" nicht beteiligt bin. Das scheint mir angesichts der scheinbaren Zwangslage Anderer ein besonderes Privileg zu sein, das ich nicht missen möchte.

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# Lutz Lippke, Danke für Ihren vorangegangenen Kommentar, in dem Sie die Genese Ihrer Erkenntnis und ein vorläufiges Fazit ziehen. Darin beziehen Sie sich auf Ihren Kommentar # 40 vom 24.12.2015 auf Seite 2. Um diesen wichtigen Zusammenhang wieder herzustellen und in Erinnerung zu rufen, nachstehend Ihre Argumentation vom 24.12.2015. Ich hoffe gleichwohl, dass die Problematik des $ 20 StGB mit der einhergehenden Psychiatrisierung nicht in Vergessenheit gerät.

Lutz Lippke schrieb:

@ Gast #18
"Der kleine Schönheitsfehler an der Argumentation ist, dass Herr Mollath freigesprochen wurde."

Dies ist kein Fehler meiner Argumentation. Vielmehr zielt meine Kritik in #17 gerade nicht darauf, dass der BGH seine eigene Auffassung zur erforderlichen Tenorbeschwer aus seiner Sicht fehlerhaft angewandt hätte. Die Begründung des Beschlusses vom 14.10.2015 unter II.1. halte ich für ausführlich.

Ich kritisiere vielmehr die aus dieser Auffassung ablesbare Gesinnung zur Nichtverantwortung der Richter für ein faires Verfahren und einer Rechtstaatlichkeit, die frei von richterlichen Eigeninteressen ist. Was hat das mit einer Ablenkungsstrategie zu tun? Ich verstehe meine Kritik also durchaus als parteiische Argumentation für den Vorrang von Rechtstaatlichkeit vor igendwelchen Eigeninteressen. Einen Anspruch auf "allgemeine Gerechtigkeit" trifft es aber aus meiner Sicht nicht wirklich. Denn eine allgemeine Gerechtigkeit ist durch die Justiz häufig nicht herstellbar. Selbst wenn das Dogma der erforderlichen Tenorbeschwer fallen würde. Unterhalb dessen aber wären die Pflicht zum fairen Verfahren und unbedingte Rechtstaatlichkeit Ausdruck eines gerechten, unparteiischen Vorgehens der Justiz, um eine bestehende Ungerechtigkeit in der Sache nicht noch zu verschlimmern. 

Der konkreten Begründung des BGH für die erforderliche Tenorbeschwer kann man Eigeninteressen der Richterschaft unmittelbar entnehmen. Dazu nur einige kurze Anmerkungen zur Begründung im Beschluss vom 14.10.2015.

a) Die Erforderlichkeit der Tenorbeschwer ist ein "richterrechtlich entwickeltes Rechtsmittelerfordernis", stellt der BGH fest. Diese Rechtsregel wurde also durch Richter bestimmt und ist nicht gesetzlich oder verfassungsrechtlich vorgegeben. 

b) Der BGH versteht den "Gedanke vom staatlichen Strafanspruch" der Justiz möglicherweise gegenüber der Allgemeinheit und nicht auf tatsächliche Straftaten beschränkt. Jedenfalls sehe ich im Beschluss keine solche Beschränkung benannt. 

c) Die "Aufgabe eines Strafverfahrens liege nach Auffassung des BGH in der "justizförmigen Prüfung", die aus Interessen der staatlichen Rechtspflege und aus prozesswirtschaftlichen Gründen eine "uferlose Ausweitung der Beweisaufnahme" vermeiden muss. Was justizförmig und prozesswirtschaftlich (angemessen) ist, ergibt sich so bereits aus der pauschalen Annahme, dass alles Andere "uferlos" wäre. Zu einer solchen Begründung würde mich eine Analyse durch einen Aussageexperten sehr interessieren. 

d) Die Gründe der Entscheidung bilden dem BGH nach "nur" die „Unterlage des Urteils“. Das vermittelt mir, dass die Tatsachen, die Fairness des Verfahrens und die Korrektheit der Beweiserhebung und - würdigung für nachrangig bis unerheblich gehalten wird, solange das Ergebnis irgendwie noch "stimmen" könnte.

Nun hätte es der BGH bei der Darstellung der Auffassung zur Unzulässigkeit und der Erklärung zum "nur" der Tatsachengrundlage belassen können. Aber es wird im Beschluss auch die rechtfehlerfreie Tatfeststellung durch das LG behauptet.

Warum und für wen erfolgte das? Für das BVerfG, den EGMR und/oder die Allgemeinheit? Nach dem Motto: falls das interessengeleitete "Richterrecht" den Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit doch nicht genügen sollte, beschwören wir schon mal, das auch tatsächlich keine Fehler festgestellt werden konnten? 

Ich gehe davon aus, dass bei objektiver Prüfung erhebliche Verfahrensfehler und ein unfaires Verfahren ersichtlich waren. Hierzu hatte ich in #17 als nur ein Beispiel die falsche Beweisdarstellung und - würdigung zum Attest angeführt. Es wurden hier im Blog nach meiner Erinnerung noch deutlich mehr Mängel des Verfahrens diskutiert. Die im Sinne der BGH-Auffassung zur fehlenden Beschwer eigentlich ja überflüssige Behauptung zur Rechtsfehlerfreiheit des Verfahrens am LG bekommt für mich somit den Geschmack einer anmaßenden Erhabenheit der Richterschaft über die Tatsachen oder ist als Vorsorgehandlung und Anzeichen einer rechtlichen Unsicherheit zu sehen. Dass man angesichts der Verfahrensagenda unter I.1. noch Nachtreten wollte, schließe ich mal kategorisch aus. Das wäre doch wohl zu krass.

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Mich würde mal interessieren, wie die Tenorbeschwer-Gegener mit dem stinknormalen "Nicht-Mollath" umgehen. Würde ohne Tenorbeschwer nicht jeder Taschendiebverdächtige beanspruchen können, statt mangels Vorsatz mangels Tatbestandserfüllung freigesprochen zu werden?

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@MT

Verstehe Ihre Frage nicht ganz. Denn ohne Vorsatz wäre auch der Tatbestand nicht erfüllt.

@ Waldemar Robert Kolos

Stimmt. Dann "statt mangels Vorsatz mangels objektiver Tatbestandserfüllung freigesprochen zu werden".

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@MT
"Diebstahl" ohne Vorsatz. Was bleibt denn dann vom tatbestandlichen Unrecht noch übrig?  Gar nichts, oder? Ich kann den Nachteil nicht erkennen, der geltend gemacht werden könnte. Die Begehung bloß des objektiven Tatbestandes ist doch nichts Schlimmes.

@ Waldemar Robert Kolos

Nun man könnte z.B. argumentieren die gerichtliche Feststellung man habe eine fremde bewegliche Sache weggenommen, das nur nicht vorsätzlich, sei ein Nachteil gegenüber der - angenommen zutreffenden - Feststellung, man habe keine fremde, weil im eigenen Eigentum stehende Sache weggenommen.

Die eigentliche Frage ist ja, wie der beschriebene Fall ohne Tenorbeschwer in der Revision zu behandeln wäre. Als unzulässig ablehnen könnte man ja nicht unter der Annahme, die Tenorbeschwer sei gesetzeswidrig und daher verfassungswidrig. Freispruch ist danach schließlich nicht gleich Freispruch. Einen Nachteil müsste man gar nicht darlegen. Bleibt noch die Ablehnung wegen offensichtlicher Unbegründetheit, die bei dem gebildeten Fall auch nicht vorliegt.

Das Revisionsgericht könnte also höchstens wegen offensichtlicher Begründetheit das Urteil aufheben (§ 349 Abs. 4 StPO), dann würde der Prozess in Vorinstanz nochmal aufgerollt.

Übersehe ich da was?

 

@ Fotobiene

Mein Beitrag ist nicht durch Ihren zustande gekommen. Ich versuche einfach, die Extremposition durchzuspielen, die eine Tenorbeschwer insgesamt ablehnt.

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Ergänzung zu #49:

Macht das Gericht von § 349 Abs. 1, 2 oder (hier insbesondere) 4 StPO keinen Gebrauch, kommt es zur Hauptverhandlung in der Revision (§ 349 Abs. 5 StPO)

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zu # 40 (Lutz Lippke)

Danke für die Ausführungen, es finden sich darin wesentliche Gedanken, warum der BGH so ausführlich argumentiert hat.

Es gibt ein grundlegendes Problem für "Wissenschaft" und auch für die Justiz: das Internet.

Nur dadurch war es für die Wissenschaft selbst möglich, menschliche Unzulänglichkeiten festzustellen, dem abzuhelfen. Als ich gestern einen Artikel von Harald Raab von der Mittelbayerischen Zeitung fand, in welchem steht, auch der Bruder von der Tochter vom ehem. Ministerpräsident Stoiber habe seinen Doktortitel verloren... ....welch ein Abgrund für Gesellschaft und Wissenschaft!!!

Und nun muß ich dies finden:

"a) Die Erforderlichkeit der Tenorbeschwer ist ein "richterrechtlich entwickeltes Rechtsmittelerfordernis", stellt der BGH fest. Diese Rechtsregel wurde also durch Richter bestimmt und ist nicht gesetzlich oder verfassungsrechtlich vorgegeben."

Hatte das bisher überlesen "richterrechtlich", ein Wort durch den BGH.
Da müsste jeder angehende Jurist sofort sein Studium niederlegen, wenn er es ehrlich mit seinem Studium meint, weil jegliche Illussion von nachvollziehbarer Gerechtigkeit schwinden muß. Das Wort "richterrechtlich" führt den Zeitgenossen zu einem Schlüssel, um den Zorn, Groll, die Abscheu von dem ehemaligen Richter Herrn Fahsel zu verstehen. Es lässt das Wort "richterrechtlich" auch erahnen, warum Anwalt Gerhard Strate aus ideellen Gründen sich des Falles Mollath annahm, weil er solch objektive Fehler im Verfahren entdeckte, unabhängig von Schuld oder Unschuld, daß es einem echten Juristen in den Fingern jucken muß, den letzten Rest von Anstand des Richterwesens zu retten. "Richterrechtlich" lässt ein Problem entstehen, das tatsächlich die Kluft zwischen Laien und Juristen verstehbar macht: die Richter haben ihr eigenes Recht geschaffen, gegen das anzugehen, nicht möglich ist. Unsere Familie mußte über drei Jahre jeden Tag damit leben, unser Heim wird wieder mit einer Spezialeinheit überfallen, ich mußte damit leben, zwei Richter wurden nacheinander im Geheimen tätig, ließen im Geheimen zwei Ferngutachten erstellen (Ermittlungsverfahren von Jan. 1994 bis April 1997). Als ich 1995 eine Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung (1989) stellte, weil die Straftat erst nach 10 Jahren verjährt, da schmetterte die Regensburger Staatsanwalt diese ab, ebenso der Bayerische Generalstaatsanwalt. Obwohl kein Gutachten an der Person vorlag, wurde ich Zwangseingewiesen. Später hat das Landgericht bei der Aufhebung behauptet, es sei bei der "Aufnahme" ins Bezirkskrankenhaus "Gemeingefährlichkeit" ärztlicherseits festgestellt worden. Ich wude nicht untersucht. Die Justiz in Bayern ist durch und durch verdorben? bis hinein in das Justizministerium, wie Frau Beate Merk eindringlich im Fernsehen demonstrierte mit ihrem Auftreten gegen Herrn Mollath???!

Wir müssen es aushalten, in den Abgrund der Justizverbrechen zu schauen. Wir können uns aber auch belügen. Es kann und darf kein "Richterrecht" geben, das verstößt gegen die Verfassung. Richter sind keine Menschenkaste über den Laien, mit Sonderrechten. Richter müssen endlich für ihre Straftaten ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden. Richter Herrn Fahsel sei Dank für sein Bekenntnis.
Nachtrag:
Erst durch das Schreiben hier, fällt mir auf, durch die angebliche Feststellung des Landgerichtes Regensburg, bei der Aufnahme ins Bezirkskrankenhaus Regensburg sei Gemeingefährlichkeit festgestellt worden, sollte der Rechtsfehler des Amtsgerichtes Schwandorf behoben werden, welches sich nur auf eine schriftliche Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Regensburg bei der Einweisung stützte.  Diese juristische Erkenntnis wurde durch die gemeinsame Arbeit hier möglich (zu beachten ist, ich wurde in das Bezirkskenhaus eingeliefert, welches die Zwangseinweisung empfahl und bereits dringend eine Zwangsmedikamentierung dem Gericht aufzeigte, ohne daß mich je ein Arzt des Bezirkskrankenhauses gesehen hatte. Die Dinge sind alle durch Dokumente belegt. Jetzt verstehe ich, "Richterrecht" steht über dem Grundgesetz! Interessant, das Verwaltungsgericht stellte 1991 die Frage, ob die Menschenrechte innerstaatlich wirksam seien, unser Anwalt berief sich auf das EMRK).
Danke Herr Lutz Lippke, nur durch die Befassung mit Ihrem Beitrag findet sich die Lösung, warum das Landgericht in seinem Beschluß hineinschrieb, Herr Seler sei durch ärztliche Untersuchung als  "gemeingefährlich" befunden, weil nämlich das Amtsgericht Schwandorf keine ärztliche Untersuchung vorliegen hatte und so nachträglich eine Rechtsgrundlage für die 12 Tage Zwangsaufenthalt erst geschaffen werden mußte. Richterrecht eben, das sich weder an Gesetze, noch an das Grundgesetz hält, in meinem Falle nachprüfbar, auch jetzt noch!

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Die Erforderlichkeit der Tenorbeschwer ist ein "richterrechtlich entwickeltes Rechtsmittelerfordernis", stellt der BGH fest. Diese Rechtsregel wurde also durch Richter bestimmt und ist nicht gesetzlich oder verfassungsrechtlich vorgegeben.

Der Begriff "Richterrecht" ist vieldeutig und nicht unbedingt immer negativ besetzt. Jedes durch Richter gesprochene Recht ist grundsätzlich "Richterrecht", weil sich Rechtsbegriffe nie aus sich selbst, sondern nur durch konsequent am Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung ergeben, also durch das Handwerkszeug jedes rechtsstaatlichen Richters und Juristen. Jedes Richterrecht, das sich dieserart im Rahmen der grundgesetzlichen Bindung an Recht und Gesetz an den bekannten Auslegungsmethoden orientiert, ist grundsätzlich in Ordnung. "Richterrecht" wird nur dann Unrecht, wenn es die persönliche solipsistische subjektive Ansicht des Gerichts zum Maßstab erhebt und über bzw. sogar gegen das Gesetz stellt, was zwar bedauerlicherweise wirklich vorkommt, weil Richter meinen, sie wären schlauer als das Gesetz, aber keineswegs alltäglich ist.

Dr. Rübenach schrieb:

Die Erforderlichkeit der Tenorbeschwer ist ein "richterrechtlich entwickeltes Rechtsmittelerfordernis", stellt der BGH fest. Diese Rechtsregel wurde also durch Richter bestimmt und ist nicht gesetzlich oder verfassungsrechtlich vorgegeben.

Der Begriff "Richterrecht" ist vieldeutig und nicht unbedingt immer negativ besetzt. Jedes durch Richter gesprochene Recht ist grundsätzlich "Richterrecht", weil sich Rechtsbegriffe nie aus sich selbst, sondern nur durch konsequent am Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung ergeben, also durch das Handwerkszeug jedes rechtsstaatlichen Richters und Juristen. Jedes Richterrecht, das sich dieserart im Rahmen der grundgesetzlichen Bindung an Recht und Gesetz an den bekannten Auslegungsmethoden orientiert, ist grundsätzlich in Ordnung. "Richterrecht" wird nur dann Unrecht, wenn es die persönliche solipsistische subjektive Ansicht des Gerichts zum Maßstab erhebt und über bzw. sogar gegen das Gesetz stellt, was zwar bedauerlicherweise wirklich vorkommt, weil Richter meinen, sie wären schlauer als das Gesetz, aber keineswegs alltäglich ist.

Damit haben Sie sicher recht. Ich hatte auch nicht behauptet, dass Richterrecht per se Unrecht darstellt. Auch Hr. Seler spricht tatsächlich ein anderes Phänomen an, seine Verallgemeinerung ist wohl in diesem Kontext zu verstehen. Es geht insbesondere um das Nachbearbeiten der "nur Grundlage" Tatsachen und Begründung. Die sogenannte Schweinehundmethode (hier im Blog gelernt) geht von der richterlichen Überzeugung (Tenor) aus und bemüht sich um eine revisionsfeste Begründung des Urteils. Bei fehlender Tenorbeschwer kann somit Alles behauptet werden, ohne das dagegen ein Kraut gewachsen wäre (Mollath-Fall). Bei bestehender Tenorbeschwer sorgt die schlichte Behauptung von falschen Tatsachen für den gleichen Effekt (Seler-Fall). Auch hier muss nach Überzeugung der Richter 1. ein Fehler vorliegen, 2. entscheidungserheblich und u. U. 3. sogar offensichtlich rechtswidrig zustande gekommen sein. Ob der Rechtsfriede durch solch hohe Hürden zur Überprüfung des Richterrechts besser geschützt ist, als durch eine enge Bindung der Richter an die tatsächliche Qualität ihres Tuns und Urteilsvermögens, ist wohl nicht geprüft, sondern dogmatisch durch richterrechtliche Bestimmung "in eigener Sache" bestimmt worden. Ein Joker ohne juristischen Konkurrenten, solange man zusammenhält und das Ganze als überwiegend funktionsfähig verkaufen kann. Weder reale "bedauerliche Einzelfälle", noch ein Durchspielen von Standard- und Grenzfällen kommt gegen die übergeordnete Behauptung der Funktionsfähigkeit an, da sie  ebenso wie Urteilsgründe dem Tenor "Alles rechtens" unterliegen.

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Ergänzend zu Dr. Rübenach möchte ich auf § 296 StPO hinweisen:

Quote:

§ 296 Rechtsmittelberechtigte

(1) Die zulässigen Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen stehen sowohl der Staatsanwaltschaft als dem Beschuldigten zu.

(2) Die Staatsanwaltschaft kann von ihnen auch zugunsten des Beschuldigten Gebrauch machen.


Der Gesetzgeber hat die Klarstellung in Abs. 2 m.W.n. hineingeschrieben, damit keiner auf die Idee kommt, die Staatsanwaltschaft brauche eine Beschwer, um Rechtsmittel einzulegen. Denn nur so lässt sich die explizite Erwähnung der Rechtsmittelbefugnis zugunsten des Angeklagten erklären.

Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber davon ausging, der Angeklagte müsste eine irgendwie geartete Beschwer vorweisen können, um Rechstmittel einzulegen.

Daraus wiederum ergibt sich einerseits zwar nicht zwingend, dass das Gesetz den Grundsatz der Tenorbeschwer vorschreibt. Auf der anderen Seite befindet sich der BGH aber m.E. innerhalb seiner verfassungsrechtlich (jedenfalls nach BVerfG) vorgegebenen Auslegungsbefugnis, wenn er die gesetzlich vorausgesetzte irgendwie geartete Beschwer im Sinne einer Tenorbeschwer deutet.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sich daraus nicht zwingend ergibt, dass der hier diskutierte Beschluss des BGH in Sachen Mollath verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre. Es gibt m.E. durchaus gute Argumente, die zu einer verfassungsrechtlichen Ausnahme von der Tenorbeschwer zwingen, z.B. der BZRG-Eintrag. Da allerdings hier die Tenorbeschwer im Grundsatz angezweifelt wird, bleibe ich erstmal bei dem Teilbereich.

 
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MT schrieb:

Ergänzend zu Dr. Rübenach möchte ich auf § 296 StPO hinweisen:

Quote:

§ 296 Rechtsmittelberechtigte

(1) Die zulässigen Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen stehen sowohl der Staatsanwaltschaft als dem Beschuldigten zu.

(2) Die Staatsanwaltschaft kann von ihnen auch zugunsten des Beschuldigten Gebrauch machen.


Der Gesetzgeber hat die Klarstellung in Abs. 2 m.W.n. hineingeschrieben, damit keiner auf die Idee kommt, die Staatsanwaltschaft brauche eine Beschwer, um Rechtsmittel einzulegen. Denn nur so lässt sich die explizite Erwähnung der Rechtsmittelbefugnis zugunsten des Angeklagten erklären.

Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber davon ausging, der Angeklagte müsste eine irgendwie geartete Beschwer vorweisen können, um Rechstmittel einzulegen.

Daraus wiederum ergibt sich einerseits zwar nicht zwingend, dass das Gesetz den Grundsatz der Tenorbeschwer vorschreibt. Auf der anderen Seite befindet sich der BGH aber m.E. innerhalb seiner verfassungsrechtlich (jedenfalls nach BVerfG) vorgegebenen Auslegungsbefugnis, wenn er die gesetzlich vorausgesetzte irgendwie geartete Beschwer im Sinne einer Tenorbeschwer deutet. [....]

Wenn man von der Funktion der StA als Ermittlungsbehörde ausgeht, die nur den tatsächlichen Täter im begründbaren Strafumfang anklagen will, ergibt sich u.U. schon daraus eine Beschwer zugunsten des Angeklagten. So könnte die StA z.B. eine falsche Beweiswürdigung des Gerichts besser erkennen, als der Angeklagte. Insofern könnte dies vom Gesetzgeber nur explizit und ergänzend benannt sein, ohne weitere Folgerungen zu implizieren. Für die formale und qualitative Trennung von Ergebnis und Herleitung wie beim Konstrukt der Tenorbeschwer fällt mir bisher weder etwas Vergleichbares aus anderen Bereichen noch ein anderer Grund als unterwertige Anforderungen an die Qualität der "justizförmigen" Tätigkeit ein. Zur Frage Prozessökonomie hatte ich schon einmal darauf hingewiesen, dass der "Prozess" zunächst effektiv (also tatsächlich) zum korrekten Ziel führen muss, um überhaupt weitergehend als effizient und damit ökonomisch gelten zu können. Wie eine Absenkung des Qualitätsanspruchs ohne Evaluierung der tatsächlichen Effektivität mit einer Prozessökonomie zusammengehen soll, kann ich bisher nicht erkennen.

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Der Freispruch ist auf andere Hintergründe zu erklären und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine.

Schön für Sie. Der Bundesgerichtshof hat aber seit Anfang eine andere Meinung. Ein Strafprozess ist auch im Falle des Freispruchs eine Belastung, die leider niemals nicht in jeglicher Hinsicht wiedergutgemacht werden kann. Semper aliquid haeret. Das bringt das Leben als Staatsbürger mit sich. Und da gibt es doch tatsächlich Leute, die mit Verve und dem gleichen Engagement und der gleichen Inbrunst vertreten, dass man ad calendas graecas weitere solche belastende Strafprozesse dulden sollen muss, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden (vgl. den Fall Frederike). Wasch mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass: Jeder hat einen Anspruch auf vollständigste Wiedergutmachung, aber erst am Ende des Lebens, wenn er tot ist und nach x-maliger Prozesswiederholung auch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse daran nichts mehr ändern können und Wiederbelebung nach vollständiger Verwesung nicht mehr zu erwarten ist... Ich finde die gegenwärtige Regelung und Rechtsprechung so wohlabgewogen, dass man daran im Normalfall nichts ändern sollte, von verfassungsrechtlich relevanten Extremfällen abgesehen.

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

herzlichen Dank für die von Ihnen geschaffene Möglichkeit, sich mit dem komplexen Thema "BGH verwirft Revision im Fall Mollath" auseinandersetzen zu können..

Ihnen und allen Kommentatoren ein ****** gesegnetes Weihnachten******* und alles Gute für 2016.

P.S. Vielleicht können Sie es ermöglichen auf das auch an Sie gerichtete Anliegen/Fragen in meinen Kommentare # 35-Seite 1 und auf #7 und folgende - Seite 3 einzugehen.

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Im Fall GM bedurfte es keiner neuen Erkenntnisse um zur offensichtlich fehlerhaften Beweiswürdigung des LG vorzudringen, die folgenschwer zur Behauptung der Tat am 12.08. führte. Es gehörte nur grundständige Wahrhaftigkeit, allgemeine Logik und ein Rest von Unvoreingenommenheit dazu, um das als StA und Gericht zu erkennen. Das Urteil wurde gegen die Beweislage konstruiert (Schweinehundmethode). Dass der BGH nichts "finden konnte", belegt das Unvermögen oder den Unwillen zur Rechtstaatlichkeit. Während der falsche Beweis Worddatei und die Unzulässigkeit der Folgerungen daraus unbestreitbar sind und öffentlich in der Strate-Doku für Jedermann nachvollziehbar vorliegen, sind die Zuweisungen gegen GM Spekulationen einer auf Machtausübung fixierten Kumpanei von Intriganten. Das Konstrukt der Tenorbeschwer würde bei umgekehrter Interessenlage kaum im Wege stehen. Vielleicht deutet der BGH genau das an. Mit einer unvoreingenommenen und unabhängigen Justiz hat das nichts zu tun. Frohe Weihnachten!

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Lutz Lippke schrieb:

Im Fall GM bedurfte es keiner neuen Erkenntnisse um zur offensichtlich fehlerhaften Beweiswürdigung des LG vorzudringen, die folgenschwer zur Behauptung der Tat am 12.08. führte. Es gehörte nur grundständige Wahrhaftigkeit, allgemeine Logik und ein Rest von Unvoreingenommenheit dazu, um das als StA und Gericht zu erkennen. Das Urteil wurde gegen die Beweislage konstruiert (Schweinehundmethode). Dass der BGH nichts "finden konnte", belegt das Unvermögen oder den Unwillen zur Rechtstaatlichkeit. Während der falsche Beweis Worddatei und die Unzulässigkeit der Folgerungen daraus unbestreitbar sind und öffentlich in der Strate-Doku für Jedermann nachvollziehbar vorliegen, sind die Zuweisungen gegen GM Spekulationen einer auf Machtausübung fixierten Kumpanei von Intriganten. Das Konstrukt der Tenorbeschwer würde bei umgekehrter Interessenlage kaum im Wege stehen. Vielleicht deutet der BGH genau das an. Mit einer unvoreingenommenen und unabhängigen Justiz hat das nichts zu tun. Frohe Weihnachten!

@ LL wie immer das Wesentliche auf den Punkt gebracht.

Wie so oft muss man eben, wenn man etwas verstehen möchte, das Ganze vom Ergebnis her sehen, so auch hier.

Dabei sollte man ganz klar sich mit der grundsätzlichen Überlegnung befassen, dass jemand, dem es um Recht, Gerechtigtkeit und Wahrhaftigkeit geht, sich nicht per se der Juristerei verdingen sollte (Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel, werden aber in aller Regel dann nicht befördert oder halt sonstwie aus-sortiert)

Richtig klar wird das, wenn auch mutmaßlich so nicht intendiert, durch die laienhaften Bemühungen mancher Poster(Innen) herausgearbeitet.

Da wird, um bei "den Juristen" endlich (vermeintlich profund) mitreden zu können /dürfen, auch mal behauptet, es sei ein verteidgungswürdiges Menschenrecht, zu Unrecht als geistig krank bezeichnet zu werden und sich mit großen Augen gefragt, wie jemand auch nur auf die Idee kommen könne, dass sich ein faktisch unschuldiger Mensch durch einen gegenteiligen Beitrag im BZR beschwert fühlen könnte.

Faktisch wurde und wird hier beispielhaft vorgeführt, dass es NICHT wichtig ist, ob ein Urteil auf n a c h p r ü f b a r e r Faktenbasis zustande kam, sondern ob ein Urteil SO begründet würde, dass SELBST ein Jurist es nicht erfolgreich anfechten kann.

Dass dies (z.B. ) im Fall Mollath durchaus intendiert war, ist in diversen Juristenblogs nachzulesen, die eben diese Vermutung vorab äußerten, (und dennoch hofften, es käme anders)

Ab davon frage ich mich nach wie vor, ob es denn nun auch Tätern, die durchaus und nachweislich die vorgeworfene Tat begangen haben, und denen es nix ausmacht, wenn andere denken, sie hätten "einen an der Bimmel", sich nun, dank dem Regensburger Urteil gestützt durch den BGH, darauf berufen können, zum Tatzeitpunkt nicht ausschließbar unzurechnungsfähig gewesen zu sein? Um dann frei aus dem Gerichtssaal raus-spazieren können, trotz begangener Tat(en), mit diesen ggf sogar (vom Rechts-!!!-Staat ungehindert) fortfahren können.

Bzw mit welcher Begründung kann man das nun anderen verwehren? Denn ausgeschlossen werden kann das faktisch bei niemandem, wer anderes behauptet, möge es stichhaltig beweisen.

Ein, sehr trauriges, Beispiel in dieser Richtung ganz aktuell, die Frau, die einen Pfarrer im sog. "Liebeswahn" dermaßen stalkt, dass selbiger (seit Jahren) massive (psychische und sonstige ) Beeinträchtigungen erdulden muss. Die Täterin (ihre Taten sind problemlos anhand diverser Beweismittel nachweisbar) wurde für schuldunfähig erklärt, daher freigesprochen. Da sie aber nicht gemein-gefährlich ist (sondern "nur" ihr Stalking-Opfer terrorisiert), wird sie weder zu einer Therapie verpflichtet, noch sonstwie daran gehindert, weiterhin einen Menschen zu terrorisieren.

Was hat das alles noch mit, die jeweilige Menschenwürde wahrende, Recht-Sprechung zu tun?

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f&f schrieb:
Ab davon frage ich mich nach wie vor, ob es denn nun auch Tätern, die durchaus und nachweislich die vorgeworfene Tat begangen haben, und denen es nix ausmacht, wenn andere denken, sie hätten "einen an der Bimmel", sich nun, dank dem Regensburger Urteil gestützt durch den BGH, darauf berufen können, zum Tatzeitpunkt nicht ausschließbar unzurechnungsfähig gewesen zu sein? Um dann frei aus dem Gerichtssaal raus-spazieren können, trotz begangener Tat(en), mit diesen ggf sogar (vom Rechts-!!!-Staat ungehindert) fortfahren können. Bzw mit welcher Begründung kann man das nun anderen verwehren? Denn ausgeschlossen werden kann das faktisch bei niemandem, wer anderes behauptet, möge es stichhaltig beweisen. Ein, sehr trauriges, Beispiel in dieser Richtung ganz aktuell, die Frau, die einen Pfarrer im sog. "Liebeswahn" dermaßen stalkt, dass selbiger (seit Jahren) massive (psychische und sonstige ) Beeinträchtigungen erdulden muss. Die Täterin (ihre Taten sind problemlos anhand diverser Beweismittel nachweisbar) wurde für schuldunfähig erklärt, daher freigesprochen. Da sie aber nicht gemein-gefährlich ist (sondern "nur" ihr Stalking-Opfer terrorisiert), wird sie weder zu einer Therapie verpflichtet, noch sonstwie daran gehindert, weiterhin einen Menschen zu terrorisieren. Was hat das alles noch mit, die jeweilige Menschenwürde wahrende, Recht-Sprechung zu tun?

Es kommt im Rechtsstaat nunmal nicht allein auf die Tatbestandserfüllung an, sondern die weiteren Regeln für Maßregeln der Besserung und Sicherung müssen eben auch erfüllt sein. Es wäre schockierend, wenn in dem Pfarrer-Fall trotz nicht ausreichender Gutachtenlage Maßregeln verhängt worden wären.

Genauso hat sich der BGH auch nicht die Tenorbeschwer nur für Herrn Mollath ausgedacht, was viele hier auch nicht sehen wollen. Die Expertenmeinung vor dem BGH-Beschluss war unisono, dass eine Zulässigkeit der Revision aufgrund der bisherigen BGH Rechtsprechung hochgradig unwahrscheinlich ist. Davon möchte man jetzt wohl aber auch nichts mehr wissen.

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Gast schrieb:

f&f schrieb:
Ab davon frage ich mich nach wie vor, ob es denn nun auch Tätern, die durchaus und nachweislich die vorgeworfene Tat begangen haben, und denen es nix ausmacht, wenn andere denken, sie hätten "einen an der Bimmel", sich nun, dank dem Regensburger Urteil gestützt durch den BGH, darauf berufen können, zum Tatzeitpunkt nicht ausschließbar unzurechnungsfähig gewesen zu sein? Um dann frei aus dem Gerichtssaal raus-spazieren können, trotz begangener Tat(en), mit diesen ggf sogar (vom Rechts-!!!-Staat ungehindert) fortfahren können. Bzw mit welcher Begründung kann man das nun anderen verwehren? Denn ausgeschlossen werden kann das faktisch bei niemandem, wer anderes behauptet, möge es stichhaltig beweisen. Ein, sehr trauriges, Beispiel in dieser Richtung ganz aktuell, die Frau, die einen Pfarrer im sog. "Liebeswahn" dermaßen stalkt, dass selbiger (seit Jahren) massive (psychische und sonstige ) Beeinträchtigungen erdulden muss. Die Täterin (ihre Taten sind problemlos anhand diverser Beweismittel nachweisbar) wurde für schuldunfähig erklärt, daher freigesprochen. Da sie aber nicht gemein-gefährlich ist (sondern "nur" ihr Stalking-Opfer terrorisiert), wird sie weder zu einer Therapie verpflichtet, noch sonstwie daran gehindert, weiterhin einen Menschen zu terrorisieren. Was hat das alles noch mit, die jeweilige Menschenwürde wahrende, Recht-Sprechung zu tun?

Es kommt im Rechtsstaat nunmal nicht allein auf die Tatbestandserfüllung an, sondern die weiteren Regeln für Maßregeln der Besserung und Sicherung müssen eben auch erfüllt sein. Es wäre schockierend, wenn in dem Pfarrer-Fall trotz nicht ausreichender Gutachtenlage Maßregeln verhängt worden wären.

Genauso hat sich der BGH auch nicht die Tenorbeschwer nur für Herrn Mollath ausgedacht, was viele hier auch nicht sehen wollen. Die Expertenmeinung vor dem BGH-Beschluss war unisono, dass eine Zulässigkeit der Revision aufgrund der bisherigen BGH Rechtsprechung hochgradig unwahrscheinlich ist. Davon möchte man jetzt wohl aber auch nichts mehr wissen.

Im Fall Mollath hat eine nicht ausreichende Gutachtenlage sehr wohl gereicht für die Verhängung der Maßregel, aber darum ging es mir gar nicht.

Dass Sie anscheinend durch und durch nicht verstanden haben, worum es mir geht, scheint besonders aus dem zweiten Passus Ihres Kommentars hervor:

Selbstverständlich sprach ich von der Nutzung und nicht von der Entwicklung des (jeweiligen) Rechts-Instrumentes :-)

Die Frage, mit welchem Recht ein anderer (Täter) in Zukunft zum Tatzeitpunkt NICHT nicht auschschließbar unzurechnungsfähig gewesen sein könnte, steht also nun sehr massiv im Raum. Wie es sich nun darstellt, braucht er dazu ja lediglich die passenden Gutachter/ Richter, denn die bestehenden Gesetze geben es ja nun auch durchs BGH abgesegnet, eindeutig her.

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f&f schrieb:
Dass Sie anscheinend durch und durch nicht verstanden haben, worum es mir geht, scheint besonders aus dem zweiten Passus Ihres Kommentars hervor: Selbstverständlich sprach ich von der Nutzung und nicht von der Entwicklung des (jeweiligen) Rechts-Instrumentes :-) Die Frage, mit welchem Recht ein anderer (Täter) in Zukunft zum Tatzeitpunkt NICHT nicht auschschließbar unzurechnungsfähig gewesen sein könnte, steht also nun sehr massiv im Raum. Wie es sich nun darstellt, braucht er dazu ja lediglich die passenden Gutachter/ Richter, denn die bestehenden Gesetze geben es ja nun auch durchs BGH abgesegnet, eindeutig her.

In dieser Diskussion geht es aber nunmal um die Tenorbeschwer, nicht um die Frage wann eine Maßregel verhängt werden darf. Das haben Sie anscheinend bei meinem Kommentar nicht verstanden.

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Gast schrieb:

f&f schrieb:
Dass Sie anscheinend durch und durch nicht verstanden haben, worum es mir geht, scheint besonders aus dem zweiten Passus Ihres Kommentars hervor: Selbstverständlich sprach ich von der Nutzung und nicht von der Entwicklung des (jeweiligen) Rechts-Instrumentes :-) Die Frage, mit welchem Recht ein anderer (Täter) in Zukunft zum Tatzeitpunkt NICHT nicht auschschließbar unzurechnungsfähig gewesen sein könnte, steht also nun sehr massiv im Raum. Wie es sich nun darstellt, braucht er dazu ja lediglich die passenden Gutachter/ Richter, denn die bestehenden Gesetze geben es ja nun auch durchs BGH abgesegnet, eindeutig her.

In dieser Diskussion geht es aber nunmal um die Tenorbeschwer, nicht um die Frage wann eine Maßregel verhängt werden darf. Das haben Sie anscheinend bei meinem Kommentar nicht verstanden.

Dazu, wann eine Maßregel verhängt werden darf, habe ich in meinem Beitrag doch gar nichts festgestellt.

Allerdings habe ich mich dazu geäußert, wie im vorliegenden Fall das Rechtsmittel des Tenors verwendet wurde. Nämlich unterm Strich dazu, die Feststellung einer Beschwer zu verunmöglichen und somit das durch den BGH zu untersuchende Urteil juristisch "wasserdicht" zu machen.

In welch unwirklicher, realitätsferner, abgehobener Sphäre vorgeblich wissenschaftlicher Voregehensweise dies stattfand, spiegelt sich in weiten Zügen auch in der Diskussion hier.

Und das war so, seit der Fall Mollath hier (und anderswo in jurstischen Blogs) diskutiert wurde:

Unterm Strich standen die harten Fakten (was für eine Beweislage existiert überhaupt, der verfälschende Umgang (nicht zuletzt durch Juristen, so auch zuletzt in Regensburg (u.a. das Attest, aber auch die fundamental widersprüchlichen Aussagen der Hauptzeugen, die kollektive Amnesie aller am Primär-Verfahren beteiligten Juristen inklusive einiger verfahrensrelevanter "Fehl-Aussagen" ebendieser (Heinemann z.T Ladung Reichel uvm) und diese Liste könnte man schier endlos fortsetzen) NIE zur Diskussion, sondern lediglich der nun (im WAV in Regensburg) ENDLICH juristisch wasserdichte Umgang damit.

Egal wann der geneigte Laie (und auch so mancher engagierte, um Wahrhaftigkeit bemühte, Jurist ) an diesen Punkten nachhakte (die ja immerhin das logische (auch aus Juristensicht logische!) Fundament einer jeden Anklage sowie Verhandlung und letztlich Urteilsfindung/-sprechung bilden MÜSSTEN, es war i m m e r grade der falsche Diskussionsüberpunkt und der geneigte Laie (sowie s.o. engagierte Jurist) hatte sich beschämt und errötend wegen angeblicher Thema-Verfehlung zu "setzen", nachdem er eine "sechs kassiert hatte".

Mag ja sein, dass es Juristen und auch sonstige Menschen gibt, die sich selbst bedenkenlos in der hier (= kompletter Vorgang der Behandlung Mollaths) präsentierten Art und Weise behandeln lassen möchten UND dies noch als korrekte und ehr- sowie sinnvolle Auslebung der Gesetze in einem Rechts-Staat betrachten.

Ich tue das jedenfalls nicht.

Und das die Ausformulierung und Anwendung (der Urteilsbegründung sowie) des Tenors hier dazu führte, dass der davon Betroffene nun offensichtlich keine Rechtsmittel mehr dagegen einlegen kann (jedenfalls nicht mit Aussicht auf Erfolg) und sich damit abfinden muss, steht ja wohl außer Frage, oder?

Das meinte ich mit" vom Ende her denken".

Sollte der Sinn der Diskussion hier allerdings ausschließlich der sein, dass man das, wie das nun alles mit juristischen Mitteln in die (offensichtlich so von Anfang an gewünschte) Richtung gedreht wurde, mit irgendwelchen Paragraphen schon auch irgendwie begründen kann, dann macht es wohl wahrlich wenig Sinn, darüber noch groß zu reden.

Denn d a v o n (= dass das diesmal endlich wasserdicht gestaltet werden würde seitens der beteilgten Juristen) gehe ich schon seit spätestens den ersten paar Tagen der WAV aus.

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Mag ja sein, dass es Juristen und auch sonstige Menschen gibt, die sich selbst bedenkenlos in der hier (= kompletter Vorgang der Behandlung Mollaths) präsentierten Art und Weise behandeln lassen möchten UND dies noch als korrekte und ehr- sowie sinnvolle Auslebung der Gesetze in einem Rechts-Staat betrachten. Ich tue das jedenfalls nicht.

Niemand, wirklich niemand, betrachtet den Fall "Mollath" als eine "korrekte und ehr- sowie sinnvolle Auslebung der Gesetze". Jeder, wirklich jeder, weiß, dass der Fall "Mollath" ein Justizskandal ersten Ranges war. Das Problem war nur, welche Mittel der Rechtsstaat bereit stellt, diesen Skandal einigermaßen rechtlich aufzuarbeiten. Und zur rechtlichen Aufarbeitung gehören eben nur die (beschränkten) Mittel des Rechts und nicht die (unbeschränkten) Mittel romantischen Wunschdenkens. Das Leben ist kein Traumschiff.

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Blogger schrieb:

Mag ja sein, dass es Juristen und auch sonstige Menschen gibt, die sich selbst bedenkenlos in der hier (= kompletter Vorgang der Behandlung Mollaths) präsentierten Art und Weise behandeln lassen möchten UND dies noch als korrekte und ehr- sowie sinnvolle Auslebung der Gesetze in einem Rechts-Staat betrachten. Ich tue das jedenfalls nicht.

Niemand, wirklich niemand, betrachtet den Fall "Mollath" als eine "korrekte und ehr- sowie sinnvolle Auslebung der Gesetze". Jeder, wirklich jeder, weiß, dass der Fall "Mollath" ein Justizskandal ersten Ranges war. Das Problem war nur, welche Mittel der Rechtsstaat bereit stellt, diesen Skandal einigermaßen rechtlich aufzuarbeiten. Und zur rechtlichen Aufarbeitung gehören eben nur die (beschränkten) Mittel des Rechts und nicht die (unbeschränkten) Mittel romantischen Wunschdenkens. Das Leben ist kein Traumschiff.

Meine Beurteilung des Falles Mollath bezieht sich auf den kompletten Vorgang, bis heute, sozusagen.

Und die (beschränkten) Mittel des Rechts hätten es sehr wohl hergegeben, z.B. einen IT-Fachmann zur genauen Betrachtung der offenkundig zweifelhaften Genese des Haupt-Indizes Attest beizuziehen (ebenso wie ein Rechtsmedizinier sowie ein Psychiater beigezogen wurde)

Dass darauf b e w u ß t verzichtet wurde (immerhin war bereits weit vor dem WAV dessen mehr als dubiose Genese bekannt), hat schlussendlich dazu geführt, dass "in dubio pro reo" nicht dort, wo es für jeden Beobachter des Prozesses weit mehr als angebracht war, nämlich bei der Tatbegehung der angeblichen Körperverletzung, angewendet wurde.

(Erneut!!!)Schlampige Ermittlungen kombiniert mit schlampiger Beweiswürdigung sind wahrlich kein Traumschiff, damit haben Sie recht.

Aber ordentliche Ermitllungen mit ordentlicher Beweiswürdigung wären doch durchaus auch auf dem Boden der (beschränkten) Mittel des Rechts möglich gewesen, oder sehen Sie das grundlegend anders?

Wenn es "unserem Rechtsstaat" schon offenkundig NICHT daran gelegen war, im Rahmen dieser WAV einem zweifellos zu Unrecht 7 Jahre seines Lebens verräumten Menschen endlich eine fairen, rechtlich bis in die Haarspitzen (pro reo!) korrekten Prozess zu machen, so hätte er doch wenigstens die Chance nützen können, vor aller Augen zu demonstrieren, dass diesmal nun alles wirklich korrekt abläuft, um SICH SELBST reinzuwaschen.

Stattdessen findet eine Posse statt, die so durchsichtig und albern ist, dass man sie keinem Drehbuchautor durchgehen lassen würde ("ich muss dann mal zum Flughafen"), wie sie dünkelhafterweise SO ja immer nur im "Ostblock" verortet wird (u.a. offenkundig weisungsbedingte staats-anwaltliche Purzelbäume, unter polizeilicher Mithillfe konstruierte Indizienerschaffung wurde nicht ansatzweise gerügt) und die schlussendlich nur darauf ausgerichtet war, ein Urteil plus Tenor zu k o n s t r u i e r e n, welches anschließend juristisch nicht anfechtbar war (im Gegensatz zum vorherigen!)

Das spricht doch wirklich glasklar die deutliche Sprache, dass der Rechstaat primär für sich selbst da ist (zumindest die, selbigen ausführenden, Organe)

Eine Insider-Puppenstube, ist das SO gewollt?

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(Erneut!!!)Schlampige Ermittlungen kombiniert mit schlampiger Beweiswürdigung sind wahrlich kein Traumschiff, damit haben Sie recht.

Wenn ich jemals als Angeklagter vor Gericht stehen sollte, würde ich mir ein "Team" aus der Vorsitzenden Escher, den Beisitzern Linder und Koller als Gericht, einem Dr. Meindl als Staatsanwalt und einem Dr. Strate als Verteidiger wünschen. Ein zuverlässiger rechtsstaatliches Verfahren und ein sichereres und abgewogeneres Urteil als in dieser Verfahrensbesetzung kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

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Leser schrieb:

(Erneut!!!)Schlampige Ermittlungen kombiniert mit schlampiger Beweiswürdigung sind wahrlich kein Traumschiff, damit haben Sie recht.

Wenn ich jemals als Angeklagter vor Gericht stehen sollte, würde ich mir ein "Team" aus der Vorsitzenden Escher, den Beisitzern Linder und Koller als Gericht, einem Dr. Meindl als Staatsanwalt und einem Dr. Strate als Verteidiger wünschen. Ein zuverlässiger rechtsstaatliches Verfahren und ein sichereres und abgewogeneres Urteil als in dieser Verfahrensbesetzung kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

Also Ihnen würde es nichts ausmachen, dass sich die Hauptbelastungszeugin einfach nicht zur Sache einlässt, sämtliche anderen Belastungszeugen sowohl sich selbst, wie auch sich gegenseitig in wichtigen Punkten widersprechen und/oder sich nicht erinnern können (is klar, ist ja auch schon eeeeeewig her), dass das haupt-belastende Attest keinesfalls sicher am vorbeglichen Datum vom vorgeblichen Arzt nach vorgeblicher Besichtigung der vorgeblich verletzten Hauptzeugin erstellt wurde, um nur mal ein paar Basics zu nehmen.

Wenn Sie eine WAV erlebt haben, in der all dies ordentlich a u f g e k l ä r t wurde (anstatt mit noch x neuen Fragezeichen versehen worden zu sein!), dann geben Sie hier doch bitte Hinweise darauf, denen man das nachprüfbar entnehmen kann. Nicht zuletzt Dr. Strate ist da ja (dokumentierterweise) in vielen Punkten durchaus anderer (als Ihrer) Meinung.

Ich nehme an, dass Sie persönlich davon ausgehen, NIE in so eine "missliche" Situation zu kommen, DANN kann man sich ein Verfahren, wie es GM in Regenburg erleben durfte, leicht mal wünschen.

Alleine die Behauptung, es sei nicht auszuschließen, dass er zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig war, ist sowas von hanebüchen (bzw sowas von selbstverständlich und auf ALLE Menschen auf diesem Planeten zutreffend) und insofern schlicht nicht geeignet, um ein individuelles Urteil zu begründen. Denn dann müsste dies, gerechterweise, für JEDEN Straftäter angewendet werden.

Kann für Sie persönlich denn (objektiv, von außen überprüft! und nachprüfbar) ausgeschlossen werden, und zwar mit 100 % iger Sicherheit, dass Sie am 12.08.2001 für ein-zwei Stunden nicht "Herr Ihrer Sinne" waren?

Wenn ja wie? Sprich mit welcher wissenschaftlichen (und anerkannten!, validen) Methode?

Wenn Sie da eine wissen, immer man her damit, das wird ne einzige Goldgrube für Sie, das psychiatrische Ei des Kolumbus, quasi :-)

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Leser schrieb:

(Erneut!!!)Schlampige Ermittlungen kombiniert mit schlampiger Beweiswürdigung sind wahrlich kein Traumschiff, damit haben Sie recht.

Wenn ich jemals als Angeklagter vor Gericht stehen sollte, würde ich mir ein "Team" aus der Vorsitzenden Escher, den Beisitzern Linder und Koller als Gericht, einem Dr. Meindl als Staatsanwalt und einem Dr. Strate als Verteidiger wünschen. Ein zuverlässiger rechtsstaatliches Verfahren und ein sichereres und abgewogeneres Urteil als in dieser Verfahrensbesetzung kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

In der Konsequenz schließe ich mich f&f in #32 an. Ich möchte Ihren Kommentar aber noch aus einem anderen Blickwinkel werten. Sie haben womöglich damit recht, dass man mit der Besetzung das maximal Mögliche aufgeboten hatte, was die Justiz bereit und in der Lage war zu leisten, um GM entgegen zu kommen und zugleich den kurzfristigen Schaden für die Justiz zu begrenzen. Ich kann mir das gut vorstellen, das es deutlich mieserabler hätte kommen können. Es bleibt aber trotzdem ein Gericht und eine StA, die durch Manipulation eine Beweislage und ein Urteil konstruierte, um zu dem salomonischen Schluss im kurzfristigen Interesse der Justiz zu gelangen. Die Eigeninteressen der Justiz waren prozessfremd und eine rechtwidrige Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit. Wenn das real schon das Bestmögliche war, dann wurde öffentlich die Mär eines Rechtsstaats begraben und Sie gehen davon aus, dass derzeit nicht mehr herauszuholen ist. Nur so ergibt Ihr Bekenntnis für mich einen Sinn. 

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Herr Rainald Eichholz hat in seinem lesenswerten Buch „Der Mensch im Recht – Das Recht im Menschen“ viele gedankliche Anregungen gesetzt, welche allen, die sich um eine Fortentwicklung des Rechts bemühen, dienlich sein können. Wenn der Verfassungsrichter Herr Huber von einer „Sinnkrise“ für Deutschland warnend spricht, so bezieht das auch das „Recht“ mit ein. Rainald Eichholz:

 

„Trotzdem sehen wir uns immer wieder vor die Entscheidung gestellt, ob es nun richtig ist, zusammen mit allen anderen Zeitgenossen die Grenzen und Mängel der irdischen Rechtsordnung zu ertragen und aus innerer Solidarität auch das mitzutragen, was unserer persönlichen Überzeugung widerspricht, oder ob Widerstand geboten ist. Denn die Abweichung des gesetzten Rechts von dem, was „richtiges Recht“ ist, kann so elementar sein, dasss die Herausforderung des Schicksals dann gerade darin besteht, sich dagegen aufzulehnen. Darauf beruht das Widerstandsrecht – ziviler Ungehorsam kann zur Pflicht werden.“ S. 188

 

Herrn Mollath in seinem Rechtsempfinden zu verstehen, bedarf der Beachtung der Entwicklung seiner Persönlichkeit. Der Psychiater Herr Pfäffllin hat eine Bemerkung von Mollath festgehalten: „Er bringt verschiedene Beispiele seiner Kritik und sagt, dass er diese Kritische Haltung an der Rudolf Steiner Schule gelernt habe.“ Im Film gibt Mollath an, wenn die Bank die seiner Meinung nach verbrecherischen Geldgeschäfte seiner Ehefrau gestoppt hätte, wäre der Fall für ihn erledigt gewesen. Mollath wollte also keineswegs die Welt an sich verbessern. Erst die Ausweglosigkeit seiner persönlichen Situation mit den erkannten Geldgeschäften ließ ihn mit den Interessen der Mächtigen zusammenstoßen. Und hier verschätzte sich Mollath, er glaubte an den „Rechtsstaat“, er glaubt  bis heute daran. Der Mensch besteht nun einmal aus Esoterik, weil er Seele und Geist besitzt. Die in der Waldorfpädagogik erlernte „Kritische Haltung“ wurde Mollath zum „Verhängnis“ und war letzten Endes der Anker, der ihm die sieben Jahre in der Forensik durchhalten ließ. Herrn Mollath zu verstehen, heißt, die 12 Jahre Waldorfpädagogik mit einzubeziehen. Dann erklärt sich aber auch das Interesse mancher Dritter, solche Menschen mit einer willfährigen Justiz und Psychiatrie zu „brechen“?! (Schreibe dies aus eigener Erfahrung). Der Erfolg von Mollath ist und bleibt, er hat sich nicht brechen lassen. Nicht das Recht befreite ihn, sondern der Idealismus von Menschen. Es ist vor allem den Klassenkameraden der Rudolf Steiner Schule zu verdanken, Mollath geriet nicht in Vergessenheit. Dies schuf eine ideelle Gemeinschaft. Es waren letztlich die „esoterisch irrlichternden Fanboys“, welche Mollath dem System Psychiatrie und Justiz entwanden. Die Erschütterung für Justiz und Psychiatrie ist bleibend. Daraus kann Positives entstehen. Neue Ideen ernst nehmen, das alte juristische Denken hat seine Grenzen erreicht, das ist die „Sinnkrise“ Deutschlands, die der Verfassungsrichter beklagt.... . Der BGH hat nach sieben Jahre Forensik versagt, weil er den Mangel des WAV verkannte, mit Bestellung eines Psychiaters geriet das neue gerichtliche Verfahren in eine Fortsetzung des Missbrauches der Psychiatrie..... . Da das Oberlandesgericht Nürnberg Mollath ohne jegliche psychiatrische Untersuchung freisetzte, stand von Anfang an fest, es wird keine Einweisung mehr geben, die Bestellung des Psychiaters war und ist das Feigenblatt hinter dem sich Justiz und Psychiatrie verstecken. Das Versagen von Psychiatrie und Justiz geht im Sinne des Buches von Anwalt Strate weiter ...... ?!

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Das Bundesverfassungsgericht hat zu prüfen, ob es mit der Würde des Menschen vereinbar ist, wenn ein Gericht eine Straftat feststellt, den Angeklagten der Tat überführt und der Bürger wegen angeblicher "Schuldunfähigkeit" nicht den Instanzenweg beschreiten darf, um seine Unschuld vor der Gesellschaft zu verteidigen. Das BVerfG müsste auch prüfen, ob bei festgestellter Schuldunfähigkeit ein Rest der Würde des Bürgers besteht, um durch den Instanzenweg Rechtsfehler des Gerichtes feststellen zu lassen. Schuldunfähigkeit oder Schuldfähigkeit kann nicht der Grund sein, ev. Rechtsfehler nicht feststellen zu lassen, um unter Umständen die Unschuld eines Bürgers vor der Öffentlichkeit auszubreiten. Ich meine, aus persönlicher Erfahrung, wenn eine öffentliche Anklage erfolgt, dann muß es das Grundrecht geben, sich nicht auf einen "Deal" (geringe Schuld, Einstellung) einzulassen, damit die Justiz einen einmal eingeschlagenen Weg wieder verlassen kann. Ich mußte 17 Monate mit einem Strafbefehl leben, ohne Gerichtstermin, mit entsprechender Belastung auch für die junge Familie. Ich ließ mich nicht auf den Deal (Einstellung wegen geringer Schuld) ein, den die Richterin vorschlug. Die Regensburger Staatsanwaltschaft wollte erst der Richterin antworten, nachdem ich mich entschieden hätte. Kurz vor dem Gerichtstermin, zog die Staatsanwaltschaft die Anklage in der Sonderform des "Strafbefehles" zurück, der Prozess fand nicht statt. Meiner Ansicht nach wird hier ein Grundrecht verletzt, da der Staat so viel Macht hat, den Bürger über so lange Zeit anzuklagen (was ja bundesweit in den Medien stand). Es gibt also für das Bundesverfassungsgericht durchaus noch viele Grundrechtsfragen zu erörtern. Warum sollen Richter soviel Macht über Bürger erhalten. Psychiatrie und Justiz sind durch den Fall Mollath beschädigt, unabhängig ob Herr Mollath eine Verfassungsbneschwerde anstrebt. Es kann aber sein, das Bundesverfassungsgericht schafft neue Grundlagen für die Justiz, es wäre notwendig. Da hier "Verbannung" angeregt wird, sei auf das Buch "Herzkammern der Republik" - "Die Deutschen und das Bundesverfassungsgericht" verwiesen. Das Buch fand sich dieser Tage. Herr Rainer Forst beschreibt in einem Beitrag die gesellschaftliche Krise, die durch ein von unserer Familie erzielten Beschluß erfolgte.
Es mag ja sein, "Altar" und "Thron" fühlen sich in ihren Grundfesten erschüttert, der Ruf nach "Verbannung" oder "Psychiatrisierung" ist dann oft die erste nicht überlegte Reaktion. Es könnte aber auch sein, die Menschengemeinschaft gewinnt letzten Endes durch das bewußte Durchgehen solcher Konflikte, Krisen. Vielleicht ist das Denken der Juristen aber auch zu beengt durch die Paragraphen. 

- Herr Eichholz hat immerhin einen akademischen Titel, ist Jurist.

 

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