Diskussionstipp von Alexander Würdinger: Das BVerfG und der Inhalt des Klageerzwingungsantrags

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.09.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1738|100595 Aufrufe

Alexander Würdinger ist ja den Bloglesern schon bekannt. Er ist einer der wenigen Juristen, die sich seit langem und regelmäßig kritisch mit der Rechtsprechung zum Klageerzwingungsverfahren befassen. Er hat mich nun gebeten, doch einmal zu  BVerfG, Beschl. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17  eine Diskussion im Blog anzustoßen. Mach ich doch gerne!

Das BVerfG befasst sich in der Entscheidung mit der Frage, ob die Rechtsprechung der OLGe zum Klageerzwingungsverfahren noch verfassungsgemäß ist. Die Verfassungsbeschwerde war zwar erfolglos - das BVerfG lässt aber durchblicken: "Die OLGe sind zuuuuuu streng, was die Antragsprüfung angeht!"

 

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Oberlandesgericht Rostock habe seinen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen und überspitzte Anforderungen an die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 StPO gestellt. Es setze sich nur pauschal mit dem Klageerzwingungsantrag auseinander, der den gesetzlichen Anforderungen an dessen Zulässigkeit genüge. Dieser enthalte insbesondere eine aus sich heraus verständliche Sachverhaltsdarstellung. Dem Antrag könnten auch die erforderlichen Tatsachen und Beweismittel entnommen werden, ohne dass die staatsanwaltlichen Akten hätten beigezogen werden müssen.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Zwar verletzt der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock den Beschwerdeführer in seinem Grundecht aus Art. 19 Abs. 4 GG (1.). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung seiner in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die Tat möglicherweise verjährt ist (2.).

1. Der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil das Gericht überspannte Anforderungen an den Inhalt des Klageerzwingungsantrags gestellt hat.

a) Nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 13). Dies muss auch der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 96, 27 <39>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Formerfordernisse dürfen nicht weitergehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (vgl. BVerfGE 88, 118 <125>; BVerfGK 14, 211 <214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.).

Es begegnet vor diesem Hintergrund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO so auszulegen, dass der Klageerzwingungsantrag in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergeben und eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt. Denn diese Darlegungsanforderungen sollen die Oberlandesgerichte vor einer Überlastung durch unsachgemäße und unsubstantiierte Anträge bewahren und in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 14).

Die Darlegungsanforderungen dürfen allerdings nicht überspannt werden, sondern müssen durch den Gesetzeszweck geboten sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 15). Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO erfordert zwar nur die Mitteilung des wesentlichen Inhalts der angegriffenen Bescheide sowie der Einlassung des Beschuldigten (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>, m.w.N.), soweit diese im Einstellungsbescheid mitgeteilt wird (vgl. BVerfGK 14, 211 <216>). Eine Obliegenheit des Antragstellers, sich durch Akteneinsicht Kenntnis von der vollständigen Einlassung des Beschuldigten zu verschaffen und diese sodann auch vollständig mitzuteilen, besteht grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>). Etwas Anderes gilt aber, wenn der Beschwerdeführer seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung maßgeblich auch mit Inhalten aus den Ermittlungsakten begründet. In diesem Fall ist der Beschwerdeführer gehalten, soll die vom Gesetzgeber implizit vorgesehene und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Schlüssigkeitsprüfung allein auf der Grundlage des gestellten Antrags (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>) nicht unterlaufen werden, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, aus denen er auszugsweise vorträgt oder gar zitiert. Denn bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe von Teilen der Einlassung des Beschuldigten oder auch der Einvernahme von Zeugen kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann. Soweit dies den Antragsteller verpflichtet, gegebenenfalls auch Umstände vorzutragen, welche den Beschuldigten entlasten könnten, ist dies hinzunehmen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 15).

Der Zweck des Klageerzwingungsverfahrens darf nicht darauf verkürzt werden, den Oberlandesgerichten eine bloße Aufsicht über die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheide zu überantworten. Für die gerichtliche Kontrolle im Klageerzwingungsverfahren kommt es vielmehr darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung aus der Sicht des Oberlandesgerichts genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 19).

Das Gericht darf deshalb im Hinblick auf die norminternen Direktiven des Art. 19 Abs. 4 GG einen Klageerzwingungsantrag nicht vorschnell aufgrund der formellen Hürden des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verwerfen. Es hat insbesondere zu beachten, dass das Bestehen eines genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage keine Voraussetzung für den Zugang des Antragstellers zu Gericht ist, sondern für die Anklageerhebung (§§ 170 Abs. 1, 174 Abs. 1 StPO). Die Zulässigkeit des Antrags gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO erfordert nicht das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 22). Dessen Vorliegen ist vom Gericht erst im Verfahren gemäß § 173 StPO zu prüfen, wobei es lückenschließende Ermittlungen anordnen kann. Die formalen Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangen lediglich, dass der hinreichende Tatverdacht schlüssig dargelegt wird.

b) Gemessen daran halten die Erwägungen des Oberlandesgerichts Rostock den Anforderungen der Rechtsschutzgarantie nicht stand. Das Gericht hat die an einen Klageerzwingungsantrag zu stellenden Voraussetzungen überspannt.

aa) Der Klageerzwingungsantrag enthält entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts eine Darstellung des wesentlichen Inhalts der mitgeteilten Beweismittel.

Die Verpflichtung zur Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels dient dazu, dem Gericht die Überprüfung der schlüssigen Darlegung des genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage zu ermöglichen, nicht jedoch des hinreichenden Tatverdachts an sich. Sie hat ferner den Zweck, eine Irreführung des Gerichts über den Inhalt und den Beweiswert des Beweismittels zu verhindern. Deshalb sind auch die Tatsachen mitzuteilen, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten (OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Mai 2007 - 2 Ws 272/07 -, juris, Rn. 8). Bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe eines Beweismittels kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 15). Die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels versetzt das Gericht in die Lage, die Schlüssigkeitsprüfung ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 14).

Es gehört im Hinblick auf ein Sachverständigengutachten dagegen nicht zur Darstellung des wesentlichen Inhalts des mitgeteilten Beweismittels, dass die Ausführungen eines Sachverständigen vollständig wiedergegeben werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Mai 2017 - 2 BvR 1107/16 -, juris, Rn. 23). Müsste der Klageerzwingungsantrag den weitgehend vollständigen Inhalt der Beweismittel enthalten, könnte das Gericht schon allein anhand der Antragsschrift das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts prüfen, und nicht nur dessen schlüssige Darstellung. Einer Beiziehung der Ermittlungsakte bräuchte es dann selbst zur Prüfung eines genügenden Anlasses für die Erhebung der öffentlichen Klage nicht mehr. Eine Arbeitserleichterung wäre mit einem derart umfassenden Darlegungserfordernis nicht verbunden, wenn das Gericht die Schlüssigkeit anhand eines Klageerzwingungsantrags prüfen müsste, dessen Inhalt und Umfang sich kaum von dem der beizuziehenden Ermittlungsakte unterscheidet.

Der Klageerzwingungsantrag gibt den wesentlichen Inhalt auch der Gutachten wieder, die gegen das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts sprechen. Dabei handelt es sich um die Auszüge aus dem vorläufigen Sektionsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 16. August 2010, aus dem toxikologisch-chemischen Gutachten des Arbeitsbereiches Forensische Toxikologie und Alkoholanalytik des Universitätsklinikums G. vom 6. Januar 2011, aus dem Sachverständigengutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 6. Dezember 2012, dem Onkologischen Gutachten der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie der Universitätsmedizin Gö. vom 10. Februar 2014 sowie der ergänzenden Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 18. Dezember 2016. Diese Gutachten werden in ihrem Kerngehalt und ihren Schlussfolgerungen dargestellt. Ein unzutreffendes oder entstellendes Bild des Ermittlungsergebnisses wird dem Gericht hierdurch nicht präsentiert und es werden auch keine Umstände verheimlicht, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten. Hinzu kommt, dass sich der Antragsteller in seinem Klageerzwingungsantrag detailliert und argumentativ mit diesen Gutachten auseinandersetzt und versucht, deren Unrichtigkeit darzulegen. Zwar betont der Beschwerdeführer die für einen hinreichenden Tatverdacht sprechenden Umstände stärker und widmet diesen mehr Raum als Umständen, die gegen dessen Vorliegen sprechen. Das macht den Antrag jedoch noch nicht unzulässig. Die Würdigung der im Ermittlungsverfahren hervorgebrachten Beweise ist vielmehr eine Frage der Begründetheit des Antrags.

bb) Die Antragsschrift widerspricht im vorliegenden Einzelfall auch nicht deswegen den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil sie Scans von und Direktzitate aus Sachverständigengutachten enthält oder auf Anlagen Bezug nimmt.

(1) Ein Klageerzwingungsantrag ist grundsätzlich unzulässig, wenn in Bezug genommene Bestandteile in die Antragsschrift hineinkopiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2017 - 2 BvR 225/16 -, juris, Rn. 7; VerfGH Berlin, Beschluss vom 30. April 2004 - VerfGH 128/03 -, NJW 2004, 2728; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Mai 1983 - 1 Ws 335/83 -, StV 1983, 498; OLG Celle, NStZ 1997, 406; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - III-1 Ws 521/14, 1 Ws 521/14 -, juris, Rn. 11; Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, Strafprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 172, Rn. 156; Kölbel, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016, § 172 Rn. 70; Moldenhauer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013; § 172 Rn. 37). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus Anlagen zusammenzustellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. September 2003 - 1 Ws 242/03 -, NStZ-RR 2003, 331; Moldenhauer, a.a.O.), insbesondere wenn durch das Einkopieren von Strafanzeigen oder Beschwerdeschriften die Sachdarstellung verunklart wird. Ausnahmen hiervon werden jedoch für zulässig erachtet, wenn es auf den Wortlaut der eingefügten Unterlagen ankommt und das Hineinkopieren lediglich das - anderenfalls notwendige - vollständige Abschreiben dieser Unterlagen ersetzt. Entscheidend ist, dass das Gericht nicht gezwungen wird, sich den relevanten Verfahrensstoff aus einer Vielzahl (möglicherweise unsystematisierter) Kopien selbst zusammenzustellen (OLG Hamm, a.a.O., Leitsatz und Rn. 11; Kölbel, a.a.O., Rn. 71). Anderenfalls läuft der Antragsteller Gefahr, zu wenig aus dem Gutachten eines Sachverständigen oder der Aussage eines Zeugen wiederzugeben, so dass sein Antrag an der Hürde zur Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels (vgl. aa) scheitern würde.

(2) Vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kann es keinen Unterschied machen, ob der Antragsteller in einem Klageerzwingungsantrag entscheidende Passagen aus dem Gutachten eines Sachverständigen in indirekter Rede im Fließtext wiedergibt oder sich der Einfügung von Scans oder Direktzitaten bedient. Die in die Antragsschrift eingefügten Auszüge aus Sachverständigengutachten haben lediglich erläuternden Charakter. Sie dienen dazu, den wesentlichen Inhalt der Beweismittel darzustellen, die Argumentation der dem Antrag zugrunde gelegten Beweiswürdigung zu unterstreichen und die den Beschuldigten zur Last liegenden Pflichtverletzungen zu konkretisieren. Sie haben - gemessen am Gesamtumfang der Antragsschrift - einen nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Umfang. Das Gericht musste sich aus den eingefügten Scans und Direktzitaten nicht erst selbst den entscheidungserheblichen Sachverhalt oder den wesentlichen Inhalt der Beweismittel heraussuchen.

cc) Der Klageerzwingungsantrag widerspricht auch nicht deshalb den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil er angeblich auf weitere Anlagen mit einem Umfang von insgesamt 136 oder 196 Seiten Bezug nimmt, die das Oberlandesgericht hätte lesen müssen, um sich ein eigenes Bild vom Krankheitsverlauf und den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu verschaffen. Der Strafsenat übersieht hierbei, dass die Anlagen nicht derart in Bezug genommen werden, dass die Kenntnis ihres Inhalts den im Klageerzwingungsantrag erforderlichen Sachvortrag ersetzen soll. Der wesentliche Inhalt der in Bezug genommenen Anlagen war bereits in einer § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Art und Weise im Antrag selbst enthalten. Die an sich überflüssige Bezugnahme auf Anlagen kann einen zulässigen Klageerzwingungsantrag nicht unzulässig machen. Sie hatten offensichtlich nur den Zweck, die Übereinstimmung der Angaben des Antragstellers mit dem Akteninhalt zu belegen.

dd) Aus diesem Grund ist es auch unbeachtlich, dass die Anlagen erst nach Ablauf der Frist des § 172 Abs. 3 Satz 2 StPO beim Oberlandesgericht Rostock eingegangen sind. Nach Fristablauf ist eine inhaltliche Nachbesserung des Antrags nur dann nicht mehr möglich, wenn die Ausgangsfassung des Antrags nicht ausreichend und deshalb unzulässig war (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. November 1997 - Ws 1078/97 -, juris, Rn. 15; OLG Hamm, Beschluss vom 4. Juli 2002 - 2 Ws 213/02 -, juris, Rn. 4; Kölbel, a.a.O., Rn. 58; Graalmann-Scheerer, a.a.O., Rn. 128). Der hier zur Beurteilung stehende Antrag war jedoch bereits vor Fristablauf in einer den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Weise beim Oberlandesgericht Rostock eingegangen.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt, weil deutlich abzusehen ist, dass sein Klageerzwingungsantrag auch im Falle einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, juris, Rn. 16; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, juris, Rn. 19; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2017 - 2 BvR 2157/15 -, juris, Rn. 32). Soweit sich aus dem Klageerzwingungsantrag schlüssig dargelegte Anhaltspunkte für eine fahrlässige Tötung ergeben könnten, wäre die Tat unter Zugrundelegung der im Antrag enthaltenen Darstellung des Gangs des Ermittlungsverfahrens verjährt.

 

a) Fahrlässige Tötung ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedroht (§ 222 StGB). Die Verfolgung der Tat verjährt somit gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 78a Satz 1 StGB mit der Beendigung der Tat, vorliegend mit dem Tod der Ehefrau des Beschwerdeführers am 1. Juni 2010.

b) Als verjährungsunterbrechende Maßnahmen lassen sich dem Klageerzwingungsantrag lediglich die richterlichen Durchsuchungsanordnungen des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 3. Juni 2010, 9. August 2010 und 29. September 2010 entnehmen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB).

Die eingeholten rechtsmedizinischen Gutachten haben den Lauf der Verfolgungsverjährung dagegen nicht unterbrochen. Aus dem Klageerzwingungsantrag ergibt sich nicht, dass die Beauftragung der Sachverständigen erfolgte, nachdem die Beschuldigten vernommen oder ihnen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben wurden (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Die Erfassung eines oder mehrerer Beschuldigter in einem staatsanwaltlichen Verfahren oder die Umschreibung eines UJs-Verfahrens in ein Js-Verfahren am 22. Oktober 2013 (vgl. Bl. 38 d. A.) stellen interne Akte innerhalb der Strafverfolgungsbehörde dar und stehen nach dem klaren Wortlaut von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB einer Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an die Beschuldigten nicht gleich.

Damit konnte die angezeigte Tat nach Ablauf des 28. September 2015 nicht mehr verfolgt werden.

3. Dass die Strafverfolgungsorgane keine Maßnahmen getroffen haben, die Verjährung zu unterbrechen, begegnet für sich genommen noch keinen Bedenken.

Zwar verpflichten Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG den Staat, sich dort schützend und fördernd vor das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung des Einzelnen zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten Dritter zu bewahren (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 121, 317 <356>; BVerfGK 17, 1 <5>), wo die Grundrechtsberechtigten selbst nicht dazu in der Lage sind. Die wirksame Verfolgung von Gewaltverbrechen und vergleichbaren Straftaten stellt allerdings eine Konkretisierung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGK 17, 1 <5>), die Grundlage subjektiver öffentlicher Rechte sein kann. Insoweit besteht ein Anspruch auf eine effektive Strafverfolgung dort, wo der Einzelne nicht in der Lage ist, erhebliche Straftaten gegen seine höchstpersönlichen Rechtsgüter - Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Freiheit der Person - abzuwehren und ein Verzicht auf die effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates und einem allgemeinen Klima der Rechtsunsicherheit und Gewalt führen kann. In solchen Fällen kann ein Tätigwerden des Staates und seiner Organe auch mit den Mitteln des Strafrechts verlangt werden (vgl. BVerfGE 39, 1 <36 ff.>; 49, 89 <141 f.>; 53, 30 <57 f.>; 77, 170 <214>; 88, 203 <251>; 90, 145 <195>; 92, 26 <46>; 97, 169 <176 f.>; 109, 190 <236>). Bei Kapitaldelikten kann ein solcher Anspruch auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 1 Abs. 1 GG auch nahen Angehörigen zustehen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015, a.a.O., Rn. 19 f.).

Die Landesjustizverwaltungen haben daher zum Schutz des Anspruchs auf effektive Strafverfolgung durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Ermittlungsverfahren zeitnah abgeschlossen werden, so dass es dem Antragsberechtigten grundsätzlich noch innerhalb der Verjährungsfristen möglich ist, rechtzeitig einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 und Abs. 3 StPO zu stellen. Dass sie diese Pflicht verletzt haben, ist vorliegend jedoch nicht dargelegt.

 

BVerfG, Beschl. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17

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1738 Kommentare

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Im Fall Oury Jalloh rufen die Unterstützer auf ihrer Homepage zwar für kommenden Montag zu einer Demonstration in Dessau auf, kein Wort aber zu dem Klageerzwingungsverfahren, um das es (juristisch) eigentlich geht:

https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/

Zum Klageerzwingungsverfahren auch sonst Schweigen im Blätterwald. 

Auf dieser Seite kann man sich auch die Interviews mit den beiden Kolleginnen anhören, die (alternierend) zu Wort kommen und dabei die Aussichten des KlEV darstellen. 

Wo kein hinreichender Tatverdacht ist, hilft auch kein Klageerzwingungsverfahren. Nicht jede Verfahrenseinstellung muß grundsätzlich immer mit einem Klageerzwingungsverfahren gekontert werden. Es soll ja auch gerechtfertigte Verfahrenseinstellungen geben und Anwälte, die das erkennen...

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Sie müssen endlich lernen, Zulässigkeit und Begründetheit eines Rechtsbehelfs auseinanderzuhalten. Das, was Sie ansprechen, ist eine Frage der Begründetheit. Die Begründetheit wird das OLG Naumburg zu klären haben. 

Sie müssen endlich lernen, Zulässigkeit und Begründetheit eines Rechtsbehelfs auseinanderzuhalten

Verstehe ich nicht. Da gibt es nichts "auseinanderzuhalten". Man sollte beides beachten. In beiden Fällen sollte man bei Fehlen hinreichenden Tatverdachts kein Klageerzwingungsverfahren einleiten, wenn man nicht scheitern will, es sei denn, man legt es von vorneherein aus purer Streitlust auf einen Kleinkrieg mit sämtlicher vorhandener Justiz an...

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Also noch einmal, in der Hoffnung, dass auch Sie den Text verstehen: Ich handele hier auf beck-blog nur den prozessualen Teil der Angelegenheit ab: Ich beschäftige mich damit, dass auf das EEV und auf das KlEV Verwaltungsprozessrecht angewendet werden muss, damit die Verletzten vor dem OLG überhaupt erst eine faire Chance erhalten, ihr Anliegen in der Sache anbringen zu können. Aber das ist zunächst alles eine Frage der Zulässigkeit des EEV bzw. des KlEV. Bei der Begründetheit geht es hingegen, z.B. im Fall Oury Jalloh, darum, wie die divergierenden Brandgutachten zu bewerten sind etc. etc. Dazu kann ich nur wenig sagen. Dazu hören Sie sich besser, wie oben erwähnt, die Interviews mit den beiden Kolleginnen an.  

Ich beschäftige mich damit, dass auf das EEV und auf das KlEV Verwaltungsprozessrecht angewendet werden muss, damit die Verletzten vor dem OLG überhaupt erst eine faire Chance erhalten, ihr Anliegen in der Sache anbringen zu können.

Wenn man klugerweise und ohne bloß streitlüstern zu sein in der Sache keine Erfolgsaussichten sieht, braucht man sich gar nicht mit Zulässigkeitsfragen zu beschäftigen.  Wer gute Gründe hat, braucht kein Verwaltungsprozessrecht.

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Nun, wenn Sie die Interviews mit den beiden Kolleginnen zu den Erfolgsaussichten des KlEV im Fall Oury Jalloh sich angehört hätten,  wüssten Sie, dass das KlEV im Fall Oury Jalloh durchaus gute Erfolgsaussichten hat. Es wäre jedenfalls grundverkehrt, diesen Versuch nicht zu unternehmen. 

Die beiden Kolleginnen wissen ja offensichtlich, wie das mit dem Klageerzwingungsverfahren funktioniert und und brauchen deshalb kein Verwaltungsprozessrecht. Die Berufung auf Verwaltungsprozessrecht würde sogar schaden, da man sie und ihr Rechtsschutzanliegen dann nicht mehr ernst nehmen könnte.

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Nun, ich denke, die beiden Kolleginnen werden die Anwendung der VwGO noch zu schätzen wissen, spätestens dann, wenn bei dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz doch irgendein Detail fehlen sollte und das OLG Naumburg aus dem Gesichtspunkt des § 86 III VwGO gezwungen ist, auf eine solche Lücke hinzuweisen und Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. 

Und das schreibt die LTO-Presseschau heute morgen:

OLG Naumburg – Klageerzwingungsverfahren: Laut spiegel.de (Peter Maxwill) hat die Anwältin der Nachfahren des vor 14 Jahren in einer Dessauer Gefängniszelle unter ungeklärten Umständen verbrannten Sierra Leoners Oury Jalloh vor dem Oberlandesgericht Naumburg einen Antrag auf Klageerzwingung gestellt. Im November hatte die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen-Anhalt mangels Tatverdachts gegen Polizeibeamte des Polizeireviers Dessau entschieden, den Fall nicht erneut aufzurollen. Über den Verfahrensgang berichtet deutschlandfunk.de (Christoph Richter).

Die Entscheidung des EGMR vom 9.11.2017 zu dem Fall "Münchner Lokalderby" (beim BVerfG Az. 2 BvR 1304/12 vom 23. März 2015, bverfg.de, hrr-strafrecht.de), den Sie aus meinem Aufsatz kennen, gibt es jetzt auch in der aktuellen NJW in der Print-Version zu lesen, NJW 2018, 3763.

Als Bestätigung meiner Position zur Statthaftigkeit des EEV verstehe ich die Passage in Rn. 102 der Entscheidung: "Darüber hinaus scheint das BVerfG aufgrund seiner Rechtsprechung und der Vorschriften des BVerfGG grundsätzlich in der Lage zu sein, eine Entscheidung zur Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aufzuheben und die Einleitung eines solchen Verfahrens oder die Wiederaufnahme von Ermittlungen anzuordnen."

Im aktuellen Heft des Anwaltsblatts (Ausgabe 1/2019) ist die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 7.11.2018, Az. 1 Ws 46/18 kurz wiedergegeben, die zu dem völlig überraschenden Ergebnis kommt, dass man sich als Anwalt in einem KlEV auch selbst vertreten darf, vgl. Anwaltsblatt 2019, 42, rechte Spalte.    

Der Unterstützerverein schreibt auf seiner Homepage:

Gabriele Heinecke, Anwältin der Familie von Oury Jalloh, hat am 4. Januar 2019 fristgerecht Antrag auf Klageerzwingung beim Oberlandesgericht Naumburg gestellt.

Der Antrag beinhaltet wissenschaftlich fundierte Fakten, die deutlich beweisen, dass Oury Jalloh sich eben nicht selbst angezündet haben kann. Zum Prüfvermerk der Generalstaatsanwaltschaft erklärt Heinecke: „Es mag sein, dass der Verfasser des Vermerks „sämtliche hier zur Verfügung stehenden Ermittlungsakten und sonstige Unterlagen durchgesehen“ hat. Allein das führt aber nicht zur Erkenntnis“. Sie kritisiert, dass in diesem Vermerk weder eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten Hinweisen auf eine Brandlegung durch Dritte, nämlich dem Gutachten zum Feuerzeug stattfindet, noch eine Auseinandersetzung über die von dem Sachverständigenkreis herausgearbeiteten Tatsachenfeststellungen dazu, dass Oury Jalloh aufgrund der rechtsmedizinischen und brandsachverständigen Erkenntnisse gar nicht in der Lage gewesen sein konnte, ein derartiges Feuer selbst zu entzünden. Heinecke bewertet daher den Vermerk der Generalstaatsanwaltschaft als „Versuch, durch Unterschieben von „Mordkomplott“-Theorien davon abzulenken, dass es inzwischen eine objektive Beweislage gibt, die sich von den Erkenntnissen des Landgerichts Magdeburg am 13.12.2012 unterscheidet. Nicht zuletzt der von der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg selbst eingeholte Prüfbericht vom 12.07.2018 des Büros für Brandschutz (Pasedag) streitet gegen die für die Einstellung des Verfahrens vorgetragenen Argumente. […] Der Prüfbericht des Sachverständigen Pasedag weist – erneut – nach, dass ohne den Einsatz von Brandbeschleunigern das am 7. Januar 2005 vorgefundene Brandbild nicht erreicht werden kann.“ Der Antrag zur Klageerzwingung beinhaltet zudem die Begründung eines hinreichenden Tatverdachts gegen zwei damalige Polizisten des Dessauer Polizeireviers. Sollte das Oberlandesgericht Naumburg dem Antrag von Rechtsanwältin Heinecke stattgeben, wäre gegen diese zwei Beamten sofort Anklage wegen Mordes zu erheben.

  • Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, wird das OLG Naumburg jetzt folgende weitere Verfahrensschritte ergreifen:
  • Beiladung der beiden des Mordes beschuldigten Polizisten gem. § 65 VwGO
  • Zustellung der Antragsschrift an die GenStA (verbunden mit der Bitte um Aktenvorlage) und an die Beigeladenen unter Fristsetzung zur Erwiderung
  •  
  •  
  •  Anberaumung eines Termins zur  mündlichen Verhandlung gem. § 101 VwGO i.V.m. Art. 6 I EMRK sowie
  • Ggf. richterliche Hinweise gemäß § 86 Abs. 3 VwGO bei Lücken der Antragsschrift.

Das sind aber nicht die "rechten Dinge", wie sie das BVerfG, diverse Landesverfassungsgerichte und sämtliche Oberlandesgerichte und die Fachliteratur sehen, sondern das ist das Wunschkonzert von Herrn A.W.

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Naja, es geht ganz einfach darum, den Prozessbeteiligten - übrigens auch den des Mordes beschuldigten Polizisten - in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren rechtliches Gehör zu gewähren. 

...aber nicht nach der VwGO. Einschlägig ist die StPO. Außer Ihnen ganz alleine auf weitester Flur behauptet niemand etwas anderes. Machen Sie sich nicht lächerlich!

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Nochmal: Ich bin nicht der Meinung, dass die Richtigkeit einer Rechtsmeinung zu einer prozessrechtlichen Rechtsfrage davon abhängt, von wie vielen Autoren diese Rechtsmeinung vertreten wird, sondern vielmehr scheint mir ausschlaggebend zu sein, ob diese Rechtsmeinung in der Sache richtig oder in der Sache falsch ist. 

Wenn man mit seiner Meinung alleine auf weiter Flur steht und die ganz Welt samt Gerichten anders urteilen, ist man auf dem Holzweg. Sie kommen mir immer mehr vor wie der berühmte Geisterfahrer, der sich wundert, dass ihm auf seiner "richtigen" Spur so viele Autos entgegenkommen. Sie kommen langsam als ähnlich dämliche Witzfigur in Betracht!

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Die "dämliche Witzfigur" sind Sie!

...sagt der dämliche Geisterfahrer und fährt unbeirrt von allen anderen Verkehrsteilnehmern und -schildern weiter auf seiner falschen Spur.

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Naja, bevor ich Ihnen immer wieder dasselbe erkläre, vielleicht schauen Sie mal, wie das OLG Naumburg im Fall Oury Jalloh als nächstes verfahren wird. 

..., vermutlich rechtmäßig, also ganz sicher ohne VwGO.

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Naja, wenn das OLG Naumburg nach Recht und Gesetz verfährt - wovon ich ausgehe - wird das OLG Naumburg allen Prozessbeteiligten einen fairen Prozess bieten, das rechtliche Gehör gewähren, und diejenige Verfahrensordnung anwenden, die all dies gewährleistet, nämlich die VwGO. 

...und diejenige Verfahrensordnung anwenden, die all dies gewährleistet, nämlich die VwGO.

Das Gericht wird die Verfahrensordnung anwenden, die das Gesetz vorsieht, und das ist nicht die VwGO, sondern die StPO. Wie kann man sich nur so geisterfahrig anstellen?

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Was meinen Sie, wozu man sich auf die Formel "Recht und Gesetz" geeinigt hat? 

Es heißt aber nicht "Würdinger und Gesetz". Und der Begriff "Recht" meint das Nuturrecht und nicht die VwGO...

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Nein, es ist die Absage an den Positivismus und ermöglicht dem Richter, die gesamte Rechtsordnung auf seinen Rechtsfall anzuwenden, eben auch allgemein gültige Grundsätze des Prozessrechts, egal, in welcher Verfahrensordnung diese allgemein gültigen Prozessrechtsgrundsätze positiv beschrieben sind. 

ermöglicht dem Richter, die gesamte Rechtsordnung auf seinen Rechtsfall anzuwenden

...sagt der Geisterfahrer, der meint, die gesamte Straße gehöre ihm allein. Wenn das Gesetz sagt, die StPO ist anwendbar, dann schließt es alle anderen Verfahrensordnungen aus. So schwer ist das gar nicht zu verstehen, es sei denn man stellt sich absichtlich dumm und dämlich und will nichts anderes als am Ende des Jahres lächerliche weitere 100000 Klicks zu generieren...

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Aber darüber, wie das Verfahren bei einem KlEV und bei einem EEV zu gestalten ist, gibt es nur eine einzige Vorschrift, den § 173 StPO. Alles andere liegt - nach der überkommenen Gerichtspraxis - im freien Belieben des OLG. Die VwGO hingegen stellt ein vollständiges Instrumentarium hinsichtlich des Verfahrens bei einem KlEV und bei einem EEV zur Verfügung. Was also verdient den Vorzug?

Die StPO regelt das, was das Gesetz regeln will, nicht mehr und nicht weniger. Und wenn das Gesetz ein Verfahren in das Ermessen (nicht: freies Belieben) eines Gerichts stellt, dann ist das eben so und im Rahmen der Verfassung zu respektieren. Ein "vollständiges Instrumentarium" - nach wessen geisterfahrerischer Vorstellung auch immer - ist nirgends vorgeschrieben. Und wenn es doch so wäre. dann wäre immer noch nicht einfach so die VwGO anzuwenden. Dann hätte vielmehr der Gesetzgeber das Gesetz zu reformieren.

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Nein, das OLG Naumburg steht im Fall Oury Jalloh aktuell vor der Frage, wie ein faires Verfahren und ein rechtliches Gehör für alle Prozessbeteiligten zu gewährleisten ist,l das rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Dafür bietet § 173 StPO keinerlei Grundlage. Eine solche rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Grundlage bietet hier allein die VwGO.  

Dafür bietet § 173 StPO keinerlei Grundlage

§ 173 StPO bildet die bisher völlig unangefochtene Grundlage, die es bietet, nicht mehr und nicht weniger. Die weitere Verfahrensgestaltung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Lex lo vult! Daran wird auch kein Geisterfahrer etwas ändern, es sei denn er fände eine parlamentarische Mehrheit für seine Geisterfahrten.

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Unsinn! Nur, wenn Sie eine kohärente Verfahrensordnung auf das KlEV und auf das EEV anwenden, erhalten Sie auch Ergebnisse, die rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügen. Tun Sie dies nicht, liefern Sie die Prozessbeteiligten der Willkür des Gerichts aus.  

Nach allgemeiner Ansicht (auch der Verfassungsgerichte) ist die StPO eine "kohärente Verfahrensordnung". Dass (nur) Sie einer geisterfahrerisch einzelnen anderen Ansicht sind ist völlig falsch und noch mehr unbeachtlich!

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Naja, ganz einfach, die VwGO passt auf das KlEV und auf das EEV und die StPO nicht. 

Sagen Sie! Das Gesetz sagt es anders. Was überzeugt jetzt wohl jedermann mehr? Der Geisterfahrer oder die StVO?

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Prof. Dr. Henning Ernst Müller hat kürzlich gemeint: "Die Kenntnis vom Unterschied zwischen Zivilrecht und Strafrecht, also auch zwischen Zivilprozess und Strafprozess dürfen Sie auch bei Lesern dieses Blogs unterstellen".  Das wird man angesichts Ihrer Ausführungen leider kaum mehr unterstellen dürfen. Ihnen sind vielmehr keinerlei solche "Unterschiede" der Rechtsordnungen geläufig! Tragisch, wenn das nicht nur auf die gemeinen "Leser des Blogs" des Blogs zutrifft, sondern sogar auch auf hundertfache Schreiber! Sie verwursten einfach alles...

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Mir ist aber auch geläufig, was ein fairer Prozess und was eine Gehörsverletzung ist. Gewährt eine Verfahrensordnung einen fairen Prozess und vermeidet dieselbe Verfahrensordnung eine Gehörsverletzung, dann ist diese Verfahrensordnung die richtige. Das trifft auf die VwGO und ihre Anwendung auf das KlEV und das EEV zu. 

Mir ist aber auch geläufig, was ein fairer Prozess und was eine Gehörsverletzung ist

Es gilt aber nicht das, was nach einem völlig verkorksten Privatprozess Ihre Vorstellung und "geläufig" ist, sondern was das Gesetz und die Verfassung regeln. Wann wollen Sie endlich verstehen, dass sich die Welt nicht nach einem völlig uneinsichtigen verrückten Geisterfahrer zu richten hat, sondern der Geisterfahrer nach der Welt?

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Gerade, wenn Sie auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben an einen fairen Prozess abstellen, werden Sie auf Art. 19 IV GG und auf Art. 103 I GG stoßen. Beiden verfassungsrechtlichen Vorgaben wird die VwGO mit ihrer Anwendung auf das KlEV und auf das EEV gerecht.  

Sämtliche Verfassungsgerichte hatten bisher keinerlei grundätzlichen Bedenken. Details lassen sich im Verfahren der StPO klären. Was wollen Sie also? Theo, der Geisterfahrer, gegen den Rest der Welt?

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Nochmal: Die StPO passt nicht auf das KlEV und passt nicht auf das EEV. Sie können keine "Details klären", wenn das Gesetz nicht auf den (prozessualen) Sachverhalt passt. 

Das Bundesverfassungsgericht hat längst mehrfach gesagt, was über das Gesetz hinaus an weiteren "Details" zu beachten ist. Sie sollten sich einfach mal kundig machen.

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Das Bundesverfassungsgericht hat eben bisher nicht positiv gesagt, wie das Verfahren beim KlEV und beim EEV besser zu gestalten sei, sondern bisher nur negativ in manchen Fällen judiziert, wenn ein OLG "zu streng" gewesen sein soll. 

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