GDolmG: eine Stellungnahme aus der Branche

von Peter Winslow, veröffentlicht am 09.10.2023

Im Rahmen der Ausarbeitung der Verfassungsbeschwerde gegen das GDolmG nahm Herr Jörg Schmidt, der amtierende 1. Vorsitzender des Berufsverbandes der Assoziierten Dolmetscher und Übersetzer in Norddeutschland e.V. (»ADÜ Nord«), mit Schreiben vom 2. Juli 2023 gegen das GDolmG Stellung.

Warum berichte ich aber erst jetzt, einige Monate nach Veröffentlichung dieser Stellungnahme? Ich konnte mich nicht für die Form dieses Beitrags entscheiden. Zuerst wollte ich die Stellungnahme von Herrn Schmidt für alle etwas vereinfacht zusammenfassen, die bisher keine Zeit hatten, sich mit den wahrscheinlichen und unglücklichen Folgen des GDolmG auseinanderzusetzen. Dann wollte ich seine Stellungnahme Ziffer für Ziffer kommentieren. Man hätte, glaubte ich zeitweise, von der Ausführung der einen oder anderen nur angedeuteten Argumentation profitiert. Dann zweifelte ich an beiden Formen. Jetzt gebe ich mir teilweise resigniert, teilweise erleichtert mit weitaus weniger zufrieden – mit der nachstehenden Zusammenfassung und einem Hinweis.

Die Stellungnahme lässt sich vereinfacht wie folgt zusammenfassen:

(1) Im Gesetzgebungsverfahren sei es zu zwei Unregelmäßigkeiten gekommen.
(2) Das GDolmG sei mit einiger Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig.
(3) Das GDolmG verlange die Erfüllung nicht oder kaum erfüllbarer Vorgaben.
(4) Das GDolmG wirke bereits jetzt verheerend auf Berufsstand und Rechtspflege zugleich.

Leichter – so scheint Herr Schmidt zu sagen – geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass sich dieses GDolmG zur heutigen oder künftigen Sicherstellung guter Sprachmittlung in Deutschland eignet. Dabei baut Herr Schmidt seine Argumentationen auf mit den Händen auf der Tastatur und Entrüstung im Kopf. Und die Entrüstung rutsch ab und an vom Kopf durch die Hände zur Tastatur in die Argumentation. Dieser Rutsch ist nicht schlimm. Entrüstung kann – nein, sie ist in diesem Fall begründet. Das GDolmG gibt allen außer dem BDÜ Grund dazu. Aber die Entrüstung ist ein zweischneidiges Schwert, mit dem man vorsichtig hantieren muss. Mit anderen Worten: Sie kann der Leserschaft die Lektüre erschweren. Liest man die Stellungnahme nicht vorsichtig, so besteht die Gefahr, dass man die Entrüstung mit der Argumentation verwechselt.

Ich gebe ungern zu, dass die Gefahr dieser Verwechslung besteht. Ich glaube aber gern, dass Herr Schmidt diese Verwechslung zum größten Teil, wenn nicht insgesamt, vermeidet. Schließlich schuldet man Herrn Schmidt eine wohlwollende Interpretation.

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